Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/5224 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Dragos Pancescu, Meta Janssen-Kucz und Imke Byl (GRÜNE) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz namens der Landesregierung Schlickentsorgung im Elsflether Hafen Anfrage der Abgeordneten Dragos Pancescu, Meta Janssen-Kucz und Imke Byl (GRÜNE), eingegangen am 29.10.2019 - Drs. 18/4992 an die Staatskanzlei übersandt am 04.11.2019 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz namens der Landesregierung vom 28.11.2019 Vorbemerkung der Abgeordneten Nachdem die Elsflether Werft Insolvenz anmelden musste, lagen mehrere Übernahmeangebote anderer Werften vor. Der Zuschlag für den Verkauf ist nunmehr an die Bremer Lürssen-Werft gegangen 1. Der Auftrag für die Sanierung des Marineschulschiffs „Gorch Fock“ wird damit durch die Lürssen-Gruppe übernommen. Ungeklärt ist allerdings noch immer, wer für die Lösung der Schlickverunreinigung im Elsflether Hafen nun aufkommt. Nach der Aussage des Vorstandes der Elsflether Werft hieß es, dass die Ausrüstung der „Gorch Fock“ in der Elsflether Werft vorgenommen werden könne. „Allerdings müsse das Land dann vorher den Elsflether Hafen vom Schlick befreien.“2 Vorbemerkung der Landesregierung Gemäß einer Auflage des Planfeststellungsänderungsbeschlusses vom 25.07.1975 zum Bau des Huntesperrwerks hat der Ausbauunternehmer im Bereich des Werfthafens Elsfleth die Schlickbeseitigung zu übernehmen, sofern er nicht nachweisen kann, dass der Schlickanfall nicht sperrwerksbedingt ist. Ausbauunternehmer des Huntesperrwerks ist das Land Niedersachsen. Zuständig ist der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN). Da die Elsflether Werft im tidebeeinflussten Bereich der Hunte gelegen ist, hat es Schlickeinträge unzweifelhaft auch schon vor dem Bau des Sperrwerks gegeben. Jedoch wurde bereits frühzeitig davon ausgegangen, dass sich der Schlickanfall im Werfthafen durch die im Zuge des Sperrwerksbaus hergestellte Abdämmung der „Westergate“ verstärkt. Mit der Werft wurde deshalb in der Vergangenheit durch zwei Vereinbarungen von 1985 und 2013 eine Kostenteilung festgelegt, nach der die Werft ein Drittel der Kosten der Schlickbeseitigung zu tragen hat. In diesen Vereinbarungen wurde einvernehmlich eine Solltiefe im Hafenbecken von -4,40 m NHN festgelegt. Bis Ende der 1990er-Jahre hat der NLWKN die Sedimente durch Umlagerung (Schlickeggen) mit der laufenden Welle des Ebbstroms der Tide in die Hunte eingebracht. Die in 2007 und 2011 durchgeführte Sedimentuntersuchungen im Hafenbereich führten zum Ergebnis, dass eine Umlagerung der Sedimente in die Hunte, wie sie bisher üblich war, aufgrund der Schadstoffgehalte nicht mehr möglich war. 1 Welt vom 28.10.2019, https://www.welt.de/politik/deutschland/article202608290/Nach-Gorch-Fock-Bremer- Luerssen-Werft-kauft-Elsflether-Werft.html 2 Weserkurier vom 09.08.2019, https://www.weser-kurier.de/bremen/bremen-wirtschaft_artikel,-luerssen-sollgorch -fockwerft-uebernehmen-_arid,1851220.html Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/5224 2 1. Welche Mengen an Baggergut wurden bei der letzten Ausbaggerung des Elsflether Hafens entnommen? Bei der letzten Räumung des Hafenbeckens der Elsflether Werft in 2013/2014 wurden ca. 30 700 m3 belastete Sedimente entnommen und entsorgt. 