Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/5231 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Sylvia Bruns, Susanne Victoria Schütz und Björn Försterling (FDP) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung namens der Landesregierung Der Winter kommt - Umgang mit Obdachlosigkeit Anfrage der Abgeordneten Sylvia Bruns, Susanne Victoria Schütz und Björn Försterling (FDP), eingegangen am 24.10.2019 - Drs. 18/4955 an die Staatskanzlei übersandt am 29.10.2019 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung namens der Landesregierung vom 29.11.2019 Vorbemerkung der Abgeordneten Der Winter naht und damit die kalte Jahreszeit, in der Unterkünfte für Obdachlose stärker beansprucht werden. 1. Wer sind in Niedersachsen die Kostenträger nach § 67 ff. SGB XII im Rahmen der Wohnungs - und Obdachlosigkeit? Der überörtliche Träger der Sozialhilfe ist sachlich zuständig für – teilstationäre und stationäre Leistungen nach den §§ 67 ff. SGB XII und – Hilfe zum Lebensunterhalt und für ambulante Leistungen nach §§ 67 ff. SGB XII, wenn die Leistungen dazu bestimmt sind, Nichtsesshafte bei der Überwindung ihrer besonderen sozialen Schwierigkeiten zu helfen. Die örtlichen Träger der Sozialhilfe sind sachlich zuständig, soweit nicht die sachliche Zuständigkeit des überörtlichen Trägers gegeben ist. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass sich diese sachliche Zuständigkeit in Kürze ändern wird. Zum 01.01.2020 tritt das Niedersächsisches Gesetz zur Ausführung des Neunten und des Zwölften Buchs des Sozialgesetzbuchs (Nds. AG SGB IX/XII) in Kraft. Damit wird der überörtliche Träger sachlich zuständig für Leistungen der Sozialhilfe an Leistungsberechtigte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben. Empfängerinnen und Empfänger der Hilfe nach §§ 67 ff. SGB XII sind grundsätzlich volljährig (aufgrund der Nachrangigkeit dieser Hilfe in Bezug auf die Kinder- und Jugendhilfe nach dem SGB VIII) und fallen damit zukünftig in die Zuständigkeit des überörtlichen Trägers. Die bisherige Unterscheidung der Zuständigkeit zwischen den örtlichen Trägern und dem überörtlichem Träger der Sozialhilfe anhand des Begriffs des „Nichtsesshaften“ entfällt. 2. Wie hoch waren die Erstattungen nach § 67 ff. SGB XII im Rahmen der Wohnungs- und Obdachlosigkeit? Das Land hat im Jahr 2018 den herangezogenen örtlichen Trägern der Sozialhilfe für die Leistungen nach §§ 67 ff. SGB XII rund 32,7 Millionen Euro erstattet. Darüber hinaus haben die örtlichen Träger der Sozialhilfe im Rahmen ihrer Zuständigkeit rund 6,8 Millionen Euro aufgewendet. Somit wurden im Jahr 2018 insgesamt 39,5 Millionen Euro verausgabt. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/5231 2 2. a) Lassen sich Erstattungen direkt auf die Betreuung von Wohn- und Obdachlosigkeit beziehen ? Grundsätzlich ist zwischen den Kosten der einzelnen Formen der Hilfe nach §§ 67 ff. SGB XII zu unterscheiden, da diese jeweils sehr stark differieren. 2. b) Wenn ja, wie hoch sind die direkt auf die Betreuung von Wohn- und Obdachlosigkeit bezogenen Erstattungen? Die Erstattungen des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe an die herangezogenen örtlichen Träger der Sozialhilfe im Jahr 2018 stellen sich wie folgt dar: – Tagesaufenthalte: rund 2,2 Millionen Euro, – Ambulante, flächenorientierte Hilfe: rund 10 Millionen Euro, – stationäre Leistungen: rund 18 Millionen Euro, – nachgehende Hilfe: rund 2 Millionen Euro, – sonstige Leistungen nach dem 3. Kapitel SGB XII (Hilfe zum Lebensunterhalt) und 8. Kapitel SGB XII (verschiedene Einzelmaßnahmen zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten ): rund 400 000 Euro. Darüber hinaus haben die örtlichen Träger der Sozialhilfe folgende Ausgaben für Hilfen im Rahmen ihrer Zuständigkeit angegeben: – Tagesaufenthalte: rund 2,2 Millionen Euro, – Ambulante Hilfe für Hilfeempfängerinnen und Hilfeempfänger in der Zuständigkeit der örtlichen Träger: rund 4,6 Millionen Euro. 2. c) Wenn nein, warum sind keine Rückschlüsse auf Wohn- und Obdachlosigkeit möglich? Entfällt. 