Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/5157 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Meta Janssen-Kucz und Anja Piel (GRÜNE) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung namens der Landesregierung Werden die Pflegepersonaluntergrenzen in Niedersachsen eingehalten? Anfrage der Abgeordneten Meta Janssen-Kucz und Anja Piel (GRÜNE), eingegangen am 23.10.2019 - Drs. 18/4929 an die Staatskanzlei übersandt am 25.10.2019 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung namens der Landesregierung vom 20.11.2019 Vorbemerkung der Abgeordneten Seit dem 01.01.2019 gelten für pflegesensitive Bereiche in Krankenhäusern Pflegepersonaluntergrenzen . In den Bereichen Intensivmedizin, Geriatrie, Unfallchirurgie und Kardiologie müssen seither bestimmte Personalschlüssel eingehalten werden. „Eine Auswertung der Niedersächsischen Krankenhausgesellschaft für das erste Quartal 2019 zeigt, dass die aktuellen Untergrenzen in den Kliniken des Landes zu fast 92 % eingehalten werden - aber nur unter Einschränkung der Versorgung: 34 % der Krankenhäuser mussten demnach Betten auf Intensivstationen sperren. Im Schnitt seien pro Klinik vier Stellen auf Intensivstationen und neun Stellen auf allgemeinen Stationen in der Pflege unbesetzt.“(Weser-Kurier 21.10.2019) Vorbemerkung der Landesregierung Die Regelung in § 137 i des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) zu Pflegepersonaluntergrenzen in pflegesensitiven Bereichen in Krankenhäusern war mit dem Gesetz zur Modernisierung der epidemiologischen Überwachung übertragbarer Krankheiten vom 17. Juli 2017 (BGBl. I S. 2615) eingefügt worden; ihre jetzige Fassung hat die Vorschrift durch das Gesetz zur Stärkung des Pflegepersonals (Pflegepersonal-Stärkungsgesetz) vom 11. Dezember 2018 (BGBl. I S. 2394) erhalten. Nach § 137 i Abs. 1 Satz 1 SGB V vereinbaren der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die Deutsche Krankenhausgesellschaft im Benehmen mit dem Verband der Privaten Krankenversicherung eine Weiterentwicklung der bislang festgelegten pflegesensitiven Bereiche in Krankenhäusern und der zugehörigen Pflegepersonaluntergrenzen. Die Pflegepersonaluntergrenzen sind mit Beginn des Jahres 2019 angelaufen. Da es zwischen den Selbstverwaltungspartnern zu keiner Einigung gekommen war, hatte das Bundesministerium für Gesundheit im Wege der Ersatzvornahme mit der Verordnung zur Festlegung von Pflegepersonaluntergrenzen in pflegesensitiven Bereichen in Krankenhäusern (Pflegepersonaluntergrenzen-Verordnung) vom 5. Oktober 2018 (BGBl. I S. 1632) erste Untergrenzen für die Bereiche Intensivmedizin, Geriatrie, Kardiologie sowie Unfallchirurgie vorgegeben. Mittlerweile hat das Bundesministerium für Gesundheit die Verordnung zur Festlegung von Pflegepersonaluntergrenzen in pflegesensitiven Bereichen in Krankenhäusern (Pflegepersonaluntergrenzen-Verordnung) vom 28. Oktober 2019 (BGBl. I S. 1492) erlassen . Diese ersetzt die vorherige Verordnung; neu hinzukommen die Bereiche Neurologie sowie Herzchirurgie. Nach § 137 i Abs. 1 Satz 10 SGB V bestimmen für den Fall der Nichteinhaltung der Pflegepersonaluntergrenzen die Selbstverwaltungspartner mit Wirkung für die Vertragsparteien nach § 11 des Krankenhausentgeltgesetzes (KHEntgG) - das sind die örtlichen Vertragsparteien - insbesondere die Höhe und die nähere Ausgestaltung der Sanktionen nach Absatz 5; hiernach gibt es Sanktionen Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/5157 2 in Form von Vergütungsabschlägen oder einer Verringerung der Fallzahl. Durch Entscheidung der (Bundes-)Schiedsstelle nach § 18 a Abs. 6 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes ist dazu die „Vereinbarung gemäß § 137i Absatz 1 Satz 10 SGB V über Sanktionen nach § 137i Absatz 5 SGB V bei Nichteinhaltung der Pflegepersonaluntergrenzen (PpUG-Sanktions-Vereinbarung) vom 26.03.2019“ ergangen. 1. Wie viele Pflegekräfte sind seit Anfang des Jahres 2019 in niedersächsischen Krankenhäusern eingestellt worden, um die Pflegepersonaluntergrenzen einzuhalten? Zur Beantwortung dieser Frage wurden die insgesamt 146 somatischen Plankrankenhäuser in Niedersachsen um Auskunft gebeten. 59 Krankenhäuser haben die erbetenen Auskünfte erteilt (ca. 40 %). 21 Krankenhäuser gaben an, bislang nicht von den Regelungen über Pflegepersonaluntergrenzen betroffen zu sein. 30 Krankenhäuser gaben an, insgesamt 334,7 Pflegekräfte im Jahr 2019 eingestellt zu haben. Die Einstellung von Pflegekräften erfolgte aber nicht allein, um die Pflegepersonaluntergrenzen einhalten zu können, sondern um den allgemeinen Personalbedarf zu decken und offene Stellen wieder zu besetzen. 2. Wurden in niedersächsischen Krankenhäusern regelmäßig Pflegekräfte aus nicht pflegesensitiven Bereichen abgezogen worden, um die Untergrenzen in den pflegesensitiven Bereichen einzuhalten? Lediglich sechs Krankenhäuser gaben an, regelmäßig Pflegekräfte aus nicht-pflegesensitiven Bereichen abzuziehen, um Pflegepersonaluntergrenzen einzuhalten. 