Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/5227 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Dana Guth (AfD) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz namens der Landesregierung Rücknahme von Natura-2000-Auflagen durch Gerichtsbeschluss Anfrage der Abgeordneten Dana Guth (AfD), eingegangen am 09.10.2019 - Drs. 18/4841 an die Staatskanzlei übersandt am 28.10.2019 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz namens der Landesregierung vom 28.11.2019 Vorbemerkung der Abgeordneten Wie der Ausgabe der Fachzeitschrift LAND & Forst vom 31.01.2019 zu entnehmen ist, hat der Landkreis Holzminden eine Klage vor dem Oberverwaltungsgericht in Lüneburg im Zusammenhang mit zusätzlichen Natura-2000-Auflagen verloren. Die Natura-2000-Auflagen sind demnach nicht mehr zeitgemäß und können bei veränderten Umweltbedingungen nicht flexibel genug angewendet werden. Vorbemerkung der Landesregierung Der 4. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts hat durch Urteil vom 04.12.2018 (Az. 4 KN 77/16) die Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet „Sollingvorland-Wesertal“ im Landkreis Holzminden auf Antrag eines Landwirts für unwirksam erklärt. Zur Begründung hat der Senat ausgeführt, dass die Verordnung schon nicht ordnungsgemäß im Amtsblatt bekannt gemacht worden sei. Darüber hinaus sei die Verordnung auch deshalb rechtlich zu beanstanden, weil die vom Landschaftsschutzgebiet ausgenommenen Bereiche der dort vorhandenen Naturschutzgebiete, Naturdenkmale und gesetzlich geschützten Biotope in den Karten zur Landschaftsschutzgebietsverordnung nicht verzeichnet seien. Schließlich hat der Senat festgestellt , dass auch das weitrechende absolute Bauverbot gegen das Übermaßverbot verstoße, weil nicht von vornherein feststehe, dass jede der verbotenen Baumaßnahmen - u. a. die Errichtung von Einfriedungen und kleinen Geräteschuppen - in jedem Bereich des sehr großen Landschaftsschutzgebiets den Gebietscharakter verändert oder den besonderen Schutzzwecken der Verordnung zuwiderläuft. Der Verordnungsgeber hätte daher nur ein präventives Bauverbot mit Erlaubnisvorbehalt anordnen dürfen. 1. In wie vielen Landkreisen sind die Natura-2000-Auflagen durch die jeweilige Landkreisverwaltung über den EU-Standard der FFH-Richtlinie bzw. Vogelschutzrichtlinie erhöht worden? Artikel 2 Abs. 2 der FFH-Richtlinie normiert, dass die aufgrund dieser Richtlinie getroffenen Maßnahmen darauf abzielen, einen günstigen Erhaltungszustand der natürlichen Lebensräume und wildlebenden Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse zu bewahren oder wiederherzustellen . Die Ausweisung von Schutzgebieten durch die zuständigen Landkreise und Städte (hier i. d. R. Naturschutz - oder Landschaftsschutzgebiete mit entsprechenden Ge- und Verboten) dient sowohl in der Fläche als auch inhaltlich oft nicht einzig und allein nur der Umsetzung der Natura-2000-Richtlinien (EU-Vogelschutz- und FFH-Richtlinie). Vielmehr steht es den zuständigen Gebietskörper- Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/5227 2 schaften frei, Schutzgebiete und Schutzobjekte unabhängig von Natura 2000 auf Basis und entsprechend den einschlägigen Regelungen des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG, hier: §§ 22, 23, 26, 28 und 29) i. V. m. den jeweiligen Regelungen des Niedersächsischen Ausführungsgesetzes zum Bundesnaturschutzgesetz (NAGBNatSchG, hier: §§ 14, 16, 19, 21 und 22) auszuweisen . Insoweit kann z. B. eine