3. Wie hoch waren die direkten Kosten von Kommunen, Kreisen und der Region Hannover (exklusive der Erstattungen von §§ 67 ff SGB XII im Rahmen der Wohnungs- und Obdachlosigkeit )? Die Landesregierung hatte zur Beantwortung der Fragen 3 bis 11 die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände um eine Beantwortung bzw. um einen Antwortbeitrag gebeten. Die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände teilte mit, dass ihr hierzu keine Informationen bzw. Daten vorliegen. Das Landesamt für Statistik erläuterte, dass aufgrund der amtlichen Statistik keine Rückschlüsse auf die Kosten von Kommunen, Kreisen und der Region Hannover (exklusive der Erstattungen von §§ 67 ff. SGB XII im Rahmen der Wohnungs- und Obdachlosigkeit) möglich sind. 3. a) Lassen sich Kosten direkt auf die Betreuung von Wohn- und Obdachlosigkeit beziehen ? Siehe Antwort zu Frage 3. 3. b) Wenn ja, wie hoch sind die direkt auf die Betreuung von Wohn- und Obdachlosigkeit bezogenen Kosten? Siehe Antwort zu Frage 3. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/5231 3 3. c) Wenn nein, warum sind keine Rückschlüsse auf Wohn- und Obdachlosigkeit möglich? Siehe Antwort zu Frage 3. 4. Wie hoch sind die weiteren Kosten, die im Zusammenhang mit der Wohn- und Obdachlosigkeit stehen (beispielsweise ordnungsrechtliche und polizeirechtliche Unterbringung , weitere Maßnahmen usw.)? Die Landesregierung stellt neben den Mitteln für die Hilfe nach §§ 67 ff. SGB XII im Jahr 2019 auch Mittel für die Zentrale Beratungsstelle in Niedersachsen für Personen mit besonderen sozialen Schwierigkeiten (ZBS) in Höhe von 571 000 Euro sowie für die Durchführung von Modellprojekten zur fachlichen Weiterentwicklung der Hilfe für wohnungslose Menschen in Höhe von rund 300 000 Euro bereit. Im Weiteren siehe Antwort zu Frage 3. 5. Wenn keine weiteren Kosten im Rahmen der Wohn- und Obdachlosigkeit aufgeführt wurden, warum sind keine Rückschlüsse möglich? Siehe Antwort zu Frage 3. 6. Wie viele Wohn- und Obdachlose wurden in den letzten fünf Jahren pro Jahr unter einer der oben genannten Rechtsmaßnahmen betreut? Der Landesregierung liegen lediglich Daten über die Inanspruchnahme der Hilfe nach §§ 67 ff. SGB XII in Zuständigkeit des überörtlichen Trägers vor. Diese Hilfe untergliedert sich in die folgenden Hilfearten: Tagesaufenthalte, ambulante flächenorientierte Hilfe (AH), stationäre Hilfe (SH) und nachgehende Hilfe (NH). Tagesaufenthalte (Mehrfachnennungen möglich): 2013: 15 261 Personen mit insgesamt 369 625 Kontakten, 2014: 16 078 Personen mit insgesamt 384 088 Kontakten, 2015: 16 904 Personen mit insgesamt 402 941 Kontakten, 2016: 19 703 Personen mit insgesamt 415 752 Kontakten und 2017: 18 359 Personen mit insgesamt 410 714 Kontakten. Hilfe in ambulanten und stationären Einrichtungen: 2013: 3 534 Personen (AH: 1 328; SH: 1 856; NH: 350) insgesamt 3 794 Hilfefälle, 2014: 3 673 Personen (AH: 1 337; SH: 1 954; NH: 382) insgesamt 3 909 Hilfefälle, 2015: 3 818 Personen (AH: 1 461; SH: 1 942; NH: 415) insgesamt 4 086 Hilfefälle, 2016: 3 852 Personen (AH: 1 542; SH: 1 925; NH: 385) insgesamt 4 126 Hilfefälle und 2017: 3 960 Personen (AH: 1 647; SH: 1 940; NH: 373) insgesamt 4 180 Hilfefälle. Zu unterscheiden von diesen Personen sind Menschen, die von Kommunen ordnungsrechtlich untergebracht werden, die Hilfe nach §§ 67 ff. SGB XII in Zuständigkeit der örtlichen Träger erhalten oder die ohne Inanspruchnahme staatlicher Hilfe auf der Straße leben. Über die Anzahl dieser Personen liegen der Landesregierung keine Daten vor. Letztmalig zum Stichtag 31.12.2016 erfolgte eine Abfrage hinsichtlich der ordnungsrechtlichen Unterbringung. Damals waren 6 588 Personen von den niedersächsischen Kommunen untergebracht. Im Weiteren siehe Antwort zu 3. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/5231 4 7. Wenn keine Zahlen vorliegen, warum nicht? Der Landesregierung liegen ausschließlich Daten zu den Hilfen vor, die in der Zuständigkeit des überörtlichen Trägers liegen. Für eine weitergehende Datenerhebung bzw. Statistik gibt es keine gesetzliche Grundlage. Die Landesregierung befürwortet jedoch die Bestrebungen der Bundesregierung zur Einführung einer Wohnungslosenberichterstattung sowie einer Statistik untergebrachter wohnungsloser Personen. Im Weiteren siehe Antwort zu Frage 3. 