Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4776 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Stefan Wirtz (AfD) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz namens der Landesregierung Evaluierung von Insektenschutzmaßnahmen Anfrage des Abgeordneten Stefan Wirtz (AfD), eingegangen am 03.09.2019 - Drs. 18/4522 an die Staatskanzlei übersandt am 09.09.2019 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz namens der Landesregierung vom 11.10.2019 Vorbemerkung des Abgeordneten Der Rückgang der Insekten beschäftigt sowohl die Politik und Fachleute als auch die Bevölkerung. Da die Ursachen des Insektenrückgangs vielfältig und insgesamt komplex sind, gibt es auch eine Vielzahl von Ansätzen für Insektenschutzmaßnahmen. Um dem Insektenrückgang mit entsprechenden Maßnahmen gezielt entgegenwirken zu können, ist die Überprüfung der Wirksamkeit von Insektenschutzmaßnahmen von entscheidender Bedeutung. Auch können so die finanziellen Mittel wirksam eingesetzt werden. 1. Welche Insektenschutzmaßnahmen- und Programme wurden/werden in Niedersachsen seit dem Jahr 2000 durchgeführt? Das Land hat bislang keine gesonderten Fördermittel (Landesmittel) im Rahmen von Förderprogrammen für den Erhalt der Artenvielfalt von Insekten zur Verfügung gestellt. Bestehende Förderbzw . Finanzierungsinstrumente kommen allerdings auch dem Erhalt der Artenvielfalt von Insekten zugute, ohne direkt darauf ausgerichtet zu sein. Dieses betrifft insbesondere die Landesfinanzierung von Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen in Naturschutz(NSG)- und Natura-2000-Gebieten gemäß § 15 Abs. 3 des Niedersächsischen Ausführungsgesetzes zum Bundesnaturschutzgesetz (NAGBNatschG). Entsprechendes gilt auch für die Finanzierung von Maßnahmen des „GAK (Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes) nicht-produktiver investiver Naturschutz “ (z. B. Entwicklung von Streuobstwiesen und Offenlandlebensräumen) außerhalb der Kulissen „Natura 2000“, NSG, Nationalparke sowie Biosphärenreservate aus Bundes- und Landesmitteln . Unter Maßgabe des Landeshaushalts kommen daneben auch Landeskofinanzierungen von Maßnahmen im Rahmen des Bundesprogramms biologische Vielfalt (BPBV), Europäischer Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) mit der Förderrichtlinie „Landschaftswerte“ oder auch von EU-LIFE- Projekten in Betracht, die neben der Erreichung der eigentlichen Projektziele (z. B. Stärkung der Wiesenvogelpopulation, Verbesserung der Erhaltungszustände von FFH-Lebensraumtypen im Rahmen des IP-LIFE Atlantische Sandlandschaften) den Erhalt der Artenvielfalt von Insekten fördern . Ferner gewährt das Land in der EU-Förderperiode 2014 bis 2020 unter finanzieller Beteiligung der EU und des Bundes auf Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1305/2013 über die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) Zuwendungen zur Durchführung von flächenbezogenen und investiven Vorhaben zur Sicherung des „europäischen, ökologischen Netzes Natura 2000“ sowie zum Erhalt und zur Verbesserung der Biologischen Vielfalt. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4776 Bei den flächenbezogenen Vorhaben handelt es sich insbesondere um die Agrarumwelt- und Klimaschutzmaßnahmen (AUKM), die durch ihre Ausgestaltung (insbesondere der Verzicht auf Pflanzenschutzmittel und Düngung) einen positiven Einfluss auf die Artenvielfalt von Insekten haben. Im Programm für die Entwicklung im ländlichen Raum (PFEIL) sind für die AUKM Biodiversität für die Programmlaufzeit ca. 238,5 Millionen Euro vorgesehen. In Bezug auf die vom Umweltministerium angebotenen Agrarumweltmaßnahmen dürften insbesondere die Teilbereiche Acker, Dauergrünland und Besondere Biotoptypen (z. B. Sand- und Moorheiden , Magerrasen) eine positive Entwicklung auch auf Insekten entfalten, da sie zahlreiche Elemente für eine arten- und naturschutzgerechte Bewirtschaftung enthalten (z. B. durch den [teilweisen] Verzicht von Düngung und Pflanzenschutzmitteln). Die Grafiken in Anlage 1 zeigen aufgeschlüsselt für diese drei Teilbereiche die aufgewendeten Finanzmittel seit dem Jahr 2000. Zu den investiven Vorhaben zählen spezielle Artenhilfsmaßnahmen, die dem Erhalt der Vielfalt von Insekten dienen. Es handelt sich dabei konkret um die ELER-Fördermaßnahmen „Spezieller Artenund Biotopschutz“ und „Erhalt und Entwicklung von Lebensräumen und Arten der ländlichen Landschaften “. Für die Durchführung der Vorhaben und Projekte steht im Rahmen von PFEIL ein Gesamtmittelvolumen von rund 38,4 Millionen Euro bereit. Darüber hinaus fördert die Landesregierung über das Kompetenzzentrum Ökolandbau Niedersachsen in Visselhövede zurzeit das dreijährige Projekt „Ökolandbau - für mehr Blütenreichtum und Biodiversität in der Agrarlandschaft“. Der Zuwendungszweck des Projekts besteht z. B. in der Unterstützung der Landwirte bei der Anlage von blütenreichen Biotopen, der Erarbeitung von Informationsmaterial zum Thema „Blütenreichtum“ und in der Durchführung von entsprechenden Exkursionen , Workshops und Umweltbildungsveranstaltungen auf Biobetrieben. 2. Wie und in welchen Zeitabständen wurden diese Maßnahmen/Programme evaluiert? Die Wirksamkeit der im Rahmen von Agrarumweltmaßnahmen angebotenen Förderprogramme wird gemäß den Anforderungen in der europäischen Rahmenverordnung (ELER-VO) durch entsprechende Wirkungskontrollen überprüft. Dabei werden gezielte Erhebungen auf den Förderflächen zu bestimmten Zielarten - wie z. B. Vögel, Insekten, Pflanzenarten u. a. - vorgenommen und mit Flächen verglichen, die nicht der Förderung unterliegen. Diese Erhebungen werden durch den Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) (GB VII) durchgeführt bzw. beauftragt und in Berichten zusammengestellt. Ein Konzept zu Art und Umfang der Untersuchungen wird jeweils zu Beginn der Förderperiode zwischen dem Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (ML), dem Ministerium für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz (MU) und dem NLWKN abgestimmt. Die Mittel werden dementsprechend bereitgestellt. Zur Untersuchung der Wirkung der Fördermaßnahme „Besondere Biotoptypen: Bergwiesen und Magerrasen“ erfolgte im Zeitraum 2002 bis 2014 in zweijährigem Abstand eine spezifische Erfassung von Insekten. Auf ein- und mehrjährigen Blühstreifen wurden in 2010 und 2012 Hautflügler erfasst . 3. Wie wurden/werden Insektenschutzmaßnahmen- und -programme allgemein in Niedersachsen und in Deutschland evaluiert (bitte abgeschlossene/laufende Evaluierungsprogramme der jeweiligen Insektenschutzmaßnahme seit dem Jahr 2000 angeben)? In Bezug auf Niedersachsen wird auf die Ausführungen zu den Fragen 1 und 2 verwiesen. Ob und in welcher Form Insektenschutzmaßnahmen in anderen Bundesländern evaluiert werden, ist nicht bekannt. