Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/493 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Christian Grascha (FDP) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz namens der Landesregierung Welche Pläne hat die Landesregierung mit dem Windenergieerlass? Anfrage des Abgeordneten Christian Grascha (FDP), eingegangen am 08.02.2018 - Drs. 18/292 an die Staatskanzlei übersandt am 14.02.2018 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz namens der Landesregierung vom 13.03.2018, gezeichnet Olaf Lies Vorbemerkung des Abgeordneten Im lokalen Anzeigenblatt Die Eule wurde am 24. Januar 2018 über Diskussionen in den Kommunen des Landkreises Northeim bezüglich der Ausweisung von Vorranggebieten für Windenergie berichtet . Nach Ansicht des CDU-Kreisverbandes Northeim sei den Städten und Gemeinden zum Ausbau der Windenergie vom Land „pauschal eine Vorgabe gemacht“ worden, die die Bedingungen vor Ort nicht ausreichend berücksichtige. Bestimmte Flächenrestriktionen wie Naturschutzgebiete oder der Wald führten dazu, dass die Vorranggebiete für Windenergie oft nah an Siedlungsgebiete heranrückten . Aktuell befänden sich die Städte Einbeck und Moringen in konkreten Planungen, um ihre Handlungsspielräume gegenüber dem Landkreis auszuschöpfen. Es können nicht im Interesse des Landkreises sein, die Flächen von oben herab auszuweisen. „Um den Druck auf die Kommunen abzumildern, empfiehlt die CDU, den entsprechenden Erlass aufzuweichen“, wird über eine Forderung zur Änderung des Windenergieerlasses durch die Landesregierung berichtet. Vorbemerkung der Landesregierung Der Windenergieerlass benennt als Ziel der Landesregierung, den weiteren Ausbau der Windenergie an Land in Niedersachsen umwelt- und sozialverträglich und in planerisch geordneter Weise zu gestalten und mindestens 20 GW Windenergieleistung an Land bis zum Jahr 2050 zu erreichen. Windenergieerlass und Leitfaden Artenschutz sind begleitet von einem breit angelegten Dialogprozess mit Vertretern betroffener Belange erarbeitet worden und am 25.02.2016 in Kraft getreten. Sie dienen als Orientierung und Hilfestellung für eine rechtssichere Planung und Genehmigung und helfen den zuständigen Behörden vor Ort, die Planungs- und Genehmigungsverfahren zu strukturieren und zu vereinfachen. Kontinuierliche Herausforderung beim weiteren Ausbau der Windenergie ist es, ausreichende geeignete Flächen für moderne Windenergieanlagen planerisch bereitzustellen. Zugleich verpflichtet die oberste Rechtsprechung die Planungsträger, der Windenergienutzung substanziell Raum zu verschaffen. Die kommunalen Planungsträger sind in Niedersachsen die zentralen Akteure bei der Suche nach den verträglichsten Lösungen vor Ort, denn sie können die regionalen und örtlichen Gegebenheiten bestmöglich berücksichtigen. Der Windenergieerlass enthält für jeden Landkreis Orientierungswerte für die planerische Flächenbereitstellung. Die Flächenansätze berücksichtigen die aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen bestehenden harten Tabuzonen der einzelnen Regionalplanungsräume der Regionalen Raumordnung und zeigen transparent auf, in welchem Maß jeder Landkreis, die Region Hannover, die kreisfreien Städte und der Regionalverband Großraum Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/493 2 Braunschweig - entsprechend ihren Voraussetzungen - zur Erreichung des landesweiten Ausbauziels von 20 GW Windenergie an Land (bis 2050) beitragen kann. Der Landkreis Northeim hat derzeit keine gesamträumliche Planung zur vorrangigen Windenergienutzung für das Landkreisgebiet. Er nimmt damit in seinem Regionalen Raumordnungsprogramm bislang keine gesamträumliche Betrachtung und Steuerung für das Landkreisgebiet vor und überlässt die planerische Steuerung für die Windenergie den einzelnen Städten und Gemeinden. Mit der Bekanntgabe der allgemeinen Planungsabsichten vom 17.06.2016 hat der Landkreis Northeim die Planung zur Neuaufstellung seines Regionalen Raumordnungsprogramms eingeleitet. Er ist im Rahmen seiner Planung verpflichtet, den LROP-Auftrag (Abschnitt 4.2 Ziffer 04 Satz 1) umzusetzen und Vorrang- oder Eignungsgebiete Windenergienutzung festzulegen. Der Landkreis muss den Erlass in seine planerischen Erwägungen einbeziehen. 1. Wie hat sich der Windenergieerlass des Landes nach Auffassung der Landesregierung bisher in der Praxis bewährt? Rückmeldungen aus der Planungs- und Genehmigungspraxis sowohl von behördlicher Seite wie von den Verbänden der Windenergiewirtschaft zufolge wird der Windenergieerlass überwiegend als sehr hilfreich begrüßt. Das betrifft insbesondere die übersichtliche Darstellung sämtlicher für die Zulassungspraxis einschlägiger Rechtsgebiete, die Klärung zuvor zwischen den Akteuren strittiger Fragen und nicht zuletzt die mit dem Erlass den Behörden gegebenen Hinweise zur Ausübung des planerischen Ermessens. Der Beitrag der Regionalplanungsregionen zur Erreichung des Landesziels fällt bis dato sehr unterschiedlich aus. In der Gesamtschau ist die Windenergienutzung im Nordwesten des Landes bereits deutlich stärker vorangeschritten als in Südniedersachsen. Eine Vielzahl an Regionalen Raumordnungsprogrammen befindet sich im Prozess der Änderung oder Neuaufstellung. Der Windenergieerlass wird somit sukzessive in der Planung Berücksichtigung finden. 