Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/5247 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Meta Janssen-Kucz (GRÜNE) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung namens der Landesregierung Gibt es eine systematische Erstellung unrichtiger Gesundheitszeugnisse zulasten von Gewaltopfern in Niedersachsen? Anfrage der Abgeordneten Meta Janssen-Kucz (GRÜNE), eingegangen am 30.10.2019 - Drs. 18/4986 an die Staatskanzlei übersandt am 04.11.2019 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung namens der Landesregierung vom 02.12.2019 Vorbemerkung der Abgeordneten Auf „open Portal - Das offene PR-Portal“ wurde Ende April ein Artikel veröffentlicht (https://www.openpr.de/news/1045687.html), der über einen Beamten der niedersächsischen Landesverwaltung berichtete. Nach der Aussage des Beamten sollen Sozialbehörden und Gerichte der Länder Niedersachsen und Bremen seit mehreren Jahren „zwecks Haushaltsentlastung regelmäßig korrupte ärztliche Gutachter gegen schwerbehinderte Menschen und traumatisierte Gewaltopfer zulasten ihrer existenzsichernden Ansprüche auf Leistungen wie Berufsschadensausgleich und Opferentschädigung “ beauftragen. Zwischenzeitlich ist offensichtlich auch eine Petition beim Niedersächsischen Landtag eingereicht worden (http://chng.it/cKzsVbDSnC). 1. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über eine systematische Erstellung unrichtiger Gesundheitszeugnisse im Auftrag von Sozialbehörden und Gerichten? Die Landesregierung hat keinerlei Erkenntnisse darüber, dass es zu einer systematischen Erstellung unrichtiger Gesundheitszeugnisse im Auftrag von Sozialbehörden und Gerichten gekommen ist. 2. Nach welcher Regel und welchem Modus werden Gutachter im außergerichtlichen und gerichtlichen Verfahren aus Berufsschadensausgleich und Opferentschädigung ausgewählt ? Gutachterinnen und Gutachter werden im außergerichtlichen Verfahren vom Landesamt für Soziales , Jugend und Familie (LS) zunächst nach ihrem Fachgebiet ausgewählt, je nach geltend gemachter Gesundheitsstörung. Die weitere Auswahl erfolgt dann danach, wo die Antragstellerin oder der Antragsteller wohnt, um ihm oder ihr eine weite Anfahrt zu ersparen. Es wird auch darauf Rücksicht genommen, ob beispielsweise ausdrücklich eine weibliche Gutachterin gewünscht wurde. Weiterhin wird geprüft, wie viele Aufträge der oder die Betreffende bereits erhalten hat, damit die Bearbeitungszeiten nicht zu lange dauern. Mit der Begutachtung von gesundheitlichen Schädigungsfolgen werden nur Ärztinnen und Ärzte betraut , die eine besondere Ausbildung und Erfahrung in der Erstellung versorgungsärztlicher Gutachten haben. Sie verfügen über besondere Kenntnisse, über ursächliche Faktoren von Gesundheitsstörungen , über die Auswirkungen von Behinderungen und über die für die Begutachtung wichtigen rechtlichen und versorgungsmedizinischen Anforderungen. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/5247 2 Die Ärztinnen und Ärzte erstatten unabhängig vom Auftraggeber neutrale wissenschaftliche Gutachten nach den geltenden Bestimmungen, wie hier der Versorgungsmedizin-Verordnung. Zielvorgaben an die Gutachterinnen und Gutachter gibt es nicht. Vorgenanntes gilt im gerichtlichen Verfahren in gleicher Weise. Die Auswahl einer geeigneten Gutachterin bzw. eines Gutachters erfolgt durch das jeweilige Gericht unter Beachtung der maßgeblichen gerichtlichen Verfahrensvorschriften. Auswahlkriterien sind insbesondere die notwendige Fachkompetenz und die Unparteilichkeit der Sachverständigen. Im sozialgerichtlichen Verfahren gibt es zudem die Möglichkeit, dass eine bestimmte Ärztin bzw. ein bestimmter Arzt auf Antrag eines Klägers gehört werden muss (Gutachten nach § 109 SGG). Zu betonen ist, dass eine Gutachterin oder ein Gutachter, die oder der bereits für die Voruntersuchung im LS beauftragt wurde, nicht für den identischen Fall vom Gericht bestellt wird. Soweit Antragstellende mit der Entscheidung des LS nicht einverstanden sind, wird das Gericht, wenn es eine weitere medizinische Beweiserhebung für erforderlich hält, immer eine andere Gutachterin oder einen anderen Gutachter mit der Begutachtung im gerichtlichen Verfahren beauftragen. 3. Wie kann die Landesregierung ohne jeden Zweifel ausschließen, dass bei den betreffenden Sozialbehörden keine „korrupten ärztlichen Gutachter gegen schwerbehinderte Menschen und traumatisierte Gewaltopfer zulasten ihrer existenzsichernden Ansprüche auf Leistungen“ ausgewählt wurden? Die in der Vorbemerkung in Bezug genommenen Artikel unterstellen als korrumpierende Handlung eine unlautere, abgestimmte Einflussnahme von Verwaltungsbehörden und Gerichten auf ärztliche Gutachterinnen und Gutachter mit dem Ziel der Haushaltsentlastung. Durch das in der Antwort zu Frage 2 beschriebene Auswahlverfahren ist eine darauf gerichtete Bevorzugung bestimmter Gutachterinnen und Gutachter hinreichend sicher ausgeschlossen. Der implizite Vorwurf geht auch deshalb fehl, weil der Bund dem LS gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 des Gesetzes über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten 40 % seiner Geldleistungen erstattet und die im Übrigen unabhängige Gerichtsbarkeit in keiner Weise von einer unterstellten Haushaltsentlastung der Sozialbehörden profitieren würde. Die Landesregierung hat auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass es zu einer solchen Einflussnahme von Behörden und Gerichten auf ärztliche Gutachterinnen und Gutachter gekommen ist. (Verteilt am 05.12.2019) Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LTmit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Meta Janssen-Kucz (GRÜNE) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung namens der Landesregierung Gibt es eine systematische Erstellung unrichtiger Gesundheitszeugnisse zulasten von Gewaltopfern in Niedersachsen?