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4776 4. In welcher Höhe wurden in Niedersachsen Haushaltsgelder für die Durchführung von Insektenschutzmaßnahmen- und -programmen ausgegeben (bitte die Höhe der Haushaltsmittel je Haushaltsjahr seit dem Jahr 2000 angeben)? Auf die Ausführungen zu Frage 1 bezüglich Maßnahmen und finanziellen Aufwendungen, die auch Insekten zugutekommen, wird verwiesen. 5. In welcher Höhe wurden in Niedersachsen Haushaltsgelder für die Evaluierung von Insektenschutzmaßnahmen - und -programmen ausgegeben (bitte die Höhe der Haushaltsmittel je Haushaltsjahr seit dem Jahr 2000 angeben)? Untersuchungen zur Wirksamkeit von Agrarumweltmaßnahmen auf die biologische Vielfalt wurden zu jenen Fördermaßnahmen durchgeführt, bei denen Erhalt und Verbesserung der Biodiversität zu den Zielen der Maßnahmen gehört. Dies gilt insbesondere für die im Acker- und Grünlandbereich sowie die im Bereich „Besondere Biotoptypen“ durchgeführten Agrarumweltmaßnahmen (siehe auch Ausführungen zu Frage 1). Die Abbildung in Anlage 2 zeigt die aufgewendeten Finanzmittel zur Evaluierung der Agrarumweltmaßnahmen in diesen Bereichen. Zwischen 2002 und 2010 erfolgte eine Evaluierung von Agrarumweltmaßnahmen ausschließlich für den Bereich des MU. Ab 2010 wurden sowohl die Agrarumweltmaßnahmen des MU als auch diejenigen des ML evaluiert. Die finanzielle Umsetzung der Wirkungskontrollen erfolgte ab dem Jahr 2010 mit Kofinanzierung der EU durch Mittel der Technischen Hilfe. Der Landesanteil wurde je nach Maßnahmenverantwortlichkeit aus dem Haushalt des ML oder des MU finanziert. Personalkosten in der Verwaltung sind in der Abbildung in Anlage 2 nicht berücksichtigt. 6. In welcher Höhe sind für das Haushaltsjahr 2020 finanzielle Mittel für die Durchführung von Insektenschutzmaßnahmen- und -programmen eingeplant? Für das Haushaltsjahr 2020 wurden Haushaltsmittel für die bestehenden Förder- bzw. Finanzierungsinstrumente entsprechend dem Vorgehen in den vergangenen Jahren angemeldet (siehe hierzu auch die Ausführungen zu Frage 1). Darüber hinaus wurde für die Haushaltsaufstellung 2020 ein zusätzlicher Mittelansatz für das politisch bedeutsame Projekt „Stärkung Natura 2000“ in Höhe von insgesamt 9 Millionen Euro für den Zeitraum 2020 bis 2024 vorgesehen, wobei ein Ansatz von 1 Million Euro auf das Jahr 2020 entfällt (Kapitel 15 20, neue Titelgruppe 76). Damit sollen zum einen Maßnahmen zur Umsetzung des Schutzgebietsnetzwerks Natura 2000 und zum anderen auch Maßnahmen zur Förderung der Insektenvielfalt bzw. des Biotopverbunds gefördert werden. Ein wesentlicher Faktor für die günstige Entwicklung von Natura-2000-Gebieten ist die Erhaltung und Bestandsentwicklung dort lebender Insekten. Auch besitzen diese Gebiete oftmals auch eine sehr große Bedeutung für die Erhaltung bestimmter, seltener Insektenarten mit besonderen Habitatansprüchen. In diesem Rahmen soll auch der Biotopverbund maßgeblich gefördert werden, da er der Vernetzung der Schutzgebiete im Natura-2000-Netzwerk und der Erweiterung bzw. Verknüpfung der Insektenlebensräume gleichermaßen dient. 