Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4933 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Harm Rykena (AfD) Antwort des Niedersächsischen Kultusministeriums namens der Landesregierung Dürfen Linksextremisten an niedersächsischen Schulen über Rechtsextremismus „aufklären “? Anfrage des Abgeordneten Harm Rykena (AfD), eingegangen am 13.09.2019 - Drs. 18/4639 an die Staatskanzlei übersandt am 25.09.2019 Antwort des Niedersächsischen Kultusministeriums namens der Landesregierung vom 24.10.2019 Vorbemerkung des Abgeordneten Am 21. Juni 2019 berichtete die Mediengruppe Kreiszeitung auf ihrer Internetseite über einen Vortrag von Andrea Röpke (Link: https://www.kreiszeitung.de/lokales/diepholz/twistringen-ort47316/ge walt-alltaeglich-aber-kaum-praesent-12584626.html). Der AfD-Landtagsfraktion wurde von einem Schüler eine Audio-Aufnahme des Vortrags von Frau Andrea Röpke vom 20. Juni 2019 über die Informationsplattform www.neutrale-lehrer.de zugesendet . Hierzu hat die Fraktion eine Niederschrift angefertigt, die auf Anfrage eingesehen werden kann. Frau Röpke ist Mitglied des Vereins „Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten“, die u. a. in Bayern vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Die Vereinigung ist Herausgeber des Magazins Antifa. Aus dem niedersächsischen Verfassungsschutzbericht 2018 geht hervor, dass viele linksextremistische Gruppen unter „Antifaschismus“ vor allem den Kampf gegen die AfD sehen. „Wie in den Jahren zuvor, konzentrierte sich die autonome Szene auch 2018 auf ihre ‚Antifaschismus -Arbeit‘, insbesondere auf die direkte Auseinandersetzung mit der AfD.“ (S. 73) Im bayerischen Verfassungsschutzbericht von 2018 (S. 235 bis 236) ist über die VVN-BdA zu lesen : „Der VVN-BdA ist die bundesweit größte linksextremistisch beeinflusste Organisation im Bereich des Antifaschismus. Sie arbeitet mit offen linksextremistischen Kräften zusammen. In der VVN-BdA wird nach wie vor ein kommunistisch orientierter Antifaschismus verfolgt. Diese Form des Antifaschismus dient nicht nur dem Kampf gegen den Rechtsextremismus. Vielmehr werden alle nicht marxistischen Systeme - also auch die parlamentarische Demokratie - als potenziell faschistisch, zumindest aber als eine Vorstufe zum Faschismus betrachtet, die es zu bekämpfen gilt.“ Danach verweist der Bericht auf den 22. Parteitag der DKP, der die engen personellen Überschneidungen und eine Zusammenarbeit zwischen DKP und VVN-BdA beweist. „Auf dem 22. Parteitag der DKP bezeichnete der DKP-Parteivorsitzende Patrik Köbele in seiner Rede die VVN-BdA als wichtigsten Bündnispartner der DKP. Es sei gut und richtig, dass viele Genossinnen und Genossen Mitglied der VVN-BdA seien.“ Aus der Darstellung des bayerischen Verfassungsschutzes geht eine enge personelle Überschneidung und Zusammenarbeit des VVN-BdA zu linksextremistischen Gruppierungen wie der DKP hervor , die auf Grundlage des Verfassungsschutzberichtes 2018 für das Bundesland Niedersachsen nicht ausgeschlossen werden kann. Dort wird die Deutsche Kommunistische Partei (DKP) als Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4933 2 „Marxistisch-Leninistische Organisation“ bezeichnet und dem Linksextremismus zugeordnet (S. 68 ff.). Weiterhin hat die Fraktion eine Kopie eines Informationsschreibens der Schulleitung erhalten, welches belegt, dass es sich um eine Pflichtveranstaltung der Jahrgänge 10 und 11 handelte. In ihrem Vortrag