Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4833 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Christopher Emden (AfD) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung Abrechnungsbetrug ASB Anfrage des Abgeordneten Christopher Emden (AfD), eingegangen am 16.09.2019 - Drs. 18/4615 an die Staatskanzlei übersandt am 19.09.2019 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung vom 15.10.2019 Vorbemerkung des Abgeordneten Nach Presseberichten soll es im Zusammenhang mit einem Abrechnungsbetrug bei dem ASB und dessen Tochter Gemeinnützige Gesellschaft für Soziale Dienste und Krankentransporte zu Zahlungen über 3,4 Millionen Euro auf gegenüber der Landesaufnahmebehörde Niedersachsen gestellten Scheinrechnungen gekommen sein (Neue Presse vom 31.07.2019), z. B. für ein Flüchtlingsheim, das es gar nicht gab, oder es wurden Leistungen doppelt abgerechnet. Vorbemerkung der Landesregierung Die Landesverwaltung arbeitet mit dem ASB wie mit den anderen Hilfsorganisationen in verschiedenen Bereichen zusammen. Eine Zusammenarbeit gibt es z. B. im Katastrophenschutz, im Bereich der ambulanten Pflege, der Durchführung von Heimfahrten für das Landesbildungszentrum für Blinde, der Krankentransporte, der Rettungsdienste, der Kinderbetreuung und der Unterstützung beim Angebot von Ganztagsschulen sowie bei Erste-Hilfe-Schulungen. Auch im Zuge der besonderen Herausforderung der starken Flüchtlingszugänge der Jahre 2015 und 2016 hat sich die Zusammenarbeit mit den Hilfsorganisationen bewährt. Das laufende Strafverfahren kann aus Sicht der Landesregierung nicht zu einem Pauschalverdacht gegen alle Hilfsorganisationen oder gar einer Kultur des Misstrauens in der weiteren Zusammenarbeit zwischen dem Land Niedersachsen und den Hilfsorganisationen führen. Die Flüchtlingssituation ab Herbst 2015 mit der sehr hohen Anzahl von Menschen, die täglich in Niedersachsen ankamen, stellte eine außerordentliche Herausforderung für das Land Niedersachsen im Bereich der Erstaufnahme von Flüchtlingen dar. Aufgrund der hohen Zugangszahlen reichten die Kapazitäten in den Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes nicht aus. Um die Obdachlosigkeit von Flüchtlingen zu verhindern, richtete das Land Niedersachsen zum einen eigene Not- und Behelfsunterkünfte mit Unterstützung der Hilfsorganisationen ein. Zum anderen ersuchte die Landesregierung ab Oktober 2015 die Landkreise und kreisfreien Städte um Amtshilfe bei der Unterbringung von Flüchtlingen. Im Falle der Amtshilfe führt die ersuchte Behörde, hier also die Landkreise und kreisfreien Städte, die Amtshilfe nach ihrem Recht im eigenen Namen, aber im fremden Interesse durch. Für Art, Form und Inhalt der Durchführungshandlungen trägt die ersuchte Behörde die Verantwortung. Die Kommunen, die das Land im Rahmen der Amtshilfe unterstützt haben, konnten im Nachhinein eine Verwaltungsvereinbarung mit dem Land schließen, um die Abrechnungsmodalitäten der erbrachten Leistungen mit dem Land zu vereinfachen. Die mit 22 Kommunen abgeschlossenen Verwaltungsvereinbarungen sahen im Wesentlichen vor, dass das Land der Kommune eine Pauschale in Höhe von 45 Euro pro Platz und Tag zahlt. In der Pauschale waren u. a. die Organisations- und Verwaltungskosten, Grundleistungen für Kleidung, Körperpflege und Ernährung, Personalkosten, Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4833 2 Verbrauchsmaterialien sowie Wach- und Sicherheitsdienste enthalten. 17 Kommunen haben mit dem Land keine Verwaltungsvereinbarung geschlossen. Die ihnen im Rahmen der Unterbringung von Flüchtlingen entstandenen Kosten wurden spitz erstattet. Im Zusammenhang mit der Amtshilfe und den geschlossenen Verwaltungsvereinbarungen wurden an Bewachungsdienstleister ausschließlich mittelbar Zahlungen ausgeführt. Die Kommunen waren in Eigenregie für den Betrieb der Flüchtlingsunterkünfte zuständig. Sämtliche Vergaben wurden von den Kommunen durchgeführt und auch direkt an die Dienstleister bezahlt. Die Rechnungen wurden hierbei von den Kommunen auf ihre sachliche und rechnerische Richtigkeit überprüft. Das Land erstattete im Nachhinein den Kommunen die Kosten. Hierfür wurden entsprechende Abrechnungen und Belege im Ministerium für Inneres und Sport eingereicht und geprüft. Die Abrechnung sowohl der Amtshilfekommunen als auch der Kommunen, die eine Verwaltungsvereinbarung unterzeichnet haben, ist bereits vollständig abgeschlossen. Da mögliche Zahlungen an Bewachungsdienstleister im Kontext der Amtshilfe und der geschlossenen Verwaltungsvereinbarungen nur mittelbar durch das Land erfolgten bzw. durch die an die Kommunen gezahlten Pauschalen abgegolten wurden, können für diesen Bereich die Zahlungen nur von den betroffenen Kommunen dargestellt werden. Im Weiteren wird sich daher ausschließlich auf die Standorte der Landesaufnahmebehörde nebst ihrer Außenstellen sowie die für das Land auftragsweise durch Hilfsorganisationen betriebenen Not- und Behelfsunterkünfte für Flüchtlinge bezogen. 