Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/484 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Stefan Wenzel und Helge Limburg (GRÜNE) Antwort der Niedersächsischen Staatskanzlei namens der Landesregierung Verdacht der „missbräuchlichen Verwendung von Steuergeldern“ durch die Regierung McAllister Anfrage der Abgeordneten Stefan Wenzel und Helge Limburg (GRÜNE), eingegangen am 08.02.2018 - Drs. 18/290 an die Staatskanzlei übersandt am 14.02.2018 Antwort der Niedersächsischen Staatskanzlei namens der Landesregierung vom 13.03.2018, gezeichnet Dr. Jörg Mielke Chef der Staatskanzlei Vorbemerkung der Abgeordneten Mitte September 2017 berichteten Medien in Niedersachsen über den Vorwurf der „missbräuchlichen Verwendung von Steuergeldern“ durch die Regierung David McAllister. Die Staatskanzlei informierte demnach über einen Fall aus dem Jahr 2011, bei dem es Vorabsprachen mit einer Agentur gegeben haben soll, die den Auftrag für eine Umfrage zum „Bild von der Landesregierung unter der Leitung von David McAllister“ bekam. Auftragnehmer war eine Agentur aus der Region Osnabrück. Das Unternehmen soll für die Studie, die offenbar nicht veröffentlicht wurde, 44 600 Euro erhalten haben. Der stellvertretende Regierungssprecher sprach gegenüber Medienvertretern von Akten, die „darauf schließen lassen, dass das damals nicht sauber abgegangen ist“ (taz, 11.09.2017). „In den Vermerken (stehe) etwa, dass das Angebot der später eingereichten Agentur Produkt und Markt in Telefonaten und Gesprächen annahmefähig gemacht worden sei.“ Außerdem gebe es auch „eine ganze Reihe von Unterlagen, die eine Verbindung zur Partei herstellen.“ In verschiedenen Medien wurde etwa berichtet, dass die Auftragsvergabe mit einem „U.T.“ abgestimmt sei, was eine Verbindung zum damaligen CDU-Generalsekretär Ulf Thiele nahelegen könnte. Der damalige Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Grant Hendrik Tonne, wird mit den Worten zitiert: „Es dränge sich der Verdacht auf, dass McAllister vor der Landtagswahl 2013 regierungsfreundliche Umfragen beauftragt und eventuell sogar gemeinsam mit der Landespartei formuliert habe (...) Sollte sich das bewahrheiten, sprechen wir über einen Fall der illegalen Parteienfinanzierung “ (taz, 11.09.2017). Im gleichen Bericht wurde darüber informiert, dass das Rechtsreferat der Staatskanzlei damit beauftragt wurde, den Auftrag zu prüfen - „allerdings nicht nur vergaberechtlich. Es sollte auch geprüft werden, ob die damalige Landesregierung Steuergelder missbräuchlich verwendet habe“ (taz, 11.09.2017). Vergleichbare Resonanzstudien der Bayerischen Staatskanzlei zugunsten der CSU wurden vom dortigen Verfassungsgerichtshof und vom Bayrischen Obersten Rechnungshof als rechtswidrig eingestuft. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/484 2 Vorbemerkung der Landesregierung Die Landesregierung wahrt die Trennung der Sphären der Landesregierung und Verwaltung einerseits und der die Landesregierung tragenden Parteien andererseits. Dies hat zur Folge, dass die nachfolgende Antwort den Wissensstand wiedergibt, der der Landesregierung (und der ihr nachgeordneten Verwaltung) in dienstlicher Eigenschaft bekannt geworden ist. Sofern Mitglieder der Landesregierung oder der Verwaltung gleichzeitig politischen Parteien angehören, wird dort gegebenenfalls erworbenes parteiinternes Wissen nicht zum Wissen der Landesregierung und ist damit nicht Gegenstand dieser Antwort. 