Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/512 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Stefan Henze (AfD) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung namens der Landesregierung Fusion Siemens Mobility mit Alstom Anfrage des Abgeordneten Stefan Henze (AfD), eingegangen am 19.02.2018 - Drs. 18/368 an die Staatskanzlei übersandt am 23.02.2018 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung namens der Landesregierung vom 15.03.2018, gezeichnet Dr. Bernd Althusmann Vorbemerkung des Abgeordneten Am 27.09.2017 berichtete die Onlineausgabe der WELT, dass die beiden in Niedersachsen aktiven Eisenbahnhersteller Alstom S. A. und Siemens Mobility fusionieren wollen (Doll, N./Heghagen, G. [2017], in WELT: Fusion von Siemens und Alstom hat einen großen Verlierer, Verweis: https://www.welt.de/wirtschaft/article169074914/Fusion-von-Siemens-und-Alstom-hat-einengrossen -Verlierer.html). Vorbemerkung der Landesregierung Die Alstom Transport Deutschland GmbH in Salzgitter und die Siemens Mobility in Braunschweig gehören zu den bedeutendsten Arbeitgebern in der Region. Sie sichern Arbeitsplätze und bieten jungen Menschen eine Ausbildung. Darüber hinaus sind beide Unternehmen wichtige Kooperationspartner von Universitäten, Forschungsinstitutionen und anderen Unternehmen im Rahmen von Forschungs- und Entwicklungsvorhaben. Diese enge Verzahnung ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor für zukünftige Innovationen und trägt zum Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit des Industriestandortes Niedersachsen bei. Alstom und Siemens stehen vor der Herausforderung, sich in einem harten Wettbewerbsumfeld vor allem gegen den chinesischen Zughersteller CRRC behaupten zu müssen. Vor diesem Hintergrund ist die Landesregierung sehr daran interessiert, die Standorte und Arbeitsplätze in Niedersachsen zu erhalten. Die Landesregierung steht den Unternehmen für Gespräche zur Verfügung, um diese im Rahmen anstehender Umstrukturierungsprozesse zu begleiten. 1. a) Wie bewertet die Landesregierung einen solchen Zusammenschluss aus kartellrechtlichen Gesichtspunkten? Eine Zusammenschlusskontrolle findet erst bei dem Erreichen einer bestimmten Umsatzschwelle der an der Fusion beteiligten Unternehmen Anwendung (§§ 35 ff. des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen ). Insofern ist eine bestimmte wirtschaftliche Größe der Unternehmen des Vorhabens erforderlich. Zuständig dafür ist das Bundeskartellamt. Zusammenschlüsse, die unter die Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates vom 20. Januar 2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (EG-Fusionskontrollverordnung) in ihrer jeweils geltenden Fassung fallen, unterliegen hingegen der ausschließlichen Zuständigkeit der Europäische Kommission. Nach Artikel 21 Abs. 3 der Fusionskontrollverordnung wenden die Mitglied- Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/512 2 staaten ihr innerstaatliches Wettbewerbsrecht nicht auf Zusammenschlüsse von gemeinschaftsweiter Bedeutung an. Die Zuständigkeit der Landeskartellbehörde beim Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung ist daher nicht gegeben. b) Wie bewertet die Landesregierung einen solchen Zusammenschluss in Bezug auf den Standort Niedersachsen, insbesondere auf die Region Braunschweig/Salzgitter? Nach Angaben der Statistik der Bundesagentur für Arbeit waren in Niedersachsen im Juni 2017 insgesamt 3 254 Personen als sozialversicherungspflichtig Beschäftigte im Schienenfahrzeugbau gemeldet. Dies entspricht einem Anteil von 13,1 % an der bundesweiten Beschäftigung in der Branche. Niedersachsen ist damit relativ spezialisiert auf diese Branche. Etwa zwei Drittel der Beschäftigten in Niedersachsen sind Fachkräfte, der Anteil an höher qualifizierten Experten oder Spezialisten ist zusammen mit 26,6 % geringer als im Bundesdurchschnitt (37,9 %). Dies ist ein Hinweis auf eine höhere Fertigungsintensität am Standort Niedersachsen als in den Standorten des Schienenfahrzeugbaus in anderen