2. Musste das gesamte Baggergut wegen Tribotylzinn-Belastung3 auf geeigneten Deponien entsorgt werden? Falls nein, welcher Anteil des Baggerguts war kontaminiert (bitte auch Mengen aufführen)? Ja. 3. Was ist die Ursache für die Tribotylzinn-Belastung? Wer ist der Verursacher der Belastung ? Die Problematik der Verwendung von Organozinnverbindungen bei Werften war bereits 1999 Gegenstand des Jahresarbeitsprogramms der Gewerbeaufsichtsverwaltung in Niedersachsen. Ursächlich für dieses Programm waren seinerzeit die in den norddeutschen Häfen stark erhöhten TBT-Konzentrationen in den Sedimenten sowie die im Chemikalienrecht neu eingeführten Inverkehrbring - und Verwendungsverbote für derartige Antifoulingfarben. Antifoulinganstriche von Schiffen durften bis 2003 das hochgiftige Tributylzinn (TBT) enthalten. In diesem Zusammenhang wurden Schiffswerften sowie Zulieferbetriebe für diese Farben aufgesucht. In Bezug auf die Elsflether Werft führte dies zum Einbau einer Auffangrinne bzw. Auffangwanne in der Slipanlage. Vor diesem Hintergrund kann man davon ausgehen, dass der Werftbetrieb ein wesentlicher Verursacher der TBT-Belastung der Hafenschlämme war. 4. Nimmt die Landesregierung den Verursacher in Haftung? Die Belastung der Sedimente und die Tatsache, dass damit eine Umlagerung der Sedimente in die Hunte nicht mehr möglich war, hat bereits in der in der Vorbemerkung der Landesregierung genannten Vereinbarung aus dem Jahre 2013 Berücksichtigung gefunden. Für weitergehende Haftungsansprüche im Sinne einer zivilrechtlichen Haftung wird seitens der Landesregierung keine rechtliche Grundlage gesehen. Auch eine Inanspruchnahme auf der Grundlage des Ordnungsrechts scheidet aus. Das Regime des nachsorgenden Bodenschutzrechts ist in Bezug auf den hier gegenständlichen Schlick nicht anwendbar, da der Schlick im Hafenbecken Teil des Gewässerbettes ist und das Gewässerbett nach § 2 Abs. 1 BBodSchG keinen Boden im Sinne des BBodSchG darstellt. Auch für eine Inanspruchnahme der Verursacher der Schlickbelastung nach dem Wasserrecht wird keine Grundlage gesehen, da hier die Belastung des Schlicks als solche keine Beeinträchtigung des Wasserhaushaltes darstellt bzw. kein Verstoß gegen wasserrechtliche Vorschriften vorliegt. 5. Wo und durch wen wurde der kontaminierte Aushub der letzten Ausbaggerung des Elsflether Hafens entsorgt, und welche Kosten entstanden für Baggerung und Entsorgung insgesamt? Der kontaminierte Aushub wurde durch den NLWKN in der Deponie de Slufter/Rotterdam (NL) entsorgt . Die Gesamtkosten für Baggerung und Entsorgung betrugen 943 360,64 Euro. Der Werft wurde ein Betrag von 314 453,55 Euro in Rechnung gestellt. 3 NWZ vom 12.10.2013, https://www.nwzonline.de/wesermarsch/wirtschaft/schlick-im-hafenbecken-wirdbeseitigt _a_9,3,4212371326.html Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/5224 3 6. Welche zusätzlichen Kosten sind durch die Tribotylzinn-Kontamination verursacht worden? Wer trug die Kosten für den erhöhten Entsorgungsaufwand? Bis Ende der 1990er-Jahre war ein Ausbaggern und Entsorgen der Sedimente nicht erforderlich (siehe Vorbemerkungen). Es sind bis dahin lediglich Kosten im Zusammenhang mit den für das Schlickeggen eingesetzten Schiffen (Schlepper mit Schlickegge) angefallen. Seit der Einführung der „Handlungsanweisung für den Umgang mit Baggergut im Binnenland“ (HABAB-WSV) im