3. Hat sich nach Ansicht der Landesregierung die Pflegepersonalausstattung in den nichtpflegesensitiven Bereichen der Krankenhäuser dauerhaft verschlechtert? Die betroffenen Krankenhäuser gaben an, dass die Anzahl der Einstellungen die der Abgänge übersteigt. Es liegen keine Hinweise vor, die darauf hindeuten, dass sich die Personalausstattung in den nicht-pflegesensitiven Bereichen seit Einführung der Pflegepersonaluntergrenzen verschlechtert hat. 4. Wie häufig wurden die Pflegepersonaluntergrenzen in den einzelnen pflegesensitiven Bereichen in niedersächsischen Krankenhäusern unterschritten? Nach § 137 i Abs. 4 Satz 8 SGB V übermittelt das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) den Vertragsparteien und den zuständigen Landesbehörden einmal je Quartal eine Zusammenstellung der Angaben der Krankenhäuser über die Einhaltung der Pflegepersonaluntergrenzen. Die Auswertung der Daten der ersten drei Quartale des Jahres 2019 ergibt folgende Unterschreitung von Pflegepersonaluntergrenzen gegliedert nach pflegesensitiven Bereichen: 1. Quartal 2019/ Anzahl der Schichten 2. Quartal 2019/ Anzahl der Schichten 3. Quartal 2019/ Anzahl der Schichten Geriatrie 759 518 348 Intensivmedizin 1 681 1 232 1 082 Kardiologie 456 238 229 Unfallchirurgie 2 815 1 529 1 357 Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/5157 3 5. Wie häufig mussten Betten in niedersächsischen Krankenhäusern gesperrt werden, weil die Pflegepersonaluntergrenzen nicht eingehalten werden konnten? Im Rahmen der Abfrage erklärten 16 Krankenhäuser, dass Betten gesperrt werden mussten, um Pflegepersonaluntergrenzen einhalten zu können. In diesen 16 Krankenhäusern mussten an insgesamt 714 Tagen Betten gesperrt werden. 6. Welche Sanktionen haben die Krankenhäuser bei Unterschreiten der Pflegepersonaluntergrenzen zu erwarten? § 137 i Abs. 1 Satz 10 und Abs. 5 SGB V sieht an Sanktionen Vergütungsabschläge oder eine Verringerung der Fallzahl vor. Die Ermittlung der Höhe des Vergütungsabschlags richtet sich nach den Vorgaben in § 3 der PpUG-Sanktions-Vereinbarung, eine Verringerung der Fallzahl bemisst sich nach den Vorgaben in § 5 dieser Vereinbarung. 7. Wie viele Krankenhäuser in Niedersachsen haben bereits Sanktionen wegen Unterschreitung der Pflegepersonaluntergrenzen erfahren? Angaben hierzu sind der Landesregierung gegenwärtig nicht möglich. Nach § 11 Abs. 1 Satz 2 KHEntgG ist die (Pflegesatz-)Vereinbarung grundsätzlich für einen zukünftigen Zeitraum (Vereinbarungszeitraum ) zu schließen und damit auch Sanktionen wegen Unterschreitung der Pflegepersonaluntergrenzen . Nach § 11 Abs. 2 Satz 1 KHEntgG beträgt der Vereinbarungszeitraum ein Kalenderjahr . Gleichzeitig bestimmt § 2 Abs. 1 der PpUG-Sanktions-Vereinbarung, dass die Einhaltung der Pflegepersonaluntergrenzen von den Krankenhäusern auf Basis der von der Wirtschaftsprüfung bestätigten Jahresmeldung ermittelt und nachgewiesen wird, außerdem bestimmt § 5 Abs. 1 Satz 1 dieser Vereinbarung, dass die örtlichen Vertragsparteien eine Fallzahlreduzierung für den auf die Nichteinhaltung der Pflegepersonaluntergrenze folgenden Vereinbarungszeitraum vereinbaren. In Anbetracht dieser Prinzipien der Prospektivität und der Jährlichkeit könnte es frühestens im Jahr 2020 zur Vereinbarung von Sanktionen wegen Unterschreitung der Pflegepersonaluntergrenzen in 2019 kommen. 8. Wie bewertet die Landesregierung die Pflegepersonaluntergrenzen insgesamt? Die Landesregierung betrachtet die bisher festgelegten Pflegepersonaluntergrenzen als ein Instrument , das geeignet sein könnte, um zum einen die Versorgung der Patientinnen und Patienten und zum anderen die Arbeitsbedingungen für die in der Pflege Beschäftigten zu verbessern. Sie erwartet und hält es für notwendig, dass in Umsetzung des Auftrags nach § 137 i Abs. 1 SGB V noch weitere pflegesensitive Bereiche festgelegt werden. Außerdem steht im Jahr 2020 die Einführung einer Untergrenze für das erforderliche Verhältnis zwischen Pflegepersonal und Pflegeaufwand auf der Grundlage von Pflegepersonalquotienten für die übrigen Bereiche der unmittelbaren Patientenversorgung auf bettenführenden Stationen an (§ 137 j Abs. 1 und 2 SGB V). Diese Untergrenze legt das Bundesministerium für Gesundheit nach Zuarbeit durch das InEK fest. Maßstab für die Untergrenze ist, dass bei dieser widerlegbar vermutet wird, dass eine nicht patientengefährdende pflegerische Versorgung noch gewährleistet ist. (Verteilt am 25.11.2019) Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LTmit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Meta Janssen-Kucz und Anja Piel (GRÜNE) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung namens der Landesregierung Werden die Pflegepersonaluntergrenzen in Niedersachsen eingehalten?