führte Frau Röpke aus, dass sie im Auftrag eines öffentlich-rechtlichen Senders eine Bürgerrechtsinitiative aus Schwanewede beobachtete. Wörtlich sagte sie: „wir haben für Radio Bremen, für Buten un‘ Binnen, einige der Gruppen beobachtet, z. B. in Schwanewede“. Sie äußerte sich auch unmittelbar zur Partei AfD auf folgende Art und Weise: „… diese Eskalation auf der Straße, diese Wut auf die Geflüchteten - tatsächlich sind sehr viele Menschen gekommen, es gibt Bürgerkrieg, es gibt Nöte, es gibt Menschen, die einfach besser leben wollen - wir müssen uns damit auseinandersetzen, wir brauchen nachhaltige politische Lösungen , die aber human sein müssen. Wir brauchen keine bürgerlichen Scharfmacher, der Alternative für Deutschland, der ist es gelungen, tatsächlich mit dieser Angstmacherei, mit dieser Panik, mit dem aufkeimenden Hass davon zu profitieren, sich aber keiner Verantwortung zu stellen. Die AfD hat für keine Ausschreitungen der Gewalt die Verantwortung übernommen.“ Sie führt dann weiter aus, die AfD würde von Gewalt und Hass profitieren: „Das heißt, sie profitiert. Sechs Millionen Menschen in Deutschland haben bei der letzten Bundestagswahl die AfD gewählt. Und ich fürchte, es wird noch weiter gehen, gerade die Landtagswahlen im Herbst stehen an, und in einigen Bundesländern hat die CDU schon Bereitschaft signalisiert, mit der AfD zusammenzugehen - dann werden wir erleben, wenn es der AfD wirklich gelingt - das kann man an ihrer eigenen Satzung, ihrem eigenen Programm analysieren, dann werden wir erleben, dass die anfangen, im Schulbereich, im Bereich der Vielfalt, im Bereich der Frauenrechte usw. vorzunehmen , das kündigen die an, das ist kein Geheimnis, darauf müssen wir eingestellt sein, was uns dann erwartet. Ich war selbst im September letzten Jahres in Chemnitz - Sie haben vielleicht Bilder gesehen von den Ausschreitungen, Sie sehen auch hier, wie die aufgebracht sind, sie sehen sich im Recht, sie meinen, jetzt ist die Zeit da, sie können jetzt gewalttätig auf die Straße gehen, dieses System bekämpfen, und diese Brut wird angeheizt von Menschen wie Andreas Kalbitz von der AfD, Spitzenkandidat in Brandenburg, oder von Björn Höcke, Alexander Gauland, den Köpfen der AfD.“ In diesem für die Schüler des 10. und 12. Jahrgangs verpflichtenden Vortrag sagte Frau Röpke in Bezug auf die Partei AfD: „wir brauchen keine bürgerlichen Scharfmacher“, warf ihr vor, Angst zu verbreiten und von einem „aufkeimenden Hass“ zu profitieren. Später gab es eine Diskussion mit der Vortragenden, in welcher eine Lehrperson fragt, wie viele rechtsgesinnte Lehrer es in Niedersachsen gebe und ob es hierzu Statistiken gebe. Ihre Antwort: „Gibt es nicht, wir haben aber recherchiert - im LK Diepholz und auch im LK Vechta sind bei der AfD erstaunlich viele Pädagogen dabei, Studienräte sind keine Seltenheit.“ Während der gesamten Veranstaltung gab es keine Initiative seitens des Gastgebers oder der Vortragenden , die gestellten Thesen kontrovers zu diskutieren oder eine Ausgewogenheit der Darstellung herzustellen. Im Bereich der politischen Bildung sind Schulen über die Kerncurricula zur Einhaltung der Prinzipien des Beutelsbacher Konsenses verpflichtet. Diese sind das Überwältigungsverbot, das Kontroversitätsgebot und die Schülerorientierung. Gemäß dem Überwältigungsverbot dürfen Lehrer oder Vortragende ihre Meinung den Schülern nicht aufzwingen. Das Kontroversitätsgebot fordert eine ausgewogene Behandlung gegensätzlicher Meinungen. Schließlich sollen gemäß dem Grundsatz der Schülerorientierung die Schüler in die Lage versetzt werden, sich selbst eine Meinung zu bilden. Der Fragesteller hatte am 09.07.2019 eine Beschwerde bei der Hildegard-von-Bingen-Schule und der Landesschulbehörde wegen eines Neutralitätsverstoßes eingereicht und erhielt jeweils am 19.07. von der Schulstiftung Osnabrück und am 12.08. eine Antwort von der Landesschulbehörde (H1 R.20 - 82020 [01/19]). Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4933 3 Der Vorstand der Schulstiftung Osnabrück negiert in seiner Antwort die Anwendbarkeit des Erlasses und die Verpflichtung zur Neutralität. Sie begründet dies mit der Rechtsstellung als Schule in freier Trägerschaft und damit dass sie dementsprechend nicht an Erlasse oder Runderlasse aus dem Kultusministerium gebunden sei, da diese nur für nachgeordnete Behörden gelte. Er schreibt: „Bei dem Gymnasium handelt es sich um eine Schule in freier Trägerschaft, eine sogenannte Ersatzschule in kirchlicher Trägerschaft, die aus einer öffentlichen Schule hervorgegangen ist (vgl. §§ 154 ff. Nds. Schulgesetz). Erlasse sind - ebenso wie der von Ihnen angesprochene Runderlass - eine Anweisung einer obersten Bundes- oder Landesbehörde - hier des Nds. Kultusministeriums - an die nachgeordneten Behörden im jeweiligen Geschäftsbereich. Die Schulstiftung im Bistum Osnabrück stellt als rechtsfähige kirchliche Stiftung des öffentlichen Rechts keine solche nachgeordnete Behörde dar.“ Etwas weiter schreibt der Stiftungsvorstand: „Bei der Schulstiftung im Bistum Osnabrück handelt es sich jedoch nicht um ein Staatsorgan, sondern um eine kirchliche Einrichtung; sie unterliegt damit nicht der Neutralitätsverpflichtung staatlicher Organe.“ Außerdem negiert der Stiftungsvorstand das Recht des Abgeordneten, die Schule im Rahmen des Erlasses „Besuche von Politikerinnen und Politikern in Schulen“ (RdErl. d. MK vom 01.08.2012 - 35-81 704 (SVBl. 8/2012 S. 426), geändert durch RdErl. vom 01.08.2014 (SVBl. 9/2014 S. 458) - VORIS 22410 -) zu besuchen. „Das von Ihnen unterstellte Schulbesuchsrecht ergibt sich ebenfalls nicht aus dem von Ihnen genannten Erlass oder vergleichbaren Nachfolgeregelungen mangels Anwendbarkeit derselben (s.o.). Es bleibt von hier aus nur der Hinweis auf das sich aus § 5 Abs. 1 Satz 3 des Stiftungsschulgesetzes normierte Hausrecht des Schulleiters“. Die Antwort der Landesschulbehörde bestätigte die Ausführungen des Vorstandes der Schulstiftung im Bistum Osnabrück. Daraus ergeben sich folgende Fragen. 1. Ist der Landesregierung bekannt, dass Frau Röpke Mitglied in der VVN-BDA ist? Die Landesregierung erteilt grundsätzlich keine Auskünfte zu Einzelpersonen. Im Übrigen wird angemerkt, dass der Fragesteller die erbetene Information im dritten Absatz seiner Vorbemerkung zuvor als Tatsache bekannt gemacht hat. 2. Geht nach Ansicht der Landesregierung von der „linksextremistisch beeinflussten Organisation “ VVN-BDA eine Gefahr für die Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland aus? Bei dem Verein „Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten “ (VVN-BDA) handelt es sich nicht um ein Beobachtungsobjekt des niedersächsischen Verfassungsschutzes. Der Landesregierung liegen keine Erkenntnisse vor, die belegen, dass durch die Aktivitäten des VVN-BDA in Niedersachsen eine Gefährdung für die Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland besteht. 