Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/5265 1 Große Anfrage mit Antwort der Landesregierung Große Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung Umsetzung der Handlungsvorschläge des NSU-Untersuchungsausschusses des Bundestages und der Länder und Erkenntnisstand über mögliche Verbindungen des NSU nach Niedersachsen Große Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, eingegangen am 04.07.2019 - Drs. 18/4130 an die Staatskanzlei übersandt am 11.07.2019 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung Vorbemerkung der Fraktion Das NSU-Trio um Beate Zschäpe hat zwischen 2000 und 2007 zehn Morde begangen und weitere schwere Straftaten verübt, darunter Bombenanschläge und Banküberfälle. Unter den Mordopfern waren vorwiegend Menschen mit Migrationshintergrund. Am 8. November stellte sich Zschäpe der Polizei in Jena, nachdem sich vier Tage vorher Mundlos und Böhnhardt erschossen hatten. Ein misslungener Banküberfall vom 4. September 2011 in Eisenach (Thüringen) hatte das zufällige Aufdecken des Nationalsozialistischen Untergrundes (NSU) zur Folge. Auf ihrer Flucht soll Beate Zschäpe einige Zeit in Niedersachsen verbracht haben, auch soll sie bereits vorher mehrere Fahrten in die Lüneburger Heide unternommen haben. Nach ihrer Festnahme wurden im zuletzt durch den NSU bewohnten Haus Stadtpläne von Braunschweig, Salzgitter und Göttingen gefunden, auf denen mehrere Objekte farblich gekennzeichnet waren. Es ist bis heute nicht abschließend geklärt, in welchem Umfang diese Objekte vom NSU als mögliche Anschlagsziele betrachtet wurden. Hierbei handelt es sich um 584 Datensätze, hauptsächlich bestehend aus niedersächsischen Adressen, darunter elf Abgeordnete der 17. Wahlperiode, und Moscheen. Auch nach den Urteilen des OLG München vor einem Jahr gegen Beate Zschäpe und andere bleiben viele Fragen offen. Ebenso wurde Holger G. aus Jena, der viele Jahre in Lauenau bei Hannover wohnte, in München wegen der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung zu drei Jahren Haft verurteilt. Holger G. agierte von Niedersachsen aus für den NSU, die Mitglieder kannte er aus Jugendtagen, obwohl er beteuert, sich seit 2004 aus der rechtsextremistischen Szene zurückgezogen zu haben. Nachweislich hat er die Rechtsextremisten Böhnhardt, Zschäpe und Mundlos mit Geld und Ausweisen versorgt, ebenso hat er ihnen eine Waffe besorgt und diese für das Trio von Jena nach Zwickau transportiert. Holger G. hatte auch Kontakt zu Thorsten H., einem niedersächsischen Rechtsrock-Produzenten und Organisator mehrerer rechtsextremer Aufmärsche. Der mehrfach vorbestrafte Thorsten H. organisiert auf einem Landgut in Fretterode (Thüringen) in der Nähe von Göttingen immer wieder rechtsextreme Veranstaltungen. In deren Umfeld wurden bereits Journalistinnen und Journalisten tätlich angegriffen. Die Verbindungen des Trios nach Niedersachsen sind immer noch nicht vollständig aufgeklärt, obwohl die Aufdeckung des NSU bereits Jahre zurückliegt und erste Gerichtsurteile diesbezüglich ausgesprochen wurden. Dies wirft die Frage nach den Helferstrukturen des NSU sowie die Frage auf, in welcher Weise Maßnahmen zu ihrer Bekämpfung und Eindämmung veranlasst wurden. Beispielhaft zeigt sich dies in der unaufgeklärten Verbindung von Daniel G. zu dem Trio. Daniel G. hat 2010 Bekanntheit durch die Veröffentlichung des „Döner-Killer“-Songs erlangt, in dem die Gewalttaten des NSU verherrlicht und weitere Taten gefordert werden. Obwohl durch das Gerichtsurteil und die Bundesanwaltschaft das Bild eines Trios mit nur wenigen Unterstützerinnen und Unterstützern gezeichnet wird, gehen Beobachter davon aus, dass der NSU über 100 Kontakte hatte, die bei der Unterbringung und Vorbereitung der Taten unterstützend tätig waren. Dieses weitverzweigte Netz reicht bis nach Niedersachen, besonders zu dem verbotenen Unkorrigierter Vorabdruck Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/5265 2 Blood & Honour-Netzwerk mit seinem Konzept des „führungslosen Widerstandes“. Es gab dem NSU Rückhalt und Unterstützung. Aus Recherchen von NSU-Watch geht hervor, dass ohne Blood & Honour der NSU nicht in dieser Form entstanden wäre und hätte agieren können. 2013 stellte der zweite NSU-Untersuchungsausschuss des Bundes in seinen Schlussfolgerungen fest, dass eine Reihe von Korrekturen und Reformen bei Polizei, Verfassungsschutz und Justiz notwendig sei. Unterstützt wird dies von den Abschlussberichten der Untersuchungsausschüsse mehrerer Landtage. Während des Ermittlungsverfahrens war Versagen mehrerer Sicherheits- und Justizbehörden festgestellt worden. Die abgegebenen Empfehlungen richten sich grundsätzlich an alle Sicherheits- und Justizbehörden in Deutschland. Deshalb wird mit dieser Großen Anfrage der Stand der Umsetzung der Empfehlungen in Niedersachsen abgefragt. Hinzu kommen immer noch ungeklärte Altfälle von Straftaten, die möglicherweise einen Bezug zum NSU oder zu Politisch motivierter Kriminalität (PMK) -rechts- aufweisen. Der Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke (CDU) durch einen nach derzeitigem Erkenntnisstand rechtsextremen Täter hat die Aktualität des Themas verdeutlicht. Mögliche Verbindungen nach Niedersachsen sind bereits Gegenstand der Kleinen Anfrage mit dem Titel „Reaktionen und Konsequenzen aus dem Mordfall Lübcke in Braunschweig“. Vorbemerkung der Landesregierung Die niedersächsischen Sicherheitsbehörden gehen mit einer differenzierten Strategie aus präventiven und repressiven Maßnahmen gegen den Rechtsextremismus in Niedersachsen vor. Das Ziel der Landesregierung ist es, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln der Gefahr von Rechtsextremismus zu begegnen. Geprägt ist die Bearbeitung des Rechtsextremismus auch durch die Erfahrungen aus dem NSU-Komplex und die Berücksichtigung der Handlungsempfehlungen der Bund-Länder-Kommission Rechtsextremismus vom 30. April 2013, die Abschlussberichte der Untersuchungsausschüsse und die Beschlüsse und Berichte der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder zum Thema Neuausrichtung des Verfassungsschutzes. Neben strafrechtlichen Ermittlungen waren bisher zwei Untersuchungsausschüsse des Bundestages sowie mehrere Untersuchungsausschüsse verschiedener Bundesländer mit der Aufarbeitung des NSU-Komplexes befasst. Zuletzt veröffentlichte am 30.09.2019 der zweite Thüringer Untersuchungsausschuss seinen Abschlussbericht. Diesbezüglich übermittelten die niedersächsischen Sicherheitsbehörden vorliegende Erkenntnisse nach Maßgabe der Beweisbeschlüsse und der jeweiligen Verfahrensrichtlinien an die Untersuchungsausschüsse. Durch die dabei angewandte transparente Vorgehensweise, d.h. in jedem Einzelfall vorgenommene Prüfung einer möglichen Herabstufung und Freigabe der Informationen, wurde aktiv an der Aufarbeitung mitgewirkt. Nach Abschluss des Gerichtsverfahrens gegen Beate Zschäpe und andere sowie der diversen auf Bundes- und Landesebene tätigen Untersuchungsausschüsse lässt sich festhalten, dass weiterhin keine über Mutmaßungen („gehen Beobachter davon aus, dass der NSU über 100 Kontakte hatte, die bei der Unterbringung und Vorbereitung der Taten unterstützend tätig waren.“) hinausgehende konkreten Erkenntnisse angefallen sind, die die Existenz eines sich hinter dem NSU vermeintlich verbergenden und bislang nicht entdeckten Netzwerkes oder eine Unterstützung bzw. Beteiligung von weiteren Personen oder Strukturen aus Niedersachsen an den Verbrechen des NSU belegen könnten. Die Beantwortung von Anfragen von Mitgliedern des Landtags hat die Landesregierung gemäß Artikel 24 Niedersächsische Verfassung nach bestem Wissen vollständig vorzunehmen. Diesem Verlangen braucht die Landesregierung gemäß Art. 24 Abs. 3 NV nicht zu entsprechen, soweit zu befürchten ist, dass durch das Bekanntwerden von Tatsachen dem Wohl des Landes Nachteile zugefügt oder schutzwürdige Interessen Dritter verletzt werden. Die Ausnahmetatbestände zur grundsätzlichen Auskunftspflicht werden jedoch eingeschränkt, wenn Landesregierung und Parlament geeignete Vorkehrungen für den Geheimhaltungsschutz treffen. Unter Anlegung dieser Maßstäbe können einige Fragestellungen nicht öffentlich beantwortet werden, weil die entsprechenden Erkenntnisse dem Verschlusssachenschutz der Verschluss- Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/5265 3 sachenanweisung (VS-Anweisung/VSA) für das Land Niedersachsen unterliegen. Darüber hinaus ist insbesondere bei Fragestellungen zu einzelnen Personen zu befürchten, dass schutzwürdige Interessen Dritter verletzt werden. In diesen Fällen bietet die Landesregierung eine Unterrichtung in vertraulicher Sitzung im Ausschuss für Angelegenheiten des Verfassungsschutzes an. Abschließend ist ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass die Beantwortung der Großen Anfrage auf der Basis der in den Polizeibehörden und beim Verfassungsschutz vorhandenen Daten erfolgt. Das im Juni 2011 verhängte „Löschmoratorium“ der mit dem NSU-Komplex in Zusammenhang stehenden Unterlagen ist im September 2017 aufgehoben worden. Die Aussonderung von Unterlagen und Löschung personenbezogener Daten erfolgt seitdem wieder unter Anwendung der gültigen gesetzlichen Grundlagen, insbesondere vorgegebener Speicherfristen. I. Ermittlungsstand zu NSU Verbindungen nach Niedersachsen 1. Gibt es noch laufende staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren mit Bezügen zum NSU in Niedersachsen? Bei den niedersächsischen Staatsanwaltschaften und Generalstaatsanwaltschaften sind aktuell keine Ermittlungsverfahren mit Bezügen zum NSU anhängig. 2. War oder ist Holger G. V-Mann einer niedersächsischen Sicherheitsbehörde? Diese Frage wurde bereits beantwortet, siehe LT-Drucksache 17/2225, Frage 5. Holger G. war und ist keine Vertrauensperson der niedersächsischen Sicherheitsbehörden gewesen. 3. Wie viele weitere V-Leute niedersächsischer Sicherheitsbehörden gab es im Umfeld des NSU? Hierzu wird auf die Vorbemerkung verwiesen. Eine Unterrichtung kann in vertraulicher Sitzung des Ausschusses für Angelegenheiten des Verfassungsschutzes angeboten werden. 4. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über Kontakte und Aufenthaltsorte von Beate Zschäpe während ihrer Flucht ab November 2011 nach Niedersachsen? Im Rahmen der Ermittlungen durch die Besondere Aufbauorganisation (BAO) „Trio“ im Bundeskriminalamt wurde bei Beate Zschäpe am 08.11.2011 ein "Schönes - Wochenende - Ticket" aufgefunden. Dem Ausdruck zufolge wurde das Ticket 03:48 Uhr am Bremer Hauptbahnhof gelöst. Auf dem Ticket sind drei Stempel erkennbar. Einer dieser Stempelaufdrucke auf dem Zugticket wurde während einer Zugfahrt von Bremen Hauptbahnhof nach Hannover vergeben. Der Zug fuhr um 04:19 Uhr in Bremen ab und kam mit 17 Minuten Verspätung um 05:55 Uhr in Hannover Hauptbahnhof an. Der zweite Stempel wurde im Zug zwischen Uelzen und Magdeburg vergeben. Dieser Zug fuhr in Uelzen um 15:02 Uhr ab und kam um 16:51 Uhr ohne Verspätung in Magdeburg an. Die Ermittlungen des Bundeskriminalamts haben weiter ergeben, dass Beate Zschäpe einen der stündlich fahrenden Züge von Hannover nach Uelzen (die Fahrzeit betrug jeweils 0:57 Minuten) genommen haben könnte. Daraus folgernd ergibt sich ein potentieller mehrstündiger Aufenthalt in Uelzen. Bei der Polizei Niedersachsen liegen keine Erkenntnisse darüber vor, wie Beate Zschäpe nach Uelzen gekommen ist und was der Grund des Aufenthalts in Uelzen gewesen sein könnte. Darüber hinaus teilte Beate Zschäpe am 09.11.2011 im Anschluss an ihre Vernehmung durch die BAO „Trio“ den Vernehmungsbeamten mit, dass sie während der letzten Tage unter anderem in Braunschweig gewesen wäre. Eine Bestätigung dafür liegt der Polizei Niedersachsen nicht vor. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/5265 4 Weitere Hinweise zu möglichen Aufenthaltsorten in Niedersachsen sind den Sicherheitsbehörden in Niedersachsen nicht bekannt. 5. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über weitere Unterstützer des NSU aus Niedersachsen? Den Sicherheitsbehörden liegen Erkenntnisse zu Holger G. wegen der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung vor. Er ist der einzige Beschuldigte im NSU-Verfahren mit Wohnsitz in Niedersachsen. Die Erkenntnisse basieren auf den Ermittlungen der BAO „Trio“ des Bundeskriminalamtes und der BAO „Rex“ im Landeskriminalamt Niedersachsen. 6. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über die Gründe, die Holger G. zu einem Umzug nach Niedersachsen veranlasst haben? Nach Erkenntnissen der Landesregierung ist Holger G. berufsbedingt nach Niedersachsen umgezogen. 7. Welche Konzerte, Unterstützungsveranstaltungen oder ähnliche Aktionen gab es bis 2011 in Niedersachsen, um Geld für den NSU zu sammeln? Der Landesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 8. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über Finanzquellen des NSU in Niedersachsen? Nach Erkenntnissen der Landesregierung hat Holger G. Ende der 90er Jahre einen vierstelligen Geldbetrag an Ralf W. gezahlt. Eine weitergehende Unterrichtung kann in vertraulicher Sitzung des Ausschusses für Angelegenheiten des Verfassungsschutzes angeboten werden. 9. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung darüber, ob Holger G. in die Planung von Straftaten des NSU in Niedersachsen verwickelt war? Der Landesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 10. Hat sich Holger G. zu irgendeinem Zeitpunkt in einem niedersächsischen Zeugenschutzprogramm befunden? Holger G. hat sich zu keinem Zeitpunkt in einem niedersächsischen Zeugenschutzprogramm befunden. 11. Hat der niedersächsische Verfassungsschutz Holger G. beobachtet? Wenn ja, welche Erkenntnisse erlangte er dadurch? Zum Zeitpunkt des Bekanntwerdens des NSU am 04.11.2011 lagen dem Niedersächsischen Verfassungsschutz zu Holger G. keine Erkenntnisse (mehr) vor. Im Zusammenhang mit der Aufarbeitung des NSU-Komplexes und der vorgenommenen Sachaktenrecherche (siehe hierzu Beantwortung der Frage 18) konnte rekonstruiert werden, dass im Rahmen der Beobachtung der rechtsextremistischen Szene ab dem Jahr 1999 Erkenntnisse zu Holger G. gewonnen und gespeichert wurden. Insoweit wird auch auf die Beantwortung in der LT Drucksache 17/2225 verwiesen. Holger G. stand demnach zwar mit Personen in Kontakt, die in Gruppierungen der organisierten neonazistischen Szene in Hannover aktiv waren. Aus den im Rahmen der Sachaktenrecherche nochmals untersuchten Vorgängen wurde jedoch ebenso ersichtlich, dass zu keinem Zeitpunkt Hinweise auf eine Mitgliedschaft bzw. enge Einbindung von Holger G. in bestehende Strukturen oder Organisationen der hannoverschen bzw. überregionalen Szene anfielen. Insbesondere konnten keine Erkenntnisse festgestellt werden, dass Holger G. der Kameradschaft Verena oder der Kameradschaft 77 zugehörig war. Es liegen auch keine Erkenntnisse dafür vor, dass Holger G. Mitglied des Stammtischs Nationaler Kräfte war. Schließlich Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/5265 5 fanden sich in den Akten auch keine Hinweise auf Verbindungen von Holger G. zu Blood & Honour. Auch zum jetzigen Zeitpunkt liegen nach der Durchsicht der relevanten Akten keine Anhaltspunkte dafür vor, dass Holger G. seinerzeit eine führende Funktion in der rechtsextremistischen Szene in Niedersachsen inne hatte, vielmehr belegen die Erkenntnisse, dass Holger G. eher die Rolle eines Mitläufers zukam. Die vorgenommene Sachaktenrecherche erbrachte zudem keine Hinweise auf ein dem Verfassungsschutz Niedersachsen bislang nicht bekanntes Personenpotential bzw. auf bislang nicht bekannte Strukturen oder Netzwerke. Über weitergehende Erkenntnisse kann in vertraulicher Sitzung des Ausschusses für Angelegenheiten des Verfassungsschutzes unterrichtet werden 12. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über Treffen von Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe mit Holger G. in Niedersachsen (bitte nach Ort, Datum und, falls bekannt, Zweck des Treffens auflisten)? Im Rahmen der Ermittlungen des Bundeskriminalamtes ist bekannt geworden, dass Holger G. mit dem Trio freundschaftlich verbunden war und es nach dem Abtauchen in den Untergrund unterstützt hat. Es gab diverse Treffen in Niedersachsen, die von hier aber nicht konkret datiert werden können. Bei diesen Treffen stellte G. Ausweispapiere für die Flucht zur Verfügung. Seit 2006 soll sich Holger G. einmal jährlich mit dem Trio getroffen haben: 2006/2007 Treffen in der Wohnung des Holger G. in Hannover; 2008 in Hannover am Kröpcke; 2009 auf einem Autohof in Lauenau; 2010/2011 Treffen in der Wohnung des Holger G. in Lauenau. 13. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über vergangene und heutige Kontakte von Holger G. zur niedersächsischen Nazi- bzw. Rechtsextremismusszene? Eine ähnlich lautende Frage wurde bereits mit der LT-Drucksache 17/2225, Fragen 3 und 4 beantwortet. Derzufolge gehörte Holger G. nach seinem Umzug nach Niedersachsen im Jahr 1997 im Zeitraum 1999 bis 2005 der rechtsextremistischen Szene in der Region Hannover an und beteiligte sich in diesem Zeitraum mehrfach an Demonstrationen, Veranstaltungen und Konzerten der rechtsextremistischen Szene. Unter anderem nahm G. an der Hochzeitsfeier von Thorsten H. im Jahr 1999 teil. Im Rahmen der Ermittlungen zum NSU wurde bekannt, dass G. bei einer Konzertveranstaltung der rechtsextremistischen Szene am 16.07.2011 in Nienhagen/Sachsen- Anhalt teilgenommen hat. Erkenntnisse über eine nach Bekanntwerden des NSU bestehende Zugehörigkeit des G. zur rechtsextremistischen Szene in Niedersachsen liegen nicht vor. Neuere Erkenntnisse liegen der Landesregierung nicht vor. 14. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über Kontakte und Verbindungen des Thorsten H. zum NSU und dessen Umfeld? Zur Beantwortung wird auf die LT-Drucksache 17/2225, Fragen 16 und 17 verwiesen. Derzufolge verfügt Thorsten H. bedingt durch die langjährige Szenezugehörigkeit, größtenteils in führender Funktion, über weitreichende Verbindungen zu anderen Rechtsextremisten im In- und Ausland, u. a. zu unmittelbaren oder mittelbaren Kontaktpersonen des NSU. Am 12.06.1999 nahm G. an der Hochzeitsfeier von Thorsten H. teil. Darüber hinaus sollte G. für Ralf W. über Thorsten H. einen Kontakt zur Unterbringung der gesuchten Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe herstellen. Ein vermeintliches Treffen des G. mit Ralf W. im August 1999, welches durch den Verfassungsschutz observiert werden sollte, konnte jedoch nicht festgestellt werden. Nach einer Briefkartei der Justizvollzugsanstalt Wolfenbüttel standen Thorsten H. und Holger G. in den Jahren 2000 und 2001 in Briefkontakt. Dieser Briefwechsel wurde inhaltlich kontrolliert. Danach hat Thorsten H. achtmal Post von Holger G. erhalten (01.07.2000, 31.08.2000, 28.11.2000, 28.12.2000, 13.03.2001, 20.06.2001, 29.06.2001 und 20.09.2001) sowie sechsmal an Holger G. geschrieben (04.07.2000, 01.09.2000, 30.11.2000, 29.12.2000, 15.03.2001 und 29.06.2001). Aus den Akten ergeben sich keine Hinweise darauf, dass im Rahmen der Inhaltskontrolle dieses Schriftwechsels strafrechtlich relevante Informationen oder die Sicherheit der Justizvollzugsanstalt betreffende Belange Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/5265 6 festgestellt wurden. Ebenso wie Thorsten H., verfügt auch Ralf W. als langjähriger Angehöriger und Funktionär der rechtsextremistischen Szene mit Wohnsitz in Thüringen über zahlreiche Kontakte zu Rechtsextremisten im gesamten Bundesgebiet und somit auch zu Angehörigen der rechtsextremistischen Szene in Niedersachsen. Über die Kontakte zwischen Ralf W. und Holger G. hinaus liegen den niedersächsischen Sicherheitsbehörden keine Erkenntnisse über Verbindungen von Ralf W. zu weiteren niedersächsischen Rechtsextremisten im Kontext des NSU- Ermittlungskomplexes vor. Neuere Erkenntnisse liegen der Landesregierung nicht vor. 15. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über Kontakte von Holger G. zu Thorsten H.? Siehe Beantwortung der Frage 14. 16. Welche Kenntnis hat die Landesregierung darüber, ob Holger G. den Kontakt zu Thorsten H. herstellte, um eine Ausreise des NSU-Trios ins Ausland zu ermöglichen? Siehe Beantwortung der Frage 14. 17. Gibt es Erkenntnisse über Kontakte des Ralf W. zur niedersächsischen Nazi- bzw. Rechtsextremismusszene? Wenn ja, welche? Siehe Beantwortung der Frage 14. 18. In welcher Weise hat die Landesregierung Maßnahmen unternommen, um Kontakte des NSU zur niedersächsischen Sektion des „Blood & Honour“-Netzwerks aufzuklären? Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über entsprechende Verbindungen? Im Zusammenhang mit der Aufarbeitung des NSU-Komplexes, welche insbesondere auch der Unterstützung der Ermittlungs- und Strafverfolgungsbehörden diente, wurden im Rahmen einer Sachaktenrecherche beim Niedersächsischen Verfassungsschutz zu mehr als 40 Personen über 750 Sachakten seitenweise abgeglichen. Die positiven Aktenfunde wiederum wurden mit weiteren 138 Personen abgeglichen. Die Sachaktenrecherche für den Zeitraum 1990 bis 2011 umfasste u.a. 750 Akten in 565 Ordnern zu 25 Organisationen/Aktensachgebieten des Bereiches Rechtsextremismus und Rechtsterrorismus im Niedersächsischen Verfassungsschutz. Zu diesen Organisationen/Aktensachgebieten zählte auch die im Jahr 2000 verbotene Organisation Blood & Honour. Auch durch die Polizei sind intensive Ermittlungen durchgeführt worden. Kontakte des NSU zur niedersächsischen Sektion von Blood & Honour wurden bei diesen Recherchen und Ermittlungen nicht festgestellt. 19. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über den Wechsel ehemaliger „Blood & Honour“-Anhänger aus Niedersachsen zu anderen rechtsextremistischen Gruppierungen? Einzelne Angehörige der verbotenen Vereinigung Blood & Honour aus Niedersachsen sind nach Erkenntnissen des Niedersächsischen Verfassungsschutzes auch weiterhin in der rechtsextremistischen Szene aktiv. Diesbezüglich anfallende Erkenntnisse resultieren überwiegend aus der Beobachtung der neonazistischen Szene und der subkulturell geprägten rechtsextremistischen Szene sowie im Weiteren aus dem Kontext von Veranstaltungen rechtsextremistischer Parteien (NPD, Die Rechte). Eine eindeutige Zuordnung zu konkreten Gruppierungen ist nicht möglich. 20. Welche dieser Personen werden vom niedersächsischen Verfassungsschutz beobachtet? Auf die Vorbemerkung wird verwiesen. Eine Unterrichtung kann in vertraulicher Sitzung des Ausschusses für Angelegenheiten des Verfassungsschutzes angeboten werden. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/5265 7 21. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung darüber, ob sich unter ehemaligen „Blood & Honour“-Anhängern V-Männer des Verfassungsschutzes oder der niedersächsischen Polizei befanden? Hierzu wird auf die Vorbemerkung verwiesen. Eine Unterrichtung kann in vertraulicher Sitzung des Ausschusses für Angelegenheiten des Verfassungsschutzes angeboten werden. 22. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über Verbindungen der niedersächsischen „Blood & Honour“-Sektion nach Chemnitz, zum deutschen Zentrum des „Blood & Honour“? Aufgrund nachrichtendienstlicher Erfahrung ist davon auszugehen, dass bis zum Verbot von Blood & Honour im September 2000 organisatorische Kontakten zwischen einzelnen Sektionen bestanden. Daher ist anzunehmen, dass hieraus resultierende persönliche Kontakte auch nach dem Verbot Bestand hatten. Darüber hinaus liegen der Landesregierung hierzu keine Erkenntnisse vor. 23. Welche Erkenntnis hat die Landesregierung darüber, ob niedersächsische „Blood & Honour“-Mitglieder den Mitgliedern des NSU während ihrer Zeit im Untergrund Zuflucht oder Unterstützung gewährt haben? Der Landesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 24. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über Geldflüsse von „Blood & Honour“ zum NSU? Der Landesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 25. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über Verbindungen von Maik E. zu „Blood & Honour“ im Raum Hildesheim? Hierzu wird auf die Vorbemerkung verwiesen. Eine Unterrichtung kann in vertraulicher Sitzung des Ausschusses für Angelegenheiten des Verfassungsschutzes angeboten werden. 26. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung während der Beobachtung von Maik E. durch den Verfassungsschutz erlangt? Hierzu wird auf die Vorbemerkung verwiesen. Eine Unterrichtung kann in vertraulicher Sitzung des Ausschusses für Angelegenheiten des Verfassungsschutzes angeboten werden. 27. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung zu Verbindungen von Maik E. zum NSU und zu dessen Helfer Holger G.? Hierzu wird auf die Vorbemerkung verwiesen. Eine Unterrichtung kann in vertraulicher Sitzung des Ausschusses für Angelegenheiten des Verfassungsschutzes angeboten werden. 28. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über die Verbindung von André E. nach Niedersachsen? Eine Unterrichtung kann in vertraulicher Sitzung des Ausschusses für Angelegenheiten des Verfassungsschutzes angeboten werden. 29. Was hat die Landesregierung unternommen, um eine Aufklärung der Bedeutung der Markierungen auf den Stadtplänen der Städte Göttingen, Braunschweig und Salzgitter voranzutreiben und abzuschließen? Dem Landeskriminalamt Niedersachsen wurden vom ermittlungsführenden Bundeskriminalamt Kartenmaterial und Adresslisten übermittelt, die im Brandschutt des Wohnobjekts in Zwickau Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/5265 8 sichergestellt wurden. Diese Unterlagen, die für die niedersächsischen Städte Braunschweig, Göttingen und Osnabrück Markierungen enthielten, gehörten zu einer Vielzahl gleichartig aufgefundener Stadtpläne von Städten in anderen Bundesländern. Auf den sichergestellten Kartenausschnitten und Adresslisten befanden sich Hinweise in Form von Markierungen und handschriftlichen Eintragungen sowie Notizen, welche möglicherweise zu Ausspähzwecken dienen sollten. Im Rahmen der dazu im Landeskriminalamt Niedersachsen durchgeführten Ermittlungen konnten keine Relevanzen zu schon bekannten Tatörtlichkeiten des NSU festgestellt werden. 30. Welche Maßnahmen hat die Landesregierung unternommen, um abschließend zu klären, ob die oben erwähnten Markierungen für Anschlagsvorbereitungen bestimmt waren? Wenn nicht, welchen Zweck sieht die Landesregierung in diesen Markierungen? Siehe Beantwortung der Frage 29. 31. Was hat die Landesregierung unternommen, um den Umstand aufzuklären, ob sich das Trio in den Jahren des Untergrunds zeitweilig auf einem Campingplatz in Gifhorn aufhielt? Die Hinweise, dass sich das NSU-Trio im Jahr 2005 als Gäste auf Campingplätzen im Bereich Gifhorn aufgehalten haben soll, bestätigten sich im Rahmen der Ermittlungen nicht. Die Vernehmungen von Zeugen und weitere Ermittlungen ergaben, dass die „Initialzeugin“ ihre Beobachtung in das Jahr 2005 einordnete und die von ihr abgegebenen Personenbeschreibungen ganz erheblich vom tatsächlichen Aussehen der Triomitglieder abwichen. Im Übrigen wurden bis März 2012 auf Ersuchen des Bundeskriminalamts alle Campingplätze im Landkreis Gifhorn bezüglich eines Aufenthalts des NSU-Trios überprüft, ohne weitere Hinweise zu erlangen. 32. Was hat die Landesregierung unternommen, um die Umstände der Entstehung des Liedes von Daniel G. („Döner-Killer“) umfassend aufzuklären? Kann die Landesregierung ausschließen, dass es sich bei dem Lied um die Preisgabe von Täterwissen handelt? Zur Beantwortung wird auf die LT-Drucksache 17/2225, Frage 15 verwiesen. Derzufolge wurde Daniel G. in einem Strafverfahren im Jahr 2012 vorgeworfen, mit dem Text zu dem Lied „Dönerkiller“ die Mordserie des NSU zu verherrlichen, die Opfer zu verhöhnen und weitere Taten zu fordern. Vor dem Amtsgericht Meppen ließ G. zu diesem Vorwurf erklären, zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Tonträgers (2010), auf welchem das Lied enthalten ist, keine Kenntnisse über den NSU oder eine Beteiligung der Gruppierung an der Mordserie gehabt zu haben. Den niedersächsischen Sicherheitsbehörden liegen keine Erkenntnisse darüber vor, dass bei der Produktion bzw. Vertextung des Liedes andere als aus Presse, Funk und Fernsehen allgemeinverfügbare Informationen verwendet wurden bzw. mit denen sich die Aussagen des G. widerlegen ließen. Neuere Erkenntnisse liegen der Landesregierung nicht vor. 33. Stehen die ehemaligen Mitglieder der verbotenen Vereinigung „Besseres Hannover“ unter Beobachtung des Verfassungsschutzes? Im Rahmen der Beobachtung der rechtsextremistischen Szene in Niedersachsen durch den Niedersächsischen Verfassungsschutz werden auch Erkenntnisse zu Personen erlangt, die ehemals der Gruppierung „Besseres Hannover“ angehörten. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/5265 9 34. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über Verbindungen der Vereinigung „Besseres Hannover“ zum NSU? Auf mögliche Verbindungen der Vereinigung "Besseres Hannover" zum NSU wurde bereits mit der Regierungserklärung des damaligen Innenministers Uwe Schünemann in der 145. Plenarsitzung des Landtags vom 26.09.2012 eingegangen. Mit Datum vom 25.09.2012 wurde der Verein „Besseres Hannover“ verboten. „Besseres Hannover“ bekannte sich klar zum Nationalsozialismus und vertrat eine mit dem Grundgesetz unvereinbare Rassenlehre. Zudem verfügten etliche Mitglieder, insbesondere die Führungsebene, über vielfältige Beziehungen in die Neonaziszene. Sie haben an rechtsextremen Versammlungen und Aktionen im gesamten Bundesgebiet teilgenommen. Unmittelbar nach Bekanntwerden der Taten des NSU und der Verbindungen dieser Gruppe zu dem niedersächsischen Rechtsextremisten Holger G. haben die niedersächsischen Sicherheitsbehörden eine umfangreiche Aktenrecherche zu dieser Person und weiteren Personen im Zusammenhang mit dem NSU durchgeführt. Danach wurde bekannt, dass Holger G. seit seinem Umzug im Jahr 1997 nach Niedersachsen Kontakte zur rechtsextremen Szene in und um Hannover hatte. Dazu gehörten auch Kontakte zu Marc-Oliver M. und Denny S., beide Protagonisten der nunmehr verbotenen Vereinigung „Besseres Hannover“. Im Zusammenhang mit den Aktivitäten von „Besseres Hannover“ ist Holger G. jedoch nach vorliegenden Informationen nicht in Erscheinung getreten. Auch die zwischenzeitlich abgeschlossene Auswertung der im Rahmen der Durchsuchungsmaßnahmen sichergestellten Asservate erbrachte keine weiteren Erkenntnisse im Sinne der Fragestellung. 35. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über Kontakte und Verbindungen der Vereinigung „Besseres Hannover“ zu Holger G.? Holger G. wurde in der Zeit von 2003 bis 2005, wie auch Protagonisten der späteren Gruppierung „Freie Kräfte Hannover" und „Besseres Hannover" - insbesondere der Kopf der Organisation Marc- Oliver M. -, bei diversen Aktionen der rechten Szene festgestellt. Holger G. und Marc-Oliver M. haben nachweislich an einer Demonstration mit anschließendem Skinheadkonzert in Neumünster, an einem Konzert auf dem Gelände des MC „Hells Angels“ und an einem Skinheadkonzert in Neustadt/Rbge. teilgenommen. Holger G. wurde 2003 am Sammelpunkt in Langenhagen (Wiesenau) für die Abreise zur Rudolf- Heß-Gedenkveranstaltung in Wunsiedel im Kreis weiterer Rechtsextremisten festgestellt. Erkenntnisse über eine tatsächliche Teilnahme an der Veranstaltung liegen nicht vor. Zu dieser Gruppe gehörte auch der Protagonist der seinerzeit jedoch noch nicht existenten Gruppierung „Besseres Hannover", Marc-Oliver M. Darüber hinaus erschien am 10.05.2005 Holger G., u.a. mit Marc-Oliver M., in der Polizeiinspektion (PI) Garbsen und zeigte an, aus einem Demonstrationszug der linken Szene heraus in Garbsen u. a. mit Wurfgeschossen angegriffen worden zu sein. Nur in dem Fall der gemeinsamen Anzeigeerstattung am 10.05.2005 in der Wache der PI Garbsen kann ein direkter Kontakt zwischen dem Angehörigen der Gruppierung „Besseres Hannover" Marc- Oliver M. und Holger G. bestätigt werden. Darüber hinaus liegen der Polizei Niedersachsen keine Erkenntnisse vor, dass es bei den genannten Veranstaltungen der rechten Szene zu tatsächlichen Kontakten zwischen den o.g. späteren Angehörigen der Gruppierung „Besseres Hannover" und Holger G. gekommen ist. 36. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über Verbindungen von Marc-Oliver M., einem Anhänger von „Besseres Hannover“, und Holger G.? Siehe Beantwortung der Frage 34 und 35. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/5265 10 37. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über Verbindungen von „Besseres Hannover“ und der „Nationalen Offensive Schaumburg“ (NOS)? „Besseres Hannover“ trat erstmals im März 2010 öffentlich in Erscheinung. Zu diesem Zeitpunkt existierte die „Nationale Offensive Schaumburg“ bereits nicht mehr. Ungeachtet dessen waren an den Aktionen von „Besseres Hannover“ hin und wieder auch Angehörige der neonazistischen Szene aus dem Bereich Schaumburg und Ostwestfalen (u. a. „Nationale Sozialisten Bückeburg“) beteiligt. 38. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über Kontakte von Holger G., der bis zu seiner Verhaftung in Lauenau lebte, zur NOS? Im Zusammenhang mit seiner aktiven Zugehörigkeit zur rechtsextremistischen Szene in Hannover sind aufgrund gemeinsamer Teilnahmen an Veranstaltungen auch Kontakte zu Angehörigen der „Nationalen Offensive Schaumburg“ nicht auszuschließen. 39. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über Unterstützungsleistungen der NOS für den NSU? Der Landesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 40. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über die „Schule für Überlebenstraining“ von Johannes K.? Auf die Vorbemerkung wird verwiesen. Eine Unterrichtung kann in vertraulicher Sitzung des Ausschusses für Angelegenheiten des Verfassungsschutzes angeboten werden. 41. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung darüber, warum die Sicherheitsbehörden bei den Zusammenkünften der „Schule für Überlebenstraining“ nicht eingeschritten sind, obwohl Medien immer wieder über die Teilnahme von Neonazis an diesen Veranstaltungen berichtet haben? Den Sicherheitsbehörden lagen keine Erkenntnisse im Vorfeld der durchgeführten sogenannten „Trainings“ vor, die ein polizeiliches Einschreiten hätten ermöglichen können. Kenntnisse über diese „Trainings“ wurde über die nachträgliche mediale Berichterstattung erlangt. 42. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung darüber, welchem Zweck die Gründung dieser Schule diente? War es möglicherweise primäres Ziel, militanten Neonazis ein legales Dach für eine paramilitärische Ausbildung zu verschaffen und diese an scharfen Waffen üben zu lassen? Zur Beantwortung wird auf die LT-Drucksache 16/1448, Frage 5, und die 124. Plenarsitzung des Landtags, Anlage 57, hingewiesen. Derzufolge ist den niedersächsischen Sicherheitsbehörden bekannt, dass der Betreiber der am 9. April 2009 beim zuständigen Gewerbeamt abgemeldeten „Schule für Überlebenstraining“ ein ehemaliges Mitglied der verbotenen Gruppierung „Blood & Honour“ ist. Den niedersächsischen Sicherheitsbehörden sind Aktivitäten bekannt, die in der Öffentlichkeit als „Wehrsportaktivitäten“ wahrgenommen werden können. In deren Rahmen wurden auch sogenannte Durchschlageübungen angeboten. Solche Lehrgänge haben nach Erkenntnissen der niedersächsischen Sicherheitsbehörden am 28.06.2008 in der Nähe von Bad Münder sowie am 09.05.2009 in Hameln OT Unsen stattgefunden. Ein im Zusammenhang damit eingeleitetes Verfahren wegen des Verdachts auf Führen von Kriegswaffen wurde seitens der Staatsanwaltschaft Hannover gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/5265 11 43. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über Kontakte des Johannes K. zu André E., dem Angeklagten im NSU Prozess? Es wird auf die Vorbemerkung verwiesen. Eine Unterrichtung kann in vertraulicher Sitzung des Ausschusses für Angelegenheiten des Verfassungsschutzes angeboten werden. 44. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über ein Treffen der beiden in einem Hildesheimer Tattoostudio? Es wird auf die Vorbemerkung verwiesen. Eine Unterrichtung kann in vertraulicher Sitzung des Ausschusses für Angelegenheiten des Verfassungsschutzes angeboten werden. 45. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über die Verbindungen von Johannes K. zu den Hells Angels? Es wird auf die Vorbemerkung verwiesen. Eine Unterrichtung kann in vertraulicher Sitzung des Ausschusses für Angelegenheiten des Verfassungsschutzes angeboten werden. 46. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über die Verbindung von K. und Hannes F.? Es wird auf die Vorbemerkung verwiesen. Eine Unterrichtung kann in vertraulicher Sitzung des Ausschusses für Angelegenheiten des Verfassungsschutzes angeboten werden. 47. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über Kontakte von Johannes K. und Holger G.? Es wird auf die Vorbemerkung verwiesen. Eine Unterrichtung kann in vertraulicher Sitzung des Ausschusses für Angelegenheiten des Verfassungsschutzes angeboten werden. 48. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über Kontakte von Hannes F. und Holger G.? Es wird auf die Vorbemerkung verwiesen. Eine Unterrichtung kann in vertraulicher Sitzung des Ausschusses für Angelegenheiten des Verfassungsschutzes angeboten werden. 49. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über einen paramilitärischen Einsatz von K. in Südafrika in den 1990er-Jahren? Es wird auf die Vorbemerkung verwiesen. Eine Unterrichtung kann in vertraulicher Sitzung des Ausschusses für Angelegenheiten des Verfassungsschutzes angeboten werden. 50. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über Verbindungen von Johannes K. zu „Blood & Honour“? Es wird auf die Vorbemerkung verwiesen. Eine Unterrichtung kann in vertraulicher Sitzung des Ausschusses für Angelegenheiten des Verfassungsschutzes angeboten werden. 51. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über Verbindungen von Johannes K. zu „Combat 18“ aus Pinneberg? Es wird auf die Vorbemerkung verwiesen. Eine Unterrichtung kann in vertraulicher Sitzung des Ausschusses für Angelegenheiten des Verfassungsschutzes angeboten werden. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/5265 12 52. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über Verbindungen von Johannes K. zum NSU? Es wird auf die Vorbemerkung verwiesen. Eine Unterrichtung kann in vertraulicher Sitzung des Ausschusses für Angelegenheiten des Verfassungsschutzes angeboten werden. 53. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über das Ehepaar, von dem Zschäpe die Krankenkassen-Karte erhalten hat, und dessen Verbindungen zur rechtsextremistischen Szene? Das besagte Ehepaar trat als Zeuge im NSU-Verfahren auf. Hinweise auf Unterstützungsleistungen für das NSU-Trio haben sich nicht ergeben. Lediglich zum Ehemann liegen der Landesregierung Erkenntnisse im Zusammenhang mit seiner Zugehörigkeit zur rechtsextremistischen Szene vor. Er zählte zur damaligen rechtsextremistischen Kameradschaftsszene Hannover und nahm mit dem ihm persönlich bekannten Holger G. an verschiedenen privaten und rechtsextremistischen Veranstaltungen teil. Es wird auf die Vorbemerkung verwiesen. Eine weitergehende Unterrichtung kann in vertraulicher Sitzung des Ausschusses für Angelegenheiten des Verfassungsschutzes angeboten werden. 54. Was hat die Landesregierung unternommen, um die Hintergründe des Auftauchens eines verlorenen Personalausweises aus Braunschweig im Brandschutt des Hauses des NSU zu ermitteln? Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über den Inhaber des Ausweises, Ralf H.? Im Brandschutt des Zwickauer Hauses wurde ein Bundespersonalausweis (BPA) durch Tatortkräfte sichergestellt. Der BPA war bei der Stadt Braunschweig seit 2006 als „Abhanden durch Verlust“ vermerkt. Die Inhaberin wurde durch Beamte der Polizei Niedersachsen zeugenschaftlich zu den Umständen des Verlustes befragt. Ein Bezug zum NSU-Komplex wurde nicht festgestellt. Eine weitergehende Unterrichtung kann in vertraulicher Sitzung des Ausschusses für Angelegenheiten des Verfassungsschutzes angeboten werden. 55. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über Oliver-Gerd R., der sich 2007 in Braunschweig niederließ und zum Umfeld des „Freundeskreises Gefangenhilfe“ für Ralf W. gehört, und dessen Verbindungen zum NSU? Bei der „GefangenenHilfe.info“ handelt es sich um einen Verein, der inhaftierten Personen aus der rechtsextremistischen Szene und deren Angehörigen finanzielle Unterstützung anbietet. Der Landesregierung liegen Erkenntnisse über ein Seminar der „GefangenenHilfe.info“ im Bereich Gifhorn vor. Unter anderem wurden hierbei Solidaritätsaktionen festgestellt. Es wird auf die Vorbemerkung verwiesen. Eine Unterrichtung kann in vertraulicher Sitzung des Ausschusses für Angelegenheiten des Verfassungsschutzes angeboten werden. 56. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über Besuche niedersächsischer Neonazis bei Festen und Aufmärschen des „Thüringer Heimatschutzes“? Der Landesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 57. Hat die Landesregierung Erkenntnisse über weitere Straftaten in Niedersachsen, insbesondere Raubüberfälle, die möglicherweise vom NSU begangen worden sind und die bisher nicht dem NSU zugeordnet werden? Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/5265 13 Der Landesregierung sind keine Straftaten in Niedersachsen bekannt, die möglicherweise vom NSU begangen worden sind und bisher nicht dem NSU zugeordnet werden. 58. Welche Maßnahmen hat die Landesregierung getroffen, um zurückliegende ungelöste Sachverhalte, die einen Zusammenhang mit den Taten des NSU aufweisen könnten, erneut auf einen solchen Zusammenhang hin zu überprüfen? Bereits im Jahr 2011 hat das Landeskriminalamt Niedersachsen Recherchen über mögliche Tatbegehungen/-beteiligungen des NSU-Trios zu ungeklärten Straftaten in Niedersachsen durchgeführt. Durch Selektionen unter der Berücksichtigung bestimmter Kriterien zu Tätern/Tatmitteln/Vorgehensweisen/Zeiträumen konnten für Niedersachsen insgesamt 133 ungeklärte Raubstraftaten recherchiert werden. Im Anschluss wurden diese ungeklärten Taten einer intensiven Überprüfung unterzogen. Erkenntnisse, die auf eine Täterschaft des NSU-Trios hindeuten, haben sich nicht ergeben. Das am 15.11.2012 eröffnete Gemeinsame Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrum zur Bekämpfung des Rechtsextremismus/-terrorismus (GETZ-R) – vormals Gemeinsames Abwehrzentrum gegen Rechtsextremismus/-terrorismus (GAR) – unter der gemeinsamen Federführung des Bundesamtes für Verfassungsschutz und des Bundeskriminalamtes hat zum Ziel, die Fachkompetenz aller beteiligten Behörden zu bündeln und einen möglichst lückenlosen und schnellen Informationsfluss sicherzustellen. Das GETZ-R ist eine Kooperations- und Kommunikationsplattform und setzt sich zusammen aus der Polizeilichen und der Nachrichtendienstlichen Informations- und Analysestelle (PIAS und NIAS). Dabei werden in einem Aufgabenblock u.a. Kooperationsformen entwickelt, die in herausragenden Fällen von ungeklärten Gewaltdelikten mit denkbarem Hintergrund politisch motivierter Kriminalität - rechts- im Einvernehmen zwischen dem Bundeskriminalamt und dem jeweils örtlich zuständigen Landeskriminalamt eine unmittelbare Informationserhebung mit der zuständigen Ermittlungsbehörde in einem frühen Stadium der Ermittlungen gewährleisten, um mögliche Bezüge zu rechtsterroristischen oder rechtsextremistischen Strukturen erkennen zu können. Neben dieser unmittelbaren Informationserhebung zu aktuellen Vorgängen ist auch eine systematische Datenerfassung und -auswertung von bislang ungeklärten Fällen der allgemeinen Gewaltkriminalität erfolgt, die bislang nicht der politisch motivierten Kriminalität -rechts- zugeordnet wurden. Ziel ist es, im Kontext zu anderen Taten oder im Rahmen neuer Ermittlungsansätze Hinweise auf einen etwaigen rechtsextremistischen/-terroristischen Hintergrund zu erlangen. Innerhalb des GETZ-R steht hierfür die Einrichtung der Arbeitsgruppe Fallanalyse zur Verfügung, welche sich mit der Analyse bisher unaufgeklärter Sachverhalte beschäftigt. Auf Grundlage eines Rasters wurden recherchefähige Daten von Fällen erhoben, die seitens der zuständigen örtlichen Dienststelle bislang nicht als politisch motivierte Kriminalität -rechtseingestuft wurden bzw. bei denen ein solcher Bezug nicht eindeutig festgestellt wurde und somit dem Bundeskriminalamt auch nicht im Rahmen des Kriminalpolizeilichen Meldedienstes gemeldet wurden. Diese Falldaten wurden in einer zentralen Auswertedatei im Bundeskriminalamt erfasst. Das Erhebungsraster orientierte sich dabei an einem Straftatenkatalog, der insbesondere Gewaltdelikte mit denkbarem Hintergrund der politisch motivierten Kriminalität -rechtsberücksichtigte , sowie opferbezogene Indikatoren. Der Straftatenkatalog umfasste Tötungs-, Brandund Sprengstoffdelikte, Waffen-/Sprengstofffunde, Vereinigungsdelikte sowie Raubüberfälle auf Geldinstitute als mögliche Logistiktat. In der ersten Phase wurden recherchefähige Daten zu ungeklärten Tötungsdelikten in Niedersachsen der Jahre 1990 bis 2011 nach bundesweitem Muster durch das Landeskriminalamt Niedersachsen erhoben und dem Bundeskriminalamt übersandt. In keinem der ausgewerteten Fälle haben sich Anhaltspunkte auf einen rechtsextremistischen/- terroristischen Hintergrund ergeben haben. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/5265 14 Ein Zusammenhang mit den Straftaten des NSU wurde im Rahmen der Auswertung ebenso nicht festgestellt. 59. Gegen wie viele Personen mit letztem bekanntem Wohn- oder Aufenthaltsort Niedersachsen aus dem extremistischen rechten Spektrum liegen momentan offene Haftbefehle vor (bitte aufschlüsseln nach PMK-Delikten, Gewaltdelikten, Gewaltdelikten PMK, anderen Delikten; Haftbefehlen nach nicht-strafrechtlichen Vorschriften; Mehrfachnennungen bitte ausweisen)? Bei insgesamt zehn Personen mit letztem bekannten Wohn- oder Aufenthaltsort in Niedersachsen und politisch motivierter Kriminalität -rechts- Einstufung liegen momentan 14 offene Haftbefehle vor (Stand: August 2019). PMK 1 Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen Gewalt 2 Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte PMK-Gewalt 0 andere Delikte 9 Betrug (1), Fahren ohne Fahrerlaubnis (2), besonders schwerer Fall des Diebstahls (4), Unterschlagung (1), Computerbetrug (1) nicht strafrechtliche Vorschriften 2 Ordnungswidrigkeit (1), Ausweisung/Abschiebung (1) 60. Was hat die Landesregierung unternommen, um die Fahndungsmaßnahmen nach mit Haftbefehl gesuchten bzw. zur Festnahme ausgeschriebenen rechtsextremistischen Straftätern zu intensivieren? Die Fahndung ist im gesetzlichen Auftrag der Strafverfolgung ein wesentlicher Bestandteil der polizeilichen Aufgabenerfüllung. Grundsätzlich obliegen Fahndungsmaßnahmen den örtlich zuständigen Polizeidienststellen. Dabei richtet sich Art, Umfang und Intensität der Fahndung nach Anlass, Schwere der Tat und deren Sozialschädlichkeit, wobei Gewaltdelikte mit und ohne politische Motivation grundsätzlich eine hohe Priorität haben. Diese Hintergründe müssen im Einzelfall mit den aktuellen, vor Ort anliegenden polizeilichen Maßnahmen der zuständigen Dienststelle abgewogen werden. Dies gilt natürlich nicht oder nur eingeschränkt, wenn der Aufenthaltsort einer gesuchten Person bekannt wird. Der Zeitraum zwischen Erlass eines Haftbefehls und seiner Vollstreckung richtet sich danach, wie schnell ein Aufenthaltsort durch gezielte polizeiliche Maßnahmen ermittelt werden kann, oder wie schnell eine gesuchte Person - möglicherweise aus anderem Anlass - überprüft wird. So gibt die reine Zahl „offener“ Haftbefehle zu einem bestimmten Stichtag keinen Aufschluss darüber, aus welchen Gründen eine Vollstreckung noch nicht erledigt werden konnte. Eine allgemein statistische Erfassung der Bearbeitungszeit von Haftbefehlen von der Ausstellung bis zur Erledigung erfolgt grundsätzlich nicht. In den Polizeiinspektionen ist - unbeschadet allgemeiner und gezielter Fahndungsaufgaben aller Dienststellen - die Organisationseinheit „Fahndung“ eingerichtet. Darüber hinaus ist in den Zentralen Kriminalinspektionen die Organisationseinheit „Direktionsfahndung“ eingerichtet. Daneben nimmt das Landeskriminalamt Niedersachsen Zentralstellenaufgaben im Bereich der Fahndung wahr. Dort ist u. a. die Zielfahndung, als eine besondere Form der Personenfahndung, angegliedert. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/5265 15 Im Bereich des als besonders relevant eingestuften Personenpotentials der politisch motivierten Kriminalität findet ein intensiver Informationsaustausch zwischen den Sicherheitsbehörden im Bund und in den Ländern statt. Im Nachgang des Bekanntwerdens der Straftaten des NSU verstärkten die Sicherheitsbehörden im Bund und in den Ländern ihre Analyse- und Ermittlungsarbeit zur Bekämpfung der politisch motivierten Kriminalität nochmals konsequent und erhöhten den Druck auf das festgestellte Personenpotential in allen (Phänomen-) Bereichen. Die bundesweite Befassung mit dem festgestellten Personenpotential erfolgt insbesondere in Arbeitsgruppen des GETZ-R. Personen, deren Aufenthaltsort unbekannt und deren Haftbefehl bereits älter als ein halbes Jahr ist, sind dabei von besonderer Relevanz und werden insofern einer intensiveren Betrachtung unterzogen. Hierbei wird regelmäßig im Rahmen einer personenbezogenen Einzelfallbetrachtung gemeinsam erörtert, inwiefern sich die betroffenen Personen möglicherweise gezielt der Vollstreckung eines Haftbefehls entziehen und welche konkreten Handlungsoptionen bestehen, um dies zu verhindern. Durch den kontinuierlichen bundesweiten Informationsaustausch wird insgesamt eine Verbesserung der (polizeilichen) Erkenntnislage verzeichnet. Die seit Ende des Jahres 2012 durch das Bundeskriminalamt in einem Halbjahresrhythmus durchgeführte Erhebung der offenen Haftbefehle politisch motivierter Straftäter in allen (Phänomen- ) Bereichen der politisch motivierten Kriminalität ermöglicht es den Sicherheitsbehörden im Bund und in den Ländern, diese als relevant einzustufende Personengruppe in den Fokus zu nehmen und zu bewerten, um gezielt und erfolgreich Maßnahmen zu initiieren. 61. Bei welchen Straftaten wurde in Niedersachsen der Gebrauch von Schusswaffen mit 9 mm Kaliber seit 1990 festgestellt (bitte auflisten nach Straftatbestand, Ort und Datum der Tat, gegebenenfalls Einordnung in die Kriminalstatistik Politisch motivierte Kriminalität, konnte ein Täter festgestellt werden, Art der Waffe)? Der Polizei Niedersachsen ist eine Recherche nach politisch motivierten Straftaten in Niedersachsen , bei denen Schusswaffen mit dem Kaliber 9 mm benutzt wurden, nicht möglich. Eine recherchierbare Erfassung des bei der Tat benutzten Kalibers ist im Kriminalpolizeilichen Meldedienst in Fällen politisch motivierter Kriminalität z. Zt. nicht vorgesehen. 