Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/5110 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Uwe Schwarz, Dr. Thela Wernstedt, Holger Ansmann, Immacolata Glosemeyer, Oliver Lottke und Hanna Naber (SPD) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung namens der Landesregierung Was unternimmt die Landesregierung gegen die angeordnete Unterschreitung von bereits finanzierten Liegezeiten in Krankenhäusern? Anfrage der Abgeordneten Uwe Schwarz, Dr. Thela Wernstedt, Holger Ansmann, Immacolata Glosemeyer, Oliver Lottke und Hanna Naber (SPD), eingegangen am 08.10.2019 - Drs. 18/4813 an die Staatskanzlei übersandt am 16.10.2019 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung namens der Landesregierung vom 15.11.2019 Vorbemerkung der Abgeordneten Die durchschnittliche Verweildauer in niedersächsischen Krankenhäusern hat in den zurückliegenden Jahren kontinuierlich abgenommen. Laut dem Landesamt für Statistik Niedersachsen verbrachten im Jahr 2017 die Patientinnen und Patienten durchschnittlich 7,1 Tage in stationärer Behandlung , im Vergleich hierzu betrug die durchschnittliche Verweildauer im Jahr 2007 noch 8,3 Tage . Patientenschützer bezeichnen diese Praxis als „blutige Entlassungen“, denn manche Patientinnen und Patienten werden aus der Behandlung entlassen, obwohl ihre Wunden noch nicht verheilt sind oder sie diese nicht allein versorgen können. Komplikationen oder individuelle Umstände werden nicht berücksichtigt. Auch das Ärzteblatt aus dem Jahr 2007 thematisiert diese Missstände: Einer der Gründe für die sinkende Verweildauer in Krankenhäusern sei das System der Fallpauschalen, welches im Zuge der Gesundheitsreform 2004 eingeführt wurde. Mit den Fallpauschalen wurde ein wirtschaftlicher Anreiz für die Kliniken geschaffen, Patientinnen und Patienten schneller aus dem Krankenhaus zu entlassen und somit eine gesteigerte Versorgungseffizienz (im Vergleich zum zuvor verwendeten Tagespauschalensystem) zu erreichen. Krankenhäuser könnten durch verfrühte Entlassungen der Patientinnen und Patienten Kosten senken und dadurch die Renditen steigern - so die Kritiker. Mögliche Rückschläge im Genesungsprozess der Patientinnen und Patienten würden hierbei in Kauf genommen, um eine Verbesserung der Bilanz zu erreichen. Für eine zunehmende Verschärfung dieser Vorgehensweise könnten die seit 2019 bestehenden neuen Untergrenzen für das Pflegepersonal sorgen. Durch das zusätzliche Personal könnte die systematische Unterschreitung von finanzierten Liegezeiten zeitlich noch abgestimmter und somit profitabler durchgeführt werden als zuvor. Auf der anderen Seite bestätigen alle wissenschaftlichen Untersuchungen und Vergleiche, dass Deutschland allein im europäischen Vergleich deutlich mehr Krankenhauseinweisungen und deutlich höhere Verweildauern hat. Vorbemerkung der Landesregierung Mit dem Gesetz zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem Jahr 2000 (GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000) vom 22. Dezember 1999 (BGBl. I S. 2626) hatte der Bundesgesetzgeber die grundlegende Entscheidung getroffen, bei den somatischen Krankenhäusern ein durchgängiges , leistungsorientiertes und pauschalierendes Vergütungssystems einzuführen. Das Gesetz zur Einführung des diagnose-orientierten Fallpauschalensystems für Krankenhäuser (Fallpauschal- Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/5110 2 engesetz - FPG) vom 23. April 2002 (BGBl. I S. 1414, 1422) regelte dann die Grundstrukturen des Vergütungssystems. Von Anbeginn an begriff sich das Fallpauschalensystem als ein lernendes System. Dementsprechend sind im Laufe der Jahre mehrfach Änderungen daran vorgenommen worden; so zuletzt mit dem Gesetz zur Stärkung des Pflegepersonals (Pflegepersonal-Stärkungsgesetz - PpSG) vom 11. Dezember 2018 (BGBl. I S. 2394), in dem ein Regelungsschwerpunkt die Einführung des Pflegebudgets ab dem Jahr 2020 bildet. Das Fallpauschalensystem ist im Jahr 2003 angelaufen, zunächst optional; seit dem Jahr 2004 findet es verbindlich Anwendung. Bis dahin waren tagesgleiche Pflegesätze sowie Fallpauschalen und vorherige Sonderentgelte zur Abrechnung gelangt (§§ 11, 13 der Bundespflegesatzverordnung - BPflV in der bis zum 31. Dezember 2003 geltenden Fassung). Die Aufgabe der jährlichen Weiterentwicklung und Anpassung des Fallpauschalensystems ist den Vertragsparteien auf Bundesebene (Spitzenverband Bund der Krankenkassen, Verband der Privaten Krankenversicherung sowie Deutsche Krankenhausgesellschaft) übertragen (§ 17 b Abs. 2 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes - KHG); die Selbstverwaltungspartner sind auch beauftragt, einen Fallpauschalen-Katalog zu vereinbaren einschließlich der Bewertungsrelationen sowie Regelungen zu Verlegungsfällen und zur Grenzverweildauer und der in Abhängigkeit von diesen zusätzlich zu zahlenden Entgelte oder vorzunehmenden Abschläge (effektive Bewertungsrelationen) (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 des Krankenhausentgeltgesetzes). Die technische Zuarbeit für die Selbstverwaltungspartner leistet das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK GmbH). Diesen Auftrag umsetzend, haben die Selbstverwaltungspartner aktuell die „Vereinbarung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2019“ (Fallpauschalenvereinbarung 2019) abgeschlossen. In dem zugehörigen Fallpauschalen-Katalog sind bei den weitaus meisten „DRG“ (Diagnosis related groups - Fallpauschalen) je eine „Untere Grenzverweildauer“ und eine „Obere Grenzverweildauer“ aufgeführt, angegeben mit „Erster Tag mit Abschlag“ und „Erster Tag mit zus. Entgelt“ und ausgedrückt in „Bewertungsrelation/Tag“. Den Auftrag, durch Vereinbarung weitere pflegesensitive Bereiche in Krankenhäusern und Pflegepersonaluntergrenzen hierfür festzulegen, haben der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die Deutsche Krankenhausgesellschaft; dies hat im Benehmen mit dem Verband der Privaten Krankenversicherung zu erfolgen (§ 137 i Abs. 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch - SGB V). Die Pflegepersonaluntergrenzen sind mit Beginn des Jahres 2019 angelaufen. Da es zwischen den Selbstverwaltungspartnern zu keiner Einigung gekommen war, hat das Bundesministerium für Gesundheit im Wege der Ersatzvornahme mit der Verordnung zur Festlegung von Pflegepersonaluntergrenzen in pflegesensitiven Bereichen in Krankenhäusern (Pflegepersonaluntergrenzen-Verordnung ) vom 5. Oktober 2018 (BGBl. I S. 1632) für das Jahr 2019 erste Untergrenzen für die Bereiche Intensivmedizin, Geriatrie, Kardiologie sowie Unfallchirurgie vorgegeben. Außerdem steht im Jahr 2020 die Einführung einer Untergrenze für das erforderliche Verhältnis