3. Sind nach Ansicht der Landesregierung Personen, die antifaschistischen Organisationen oder Gruppen angehören, geeignet, Vorträge an Schulen zum Thema Extremismus zu halten? Wenn ja, warum? Wenn nein, warum nicht? Aufgrund der in Wissenschaft, Politik und Öffentlichkeit sehr heterogenen Verwendungsweise der Begriffe „Antifaschismus“ und „antifaschistisch“ lässt sich diese Frage nicht pauschal beantworten. Generell ist festzustellen, dass Antifaschismus, allgemein verstanden als Gegnerschaft gegen Fa- Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4933 4 schismus und Rechtsextremismus, u. a. historisch bedingt ein wesentliches Element unseres demokratischen Grundverständnisses ist und damit auch ein wichtiges Thema an Schulen. 4. Sieht die Landesregierung die Neutralitätspflicht durch die Art und Weise des Vortrages von Frau Röpke verletzt? Wenn ja, wie? Wenn nein, warum nicht? Eine kritische Auseinandersetzung an Schulen mit kontroversen Diskussionen in Politik und Gesellschaft ist von der Landesregierung ausdrücklich erwünscht. Dazu gehört selbstverständlich auch die kritisch-reflektierte Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus, jeder Form gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit oder Angriffen auf die demokratische Grundordnung. Den eigenverantwortlichen Schulen steht es generell frei, aus ihrer Sicht geeignete Vortragende auszusuchen und einzuladen , um diese Auseinandersetzung im Sinne eines kritischen Diskurses anzuregen und zu bereichern . Mit Bezug auf die Vorbemerkung des Fragestellers ist im Übrigen festzustellen, dass Frau Röpke nach Kenntnis der Landesregierung nicht als Parteipolitikerin, sondern als Journalistin und Expertin eingeladen wurde und insofern die Neutralitätspflicht, wie sie im Erlass „Besuche von Politikerinnen und Politikern in Schulen“ (RdErl. d. Kultusministeriums v. 01.08.2012 [SVBl. S. 426], geändert durch RdErl. vom 01.08.2014 [SVBl. S. 458], dargelegt ist, keine Anwendung findet. Der genannte Erlass entfaltet für Schulen in freier Trägerschaft keine rechtliche Bindung. Siehe hierzu auch die Antworten zu den Fragen 12 und 13. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 11 verwiesen. 5. Sieht die Landesregierung es gegebenenfalls als erforderlich an, die Ausgewogenheit der politischen Meinungsbildung am Hildegard-von-Bingen-Gymnasium in Twistringen wiederherzustellen? Wenn ja, wie? Wenn nein, warum nicht? Vor dem Hintergrund der Antwort zu Frage 4 sieht die Landesregierung hierzu keine Veranlassung. 6. Wie bewertet die Landesregierung die Aussage von Frau Röpke, dass sie sie im Auftrag von Radio Bremen, mit dem der NDR eine Kooperationsvereinbarung hat, Mitglieder einer Bürgerinitiative in Schwanewede ohne ihre Einwilligung „beobachtet“ und „filmt“? Die Landesregierung hat keine eigenen Erkenntnisse darüber, ob die vom Fragesteller zitierte Aussage der Journalistin Andrea Röpke sachlich zutreffend ist. Unabhängig davon bewertet die Landesregierung die redaktionelle Arbeitsweise öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten, auch mit Rücksicht auf deren Staatsferne, grundsätzlich nicht. Die rechtlichen Rahmenbedingungen des geschilderten Sachverhalts stellen sich wie folgt dar: Der Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist in § 11 des Rundfunkstaatsvertrags (RStV) geregelt. Danach haben die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in ihren Angeboten einen umfassenden