Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4799 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Dr. Marco Genthe (FDP) Antwort des Niedersächsischen Justizministeriums namens der Landesregierung Schwerpunktstaatsanwaltschaften im Bereich Informations- und Kommunikationstechnik (IuK) in Niedersachsen Anfrage des Abgeordneten Dr. Marco Genthe (FDP), eingegangen am 10.09.2019 - Drs. 18/4563 an die Staatskanzlei übersandt am 12.09.2019 Antwort des Niedersächsischen Justizministeriums namens der Landesregierung vom 14.10.2019 Vorbemerkung des Abgeordneten In jedem Bezirk der drei niedersächsischen Generalstaatsanwaltschaften Braunschweig, Celle und Oldenburg ist eine Schwerpunktstaatsanwaltschaft für IuK-Kriminalität eingerichtet. Neben Verden sind die Expertinnen und Experten aus Göttingen und Osnabrück zuständig, wenn ein Anfangsverdacht für das Vorhandensein schwerer IT-Kriminalität vorliegt und zur Strafverfolgung ein besonders hohes Maß an technischem Verständnis erforderlich ist (Quelle: https://www.mj.nieder sachsen.de/startseite/aktuelles/presseinformationen/justizministerin-besucht-die-cybercrime-spezia listen-bei-der-staatsanwaltschaft-verden-156990.html). Vorbemerkung der Landesregierung Zur effektiven Bekämpfung der IuK-Kriminalität wurden zum 01.01.2012 bei den Staatsanwaltschaften Verden, Osnabrück und Göttingen Schwerpunktstaatsanwaltschaften zur Bekämpfung der Kriminalität im Zusammenhang mit Informations- und Kommunikationstechnik (Internet- und Computerkriminalität ) eingerichtet (vgl. AV des Justizministeriums vom 04.11.2011, Az. 3261-404.13). Die sachliche Zuständigkeit der Schwerpunktstaatsanwaltschaften ist begründet, wenn zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorhandensein schwerer Computer- oder Internetkriminalität oder IuK-Kriminalität vorliegen. Dies gilt insbesondere für Straftaten nach den §§ 202 a, 202 b, 202 c, 202 d, 263 a, 269, 270, 271, 274 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2, den §§ 303 a, 303 b, 348 StGB, § 17 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a und Nr. 2 UWG, den §§ 106 bis 108 b UrhG und § 44 i. V. m § 43 BDSG (IuK-Kriminalität im engeren Sinne) sowie Straftaten, bei denen Informations- und Kommunikationstechnik als Tatmittel oder zur Vorbereitung oder Planung eingesetzt wird (IuK-Kriminalität im weiteren Sinne), wenn zur Strafverfolgung ein besonders hohes Maß an technischem Verständnis oder zur Beweisführung besondere Kenntnisse der Informations- und Kommunikationstechnologie erforderlich sind. Seit diesem Jahr tragen die Schwerpunktstaatsanwaltschaften jeweils den Namen „Zentralstelle Internet - und Computerkriminalität (Cybercrime)“. 1. Über wie viel Personal verfügen die jeweiligen Schwerpunkt-Staatsanwaltschaften für IuK-Kriminalität in Verden, Göttingen und Osnabrück? Der Personaleinsatz in den Zentralstellen Internet- und Computerkriminalität (Cybercrime) wird im Folgenden tabellarisch dargestellt, wobei zwischen dem Personaleinsatz im staatsanwaltschaftlichen sowie im mittleren Dienst differenziert wird. Die mit fünf Stellen ausgestattete Zentralstelle Osnabrück arbeitet derzeit aufgrund von Reduzierungen des Pensums einzelner Dezernenten nur mit 4,25 Arbeitskraftanteilen. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4799 2 Personaleinsatz IuK Stichtag 31.12.2018 Einsatz Staatsanwälte Einsatz mittlerer Dienst StA GÖ 3,00 3,00 StA VER 3,00 1,75 StA OS 4,25 1,50 Niedersachsen 10,25 6,25 2. Wird hier jeweils PEBSY 1.0 erreicht? Falls nein, warum nicht? Bei der internen Geschäftsverteilung innerhalb der betroffenen Staatsanwaltschaften werden die erforderlichen Personalanteile der Zentralstellen für Internet- und Computerkriminalität nicht auf der Grundlage von PEBB§Y-Zahlen, sondern nach dem tatsächlichen Bedarf ermittelt. Eine spezielle PEBB§Y-Belastung nur für den Bereich der Internet- und Computerkriminalität kann deshalb nicht ausgewiesen werden. 3. Welche Anforderungen bzw. speziellen Kenntnisse werden an die Mitarbeiter der Schwerpunktstaatsanwaltschaft für IuK-Kriminalität gestellt? Es werden erfahrene und befähigte Staatsanwältinnen und Staatsanwälte mit ausgeprägten strafprozessualen Kenntnissen benötigt. Sie müssen über technisches Verständnis und Interesse für Informationstechnologie verfügen, wobei Vorerfahrungen in diesem Bereich hilfreich sind. Die Schwierigkeit der Materie und der Umfang der Ermittlungen verlangen einen ständigen Austausch mit der polizeilichen Sachbearbeitung und die Anwesenheit bei entscheidenden prozessualen Maßnahmen (Durchsuchungen/Vernehmungen) auch im Ausland, was große Flexibilität und die Bereitschaft zu Dienstreisen voraussetzt. Daher sind gute, möglichst verhandlungssichere Englischkenntnisse gefragt. Teamfähigkeit und die ständige Bereitschaft zur Fortbildung werden erwartet . 