62. Wie viele rechtsextreme Straftaten sind in Niedersachsen in 2018 und in der ersten Jahreshälfte 2019 begangen worden? Wie viele davon waren Gewaltdelikte? Im Jahre 2018 wurden 1.257 rechtsextremistische Straftaten erfasst, davon waren 47 Straftaten Gewaltdelikte. Ausweislich der Auswertung der Bundesstatistik zu rechtsextremen Straftaten (sogenannte „REX-Statistik“) waren im Jahr 2018 in Niedersachsen insgesamt 575 Ermittlungsverfahren wegen rechtsextremistischer/fremdenfeindlicher Straftaten anhängig. Hiervon lag dreizehn Verfahren der Vorwurf einer Straftat gegen die körperliche Unversehrtheit zugrunde. Im ersten Halbjahr 2019 wurden 773 rechtsextremistische Straftaten erfasst, davon waren 18 Straftaten Gewaltdelikte. Im ersten Halbjahr 2019 waren insgesamt 761 Ermittlungsverfahren wegen rechtsextremistischer/fremdenfeindlicher Straftaten anhängig. Hiervon betrafen vierzehn Verfahren Straftaten gegen die körperliche Unversehrtheit. II. Umsetzung der Empfehlungen der Parlamentarischen Untersuchungsausschüsse für den Bereich der Polizei 63. Welche Maßnahmen hat die Landesregierung ergriffen, um den „Themenfeldkatalog PMK“ zu überarbeiten? Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/5265 16 Durch die Einrichtung einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Kriminalpolizeilicher Meldedienst - Politisch motivierte Kriminalität“ (BLAG KPMD-PMK), mit niedersächsischer Beteiligung, die sich u.a. mit der Überarbeitung des „Themenfeldkatalogs PMK“ intensiv auseinandersetzte und den daraus resultierenden Optimierungsmöglichkeiten/-bedarfen bzw. Handlungsempfehlungen, ist die Polizei den Empfehlungen des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses zum NSU gerecht geworden. Vor diesem Hintergrund sind nicht nur landesweit sondern vielmehr bundesweit Maßnahmen ergriffen worden, um den „Themenfeldkatalog PMK“ zu überarbeiten. Nachfolgende Maßnahmen sind durch die BLAG umgesetzt: - Die Erfassungsmöglichkeiten zu Tatverdächtigen wurden in der KTA-PMK (Nr. 7.1 –Ermittelte Tatverdächtige) um die Angaben zu einer waffen- und/oder sprengstoffrechtlichen Erlaubnis erweitert. - Bei den Angaben zu Tatverdächtigen wurde der Spiegelstrich „Gefährlichkeit“ mit den Katalogwerten „bewaffnet (ja/nein)“, „gewalttätig (ja/nein)“ sowie „Explosivstoffgefahr (ja/nein) ergänzt. - Im Themenfeldkatalog wurde unter dem Oberbegriff „Hasskriminalität“ das Unterthema „islamfeindlich“ eingeführt, um eine noch differenziertere und damit aussagekräftigere Straftatenerfassung zu ermöglichen. Damit ist es möglich, in Fällen von Gewaltkriminalität einen rassistischen oder anderweitig politischen Hintergrund einer Tat bzw. vergleichbare Motive zu prüfen und diese Prüfung auch zu dokumentieren. 64. Was hat die Landesregierung unternommen, um eine gute und effektive Zusammenarbeit des niedersächsischen Landeskriminalamts im Gemeinsamen Abwehrzentrum gegen Rechtsextremismus/Rechtsterrorismus bzw. ab 2012 in dem Gemeinsamen Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrum sicherzustellen? Das Landeskriminalamt Niedersachsen ist mit festen Ländervertretern im GETZ-R (vormals GAR) vertreten. Diese nehmen wöchentlich an den Sitzungen der verschiedenen Arbeitsgruppen teil. Die Ländervertreter aus Niedersachsen verfügen über Phänomenexpertise und gewährleisten so eine effektive Zusammenarbeit mit den anderen im GETZ-R vertretenen Behörden. Zudem nehmen anlassbezogen bei speziellen Themen/Sachverhalten die jeweiligen Fachexperten/innen aus dem niedersächsischen polizeilichen Staatsschutz an den Sitzungen zum operativen Informationsaustausch teil. Im Laufe der Jahre wurden durch das Landeskriminalamt Niedersachsen diverse eigene Sitzungen zu verschiedenen Themen/Ermittlungskomplexen im GETZ-R initiiert und durchgeführt. Beispielhaft sei hier die AG Personenpotenziale genannt. In den Sitzungen werden regelmäßig die niedersächsischen Gefährder/relevante Personen/mehrfach Gewalttäter vorgestellt und Erkenntnisse bei den anderen Behördenvertretern im GETZ-R angefragt. Weiterhin gibt es Sitzungen zu den halbjährlich vom Bundeskriminalamt erhobenen Personen, welche über einen aktuellen „offenen Haftbefehl“ verfügen. In diesen Sitzungen werden ebenfalls Erkenntnisse der anderen Behörden, insbesondere zu einem möglichen aktuellen Aufenthalt der gesuchten Person, erhoben. Ein weiteres Beispiel sind die Sitzungen der AG Operativer Informationsaustausch, die anlassbezogen durchgeführt werden. Hier werden mit den betroffenen Behörden aktuelle Sachverhalte/ Ermittlungsverfahren besprochen, die eine überregionale Relevanz aufweisen. Des Weiteren werden in dieser AG zwischen den Behörden operative Maßnahmen zu bestimmten Sachverhalten abgestimmt. 65. In welchem Umfang und in welcher Weise beteiligt sich das Land Niedersachsen am Gemeinsamen Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrum? Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/5265 17 Siehe Beantwortung der Frage 64. Darüber hinaus beschloss die Ständige Konferenz der Innenminister und –senatoren der Länder (IMK) nach Aufdeckung der dem NSU zugeschriebenen Mordserie im Jahr 2012 die Überprüfung ungeklärter Gewalttaten auf mögliche Bezüge zur politisch motivierten Kriminalität rechts. 66. Was hat die Landesregierung unternommen, um einen besseren Informationsfluss zwischen den einzelnen Behörden des Nachrichtendienstes und der Polizei unter Berücksichtigung des Trennungsgebotes sicherzustellen? Dem Informationsaustausch der Sicherheitsbehörden in Niedersachsen kommt eine zentrale Rolle zu. Niedersachsen ist sowohl durch die Polizei als auch den Verfassungsschutz im bereits genannten GETZ neben dem Phänomenbereich Rechtsextremismus auch in den Phänomenbereichen des Links-/Ausländerextremismus/-terrorismus sowie der Spionageabwehr und im „Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrum“ (GTAZ) für den Phänomenbereich islamistischer Terrorismus des Bundes und der Länder vertreten. Eine entsprechende Kooperation von Polizei und Verfassungsschutz findet unter Berücksichtigung des Trennungsgebotes in Niedersachsen zudem im „Gemeinsamen Informations- und Analysezentrum der Polizei und des Verfassungsschutzes in Niedersachsen (GIAZ - Polizei / Verfassungsschutz - Niedersachsen)“ statt. Das GIAZ stellt bereits seit dem 10.01.2005 einen bewährten Baustein der Zusammenarbeit zwischen Polizei und Verfassungsschutz dar. Es gewährleistet mit festen Ansprechpartnern des Landeskriminalamtes Niedersachsen und des Niedersächsischen Verfassungsschutzes einen zusätzlichen Austausch zwischen den beiden Behörden. Die Aufgaben des GIAZ sind hauptsächlich: • Bündelung vorliegender Informationen, • Erstellung und Fortschreibung aussagekräftiger Lagebilder der Polizei und des Verfassungsschutzes, • gemeinsame Analyse und Auswertung, • Initiierung gemeinsamer Analyse- und Auswerteprojekte und • Erörterung und Koordinierung operativer Maßnahmen, die von den Behörden in eigener Zuständigkeit durchgeführt werden. Ab Dezember 2013 wurden die Struktur und die Arbeitsabläufe des GIAZ an die bundesweiten Zentren GETZ und GTAZ angepasst. Im GIAZ wurde seit dieser Zeit die Arbeitsgemeinschaft (AG) Aktuelle Lage als dauerhafter Bestandteil mit einem wöchentlichen Sitzungstag institutionalisiert. Im Rahmen dieser turnusmäßigen Besprechungen werden - zusätzlich zum permanenten Informationsaustausch in den Alltagsorganisationen - grundsätzlich an einem Tag der Woche Lageinformationen ausgetauscht und erörtert. Die Zusammenführung von Lageerkenntnissen in der AG Aktuelle Lage führt somit zu einem „Informationsabgleich“ der in den jeweiligen Behörden vorhandenen Erkenntnisse. Die AG Aktuelle Lage beschäftigt sich vorwiegend mit bevorstehenden Ereignissen, die für die Polizei und/oder den Verfassungsschutz relevant werden können. Ein Austausch über personenbezogene Erkenntnisse erfolgt daneben überwiegend direkt auf Ebene der Sachbearbeitung sowie in der AG Personenpotentiale im GETZ. Ein regelmäßiger Informationsaustausch wird im Landeskriminalamt durch die gemeinsame Teilnahme an Besprechungen, Fachtagungen und anlassbezogenen Fallkonferenzen gewährleistet. Mit Erlass des Ministeriums für Inneres und Sport wurde vom 13.03.2018 die Landesarbeitsgruppe „Zusammenarbeit von Polizei und Verfassungsschutz auf dem Gebiet des politischen und religiösen Extremismus / Terrorismus; Fortentwicklung der Zusammenarbeit“ eingesetzt (siehe Beantwortung zu Frage 93). Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/5265 18 67. Was unternimmt die Landesregierung, um PMK vorzubeugen? Die Beantwortung dieser Frage beschränkt sich aufgrund des phänomenbezogenen Fragenkomplexes auf die Vorbeugung und Bekämpfung der PMK-rechts. Die Bekämpfung des Rechtsextremismus und der politisch motivierten Kriminalität im Phänomenbereich -rechts- (PMK -rechts-) ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe mit hoher Priorität für die Sicherheitsbehörden. Als staatliches Organ der Gefahrenabwehr und Strafverfolgung sowie aufgrund ihres Präventionsauftrages ist die Polizei in Niedersachsen ein Schlüsselakteur bei der erfolgreichen Erfüllung dieser Aufgabe. Die konsequente und nachhaltige Bekämpfung der PMK -rechts- hat für die Polizei in Niedersachsen seit jeher einen hohen Stellenwert. Die bereits im Jahr 2001 in Kraft gesetzte und letztmalig 21.04.2017 überarbeitete „Rahmenkonzeption zur Intensivierung der Bekämpfung von Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit , Antisemitismus und sonstiger Politisch motivierter Kriminalität –rechts“ hat zur Verbesserung der Verhütung und Verfolgung rechtsmotivierter Straftaten in Niedersachsen wesentlich beigetragen. Ihre Ziele und Maßnahmen werden durch die vorliegende Rahmenkonzeption im Lichte der zahlreichen sicherheitspolitischen, informationstechnischen, rechtlichen und gesellschaftlichen Herausforderungen bei der Bekämpfung rechtsmotivierter Kriminalität fortentwickelt, durch zentrale Handlungsfelder erweitert und insgesamt zukunftsfest ausgerichtet. Der Zweck dieser Rahmenkonzeption ist es, die Bekämpfung der PMK -rechts- auf neue Entwicklungen und Brennpunkte auszurichten und zu intensivieren sowie ein ganzheitliches, wirkungsorientiertes Vorgehen der Polizei unter enger Verzahnung präventiver und repressiver Elemente zu gewährleisten. Durch Nutzung des vorhandenen Netzwerkes mit anderen Behörden und Einrichtungen soll über umfassende, relevante, aktuelle und gesicherte Erkenntnisse über Personen, Gruppierungen, Strukturen, Organisationen, Netzwerke