zwischen Pflegepersonal und Pflegeaufwand auf der Grundlage von Pflegepersonalquotienten für die übrigen Bereiche der unmittelbaren Patientenversorgung auf bettenführenden Stationen an (§ 137 j Abs. 1 und 2 SGB V). Diese Untergrenze legt das Bundesministerium für Gesundheit nach Zuarbeit durch das InEK fest. Maßstab für die Untergrenze ist, dass bei dieser widerlegbar vermutet wird, dass eine nicht patientengefährdende pflegerische Versorgung noch gewährleistet ist. Die Verweildauer gibt die Zahl der Tage an, die eine Patientin oder ein Patient durchschnittlich in stationärer Behandlung verbringt. Die durchschnittliche Verweildauer ergibt sich als Quotient aus den Berechnungs- und Belegungstagen und der Fallzahl der jeweiligen Einrichtungen. In dem vom InEK jährlich neu herausgegebenen Fallpauschalenkatalog für die Abrechnung der somatischen Krankenhäuser werden fallpauschalenbezogen drei Verweildauergrenzen ausgewiesen : Untere Grenzverweildauer, obere Grenzverweildauer sowie die mittlere Verweildauer. Die untere Grenzverweildauer beschreibt die zeitliche Grenze des stationären Aufenthaltes, bei deren Unterschreitung das Krankenhaus einen tagesbezogen Abschlag in Kauf nehmen muss. Demgegenüber beschreibt die obere Grenzverweildauer die zeitliche Grenze des stationären Aufenthaltes, bei deren Überschreitung das Krankenhaus einen Anspruch auf einen tagesbezogenen Zuschlag hat. Die mittlere Verweildauer stellt die durchschnittliche Verweildauer je Fallpauschale in den an der Kalkulation des Fallpauschalenkatalogs teilnehmenden Krankenhäusern dar. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/5110 3 Die Verteilung der durchschnittlichen Verweildauer ist über die Fachabteilungen hinweg sehr unterschiedlich . Die längste Verweildauer weisen bundesweit nach wie vor die psychischen Erkrankungen und Verhaltensstörungen nach Kapitel F der Internationalen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme auf. An zweiter Stelle folgen mit großem Abstand die Diagnosen aus dem Bereich Bestimmte Zustände, die ihren Ursprung in der Perinatalperiode haben. Am kürzesten mussten Patienten im Krankenhaus liegen, die wegen Krankheiten des Auges und der Augenanhangsgebilde und wegen Faktoren, die den Gesundheitszustand beeinflussen, behandelt wurden. Verschiedene Faktoren, die nicht alle vom Krankenhaus beeinflusst werden können, wirken sich auf die Verweildauer aus. Als ganz wesentliche Faktoren sind der medizinische Fortschritt sowie die verbesserte vor- und nachstationäre ambulante Versorgung zu nennen. Wo früher vielfach noch aufwendige Operationen durchgeführt werden mussten, ist heute ein minimal-invasiver Eingriff möglich, nach dem die Patientinnen und Patienten schneller wieder entlassen werden können. Der demografische Wandel dagegen hebt die Effekte des medizinischen Fortschritts teilweise wieder auf. Ungeachtet des Geschlechts nimmt die durchschnittliche Verweildauer in den Krankenhäusern bis zur Altersgruppe der 85- bis unter 90-Jährigen mit dem Alter kontinuierlich zu und nur bei den Hochbetagten leicht ab. 1. Steht oder stand die Landesregierung im Hinblick auf die Thematik mit den Krankenhausbetreibern und Krankenkassen in Kontakt? Das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung und die Niedersächsische Krankenhausgesellschaft tauschen sich regelmäßig zu Fragen aus, die die niedersächsischen Krankenhäuser betreffen. In diesem Zusammenhang wurde auch die durchschnittliche Verweildauer erörtert. 