1. Wie erklärt sich die Landesregierung, dass Rechnungen für die vermeintliche Bewachung eines nicht einmal existierenden Flüchtlingsheimes anstandslos gezahlt wurden ? Die Landesaufnahmebehörde Niedersachsen prüft die Berichterstattung intern. Bislang haben sich keine Hinweise darauf ergeben, dass Zahlungen für eine nicht existente Flüchtlingsunterkunft erfolgt sind. 2. Sind der Landesregierung weitere Fälle von Abrechnungen für nicht erbrachte Leistungen im Zusammenhang mit der Unterbringung von Migranten oder im Zusammenhang mit Bewachungsleistungen bekannt? Wenn ja, welche sind das? Nein. 3. Was plant die Landesregierung, um künftig das Bezahlen von Abrechnungen für nicht erbrachte Leistungen bzw. Zahlungen auf doppelte Abrechnung einer Leistung seitens der Landesaufnahmebehörde zu vermeiden? Siehe Vorbemerkung. 4. Hat die Landesregierung den Vorfall mit der ASB-Tochter zum Anlass genommen, die Rechnungen der Anbieter für die Unterbringung von Flüchtlingen und für Bewachungsleistungen auf ihre Stichhaltigkeit hin zu prüfen? Siehe Vorbemerkung. 5. Wie hoch waren die Gesamtausgaben des Landes Niedersachsen seit 2014 für die Unterbringung und Bewachung von Flüchtlingen (bitte nach Jahren aufschlüsseln)? Die Landesaufnahmebehörde Niedersachsen hatte seit 2014 für die Unterbringung von Flüchtlingen in ihren Standorten und den Not- und Behelfsunterkünften nachfolgend aufgeführte Gesamtausgaben und darin enthaltene Ausgaben für Wach- und Sicherheitsdienste. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4833 3 Jahr Aufwendungen gesamt davon Wach- und Sicherheitsdienst 2014 38.220.000 Euro 1.020.000 Euro 2015 201.810.000 Euro 3.970.000 Euro 2016 471.900.000 Euro 8.520.000 Euro 2017 163.290.000 Euro 11.270.000 Euro 2018 124.150.000 Euro 11.670.000 Euro Die Kosten für den Wach- und Sicherheitsdienst der Notunterkünfte waren ein Bestandteil einer Pauschale, die den Hilfsorganisationen auf der Grundlage jeweiliger Vereinbarungen bezahlt wurden . Da diese nicht einzeln nachgewiesen werden mussten, sind diese Kosten daher in den obigen Gesamtaufwendungen, insbesondere des Jahres 2016, enthalten, aber nicht in der Einzelaufstellung des Wach- und Sicherheitsdienstes. 6. Welche Flüchtlingsheime gibt es in Niedersachsen, und wer bewacht diese jeweils (bitte nach Flüchtlingsheimen seit 2014 aufschlüsseln)? In Niedersachsen gibt es aktuell fünf Standorte der Landesaufnahmebehörde Niedersachsen nebst Außenstellen. Diese werden seit 2014 wie folgt bewacht: Standort Zeitraum Sicherheitsdienst Bramsche Standort 2014 - 31.03.2016 HS Dienstleistungs GmbH, übernommen durch Secura Protect Nord 01.04.2016 - 31.03.2017 Alwas GmbH in Bietergemeinschaft mit der Kieler Wach- und Sicherheitsges 01.04.2017 - 30.04.2018 Secura Protect Süd seit 01.05.2018 Kieler Wach- und Sicherheitsgesellschaft Außenstelle Oldenburg 01.11.2015 - 31.03.2016 Secura Protect Nord 01.04.2016 - 31.03.2017 Securitas seit 01.04.2017 MSS Security GmbH Braunschweig Standort seit 2014 Fa. Krokoszinski Sicherheitsdienst GmbH & Co KG Außenstelle Celle seit 01.10.2016 Marcel Peters Sicherheitsdienst GmbH Bad Fallingbostel -Oerbke Standort 2015 - 30.04.2017 Johanniter mit der Verpflichtung , für Sicherungsdienstleistungen zu sorgen seit 01.05.2017 City Schutz GmbH GDL Friedland Standort 08.2018 - 05.2016 HKS Sicherheitsservice GmbH Osnabrück Standort 2014 - 30.06.2016 Hood Security Management/ Secura Protect Nord seit 01.07.2016 WSO Sicherheitsdienst GmbH 7. Nach welchen Kriterien werden die Aufträge für Unterbringung von Migranten und für Bewachungsleistungen jeweils vergeben? Aufträge werden abhängig vom geschätzten Auftragswert nach europaweiter Ausschreibung auf Grundlage des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) bzw. nach nationaler Ausschreibung auf Grundlage der Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge (Vergabeverordnung ) bzw. der Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen (VOL) nach Prüfung der Eignung vergeben. Die Vergabe erfolgt an den wirtschaftlichsten Anbieter, wenn dieser die vorgegebenen Zuschlagskriterien erfüllt und keine zwingenden oder fakultativen Ausschlussgründe vorliegen. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4833 4 8. Di Re W (V Für welche Dauer werden Aufträge für die Unterbringung von Migranten und Bewachung von Flüchtlingsheimen vergeben? e Dauer der Aufträge ist - abhängig von den Umständen des Einzelfalls - unterschiedlich. In der gel werden Aufträge nicht für einen längeren Zeitraum als vier Jahre vergeben. Aufträge im ach- und Sicherheitsdienst können bis zu sieben Jahre vergeben werden. erteilt am 17.10.2019) Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LTmit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Christopher Emden (AfD) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung Abrechnungsbetrug ASB