Jahr 2000 sind eine Vielzahl von Parametern in Hinblick auf die Umlagerung oder Entsorgung des Baggergutes zu berücksichtigen. Neben chemischen Belastungen (u. a. TBT) sind auch natürliche Belastungen des aquatischen Materials (z. B. Kohlenstoffverbindungen) maßgeblich für das gewählte Vorgehen. Bei der letzten Schlickräumung wurden sowohl chemische als auch aus natürlichen Abbauprozessen resultierende Parameter überschritten. Eine gesonderte Ermittlung der Mehrkosten, die im Hinblick auf Belastungen mit TBT entstanden sind, ist deshalb nicht möglich. Die Kosten wurden aus dem Budget des NLWKN (Kapitel 15 55) getragen, soweit sie nicht von der Werft erstattet wurden. 7. Welche Wassertiefe wurde durch die letzte Ausbaggerung erreicht? Im Arbeitsbereich des Werfthafens wurde die vereinbarte Solltiefe von -4,4 m NHN hergestellt. 8. Wie ist die aktuelle Wassertiefe im Elsflether Hafen? Die im Werfthafen derzeit vorhandenen Wassertiefen betragen bei Mitteltidehochwasser zwischen 2,7 und 5,7 m (-0,5 bis -3,3 m NHN). 9. Ist eine Ausbaggerung des Hafens nötig? Falls ja, wann ist diese geplant? Die Entnahme von Sedimenten aus dem Hafenbecken ist geplant. Der Auftrag für eine Teilräumung (ca. 5 000 t Sedimente) im Bereich der werfteigenen Slipanlage 3 wurde nach öffentlicher Ausschreibung am 04.11.2019 vergeben. Der Auftragnehmer sichert die Durchführung der Räumung im Dezember zu. 10. Ist sichergestellt, dass sich die neuen Eigner der Elsflether Werft auch nach vollzogenem Besitzerwechsel wie bisher zu mindestens einem Drittel an den Kosten der Ausbaggerungen beteiligen müssen? Die Rechtslage bezüglich der Schlickbeseitigung ist unabhängig davon, wer Eigner der Werft ist, anhand der Nebenbestimmung im Planfeststellungsänderungsbeschluss vom 25.07.2019 zu beurteilen . Das Land Niedersachsen hat danach die Kosten für den sperrwerksbedingten Schlickmehranfall zu tragen. Der Beschluss nimmt damit gleichzeitig auf die Verschlickungssituation vor dem Sperrwerksbau Bezug und setzt offenkundig eine solche als gegeben voraus. Nur so lässt sich die ausdrückliche Sonderregelung bezüglich eines Mehranfalls erklären. Es verbleibt folglich eine Verantwortung bei der Werft. Für die Verteilung dieser Verantwortung haben sich Werft und Land mit den Vereinbarungen von 1985 und 2013 auf eine vergleichsweise Regelung geeinigt. Es werden die jeweiligen Verantwortungen ohne Wertung gegenübergestellt, auch im Hinblick auf die Frage der Kontamination, und es wird einvernehmlich eine Verteilung vorgenommen. In beiden Vereinbarungen wurde festgelegt, dass die Werft sich an den Kosten der Schlammräumung in dem Umfang beteiligt, wie er vor dem Bau und Betrieb des Huntesperrwerks angefallen ist. Hieraus muss der Schluss gezogen werden, dass die Werft selbst ihren Anteil an der insgesamt entstandenen Schlickbelastung mit einem Drittel veranschlagt hat. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/5224 4 Dem Insolvenzverwalter wurde mitgeteilt, dass MU davon ausgeht, dass dieses Anerkenntnis fortbesteht . (Verteilt am 29.11.2019) Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LTmit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Dragos Pancescu, Meta Janssen-Kucz und Imke Byl (GRÜNE) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz namens der Landesregierung Schlickentsorgung im Elsflether Hafen