2. Hat die Landesregierung Kenntnisse oder Daten über eine Ausübung der Praktik? Die Träger der nach § 108 SGB V zur Krankenhausbehandlung zugelassenen Krankenhäuser sind verpflichtet, dem Bundesministerium für Gesundheit sowie den zuständigen Behörden der Länder u. a. Auskünfte über die personelle und sachliche Ausstattung sowie die Kosten der Krankenhäuser , die im Krankenhaus in Anspruch genommenen stationären und ambulanten Leistungen sowie allgemeine Angaben über die Patientinnen und Patienten und ihre Erkrankungen zu erteilen. Zu den statistischen Erhebungsmerkmalen gehört nach § 3 Nr. 14 der Krankenhausstatistik-Verordnung u. a. die Verweildauer. Die Verweildauer dient dabei vorwiegend der Prognose der Krankenhauskapazitäten . Als reiner Durchschnittswert ist diese aufgrund der hohen individuellen Varianz zur Beurteilung einer angemessenen Krankenhausbehandlung ungeeignet. Dies kann nur eine Einzelfallbegutachtung z. B. durch den medizinischen Dienst der Krankenkassen leisten. 3. Wenn ja, welche sind das? In nachfolgender Tabelle ist die durchschnittliche Verweildauer in niedersächsischen Plankrankenhäusern nach Auswertung der von den Trägern der nach § 108 SGB V zugelassenen Krankenhäuser erteilten Auskünfte gegliedert nach Fachabteilungen dargestellt. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/5110 4 Abkürzungen Fachrichtungen (somatisch): AUG Augenheilkunde CHI Chirurgie FUG Frauenheilkunde und Geburtshilfe FRH Frauenheilkunde GEB Geburtshilfe HNO Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde HAU Haut- und Geschlechtskrankheiten HCH Herzchirurgie INN Innere Medizin KCH Kinderchirurgie KIN Kinder- und Jugendmedizin MKG Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie NCH Neurochirurgie NEU Neurologie NUT Nuklearmedizin (Therapie) ORT Orthopädie PCH Plastische- und Ästhetische Chirurgie STR Strahlentherapie URO Urologie Fachrichtungen (psychiatrisch) KJP Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie PSY Psychiatrie und Psychotherapie PSM Psychosomatische Medizin und Psychotherapie 4. Welche Evaluationen liegen der Landesregierung bezüglich der Einführung der Fallpauschalen und der damit verbundenen Grenzverweildauern vor? Mit Einführung des DRG-Vergütungssystems wurde gesetzlich verankert (§ 17 b Abs. 8 KHG), dass eine Begleitforschung zu den Auswirkungen des DRG-Systems durchzuführen ist. Die Begleitforschung besteht aus drei Zyklen, welche die Datenjahre von 2004 bis 2006 („Einführungsphase“), die Datenjahre von 2006 bis 2008 („Kern der Konvergenzphase“) und die Datenjahre von 2008 bis 2010 („Ende der Konvergenzphase“) umfassen. Mit dem dritten Forschungszyklus ist die G-DRG- Begleitforschung zur Einführung eines pauschalierenden Entgeltsystems abgeschlossen. Der Endbericht dieser Begleitforschung stammt aus März 2013. Hinsichtlich der Auswirkungen des DRG- Systems auf die Verweildauer kommt die Begleitforschung zu folgendem Ergebnis: Die Verweildauer ist bereits vor der DRG-Einführung in einem langjährigen, relativ stabilen Trend gesunken. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/5110 5 Der jahresdurchschnittliche Rückgang der Verweildauer in allgemeinen Krankenhäusern betrug im Zeitraum von 1994 bis 2003 3,3 %. Dieser Trend setzt sich nach DRG-Einführung leicht abgeschwächt fort. Die Verweildauer ist im Zeitraum von 2004 bis 2010 um jahresdurchschnittlich 2,2 % gesunken. Die Reduzierung der durchschnittlichen Verweildauer im Zeitraum von 2008 bis 2010 stellt sich, wie schon in den Zeiträumen von 2004 bis 2006 und von 2006 bis 2008, als eine weitgehend homogene Entwicklung dar, die sich auf nahezu alle DRGs und Hauptdiagnosen erstreckt. 5. Hat die Landesregierung Kenntnisse über eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes von Patientinnen und Patienten, die auf diese Praktik zurückzuführen sind? Siehe Antwort zu Frage 9. 6. Hat die Landesregierung Kenntnisse über sekundäre Krankenhausaufenthalte oder Rehabilitationsmaßnahmen , die auf eine zu frühe Entlassung bei der primären Behandlung zurückzuführen sind? Im Rahmen der Begleitforschung zu den Auswirkungen des DRG-Systems hat sich gezeigt, dass die Anzahl der Pflegetage in Rehabilitationseinrichtungen sowohl vor als auch nach der Einführung des DRG-Systems starken Schwankungen unterlag. Eine im Zusammenhang mit dem DRG- System stehende Leistungsverlagerung auf Rehabilitationseinrichtungen konnte durch die Begleitforschung nicht festgestellt werden. 7. Gibt es Maßnahmen, um eine solche Vorgehensweise zu unterbinden oder ihr vorzubeugen , und werden diese bereits umgesetzt? Der Landesregierung und den Verbänden der gesetzlichen Krankenversicherung sind keine Maßnahmen bekannt. Insbesondere sehen das Krankenhausfinanzierungsgesetz und das Niedersächsische Krankenhausgesetz keine Regelung vor, die es ermöglicht, eine sogenannte blutige Entlassung zu untersagen. Die Landesregierung geht davon aus, dass die neuen Personalschlüssel bzw. Personaluntergrenzen für pflegesensible Bereiche sowie die Ausgliederung des Pflegebudgets aus den DRGs ab 2020 zu einer Erhöhung der Pflegefachkräfte in den Krankenhäusern führen und somit die Pflegequalität zukünftig weiter gestärkt werden wird. Die Auswirkungen der Personalschlüssel und der Ausgliederung des Pflegebudgets aus den DRGs wird die Landesregierung aufmerksam beobachten. 8. Wie wird die Befürchtung einer Zunahme des Problems durch den neuen Personalschlüssel eingeschätzt? Gegenwärtig liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor, die auf ein Problem schließen lassen. Daher ist auch nicht mit einer Zunahme zu rechnen. 9. Wie kann der kontinuierliche Rückgang in der durchschnittlichen Verweildauer erklärt werden? Nach Auskunft der Verbände der Gesetzlichen Krankenversicherung Niedersachsen führt u. a. die Weiterentwicklung von medizinischen Konzepten wie z. B. bei minimal-invasiven Verfahren zu einer Verkürzung der Krankenhausliegezeiten. Laut dem Krankenhausreport des Wissenschaftlichen Institutes der AOK ist die Anzahl an Kurzliegern (ein bis drei Tage im Krankenhaus) in den Jahren von 2012 bis 2017 bundesweit um 16,2 % auf 8,6 Millionen angestiegen. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung verwiesen. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/5110 6 10. Wie sieht die Entwicklung der Verweildauern im europäischen Vergleich aus, und wie erklärt sich diese unterschiedliche Entwicklung? Das Statistische Amt der Europäischen Union (EU) mit Sitz in Luxemburg (Eurostat) veröffentlicht harmonisierte amtliche Statistiken über die Europäische Union, den Euroraum und deren Mitgliedstaaten mit einer vergleichbaren, zuverlässigen und objektiven Darstellung von Wirtschaft und Gesellschaft Europas. Die von Eurostat verwendete Datenbasis ist allerdings nicht identisch mit der vom Statistischen Bundesamt und der vom LSN verwendeten Datenbasis. Daher ist ein unmittelbarer Vergleich der Daten nicht möglich. Die Daten für Niedersachsen enthalten nur vollstationäre Krankenhausleistungen. Die für Statistikzwecke der EU harmonisierten Daten enthalten neben Krankenhausleistungen auch die Leistungen der stationären Rehabiltation. Die nachfolgende Tabelle zeigt die Entwicklung der Verweildauer in Krankenhäusern in Tagen in den Jahren 2008 bis 2017 im Vergleich der europäischen Länder. Tendenziell hat die Verweildauer in den betrachteten Ländern mit wenigen Ausnahmen über den Zeitraum von zehn Jahren abgenommen . Die Daten belegen auch, dass die Verweildauer in Krankenhäusern in Deutschland mit 9,0 Tagen im Jahr 2017 im europäischen Vergleich relativ lang ist. Länger war die Verweildauer im Jahr 2017 lediglich in Ungarn (9,8), Serbien (9,7), Tschechien (9,6) und Frankreich (9,1). 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 Deutschland 10,0 9,8 9,7 9,5 9,4 9,3 9,2 9,1 9,0 9,0 Tschechien 10,5 10,4 10,5 10,0 9,7 9,6 9,6 9,5 9,6 9,6 Kroatien 10,2 10,0 10,2 10,2 10,0 9,8 9,8 9,6 9,3 8,7 Ungarn 9,3 9,3 9,6 9,6 9,7 9,4 9,5 9,6 - 9,8 Luxemburg 8,7 8,8 8,9 8,6 8,7 8,7 8,7 8,8 8,9 - Schweiz 9,6 9,4 9,2 9,0 8,9 8,8 8,7 8,6 8,5 8,3 Litauen 8,5 8,2 8,0 7,8 7,6 7,6 7,5 7,4 7,4 7,3 Italien 7,8 7,8 7,9 8,0 8,0 7,9 8,0 8,1 8,1 8,1 Slowakei 7,9 7,8 7,6 7,5 7,7 - 7,5 7,5 7,4 7,4 Rumänien 7,8 7,6 7,5 7,5 7,5 7,4 7,5 7,5 7,5 7,5 Vereinigtes Königreich 7,9 7,8 7,7 7,3 7,2 7,2 7,1 7,0 7,0 - Malta 4,9 6,9 7,1 7,9 8,1 9,0 8,2 8,4 8,0 7,7 Portugal 7,5 7,6 7,7 7,7 7,7 7,8 7,8 7,9 - - Slowenien 7,7 7,4 7,5 7,4 - - 7,0 6,9 6,9 7,1 Polen 8,1 7,9 7,8 7,6 - 7,1 7,0 7,0 7,2 7,1 Bulgarien 6,7 6,4 6,1 6,0 5,8 5,6 5,4 5,4 5,3 5,3 Schweden 6,3 6,2 5,9 - - 5,6 5,6 5,7 5,7 5,6 Dänemark 6,9 6,1 5,9 5,8 5,8 5,7 5,6 5,5 5,5 - Frankreich 5,8 5,7 5,8 5,7 5,7 5,7 5,7 5,6 9,1 9,1 Niederlande 6,2 5,9 5,7 5,4 5,3 4,8 4,6 4,6 4,5 4,5 Norwegen 4,8 4,5 4,6 6,2 5,9 5,8 5,7 5,7 5,5 5,4 Türkei 4,3 4,3 4,1 3,9 - - 4,1 4,1 4,2 - Belgien 7,2 7,1 - 6,9 6,8 6,8 6,6 - 6,5 6,3 Estland 7,9 7,6 7,5 7,5 7,8 7,3 7,4 - 7,3 7,5 Irland 6,2 6,1 6,1 5,9 5,6 5,6 5,6 5,7 5,7 5,7 Griechenland - - - - - 7,6 - - - - Spanien 7,0 6,9 6,8 6,7 6,7 6,6 6,6 6,7 7,0 7,5 Zypern 5,8 6,0 5,7 5,7 5,8 5,7 5,8 5,7 6,0 6,1 Lettland 8,8 7,9 7,9 7,6 7,5 7,6 7,9 7,9 7,6 7,8 Österreich 8,9 8,8 9,0 8,8 7,9 8,1 8,2 8,5 8,2 8,3 Finnland 12,4 12,5 11,6 11,2 - 10,6 10,5 9,2 8,6 7,8 Island - 6,1 - - - - 6,5 6,7 6,7 6,5 Liechtenstein - - - - - - - 5,9 5,1 5,8 Montenegro - - - - - - - 8,9 8,9 8,5 Nordmazedonien - - - - - - - - - - Serbien - - - - - - 9,6 9,6 9,5 9,7 (Verteilt am 18.11.2019) Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LTmit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Uwe Schwarz, Dr. Thela Wernstedt, Holger Ansmann, Immacolata Glosemeyer, Oliver Lottke und Hanna Naber (SPD) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung namens der Landesregierung Was unternimmt die Landesregierung gegen die angeordnete Unterschreitung von bereits finanzierten Liegezeiten in Krankenhäusern?