Überblick über das internationale, europäische , nationale und regionale Geschehen in allen wesentlichen Lebensbereichen zu geben (§ 11 Abs. 1 Satz 2 RStV). Daneben sind gegebenenfalls weitergehende landesrechtliche Vorschriften und die allgemeinen Gesetze zu beachten. Wie die Rundfunkanstalten ihren Auftrag erfüllen , ist Bestandteil ihrer Programmautonomie. Diese schließt insbesondere auch die journalistische Recherche mit ein. Das Recht am eigenen Bild als Unterfall der informationellen Selbstbestimmung aus Artikel 2 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) i. V. m. Artikel 1 Abs. 1 GG ist bundesrechtlich insbesondere durch die §§ 22, 23 des Gesetzes betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie und § 201 a des Strafgesetzbuchs geschützt. Es besteht eine ausführliche Judikatur zur Zulässigkeit und Unzulässigkeit von Aufnahmen von Personen. Die Rundfunkanstalten können sich bei der Ausübung ihres Auftrags zudem auf die Rundfunkfreiheit des Artikels 5 Abs. 1 Satz 2 GG berufen. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4933 5 7. Ist der Landesregierung bekannt, ob auch der NDR seine Mitarbeiter für die Beobachtung von Mitgliedern von Parteien, Bürgerinitiativen, Bewegungen usw. einsetzt bzw. eingesetzt hat? Die Landesregierung hat keinen Überblick darüber, wie der NDR seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einsetzt. Es ist ihr aber natürlich bekannt, dass der NDR über in der politischen Öffentlichkeit stehende Personen berichtet und dabei entsprechende journalistische Recherchen und Beobachtungen seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wiedergibt. Dies entspricht dem gesetzlichen Auftrag des NDR, der in § 5 des NDR-Staatsvertrags (NDR-StV) fixiert ist. Danach hat der NDR den Rundfunkteilnehmerinnen und Rundfunkteilnehmern einen objektiven und umfassenden Überblick über das internationale, europäische, nationale und länderbezogene Geschehen in allen wesentlichen Lebensbereichen zu geben (§ 5 Abs. 1 Satz 1 NDR-StV). Diesem Auftrag kommt der NDR im Rahmen seiner Programmautonomie eigenständig, auch durch journalistische Recherche, nach. 8. Sieht die Landesregierung die Vorgaben des Beutelspacher Konsenses im Vortrag von Frau Röpke verletzt? Wenn ja, wie? Wenn nein, warum nicht? Wie im Rahmen der Beantwortung der Frage 4 dargelegt, steht es den Schulen im Rahmen ihrer Eigenverantwortlichkeit frei, aus ihrer Sicht geeignete Vortragende zu verschiedenen die Schulen interessierenden Themen auszusuchen und einzuladen. Die Prinzipien des Beutelsbacher Konsenses - Überwältigungsverbot, Kontroversitätsgebot, Interessen-und Subjektorientierung - werden gemeinhin als Gestaltungsprinzipien des Politikunterrichts bzw. des schulischen Unterrichts im Allgemeinen verstanden. Vorträge an Schulen von externen Referentinnen und Referenten sollen im Unterricht unter Berücksichtigung der Grundsätze des Beutelsbacher Konsenses vor- oder nachbereitet werden. Der Landesregierung liegen keine Kenntnisse vor, dass dem in diesem Fall nicht so war. 9. Sieht die Landesregierung es gegebenenfalls als erforderlich an, die Ausgewogenheit der politischen Meinungsbildung am Hildegard-von-Bingen-Gymnasium in Twistringen wiederherzustellen? Wenn ja, wie? Wenn nein, warum nicht? Frage 9 ist identisch mit Frage 5. Auf die dort gegebene Antwort wird verwiesen. 