7. In welcher Höhe sind für das Haushaltsjahr 2020 finanzielle Mittel für die Evaluierung von Insektenschutzmaßnahmen- und -programmen eingeplant? Für das Haushaltsjahr 2020 wurden Haushaltsmittel für die laufenden Wirkungskontrollen entsprechend dem Vorgehen in den vergangenen Jahren angemeldet (siehe Ausführungen zu den Fragen 2 und 5). Insgesamt stehen für geplante Wirkungskontrollen von Agrarumweltmaßnahmen des MU und ML 95 500 Euro zur Verfügung. Dabei entfallen 17 800 Euro auf die Evaluierung von Maßnahmen im Ackerbereich und 77 700 Euro auf die Evaluierung von Maßnahmen im Grünlandbereich . Im Ansatz für das Monitoring (Titel 15 20-682 65) ist auch anteilig ein Mittelansatz für das Insektenmonitoring vorgesehen. Das Insektenmonitoring ist auf Basis vom Bund vorgegebener Kriterien Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4776 du 10 nu Da gr ge zu 8. Al Ma pr nic Pr str en ein od ze 9. W rin un en ten Ef de (V rchzuführen. Hierfür wurde der betreffende Titelansatz für das Jahr 2019 erstmalig um 0 000 Euro angehoben. Für das Jahr 2020 ist eine weitere Anhebung um 110 000 Euro auf nmehr 2,4 Millionen Euro geplant. s vorgenannte Inseketenmonitoring stellt zwar keine Evaluierung von Maßnahmen oder Proammen zum Insektenschutz dar, es trägt aber zur Verbesserung der landesweiten Datengrundlan zu Bestand und Entwicklung von Insektenpopulationen bei und stellt damit eine Grundlage für künftige Evaluierungen dar. Ist eine Mindestbreite von 6 m für die Anlage von einjährigen und mehrjährige Blühstreifen in der Landwirtschaft nach Auffassung der Landesregierung ausreichend, um eine positive Wirkung auf Insekten zu erzielen? le Maßnahmen, die den Nutzungsdruck auf einer Fläche verringern (z. B. eine Reduzierung der hd oder Einschränkungen des Ausbringens von Pestiziden und Dünger und ähnliches), kommen inzipiell den Insekten im Allgemeinen und dem Erhalt ihrer Artenvielfalt zugute, auch wenn sie ht direkt darauf ausgerichtet sind. inzipiell nimmt die naturschutzfachliche Wertigkeit von Landschaftselementen, wie sie die Blüheifen darstellen, mit der Breite (und damit auch der Fläche) zu. So steigt die Arten- und Individuzahl in der Regel mit der Flächengröße an. Schmale Landschaftselemente weisen in der Regel vielfach höheres Prädationsrisiko (insbesondere für Wirbeltiere, z. B. Rebhühner) auf als breite er flächige Landschaftselemente. Darüber hinaus ist bei breiteren Streifen der Eintrag von Pflannschutz - und Düngemitteln vom Rand der benachbarten Kulturflächen geringer. Haben Blühstreifen in unmittelbarer Nähe von großen Straßen oder sogar zwischen den Gegenfahrbahnen von mehrspurigen Straßen in Städten nach Auffassung der Landesregierung eine positive Wirkung auf Insekten, oder schätzt die Landesregierung solche Maßnahmen eher als kontraproduktiv ein, da diese Blühstreifen wie eine Art Insektenfalle (die Insekten werden durch die blühenden Pflanzen angezogen, werden dann jedoch durch den Verkehr getötet) wirken können? ie bereits erwähnt, sind prinzipiell alle Maßnahmen, die den Nutzungsdruck auf einer Fläche vergern (z. B. eine Reduzierung der Mahd oder Einschränkungen des Ausbringens von Pestiziden d Dünger und ähnliches) geeignet, eine positive Wirkung auf Insekten und ihre Artenvielfalt zu tfalten. Dies kann durchaus auch für Blühstreifen in unmittelbarer Nähe von großen Straßen gel- . Das schließt jedoch nicht aus, dass diese positiven Aspekte im Einzelfall durch gegenläufige fekte - wie Verluste durch den Autoverkehr - verringert oder unter Umständen aufgehoben wern . erteilt am 14.10.2019) Anlage 1 zur kleinen Anfrage 18/4522 Anlage 1 zur kleinen Anfrage 18/4522 Anlage 1 zur kleinen Anfrage 18/4522 Anlage 2 zur kleinen Anfrage 18/4522 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LTmit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Stefan Wirtz (AfD) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz namens der Landesregierung Evaluierung von Insektenschutzmaßnahmen