4. Gibt es genügend Bewerber mit den gewünschten Voraussetzungen für die Schwerpunktstaatsanwaltschaft im Bereich IuK-Kriminalität? In Niedersachsen werden Neueinstellungen nicht für spezielle Bereiche der Staatsanwaltschaften oder Gerichte vorgenommen, sondern nach Bedarf für das ganze Land. Die Planstellen im Bereich der Schwerpunktstaatsanwaltschaft werden besetzt mit erfahrenen Staatsanwältinnen und Staatsanwälten , die die unter Ziffer 3 dargestellten Voraussetzungen erfüllen. Bisher gelingt es, geeignete (interne) Bewerberinnen und Bewerber zu gewinnen. 5. Gibt es unbesetzte Stellen? Falls ja, wie viele und wo? Im Bereich der Zentralstellen für Internet- und Computerkriminalität (Cybercrime) gibt es keine unbesetzten Stellen. 6. Welche Delikte im Bereich IuK-Kriminalität werden besonders häufig angeklagt? An der Spitze der Delikte, die angeklagt werden, sind Computerbetrug und Betrug zu nennen. Darüber hinaus kommt es zu Anklagen wegen Verstoßes gegen das Urheber-, das Marken-, das Betäubungsmittel - und das Waffengesetz. Cybercrime im engeren Sinne wie Ausspähen von Daten, Datenhehlerei, Computersabotage, Fälschung beweiserheblicher Daten oder Datenveränderung treten in anzuklagenden Verfahren ebenfalls häufig auf, fallen aber oftmals im Wege der Konkurrenzen weg oder unterliegen Verfahrensbeschränkungen . Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4799 3 7. Wie viele Verfahren im Bereich IuK-Kriminalität wurden in den Jahren 2015, 2016, 2017, 2018 und in der ersten Jahreshälfte 2019 nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt? Die von den Staatsanwaltschaften Verden und Osnabrück mitgeteilten Zahlen werden im Folgenden tabellarisch dargestellt. Es wird insoweit zwischen den Verfahren, die gegen unbekannte Täter geführt wurden (sogenannte UJs-Verfahren), und den gegen bekannte Täter geführten Verfahren (sogenannte Js-Verfahren) differenziert. Bei den Js-Verfahren wird - entgegen der Fragestellung - die Anzahl der Beschuldigten und nicht die Anzahl der Verfahren angegeben. Dieses hat den Grund darin, dass ein Ermittlungsverfahren, das sich gegen mehrere Beschuldigte richtet, auf unterschiedliche Art abgeschlossen werden kann. Bei der Staatsanwaltschaft Göttingen ist eine Auswertung der abgefragten Verfahrenseinstellungen nicht verlässlich möglich, da Cybercrime-Verfahren bei den statistischen Erledigungen nicht gesondert erfasst werden. Für die Staatsanwaltschaft Verden liegen folgende Zahlen vor: Jahr Einstellungen gemäß § 170 Abs. 2 StPO in Verfahren gegen unbekannt (sog. UJs-Verfahren) Einstellungen gemäß § 170 Abs. 2 StPO in Verfahren gegen identifizierte Beschuldigte (sog. Js-Verfahren) 2015 2 234 97 2016 1 292 128 2017 2 120 204 2018 1 204 143 1. Halbjahr 2019 1 109 34 Gesamt 7 959 606 Für die Staatsanwaltschaft Osnabrück liegen folgende Zahlen vor: Jahr Einstellungen gemäß § 170 Abs. 2 StPO in Verfahren gegen unbekannt (sog. UJs-Verfahren) Einstellungen gemäß § 170 Abs. 2 StPO in Verfahren gegen identifizierte Beschuldigte (sog. Js-Verfahren) 2015 250 229 2016 264 166 2017 233 230 2018 501 195 1. Halbjahr 2019 407 57 Gesamt 1 655 877 8. Wie viele Verfahren im Bereich der IuK-Kriminalität endeten gemäß § 153 StPO, § 153 a StPO, § 153 c StPO in den Jahren 2015, 2016, 2017, 2018 und in der ersten Jahreshälfte 2019? Die von den Staatsanwaltschaften Verden und Osnabrück mitgeteilten Zahlen werden im Folgenden ebenfalls tabellarisch dargestellt. Soweit die Verfahren der Staatsanwaltschaft Göttingen betroffen sind, wird auf die Antwort zu Frage 7 Bezug genommen. Für die Staatsanwaltschaft Verden liegen folgende Zahlen vor: Jahr § 153 StPO § 153 a StPO § 153 c StPO 2015 2 1 63 2016 8 10 8 2017 12 5 17 2018 5 5 1 843 1. Halbjahr 2019 1 0 303 Gesamt 28 21 2 234 Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4799 4 Fü J 2 2 2 2 1 G (V r die Staatsanwaltschaft Osnabrück liegen folgende Zahlen vor: ahr § 153 StPO § 153 a StPO § 153 c StPO 015 14 1 0 016 6 4 0 017 13 4 0 018 4 1 0 . Halbjahr 2019 5 4 0 esamt 42 25 0 erteilt am 17.10.2019) Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LTmit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Dr. Marco Genthe (FDP) Antwort des Niedersächsischen Justizministeriums namens der Landesregierung Schwerpunktstaatsanwaltschaften im Bereich Informations- und Kommunikationstechnik (IuK) in Niedersachsen