10. Gelten die Kerncurricula für die Schulen in privater Trägerschaft in gleicher Weise wie für die öffentlichen Schulen? Das Niedersächsische Schulgesetz (NSchG) unterscheidet bei den Schulen in freier Trägerschaft zwischen Ersatzschulen und Ergänzungsschulen. Nach § 142 Satz 2 NSchG sind bei Ersatzschulen Abweichungen in den Lehr- und Erziehungsmethoden sowie im Lehrstoff zulässig. Es wird eine Gleichwertigkeit der Lehrziele gefordert, eine strikte Bindung an Lehrpläne ist nicht geboten. Auch bei der Auswahl der Schulbücher sind die Ersatzschulen frei. Da Ergänzungsschulen in ihren Lern- und Erziehungszielen den öffentlichen Schulen, die in Niedersachsen vorhanden oder grundsätzlich vorgesehen sind, nicht entsprechen (vgl. § 158 Abs. 1 i. V. m. § 142 Satz 1 NSchG), stellt sich bei diesen Schulen in freier Trägerschaft diese Frage dagegen nicht. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4933 6 11. Ist die Auffassung der Schulstiftung im Bistum Osnabrück, es handle „sich jedoch nicht um ein Staatsorgan, sondern um eine kirchliche Einrichtung“, sie unterläge demnach „nicht der Neutralitätsverpflichtung staatlicher Organe“, zutreffend? Wenn nicht, welche Konsequenzen ergeben sich für die Anwendung des Neutralitätsgebots in Schulen in privater Trägerschaft? Wenn ja, bedeutet dies, dass Schulen in privater Trägerschaft parteipolitisch unausgewogen unterrichten dürfen? Mit dem in der Vorbemerkung des Fragestellers erwähnten Schreiben vom 19.07.2019 hat die Schulstiftung im Bistum Osnabrück dem Fragesteller Folgendes mitgeteilt: „Bei der Schulstiftung im Bistum Osnabrück handelt es sich jedoch nicht um ein Staatsorgan, sondern um eine kirchliche Einrichtung; sie unterliegt damit nicht der Neutralitätsverpflichtung staatlicher Organe.“ Die Schulstiftung im Bistum Osnabrück ist eine rechtsfähige kirchliche Stiftung. Die Aufsicht über diese Stiftung obliegt nicht dem Staat, sondern der nach Kirchenrecht zuständigen Kirchenbehörde. Die von der Schulstiftung vertretene Auffassung wird insoweit geteilt. Die aus dieser Feststellung zum Status der Schulstiftung im Bistum Osnabrück vom Fragesteller hergeleiteten zusätzlichen Fragen („Wenn nicht, …?“ bzw. „Wenn ja, …?“) stehen in keinem kausalen Zusammenhang zu der Ausgangsfrage, weil sie sich auf die Gesamtheit der Schulen in freier Trägerschaft beziehen und nicht lediglich auf Schulen in Trägerschaft der Schulstiftung im Bistum Osnabrück. Dies vorausgeschickt, ist zu den Fragen Folgendes mitzuteilen: Artikel 7 Abs. 4 GG sowie Artikel 4 Abs. 3 der Niedersächsischen Verfassung (NV) gewährleisten ausdrücklich das Recht auf Errichtung von Schulen in freier Trägerschaft. Zu diesem Autonomierecht gehört auch das Recht zu bestimmen , „wie“ die Schule betrieben wird, sprich mit welchen Bildungszielen und mit welchen Bildungsinhalten . Dieses Recht gilt allerdings nicht unbeschränkt, es unterliegt z. B. Grundrechtsschranken aus Artikel 2 GG und weiteren gesetzlichen Beschränkungen. So findet etwa über § 141 Abs. 1 Satz 1 NSchG der in § 2 NSchG niedergelegte Bildungsauftrag der Schule auch für Ersatzschulen entsprechend Anwendung. Schulen haben danach die Wertvorstellungen zu vermitteln, die dem GG und der NV entsprechen. Neben der reinen Kenntnis- und Wissensvermittlung sollen den Schülerinnen und Schülern auch das Verständnis für die freiheitliche demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland, Achtung, Toleranz und Respekt vor anderen Kulturen sowie eine grundlegende Verantwortung gegenüber der Gesellschaft