und Örtlichkeiten der rechten Szene verfügt werden, um extremistische Bedrohungen frühzeitig erkennen zu können. Im Januar 2014 wurde die Präventionsstelle Politisch Motivierte Kriminalität (PPMK) im Landeskriminalamt eingerichtet. Sie dient einer verbesserten Koordinierung der Extremismusprävention innerhalb der niedersächsischen Polizei sowie der fachlichen Unterstützung der Polizeibehörden und –dienststellen und bündelt die Kräfte und die fachliche Expertise bei der Prävention für alle Phänomenbereiche der politisch motivierten Kriminalität. Deren Funktionen sind u. a. Unterstützung der Polizeidienststellen neben dem Angebot von Fachtagungen insbesondere bei der Planung und Durchführung von Sensibilisierungsmaßnahmen mit den verschiedenen Zielgruppen (Jugendsozialarbeiterinnen/Jugendsozialarbeiter, Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter schulischer Einrichtungen, Justizbehörden - hier z.B. der Ambulante Justiz-Sozialdienst, kommunale und städtische Einrichtungen, ehrenamtliche Mitarbeiter in Vereinen und Verbänden, Hilfsorganisationen im Kontext der Flüchtlingsarbeit, Kirchen) u.a. im Phänomenbereich des Rechtsextremismus. Systematische Erfassung/Bewertung von Präventionsmaterialien für die Polizei in Niedersachsen in Form eines „Medienpools“, Erstellung eines gemeinsamen Informationsblattes mit dem Gaststättenverband DEHOGA Niedersachsen bzgl. Anmietversuche rechtsextremer Personen/Gruppen, Lehrerfortbildungen mit Schwerpunktlegung auf die Gefahren des Rechtsextremismus für junge Menschen - insbesondere am Beispiel der emotionalen und radikalisierenden Wirkung rechtsextremer Musik, Sensibilisierung für die Gefahren extremistischer Bestrebungen als ein möglicher Auslöser für die Radikalisierung junger Menschen, „Roll-Out“ eines Medienpakets für Lehrkräfte und Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/5265 19 Schülerinnen/Schüler in Niedersachsen zur Stärkung der Medienkompetenz im Kontext kritischer Auseinandersetzung mit u. a. rechtsgerichteter Propagandastrategien, Vermittlungs-/Koordinationsangebote im Zusammenhang mit Szene-Aussteigern. Darüber hinaus arbeitet die niedersächsische Landespolizei eng mit den kommunalen Präventionsräten sowie weiteren Kooperationspartnern mit dem Ziel zusammen, dem Rechtsextremismus den Nährboden zu entziehen. Um der Begehung rechtsextremistischer Straftaten auch präventiv nachhaltiger entgegenwirken zu können, kommt es entscheidend auf intakte Präventionsnetzwerke unterschiedlicher gesellschaftlicher und staatlicher Akteure vor Ort an. Mit Beschluss vom 20.06.2016 hat die Landesregierung das „Landesprogramm gegen Rechtsextremismus - für Demokratie und Menschenrechte“ verabschiedet. Mit dem Landesprogramm werden die vielfältigen landesweiten Maßnahmen gegen Rechtsextremismus und zur Förderung der Demokratie und der Menschenrechte wie die Stärkung der Fachkräfte, die Hilfen zum Ausstieg, die Maßnahmen zur Verhinderung des Einstiegs in die rechte Szene, die Angehörigenunterstützung, die Vermittlung demokratischer Werte, das Engagement für Weltoffenheit in den Institutionen und der Ausbau der Opferberatung gebündelt, die Netzwerkarbeit ausgebaut und die Zivilgesellschaft stärker eingebunden. Es werden Impulse für die qualitative Weiterentwicklung der bisherigen und zur Entwicklung neuer Aktivitäten gesetzt. Eine begleitende wissenschaftliche Evaluation unterstützt die kontinuierliche qualitative Optimierung der niedersächsischen Projekte und Aktivitäten zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und zur Förderung der Demokratie und Menschenrechte. Ein wesentlicher Bestandteil zur Umsetzung des Landesprogramms ist die zum 01.01.2017 bei der Geschäftsstelle des Landespräventionsrates (LPR) eingerichtete Koordinierungsstelle. Aufgabe der Koordinierungsstelle ist die professionelle Netzwerksteuerung. Dies umfasst administrative Aufgaben der Koordinierung und der Steuerung der Maßnahmen, das Netzwerkmanagement, die Impulsgebung, den Wissenschafts-Praxis-Transfer, Aufgaben der Öffentlichkeitsarbeit sowie die Einbindung zivilgesellschaftlicher Akteure. Zur Steuerung des Landesprogramms ist ein gemeinschaftliches Gremium eingesetzt worden, das aus Vertretern der beteiligten Ressorts und einem Praxisbeirat besteht. Mit Beschluss vom 16.10.2018 hat die Landesregierung eine Erweiterung der Prävention auf alle Formen des politischen Extremismus in Niedersachsen beschlossen und die Vertreter der beteiligten Ministerien beauftragt, ein entsprechendes Konzept zu erarbeiten. 68. Was unternimmt die Landesregierung, um illegalen Waffenbesitz bei rechtsextremistischen Personen festzustellen und zu verhindern? Innerhalb der rechtsextremistischen Szene gibt es eine erkennbare Waffenaffinität. Wenngleich nach Erkenntnissen der niedersächsischen Sicherheitsbehörden eine gezielte Bewaffnung zur Führung eines politischen Kampfes nicht stattfindet, so stellt die Verfügbarkeit von Waffen und Sprengmitteln angesichts der in Teilen der Szene vorhandenen Gewalt- und Konfrontationsbereitschaft eine ernstzunehmende Herausforderung für die Landesregierung dar. Die Niedersächsische Landesregierung spricht sich im Bundesrat für die Einführung der waffenrechtlichen Regelabfrage beim Verfassungsschutz aus und initiiert und unterstützt entsprechende Gesetzesinitiativen. Die Niedersächsischen Sicherheitsbehörden schöpfen nachhaltig alle rechtlichen Möglichkeiten gegen einen Waffenbesitz von rechtsmotivierten Straftätern aus und beugen dadurch möglichen Gefahren des Missbrauchs von Waffen vor. Die Waffenbehörden sind zur Erfüllung ihrer originären Aufgaben entscheidend auf eine aktive und enge Zusammenarbeit mit den Sicherheitsbehörden angewiesen, insbesondere auf die Zulieferung von Erkenntnissen des Verfassungsschutzes und der Polizei hinsichtlich der Beurteilung der Zuverlässigkeit und persönlichen Eignung einer Person. Im Hinblick auf Verstöße gegen das Waffen-/Sprengstoff- bzw. Kriegswaffenkontrollgesetz gewährleisten die Sicherheitsbehörden in Niedersachsen ein gemeinsames Zusammenwirken, insbesondere zur Initiierung der Überprüfung waffenrechtlicher Erlaubnisse. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/5265 20 Bereits im Zusammenhang mit der Erteilung von waffenrechtlichen Erlaubnissen sind die Sicherheitsbehörden gehalten, wesentliche Erkenntnisse im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten an die Waffenbehörde mitzuteilen und in diesem Zusammenhang insbesondere auf extremistisches und strafrechtlich relevantes Verhalten von rechtsmotivierten Straftätern explizit einzugehen. Dies gilt auch bei bereits erteilten waffenrechtlichen Erlaubnissen. Entscheidungserheblich sind Vorkommnisse, die Zweifel an der Zuverlässigkeit dieses Personenkreises widerspiegeln und die letztendlich ausschlaggebend für die Nichterteilung oder den nachträglichen Entzug einer Waffenerlaubnis sein können. Gemäß § 5 Absatz 2 Ziffer 3 a Waffengesetz (WaffG) besitzen Personen in der Regel nicht die erforderliche Zuverlässigkeit, die einzeln oder als Mitglied einer Vereinigung Bestrebungen verfolgen oder unterstützen oder in den letzten fünf Jahren verfolgt oder unterstützt haben, die gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtet sind. Insbesondere wird im Falle einer rechtsmotivierten Straftat und der Feststellung einer waffenrechtlichen Genehmigung der/des Tatverdächtigen ein Bericht über die Straftat durch die zuständige Organisationseinheit an die zuständige Waffenbehörde übersandt, um die weitere Zuverlässigkeit/persönliche Eignung der betroffenen Person originär prüfen zu lassen. Vorhandene waffenrechtliche Genehmigungen sind in der Regel in den Einwohnermeldeverzeichnissen unter Angabe der zuständigen Waffenbehörde aufgeführt. Die konkreten Waffen sind über die zuständige Behörde oder nach den rechtlichen Vorschriften in Eilfällen im nationalen Waffenregister abrufbar. Im Falle bestehender waffenrechtlicher Erlaubnisse erfolgt von dort eigeninitiativ eine umgehende Kontaktaufnahme mit der originär zuständigen Waffenbehörde mit dem Ziel, durch die Erkenntnisübermittlung die Zuverlässigkeit bzw. persönliche Eignung im Sinne der waffenrechtlichen Bestimmungen überprüfen zu lassen. Aus Sicht der Landesregierung bestehen grundsätzlich bei Gefährdern, relevanten Personen, Reichsbürgern und Mehrfach-/ Gewalttätern erhebliche Zweifel an einer derart geforderten Eignung und/oder Zuverlässigkeit, so dass die zuständige Waffenbehörde über Tatsachen in dem jeweiligen Einzelfall, die eine mangelnde Eignung und/oder fehlende Zuverlässigkeit in diesem Sinne begründen, im Rahmen der gesetzlichen Übermittlungsvorschriften zu unterrichten ist. 69. Ergreift die Landesregierung Maßnahmen, um Mitgliedern der rechtsextremen oder Reichsbürgerszene den legalen Waffenbesitz zu versagen bzw. erteilte Waffenbesitzerlaubnisse wieder zu entziehen, ggf. welche? Siehe hierzu auch Beantwortung der Frage 68. Darüber hinaus hat das Niedersächsische Ministerium für Inneres und Sport mit Runderlass vom 15.11.2016 klargestellt, dass bei sogenannten Reichsbürgerinnen oder Reichsbürgern von einer Unzuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a bis c Waffengesetz auszugehen ist. Die mit der Reichsbürgereigenschaft einhergehende Ablehnung der Rechtsordnung ist als Tatsache zu werten, welche die Annahme rechtfertigt, dass diese Personen a) Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwenden werden, b) mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren werden, c) Waffen oder Munition Personen überlassen werden, die zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über diese Gegenstände nicht berechtigt sind. Die zuständigen Waffenbehörden wurden angewiesen, die notwendigen Maßnahmen zur Versagung oder Aufhebung waffenrechtlicher Erlaubnisse und zur Entziehung der Waffen zu ergreifen, soweit entsprechende Erkenntnisse vorliegen. Weiterhin sind diese Fälle zu dokumentieren und einmal jährlich dem Niedersächsischen Ministerium für Inneres und Sport zu übermitteln. Im Zusammenhang mit den schrecklichen Ereignissen um den NSU und zur Verbesserung der Bekämpfung des Rechtsextremismus hatte der Bundesrat auf Grund einer Initiative Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/5265 