naturschutzrechtliche Schutzgebietsverordnung, die flächig auch ein Natura-2000-Gebiet überlagert, zusätzliche und weitere Schutzzwecke und entsprechende Geund Verbote umfassen. Dass Schutzgebietsverordnungen in vielen Fällen nicht nur der alleinigen Umsetzung von Natura 2000 dienen, ist auch dadurch begründet, dass viele bereits zuvor ausgewiesene Schutzgebiete Eingang in die Natura-2000-Kulisse gefunden haben. In der Folge sind diese ursprünglichen Sicherungsverordnungen gegebenenfalls um die jeweiligen Natura-2000-Belange zu erweitern. Dabei werden Schutzzwecke nicht per se auf Natura-2000-Belange reduziert und es ist nicht so, dass per se hinter den ursprünglichen, gegebenenfalls sogar sehr weitreichenden Inhalten der ursprünglichen Schutzgebietsverordnungen automatisch zurückgeblieben wird. Insoweit ist es nicht möglich, Ge- und Verbote von Schutzgebietsverordnungen unter der Annahme zu vergleichen, dass diese alleine der Umsetzung von Natura 2000 dienen würden. Ge- und Verbotstatbestände orientieren sich zudem u. a. an der jeweiligen Schutzbedürftigkeit und an der Bedeutung, die die jeweiligen Natura-2000-Art bzw. der FFH-Lebensraumtyp im Kontext zu den übrigen jeweiligen Natura-2000-Gebieten hat. Inhaltlich ist den fachlichen Anforderungen und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung zu tragen. 2. Gibt es Naturschutzbehördenmitarbeiter in Niedersachsen, die Grundbesitzer auf Grundlage dieser erhöhten Auflagen polizeilich angezeigt haben? Dies ist nicht bekannt. 3. Welche gesetzliche Grundlage besteht für eine Verschärfung der Natura-2000-Auflagen der FFH- und Vogelschutzgebiete in niedersächsischen Landkreisen? Wenn ja, wie viele Fälle sind der Landesregierung bekannt, und in wie vielen Landkreisen sind diese? Auf die Ausführungen zu Frage 1 wird verwiesen. 4. Wurden die Landnutzer und Grundstückseigner als Betroffenenorganisation umfassend in die Entscheidungsprozesse eingebunden, um eine unverhältnismäßige Nutzungseinschränkung zu vermeiden, gegebenenfalls wie? Auf die diesbezüglichen, gesetzlich normierten Vorschriften bezüglich des Verfahrens zur Unterschutzstellung von Teilen von Natur und Landschaft wird verwiesen (§ 22 Abs. 2 BNatSchG i. V. m. § 14 NAGBNatSchG). Diese Regelungen umfassen neben der Beteiligung der Träger öffentlicher Belange auch eine Beteiligung der betroffenen Eigentümer und Nutzungsberechtigten (§ 14 Abs. 3 NAGBNatschG). 5. Wie wird in diesem Zusammenhang der Begriff „schleichende Enteignung“ durch die Niedersächsische Landesregierung interpretiert? Weder das in Bezug genommene Urteil des 4. Senats des Oberverwaltungsgerichtes Lüneburg vom 04.12.2018 (4KN 77/16) noch der in der Vorbemerkung der Abgeordneten benannte Artikel aus LAND & Forst, Nr. 5 vom 31.01.2019 nimmt Bezug oder spricht von einer „schleichenden Enteignung “. Es wird darauf hingewiesen, dass das Naturschutzrecht Entschädigungsregelungen für Beschränkungen des Eigentums umfasst, die sich aufgrund von Vorschriften des Naturschutzrechtes ergeben , die im Einzelfall zu einer unzumutbaren Belastung, über die Sozialpflichtigkeit des Eigentums hinaus, führen (§ 68 Abs. 1 und 2 BNatSchG i. V. m. § 42 Abs. 1 und 2 NAGBNatSchG). (Verteilt am 04.12.2019) Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LTmit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Dana Guth (AfD) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz namens der Landesregierung Rücknahme von Natura-2000-Auflagen durch Gerichtsbeschluss