1. Wann wurde die im September vom stellvertretenden Regierungssprecher angekündigte Prüfung veranlasst, und gegebenenfalls wann waren die Untersuchungen abgeschlossen ? Am 31.08.2017 erreichte die Presse- und Informationsstelle der Landesregierung eine Anfrage der Neuen Osnabrücker Zeitung (NOZ) per E-Mail zu einer „Resonanzanalyse für die Staatskanzlei“ aus dem Jahr 2012, die der Zeitung vorliege. Hierzu wurden mehrere Fragen eingereicht, die die Pressestelle der Landesregierung am Folgetag beantwortete. Die NOZ berichtete auf der Basis der Antworten und eigener Recherchen am Samstag, 09.09.2017, unter der Überschrift „Wähleranalyse für McAllister wirft Fragen auf“ über den Sachverhalt. Weitere Medien übernahmen das Thema und berichteten ihrerseits noch am Sonnabend oder am darauffolgenden Montag, 11.09.2017. Am 11.09.2017 ging eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung des Abgeordneten Grant Hendrik Tonne ein, die auf die genannte Medienberichterstattung Bezug nahm (Drucksache 17/8694). Die Staatskanzlei beantwortete diese Anfrage am 04.10.2017 (Drucksache 17/8799). Die Medienanfrage der NOZ wurde durch die Pressestelle der Landesregierung unter Beteiligung des Rechtsreferats der Staatskanzlei bearbeitet. Die Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung des Abgeordneten Tonne wurde durch das Rechtsreferat der Staatskanzlei nach umfangreicher Prüfung der Aktenlage sowie eigenen Recherchen bearbeitet. 2. Von wem wurde die Prüfung veranlasst, und wie lautete der exakte Prüfungsauftrag? Siehe Antwort zu Frage 1. Im Hinblick darauf, dass die Landesregierung zur vollständigen Beantwortung von Anfragen verpflichtet ist, wurde der Prüfungsauftrag durch die Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung in der Drucksache 17/8694 festgelegt. 3. Für den Fall, dass die Prüfung abgeschlossen ist: Zu welchem Ergebnis kam die Prüfung in Bezug auf die nachfolgenden Fragen: a) Wurden in diesem Fall von der Regierung McAllister die rechtlich vorgeschriebenen Regeln des Vergabeverfahrens eingehalten? Nach Auswertung der (insoweit unvollständigen) Aktenlage ist dies nicht der Fall. Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 4 VOL/A in Verbindung mit den haushaltsrechtlichen Bestimmungen sollen bei freihändigen Vergaben grundsätzlich mindestens drei Bewerber zur Angebotsabgabe aufgefordert werden. Unter dem 01.03.2011 hat der damalige Pressesprecher Dr. Enste laut Akte zwar drei Anbieter kontaktiert, allerdings nur telefonisch. Der dabei angefragte Leistungsumfang und der konkrete Inhalt der unter dem 01.03.2011 mit den drei Bietern geführten Telefongespräche sind nicht dokumentiert und nicht bekannt. Aus der Tatsache, dass danach zu um Wochen bis Monaten unterschiedlichen Zeiten drei Angebote mit voneinander sehr unterschiedlichen Konzepten und Leistungsumfängen eingingen, kann geschlossen werden, dass unter dem 01.03.2011 von den drei Bietern kein einheitlicher Leistungsumfang abgefragt wurde. Nach Vorliegen der drei „Angebote“ wurde der konkrete (Ende 2011 dann beauftragte) Leistungsumfang nur mit der Firma Produkt + Markt weiter ausverhandelt. Eine Anfrage bei den vorgenann- Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/484 3 ten (oder anderen) alternativen Anbietern, ob und gegebenenfalls zu welchem Preis diese den schlussverhandelten Leistungsumfang gegebenenfalls wirtschaftlicher oder qualitativ besser anbieten könnten, erfolgte nicht. Die nach § 3 Abs. 1 Satz 4 VOL/A intendierte Marktsituation kam daher zu keinem Zeitpunkt zustande . b) Wurde der von einem Vertreter der Regierung Weil geäußerte Verdacht der missbräuchlichen Verwendung von Steuergeldern ausgeräumt? Die hierfür vorliegenden Verdachtsmomente wurden durch die Prüfungen weder ausgeräumt noch bestätigt. c) Haben die Prüfungen die zitierten Hinweise auf Verbindungen bzw. eine Zusammenarbeit zwischen der Staatskanzlei und der