Bundesländern. Gleichzeitig herrscht bereits heute in Niedersachsen in vielen technischen Berufen ein Fachkräftemangel (Fachkräfteengpassanalyse der Bundesagentur für Arbeit, Dezember 2017). Eine Stärkung des Standorts, verbunden mit Effizienzsteigerungen in der Produktion, dürfte daher angesichts der bereits bestehenden Engpässe keine negativen Auswirkungen auf dem Arbeitsmarkt nach sich ziehen, sondern vielmehr die Wettbewerbsfähigkeit der bestehenden Fertigungslinien verbessern. Dies ist angesichts einer immer noch vergleichsweise hohen Arbeitslosenquote von 10,3 % in der Stadt Salzgitter (Standort von Alstom) von besonderer Relevanz. Die Arbeitslosenquote in der Stadt Braunschweig (Standort von Siemens und Bombardier) weist dagegen mit 5,8 % für eine Großstadt bereits heute eine äußerst günstige Arbeitsmarktlage auf. Insgesamt wird der Industriestandort Niedersachsen im globalen Wettbewerb als Mobilitätsstandort gestärkt. Es wird die neue weltweite Nr. 2 im Schienenfahrzeugbau in Niedersachsen produzieren. In Anbetracht des zunehmenden Wettbewerbsdruck aus China kann die Fusion zur Sicherung der niedersächsischen Standorte in Braunschweig und Salzgitter beitragen. Entscheidend ist, dass dort weiter Investitionen getätigt und Beschäftigungsgarantien sichergestellt werden. Daher wird die angekündigte Beschäftigungssicherung von vier Jahren begrüßt. Durch die Fusion nimmt allerdings der Druck auf den ebenfalls am Standort Braunschweig angesiedelten Hersteller für Signal- und Steuerungstechnik Bombardier Transportation GmbH zu. Eine dort getroffene Betriebsvereinbarung zur Arbeitsplatzsicherung bis Ende 2019 wird seitens der Landesregierung begrüßt. c) Liegen der Landesregierung Erkenntnisse vor, welche Auswirkungen ein solcher Zusammenschluss für die Zulieferindustrie in Niedersachsen hat? Wenn ja, welche Auswirkungen erwartet sie? Der Landesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 2. Wie bewerte t d ie Landes reg ie rung e inen s o lchen Zus ammens ch lus s im Hinblick auf künftige Fahrzeugaus s chre ibungen durch d ie Landes nahverkehrs ges e lls chaft Niede rs achs en GmbH? Die Landesregierung verfolgt die Entwicklungen in diesem Sektor aufmerksam, sieht aber von eigenen Bewertungen und Prognosen, die im Übrigen von vielen weiteren Faktoren abhängig wären, ab. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/512 3 a) Wie bewertet die Landesregierung eine mögliche Expansion anderer internationaler Eisenbahnhersteller , wie Hyundai Rotem Co. (Republik Korea), Hitachi Transportation Systems (Staat Japan), GE Transportation (Vereinigte Staaten von Amerika) und CRRC Co. Ltd. (Volksrepublik China), auf den Fahrzeugmarkt im Hinblick auf deren Homologation (Zulassung eines Schienenfahrzeugs)? Die Landesnahverkehrsgesellschaft schreibt die Beschaffung von Schienenfahrzeugen gemäß den Vergabevorschriften europaweit aus; dies umfasst ausdrücklich auch die Fahrzeugzulassung. Alle Bieter müssen daher insbesondere die Vorgaben der nach EU-Recht einzuhaltenden technischen Regelwerke erfüllen. b) Welche Prognose erwartet die Landesregierung für den Eisenbahnherstellerstandort Niedersachsen bei einem Einstieg der zuvor genannten Hersteller? Es wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. 3. Welche Auswirkungen für das Land Niedersachsen erwartet die Landesregierung, sollte sich der steuerrechtliche Sitz der fusionierten Partner nach Paris verlagern? Ob und wie sich eine Sitzverlegung bzw. die Umstrukturierung eines Unternehmens steuerlich auswirkt, hängt immer von der Unternehmensstruktur und der konkreten Ausgestaltung im Einzelfall ab. Soweit dazu Erkenntnisse vorliegen, unterliegen diese dem Steuergeheimnis (§ 30 der Abgabenordnung ). Die Finanzbehörden - einschließlich des Finanzministeriums - sind zur Wahrung des Steuergeheimnisses verpflichtet. (Verteilt am 20.03.2018) Drucksache 18/512 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Stefan Henze (AfD) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung Fusion Siemens Mobility mit Alstom