8. Wie hoch sind die Pro-Kopf-Kosten bei der Betreuung von Wohn- und Obdachlosen pro Jahresscheibe in den letzten fünf Jahren? Eine Pro-Kopf-Kosten-Ermittlung ist nicht möglich. So werden bei den Tagesaufenthalten die Kontakte gezählt. Diese Kennzahl lässt jedoch keinen verlässlichen Rückschluss auf die Anzahl der Personen zu, da hier Mehrfachzählungen möglich sind. Bei den Vergütungszahlungen der ambulanten , flächenorientierten sowie der stationären Hilfe werden Betreuungstage zugrunde gelegt, nicht die Anzahl der Hilfeempfängerinnen und Hilfeempfänger. Bei den Modellprojekten wird die Anzahl der Teilnehmenden im Rahmen der Evaluation erhoben. Diese liegt i. d. R. erst zum Ende der Modellphase vor. Im Weiteren siehe Antwort zu Frage 3. 9. Wie viele Wohn- und Obdachlose konnten pro Jahresscheibe in den letzten fünf Jahren wieder in einer Wohnung oder eine dauerhafte Unterbringung untergebracht werden? Die nachfolgenden Angaben beziehen sich auf die Empfängerinnen und Empfänger der Hilfen gemäß §§ 67 ff. SGB XII, die im jeweiligen Erhebungsjahr die Hilfe beendet haben. Erhoben wurde die Unterkunftssituation in der Nacht nach Hilfeende. In 2017 haben zusammenfassend in den Hilfeformen ambulante, stationäre und nachgehende Hilfe nach §§ 67 ff. SGB XII 1 549 Personen die Hilfe beendet. Davon lebten 439 Personen in einer eigenen Wohnung, 98 Personen bei Familie / Partner und 211 Personen in einer stationären Einrichtung . Im Jahr 2016: 1 502 beendete Hilfen, davon lebten 417 Personen in einer eigenen Wohnung, 91 Personen bei Familie / Partner und 164 Personen in einer stationären Einrichtung. Im Jahr 2015: 1 485 beendete Hilfe, davon lebten 387 Personen in einer eigenen Wohnung, 77 Personen bei Familie / Partner und 167 Personen in einer stationären Einrichtung. Im Jahr 2014: 1 470 beendete Hilfen, davon lebten 396 Personen in einer eigenen Wohnung, 92 Personen bei Familie / Partner und 208 Personen in einer stationären Einrichtung. Im Jahr 2013: 1 480 beendete Hilfen, davon lebten 389 Personen in einer eigenen Wohnung, 77 Personen bei Familie / Partner und 201 Personen in einer stationären Einrichtung. Die Empfängerinnen und Empfänger der Hilfen gemäß §§ 67 ff. SGB XII, die im jeweiligen Erhebungsjahr den Beratungsprozess noch nicht beendet hatten, leben i. d. R. in den stationären Einrichtungen der entsprechenden Hilfeform oder - bei ambulanter Hilfe - bereits in eigenem mitvertraglich abgesicherten Wohnraum bzw. sogenannten Träger- oder Übergangswohnungen. Die Anzahl der mit Wohnraum versorgten ehemals wohnungslosen Menschen liegt also nochmals deutlich über den oben genannten Zahlen. Im Weiteren siehe Antwort zu Frage 3. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/5231 5 10. Wie viele Kältebusse gibt es in Niedersachsen, und wo werden diese eingesetzt? Nach Information der Zentralen Beratungsstelle in Niedersachsen für Personen mit besonderen sozialen Schwierigkeiten (ZBS) sind in Niedersachsen drei Kältebusse im Einsatz: In Leer gibt es erstmalig seit November 2019 einen Kältebus, der neben Gesprächs- und Beratungsangeboten Tee, Decken usw. für wohnungslose Menschen bereithält. Das Angebot ist spendenfinanziert und wird gemeinsam vom DRK Leer und der evangelisch-reformierten Kirche organisiert . Der Bus befährt den gesamten Landkreis Leer. In Oldenburg unterhält die Johanniter Unfallhilfe einen Kältebus, der rund um den Bahnhof am Wochenende Suppe, Heißgetränke und Kleidung an wohnungslose Menschen verteilt. Die Winternothilfe beginnt in der Stadt Hannover am 01.11. Im Wechsel schicken Johanniter, Caritas und Malteser derzeit täglich von montags bis freitags Kältebusse durch die Stadt. Sie bieten Suppe und Heißgetränke an und verteilen Decken / Schlafsäcke. Im Weiteren siehe Antwort zu Frage 3. 11. Welche U-Bahn-Stationen in Niedersachsen sind offiziell für Obdachlose zum Schlafen freigegeben? In Niedersachsen gibt es nur in Hannover ein U-Bahn-Netz. Dort hat die ÜSTRA in der Vergangenheit bei entsprechenden Witterungsverhältnissen die zentrale U-Bahn-Station „Kröpcke“ geöffnet, wo wohnungs- und obdachlose Menschen übernachten konnten. (Verteilt am 04.12.2019) Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LTmit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Sylvia Bruns, Susanne Victoria Schütz und Björn Försterling (FDP) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung namens der Landesregierung Der Winter kommt - Umgang mit Obdachlosigkeit