Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/507 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Imke Byl und Helge Limburg (GRÜNE) Antwort des Niedersächsischen Justizministeriums namens der Landesregierung Recht auf Information - Wie viele Ermittlungsverfahren gab es in Niedersachsen auf Grundlage des § 219 a StGB? Anfrage der Abgeordneten Imke Byl und Helge Limburg (GRÜNE), eingegangen am 16.02.2018 - Drs. 18/336 an die Staatskanzlei übersandt am 20.02.2018 Antwort des Niedersächsischen Justizministeriums namens der Landesregierung vom 16.03.2018, gezeichnet Barbara Havliza Vorbemerkung der Abgeordneten Ende November letzten Jahres wurde die Ärztin Kristina Hänel vom Amtsgericht Gießen wegen unerlaubter Werbung für Schwangerschaftsabbrüche zu einer Geldstrafe in Höhe von 6 000 Euro verurteilt. Sie hatte auf ihrer Internetseite angegeben, Schwangerschaftsabbrüche anzubieten. Nach § 219 a StGB ist verboten, öffentlich „seines Vermögensvorteils wegen (…) eigene oder fremde Dienste zur Vornahme oder Förderung eines Schwangerschaftsabbruchs“ anzubieten, anzukündigen oder anzupreisen. Das Gesetz sieht bei Verstoß eine bis zu zweijährige Freiheitsstrafe oder eine Geldstrafe vor. Indem Ärztinnen und Ärzte ein Honorar für die Vornahme eines Schwangerschaftsabbruchs erhalten, ist die rechtliche Definition „eines Vermögensvorteils wegen“ erfüllt. In Deutschland gilt die Berufsordnung für Ärztinnen und Ärzte, die unter § 27 auch die „Vermeidung einer dem Selbstverständnis der Ärztin oder des Arztes zuwiderlaufende Kommerzialisierung des Arztberufes“ regelt. „Sachliche berufsbezogene Informationen“ sind gestattet. „Anpreisende, irreführende oder vergleichende Werbung“ ist dagegen schon jetzt berufswidrig. Wie u. a. die Süddeutsche Zeitung berichtet, wird § 219 a StGB seit Jahren gezielt durch radikale Abtreibungsgegnerinnen und -gegner bzw. sogenannte Lebensschützerinnen und -schützer genutzt , um Ärztinnen und Ärzte, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen, „anzuzeigen und einzuschüchtern “ (http://www.sueddeutsche.de/leben/aerztin-in-giessen-angeklagt-weil-auf-der-websiteschwangerschaftsabbruch -steht-1.3761957). Nun kam es laut Bericht der Tageszeitung (taz) auf Grundlage des § 219 a StGB erneut zu Anzeigen gegen Ärztinnen und Ärzte, die sich in der taz solidarisch mit der verurteilten Ärztin Kristina Hänel gezeigt und öffentlich erklärt hatten, dass sie Schwangerschaftsabbrüche vornehmen (http://www.taz.de/!5481951/). Der Paragraph 291 a wurde 1933 von den Nationalsozialisten ins Strafgesetzbuch eingeführt. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/507 2 1. Wie viele Straftaten nach § 219 a StGB wurden in Niedersachsen in der Polizeilichen Kriminalitätsstatistik seit 2005 jeweils pro Jahr erfasst? In der vom LKA Niedersachsen übermittelten Tabelle werden die Fallzahlen gemäß § 219 a StGB, „Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft“, dargestellt. Anzahl bekannt gewordener Fälle in Niedersachsen 040040 Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft § 219 a StGB 2008 1 2009 0 2010 0 2011 0 2012 1 2013 1 2014 0 2015 3 2016 2 2017 1 Insgesamt wurden somit zwischen 2008 und 2017 neun Fälle polizeilich registriert. Der im Sinne der Kleinen Anfrage zur schriftlichen Beantwortung relevante und der Auswertung des LKA Niedersachsen zugrundeliegende PKS-Deliktschlüssel 040040 „Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft“, der ausschließlich Straftaten gemäß § 219 a StGB abbildet, wurde im Jahr 2008 eingeführt. Vor 2008 umfasste der PKS-Deliktschlüssel darüber hinaus weitere Straftaten gemäß § 218 b, c und § 219 b StGB. Fallzahlen für den gesamten Zeitraum von 2005 bis 2017 liegen somit nicht vor. 2. Wie viele Ermittlungsverfahren wegen Verstoßes gegen § 219 a StGB wurden durch niedersächsische Staatsanwaltschaften seit 2012 jeweils pro Jahr eingeleitet? Seit dem Jahr 2012 sind 13 Ermittlungsverfahren gegen bekannte Täterinnen bzw. Täter (2012 und 2013 jeweils zwei Verfahren; 2014 kein Verfahren; 2015, 2016 und 2017 jeweils drei Verfahren) eingeleitet worden. Im Jahr 2016 wurde überdies bei einer Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren gegen eine unbekannte Täterin bzw. einen unbekannten Täter eingeleitet. 3. Wie viele der unter Frage 2 genannten Ermittlungsverfahren führten a) zu einer Einstellung durch eine Staatsanwaltschaft, b) zu einem Strafbefehl, c) zu einem Strafprozess, d) zu einer Verurteilung? Alle 13 gegen bekannte Täterinnen bzw. Täter geführte Ermittlungsverfahren sind durch eine Einstellung bei der Staatsanwaltschaft beendet worden (neun Einstellungen nach § 170 Abs. 2 StPO, vier Einstellungen nach § 153 Abs. 1 StPO). 4. Bis zu welchem Jahr gibt es eine zentrale statistische Erfassung der Ermittlungsverfahren nach § 219 a StGB? Wie lauten diese Zahlen? In Niedersachsen werden staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren nicht zentral erfasst. Jede Staatsanwaltschaft hat eine eigene Datenbank. (Verteilt am 20.03.2018) Drucksache 18/507 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Imke Byl und Helge Limburg (GRÜNE) Antwort des Niedersächsischen Justizministeriums Recht auf Information - Wie viele Ermittlungsverfahren gab es in Niedersachsen auf Grundlage des § 219 a StGB?