2. Wie bewertet die Landesregierung die Auffassung des CDU-Kreisverbandes Northeim, den Kommunen seien durch den Windenergieerlass pauschale Vorgaben zur Ausweisung von Vorrangflächen gemacht worden, die die örtlichen Gegebenheiten nicht angemessen berücksichtigten? Diese Auffassung ist nicht zutreffend. Das Gegenteil ist der Fall. In dem Bewusstsein, dass sich verschiedene Restriktionen nicht gleichmäßig über das Land verteilen, wurden die Orientierungswerte nicht als pauschaler Wert unabhängig von den konkreten lokalen Gegebenheiten ermittelt, sondern unter Einrechnung der regionalen Möglichkeiten und im Hinblick auf eine gerechte Verteilung der Belastungen. Hat also ein Planungsträger beispielsweise einen überdurchschnittlich hohen Flächenanteil in seiner Planungsregion, der für die Windenergienutzung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen von vornherein ausscheidet (sogenannte harte Tabuzonen), dann ist es gerechtfertigt , dass in dieser Planungsregion auch ein geringerer Flächenanteil für die Windenergienutzung bereitgestellt wird als in einer Planungsregionen mit weniger Restriktionen. Entsprechend wurden im Windenergieerlass für die regionalen Planungsräume die sogenannten harten Tabuzonen, sämtliche FFH-Gebiete sowie die waldbelegten Flächen in Abzug gebracht und lediglich die als Rest verbleibende Potenzialfläche der jeweiligen Planungsregion zur Bestimmung des individuellen Orientierungswertes herangezogen. Berechnungsweise und Datengrundlagen für die Bestimmung der Orientierungswerte sind im Windenergieerlass näher erläutert. Ebenso wird im Erlass explizit darauf hingewiesen, dass lokal spezifischere oder aktuellere Informationen zu bestehenden harten Tabuzonen vorhanden sein können, sodass sich eine abweichende Potenzialfläche und folglich veränderter Orientierungswert ergeben kann. Damit geben die im Windenergieerlass angegebenen Orientierungswerte eine Hilfestellung, stellen jedoch weder eine verbindliche noch pauschale Vorgabe dar. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/493 3 Zudem wurde im Windenergieerlass bewusst auf die landesseitige Vorgabe von festen Mindestabständen für Windenergieanlagen über die gesetzlich festgelegten Abstände bzw. Schutzniveaus für Wohngebäude hinaus verzichtet. Hintergrund ist: Verbindliche pauschale Abstandsvorgaben schränken den Planungs- und Abwägungsspielraum der Planungsträger und damit die Suche nach den verträglichsten Standorten vor Ort unnötig ein. Denn pauschale Abstände schützen undifferenziert auch dort, wo es im Einzelfall weniger Vorsorge bräuchte, und verengen damit den Spielraum auch für gegebenenfalls schutzbedürftigere Standorte. So liegt es in der Hand der lokalen planerischen Konfliktlösung, die Reichweite z. B. zusätzlichen Wohnumfeldschutzes zu bestimmen. Die Suche nach den verträglichsten Standorten soll also bewusst vor Ort durch die kommunale Planung erfolgen. Wie der CDU-Kreisverband Northeim zutreffend feststellt, besteht bei der Ermittlung verträglicher Flächen für die Windenergie stets ein Zielkonflikt, da es in Niedersachsen kaum völlig konfliktfreie Flächen für die Windenergienutzung gibt. Dabei müssen Planungsträger regelmäßig zwischen gewünschten z. B. zusätzlichen - d. h. über harte gesetzlich vorgegebene Mindestabstände hinausgehenden - Siedlungsabständen, dem Interesse am Ausbau der erneuerbaren Energien, Schutz- und Nutzungsinteressen des Naturschutzes oder der Freihaltung von Waldflächen sowie weiteren Belangen abwägen. Insofern ist im LROP unter 4.2 Abs. 04 geregelt, dass Flächen innerhalb des Waldes nur dann für die Windenergienutzung in Anspruch genommen werden können, wenn weitere Flächenpotenziale weder für neue Vorrang- noch für neue Eignungsgebiete im Offenland zur Verfügung stehen und es sich um mit technischen Einrichtungen oder Bauten vorbelastete Flächen handelt. Auf diese Regelung wird im Windenergieerlass - Abschnitt 2.15 Windenergie und Wald - abgestellt. Der LK Northeim muss bei seinen Planungen zur Festlegung von Flächen für die Windenergie diesen Grundsatz berücksichtigen und in seine Abwägung einstellen . 3. Wie bewertet die Landesregierung die Forderung, der Windenergieerlass des Landes müsse zur besseren Berücksichtigung der Gegebenheiten vor Ort „aufgeweicht“ werden ? 4. Plant die Landesregierung, Änderungen am Windenergieerlass vorzunehmen, wenn ja, welche, wenn nein, warum nicht? Aufgrund des Sachzusammenhangs werden die Fragen 3 und 4 zusammen beantwortet. Wie in der Antwort zu Frage 2 erläutert, bestehen planerische Spielräume und Möglichkeiten zur Berücksichtigung der regionalen und lokalen Gegebenheiten. Unabhängig von der aufgeworfenen Fragestellung sollen der Windenergieerlass und der zugehörige Leitfaden zum Artenschutz ab Herbst 2018 auf ihren Fortschreibungsbedarf hin geprüft werden. Dies soll analog zu deren Erarbeitung begleitet von einem breiten Dialogprozess erfolgen. (Verteilt am 15.03.2018) Drucksache 18/493 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Christian Grascha (FDP) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz Welche Pläne hat die Landesregierung mit dem Windenergieerlass?