vermittelt werden. Dass die staatliche Neutralitätspflicht für Schulen in freier Trägerschaft nicht gilt, bedeutet nicht per se, dass es für sie keine Loyalität gegenüber der verfassungsrechtlichen Ordnung geben muss. Auch Schulen in freier Trägerschaft sind dazu verpflichtet, für die freiheitlich-demokratische Grundordnung und damit die Werte des GG und der NV einzutreten (vgl. § 145 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b NSchG). Zudem haben sie ebenfalls die Aufgabe, Schülerinnen und Schüler im Geiste der Demokratie , Menschenwürde und Gleichberechtigung zu erziehen. Die dafür notwendige Überparteilichkeit ist nicht mit Wertneutralität zu verwechseln. Schulen in freier Trägerschaft dürfen darüber hinaus, genau wie öffentliche Schulen, nicht „parteipolitisch unausgewogen unterrichten“, auch für sie gilt das Sachlichkeitsgebot. 12. Ist die Auffassung der Schulstiftung im Bistum Osnabrück, dass das Recht der Abgeordneten , die Schule im Rahmen des Erlasses „Besuche von Politikerinnen und Politikern in Schulen“ (RdErl. d. MK v. 01.08.2012 - 35-81 704 (SVBl. 8/2012 S. 426), geändert durch RdErl. vom 01.08.2014 (SVBl. 9/2014 S. 458) - VORIS 22410 -) zu besuchen, nicht gelte, zutreffend? Ein Erlass ist eine Verwaltungsvorschrift, durch die eine übergeordnete Behörde einer oder mehreren nachgeordneten Behörden oder Dienststellen (staatlichen Stellen) allgemeine Anweisungen erteilt . Der in Rede stehende Runderlass richtet sich an die Niedersächsische Landesschulbehörde und an die öffentlichen Schulen in Niedersachsen. Letztere sind nach § 1 Abs. 3 Satz 2 NSchG nichtrechtsfähige Anstalten ihres kommunalen Trägers und des Landes. Der Erlass entfaltet für Schulen in freier Trägerschaft keine Wirkung. Dementsprechend teilt die Landesregierung die Auffassung Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4933 7 der Schulstiftung im Bistum Osnabrück, dass das Recht des Fragestellers, die Ersatzschule im Rahmen des Erlasses zu besuchen, nicht gelte. 13. Wenn ja, mit welcher Begründung wird das Besuchsrecht von frei gewählten Vertretern des Volkes gerade an Schulen in privater Trägerschaft negiert? Wenn ja, sieht die Landesregierung hier eine Handlungsnotwendigkeit, um dieses Demokratiedefizit abzubauen ? Die Antwort auf Frage 12 stellt die vom Fragesteller erfragte Rechtslage dar. Weder diese Antwort noch die vom Fragesteller zitierte Antwort aus dem Schreiben des Vorstands der Schulstiftung im Bistum Osnabrück vom 19.07.2019 „negieren“ ein Besuchsrecht von frei gewählten Vertretern des Volkes an Schulen in freier Trägerschaft. Beide Antworten stellen vielmehr klar, dass die hinterfragte erlassliche Regelung für die Träger von Schulen in freier Trägerschaft keine rechtliche Bindung entfaltet. Es bleibt Politikerinnen und Politikern unbenommen, beim Träger oder der Leitung einer Schule in freier Trägerschaft einen Schulbesuch zu erbitten. Diese haben das aus den Artikeln 13 und 14 GG abgeleitete Recht, frei darüber zu entscheiden, wer Zutritt zu ihrer Einrichtung erhält. Eine Handlungsnotwendigkeit, wie vom Fragesteller erfragt, sieht die Landesregierung nicht. (Verteilt am 25.10.2019) Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LTmit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Harm Rykena (AfD) Antwort des Niedersächsischen Kultusministeriums namens der Landesregierung Dürfen Linksextremisten an niedersächsischen Schulen über Rechtsextremismus „aufklären“?