Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4997 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Miriam Staudte (GRÜNE) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung Unverhältnismäßiger Polizeieinsatz gegen kritische Bürgerinnen und Bürger vor AKW Lingen ? Anfrage der Abgeordneten Miriam Staudte (GRÜNE), eingegangen am 02.10.2019 - Drs. 18/4728 an die Staatskanzlei übersandt am 07.10.2019 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung vom 04.11.2019 Vorbemerkung der Abgeordneten „Die Lingener Polizei stresst Makoma Lekalakala“. Unter dieser Überschrift berichtet die taz am 18. September 20191 über einen Polizeieinsatz gegen Atomkraftgegnerinnen und -gegner infolge einer Fotoaktion vor dem Atomkraftwerk Lingen: „Die südafrikanische Klima- und Umweltaktivistin Makoma Lekalakala bekam am vergangenen Samstag einen guten Eindruck davon, wie Polizei und Atomkonzerne hierzulande bisweilen mit friedlichem Protest umgehen. Zusammen mit örtlichen AKW-Gegnern posierte die 55-Jährige auf einer öffentlichen Fläche vor dem Atomkraftwerk Lingen für Pressefotos, als Polizeibeamte mit fünf Fahrzeugen und einer Hundestaffel vorfuhren - auf Initiative des AKW-Betreibers RWE, wie die Aktivisten sagen. Die Polizisten nahmen die Personalien der Umweltschützer auf. Wohl zu deren Einschüchterung, wurden doch zwei Anwesende gleich von den Beamten mit korrektem Namen angesprochen. Später erklärte die Polizei, bei der ‚Spontandemonstration‘ sei es zu keinen strafbaren Handlungen oder sonstigen Störungen gekommen.“ Vorbemerkung der Landesregierung Einsatzanlass am 14.09.2019 war eine nicht angezeigte versammlungsrechtliche Aktion vor dem Eingang des Kernkraftwerks Emsland. Sechs Umweltaktivistinnen und -aktivisten hatten sich vor dem Haupttor auf der Fahrbahn bzw. auf den Parkflächen versammelt. Im Rahmen der Versammlung hielten die Teilnehmenden Transparente mit der Aufschrift „Don't Nuke the Climate“ und fotografierten das Kernkraftwerk Emsland. Nach einer Feststellung der Identität aller Beteiligten durch die Einsatzkräfte entfernten sich die Teilnehmenden im Anschluss vom Versammlungsort. 1. Ist es zutreffend, dass ein Hinweis von RWE den Polizeieinsatz ausgelöst hat? Der Hinweis auf eine Ansammlung von Personen auf der Fahrbahn und den Parkflächen vor dem Haupteingang des KKE erfolgte telefonisch durch Schichtleiter des Sicherheitsdienstes. 1 https://taz.de/!5622892/ Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4997 2 2. Welcher Anfangsverdacht begründete den Polizeieinsatz? Die Meldung von Personen auf der Fahrbahn vor dem KKE begründete den polizeilichen Einsatz. 3. Welcher Anfangsverdacht begründete den Einsatz einer Hundestaffel? Die Polizei hat für den Anlass keine Hundestaffel eingesetzt. Im Rahmen der Zusammenführung von Kräften für die Bewältigung der Einsatzlage wurden auch zwei Fahrzeuge der Diensthundführer mit Diensthund eingesetzt. Diese sind ausgebildete PVB und befinden sich regelmäßig im Dienst zur Unterstützung des Einsatz- und Streifendienstes. Die Diensthunde wurden zu keinem Zeitpunkt gegenüber den Teilnehmenden der Versammlung gezeigt bzw. aus dem Dienstfahrzeug gelassen. 4. War die Fotoaktion der Initiative rechtswidrig, und wenn ja, aus welchen Gründen? Nein. 5. Hält die Landesregierung den geschilderten Polizeieinsatz für verhältnismäßig bzw. überhaupt gerechtfertigt? Der Einsatz zur Abwehr von Gefahren für Personen erscheint aus Sicht der Landesregierung verhältnismäßig und gerechtfertigt. Der Einsatz der Polizei ist an Recht und Gesetz gebunden und muss den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit Sorge tragen. Im hier geschilderten Fall haben die PVB das Recht auf Versammlungsfreiheit, auch im Falle der nicht angezeigten Versammlung, zu wahren. Zur Sicherung eines möglichen Ordnungswidrigkeiten- oder eines Strafverfahrens sowie zur Sicherung von Ansprüchen Dritter wurde allerdings die Identität aller Beteiligten festgestellt. 6. Ist ein solcher Einsatz geeignet, Bürgerinnen und Bürger und Initiativen einzuschüchtern ? Die Polizei Niedersachsen agiert grundsätzlich offen, transparent, bürgerfreundlich. Die Intention derartiger polizeilicher Einsätze besteht nicht darin, Bürgerinnen und Bürger oder friedliche Versammlungsteilnehmende einzuschüchtern. Dies betrifft auch die hier in Rede stehende Einsatzlage . 7. Welches Bild von der Arbeit der niedersächsischen Polizei möchte die Landesregierung Gästen aus dem Ausland vermitteln? Ist dies bei genanntem Polizeieinsatz gelungen ? Die Polizei Niedersachsen unterscheidet nicht nach Herkunft, Ethnie oder sonstigen Ausgestaltungen der individuellen Lebensbereiche von Menschen. 8. Inwiefern gab es während der Polizeimaßnahme oder im Nachgang Kontakt zwischen Polizei und RWE-Vertretern? Und wenn ja, wurden dabei Namen der Anwesenden oder andere Daten weitergegeben? Der Einsatzverantwortliche sprach nach seinem Eintreffen vor Ort sowohl die Teilnehmenden der Spontanversammlung als auch einen Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes an, um die Situation aufzuklären und Ermittlungen anzustellen, inwieweit eine Gefahr vorherrscht, der Anfangsverdacht für Ordnungswidrigkeiten oder Straftaten gegeben ist oder sich eine solche Situation bereits ergeben hat. Zu einer Weitergabe von Daten ist es dabei und auch im Nachgang nicht gekommen. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/4997 3 9. Wurden die während des Einsatzes erhobenen Personendaten gelöscht? Wenn nein, warum nicht? Aufgrund der Vorkommnisse wurde im polizeieigenen Vorgangssystem eine Dokumentation der Ereignisse und polizeilichen Maßnahmen angelegt. Diese umfasst u. a. die erhobenen Personaldaten im Zusammenhang mit der nicht angezeigten Spontanversammlung. Die Daten werden mit Ablauf der in der Niedersächsischen Aktenordnung gesetzlich festgelegten Löschfristen anonymisiert und automatisiert gelöscht. (Verteilt am 06.11.2019) Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LTmit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Miriam Staudte (GRÜNE) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung Unverhältnismäßiger Polizeieinsatz gegen kritische Bürgerinnen und Bürger vor AKW Lingen?