CDU-Landespartei oder einzelner ihrer Vertreterinnen und Vertreter bestätigt? Ja, der Generalsekretär der CDU in Niedersachsen Ulf Thiele war in die Vorbereitung der Resonanzanalyse eingebunden. Im Übrigen vgl. Antwort zu Frage 7. d) Wurde der vom seinerzeitigen parlamentarischen Geschäftsführer der SPD und jetzigen Kultusminister geäußerte Verdacht der illegalen Parteienfinanzierung bestätigt? Nein. e) Haben sich im Zug dieser Prüfung oder bei anderer Gelegenheit im genannten Zeitraum Hinweise auf unter Umständen ähnliche bzw. vergleichbare Vorgänge ergeben, die ebenfalls Anlass zu Prüfungen geben könnten? Im Zuge dieser Prüfung haben sich solche Hinweise nicht ergeben. Inwieweit sich „bei anderer Gelegenheit im genannten Zeitraum Hinweise auf unter Umständen ähnliche bzw. vergleichbare Vorgänge ergeben“ (haben), „die ebenfalls Anlass zu Prüfungen geben könnten“, kann aufgrund der Aneinanderreihung von unbestimmten Begriffen nicht beantwortet werden, da sich die Landesregierung außerstande sieht, das Vorverständnis der Fragesteller zu all diesen Begriffen verlässlich abzuschätzen . f) Sind in diesem Zusammenhang oder in anderen Zusammenhängen weitere Überprüfungen von Vergabeverfahren der Regierung McAllister oder anderer Vorgängerregierungen veranlasst worden? In diesem Zusammenhang sind solche weiteren Überprüfungen nicht veranlasst worden. In anderen Zusammenhängen sind Prüfungen von Vergabeverfahren der Regierung McAllister und der Vorgängerregierungen mehrfach veranlasst worden. Insbesondere der Landesrechnungshof hat wohl in jeder Legislaturperiode von der jeweiligen Landesregierung zu verantwortende Vergabeverfahren geprüft. 4. Von wem wurde der Auftrag zur Studie über das „Das Bild der Landesregierung unter der Leitung von David McAllister“ erteilt? Vom seinerzeitigen Leiter der Pressestelle der Landesregierung Dr. Franz Rainer Enste. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/484 4 5. Welche Zielsetzung wurde mit der Studie verfolgt? In dem Angebot der Firma Produkt + Markt, das dem Auftrag für die Studie zugrunde liegt, heißt es unter „Zielsetzung“: „Zur Analyse, wie sich das Bild der Niedersächsischen Landesregierung unter der Leitung von Ministerpräsidenten David McAllister unter den Wahlberechtigten in Niedersachsen darstellt, ist eine Imageuntersuchung geplant. Zentrale Inhalte sind die Erhebung der Erwartungen der Bürger an die Landesregierung und den Ministerpräsidenten und die in den ermittelnden Bereichen vorgenommene Kompetenzzuschreibung. Darüber hinaus ist eine Qualifizierung der Ergebnisse geplant: Welche auf Seiten der Bürger wahrgenommenen Maßnahmen, Entscheidungen oder sonstigen Ereignisse lassen sich als Treiber für die Bewertung der Landesregierung und deren Vertreter identifizieren? Woran wird die Kompetenzzuschreibung festgemacht? Wodurch wird aus Bürgersicht hohe oder steigerungsfähige Kompetenz in einzelnen Bereichen für die Bürger deutlich?“ 6. Wurden die Arbeiten an der Studie auftragsgemäß zu Ende geführt? Ja. 7. Wem wurden die Ergebnisse der Studie bekannt gegeben, bzw. in welcher Weise wurde seitens der Regierung McAllister mit den Ergebnissen der Studie gearbeitet? Wie die Studie konkret verwendet wurde, ist in der Akte nicht dokumentiert und konnte auch nachträglich nicht in Erfahrung gebracht werden. 8. Wurden in der vergangenen Legislaturperiode Aufträge für vergleichbare Studien erteilt ? Nein. (Verteilt am 14.03.2018) Drucksache 18/484 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Stefan Wenzel und Helge Limburg (GRÜNE) Antwort der Niedersächsischen Staatskanzlei Verdacht der „missbräuchlichen Verwendung von Steuergeldern“ durch die Regierung McAllister