21 Niedersachsens bereits im April 2014 einen Gesetzentwurf zur Änderung des Waffengesetzes eingebracht, mit dem das Verfahren der waffenrechtlichen Zuverlässigkeitsprüfung um eine Regelanfrage beim Verfassungsschutz ergänzt werden sollte. Diese Gesetzesinitiative ist dem Grundsatz der Diskontinuität anheimgefallen und wurde durch Niedersachsen erneut in den Bundesrat eingebracht, der am 02.03.2018 die Einbringung in den Bundestag beschlossen hat. Die Landesregierung setzt sich weiter für eine Umsetzung der Initiative ein. 70. Wie viele Waffen wurden durch die unter den Fragen 65 und 66 genannten Maßnahmen in den Jahren 2017 und 2018 und in der ersten Jahreshälfte 2019 durch die Behörde sichergestellt? Vorangestellt wird, dass hier nicht Bezug zu den Fragen 65 und 66 sondern zu den Fragen 68 und 69 angenommen wird. Durch die Polizei Niedersachsen wurden folgende Waffen sichergestellt: 2017 2018 2019 25 Schusswaffen 3 Säbel 1 Messer 4 Schusswaffen 1 Schreckschussrevolver 1 Luftgewehr 3 Schusswaffen 3 Messer 1 Luftgewehr 2 Schreckschussrevolver 71. Was hat die Landesregierung unternommen, um das Hinweisaufkommen nach Straftaten aus der Bevölkerung zu erhöhen? Im Wege der polizeilichen Präventionsangebote und Veranstaltungen sind Beschäftigte der Polizei und insbesondere Funktionsträgerinnen und Funktionsträger in Schulen, Behörden und anderweitigen Organisationen entsprechend sensibilisiert. Daneben ist die Erreichbarkeit der Polizei im Zuge der Digitalisierung durch den Ausbau von Social Media erhöht worden. Besonders vertraut wird in den sozialen Medien den Inhaberinnen und Inhabern sogenannter „Digitaler Community Policing Accounts“, bei denen Polizeivollzugsbeamtinnen und –beamte sichtbar in ihrer Funktion ein Profil in den sozialen Netzwerken betreuen. Des Weiteren nutzen die Dienststellen des polizeilichen Staatsschutzes das vom Landeskriminalamt landesweit für Fortbildungs- und Schulungszwecke zur Verfügung gestellte Präventionsmaterial zu den Erscheinungsformen des Rechtsextremismus und rechtsmotivierter Straftaten. Seit dem 26.02.2007 verfügt die Polizei Niedersachsen über das Instrument einer sogenannten Online-Wache, über die die Möglichkeit besteht, Hinweise an die Polizei zu übermitteln oder Anzeige zu erstatten. 72. Welche Maßnahmen wurden von der Landesregierung eingeleitet, um die Dienststellen der Polizei für die gesamte Bandbreite der Maßnahmen zur Informationsgewinnung zu sensibilisieren? Grundlage der Informationsbearbeitung im Phänomenbereich –rechts– stellen die Rahmenkonzeption zur Intensivierung der Bekämpfung von Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und sonstiger politisch motivierter Kriminalität (gültig seit 21.04.2017), sowie diverse Richtlinien (z.B. Reichsbürger) dar. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/5265 22 Die Informationsgewinnung ist maßgeblicher Bestandteil und in weiten Teilen Grundlage der polizeilichen Arbeit. Im Bereich der polizeilichen Ermittlungsarbeit wird dieser Aspekt umfangreich in der Aus- und Fortbildung der Polizei Niedersachsen berücksichtigt. Als Querschnittsthema werden die Möglichkeiten und Rahmenbedingungen der Informationsgewinnung aus unterschiedlichen Perspektiven in diversen Modulen des Bachelorstudiengangs der Polizeiakademie Niedersachsen und in unterschiedlichen Fortbildungsveranstaltungen beleuchtet. Maßgebliche Inhalte der Aus- und Fortbildung sind hierbei die Nutzung von polizeilichen Auskunftssystemen aber auch nicht-polizeilichen Informationsquellen wie zum Beispiel öffentliche und nicht-öffentlich zugängliche Bereiche des Internets, der sozialen Netzwerke sowie sonstigen Medien der Kommunikation. Des Weiteren ermöglicht die polizeiliche Vernehmung im Zusammenhang mit Ermittlungsverfahren bzw. die polizeiliche Befragung umfangreiche Möglichkeiten zur Informationsgewinnung. Im Rahmen der zentralen Fortbildung erfolgt hier unter anderem eine inhaltliche Schwerpunktsetzung auf den Komplex der Aussagepsychologie. Hierbei wird unter anderem auf die Belange „Zuverlässigkeit und Glaubwürdigkeit“, „Qualitätsmerkmale einer Vernehmung“ sowie „Suggestion und Suggestibilität“ eingegangen, um etwaigen Fehlern bei der Informationserhebung und - bewertung vorbeugen zu können. Seit 2015 wurden durch die Polizeiakademie Niedersachsen durch das Studiengebiet Kriminalwissenschaften insgesamt 27 Veranstaltungen mit Bezug zur Thematik mit insgesamt über 700 Teilnehmenden durchgeführt. Weitere Veranstaltungen in diesem Jahr und in den nächsten Jahren befinden sich in Vorbereitung. Aktuell laufen die sogenannten Bedarfserhebungsprozesse für das Fortbildungsjahr 2020. 73. Was hat die Landesregierung unternommen, um die Verfassungstreue aller künftigen Auszubildenden im Polizeivollzugsdienst sicherzustellen? Es wird auf die Ausführungen in der Vorbemerkung zu der LT-Drucksache 18/4206 verwiesen. 74. Welche Maßnahmen hat die Landesregierung getroffen, damit die Thematik Rechtsextremismus fester und regelmäßiger Bestandteil der polizeilichen Aus- und Fortbildung wird? Das Berufsbild der niedersächsischen Polizei ist geprägt von der Beachtung und Wahrung der Menschenrechte bei gleichzeitiger Legitimation von Eingriffen in die Grundrechte. Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte sollen gerade in ihrer Berufsrolle über Handlungsfähigkeiten verfügen, die der Demokratie Rechnung tragen. Ein gesetzmäßiges und bürgerorientiertes sowie situativ angemessenes Verhalten prägen dabei das polizeiliche Handeln. Daher sind die Grundrechte ein Schlüsselelement für die Bildung der Demokratiefähigkeit und Demokratiekompetenz, die die Polizeiakademie Niedersachsen nachhaltig fördert. Ein demokratisches Verständnis im weiteren Sinne, das also über den formalbegrifflichen Gehalt der politischen Entscheidungsprozeduren hinausreicht und zentral Rechtsstaatlichkeit, Minderheitenschutz und Schutz bürgerlicher Freiheiten miteinschließt, wird daher nicht nur allgemein, sondern auch konkret für alle im Bachelorstudiengang an der Polizeiakademie Niedersachsen behandelten Themenfelder erarbeitet. Hierzu gehören Argumentationshilfen auch und gerade gegen extremistische Strömungen. Insbesondere rechtspopulistische Narrative können auch auf Polizeistudierende einwirken, denen in besonderer Weise abgefordert werden muss, diesen Verlockungen der scheinbar einfachen Lösungen rechtspopulistischer Kräfte zu widerstehen und für den Schutz einer offenen Gesellschaft einzustehen. Angehende Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamte durchlaufen den dualen Bachelorstudiengang „Polizeivollzugsdienst (B.A.)“ an der Polizeiakademie Niedersachsen. Die Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/5265 23 nachstehenden Schwerpunkte zu den modularen Inhalten beziehen sich auf das aktuelle Curriculum (ab Einstellung April 2018). - Kernprinzipien des Grund- und Eingriffsrechts werden Studierenden vor dem Praktikum vermittelt, - Menschenrechte und Grundrechte als Rahmen polizeilichen Handelns sind zentrales Thema, - Bedeutung des demokratischen Rechtsstaats und der freiheitlich demokratischen Grundordnung sowie den geschichtlichen Hintergrund bzw. die Entstehung der Grundrechte in der Verfassung der Bundesrepublik Deutschland, - Versammlungsrecht, welches als Merkmal der Demokratie besonderen Stellenwert genießt, im Kontext der verfassungsrechtlichen Bezüge, - Schutzbereich der Versammlungsfreiheit u. a. bei der Erörterung der versammlungsgesetzlichen Verbote (Waffen-, Störungs- und Militanzverbote) sowie insbesondere bei dem behördlichen Eingriffsinstrumentarium (Verbot, beschränkende Verfügungen und Auflösung), - Es wird die politisch motivierte Kriminalität rechter Gruppen und die Problematik im Zusammenhang mit der Aufklärung der Taten des NSU durch staatliche Behörden thematisiert, - neben der Erörterung der relevanten Straftatbestände politisch motivierter Kriminalität werden sozialstrukturelle Hintergründe und Motive rechtsextremer Gruppierungen, Symbolik, Opfergruppe etc. anhand verschiedener Beispiele diskutiert, - hinsichtlich des Themenkomplexes „Extremismus“ wird die Bedeutung und die Kriterien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, die Kriterien des Extremismus sowie Extremismusdefinitionen vermittelt und - auch wird der aktuellen Entwicklung Rechnung getragen, z. B. werden die Phänomene „Reichsbürger“ oder „Identitäre Bewegung“ thematisiert. Seit Gründung der Polizeiakademie Niedersachsen im Jahr 2007 findet im Rahmen des Studiums an der Polizeiakademie auch die Auseinandersetzung mit dem historischen Rechtsextremismus statt. Rolle und Funktion der Polizei im NS-Staat werden ebenso vermittelt wie die Entwicklung, die zur Etablierung der nationalsozialistischen Diktatur führte. Basierend auf dem historischen Erfahrungswissen stehen für die polizeihistorische und demokratiegeschichtliche Bildungsarbeit dabei zwei Prämissen im Vordergrund: Zum einen, dass die freiheitliche Demokratie keine Selbstverständlichkeit ist, sondern eine historische Errungenschaft, die es zu leben und zu schützen gilt. Ebenso ist das demokratische Selbstverständnis der Polizei kein „Selbstläufer“. Es befindet sich vielmehr in einem stetigen dynamischen Prozess, der von jeder und jedem innerhalb der Polizei getragen, gepflegt und weiterentwickelt werden muss. Zum anderen hilft die Auseinandersetzung mit der Geschichte dabei, sich in der Gegenwart zu verorten und den Blick für mögliche gesellschaftliche Fehlentwicklungen zu schärfen. Ausgehend von diesen Prämissen befindet sich momentan ein weiterreichendes demokratiegeschichtliches und politisches Projekt zur Förderung der demokratischen Widerstandskraft – der demokratischen Resilienz – jeder Einzelnen und jedes Einzelnen in der Polizei in der Vorbereitung. Im Rahmen dieses Vorhabens ist auch die Zusammenarbeit mit einer Nichtregierungsorganisation, dem Verein „Gegen Vergessen – Für Demokratie“, geplant, um die Perspektive der Polizei zu erweitern. Darüber hinaus verfügt das Polizeimuseum der Polizeiakademie Niedersachsen neben der Dauerausstellung zur Polizeigeschichte in Nienburg über zwei thematische Wanderausstellungen, die sich mit der NS-Zeit und der Weimarer Republik auseinandersetzen („Ordnung und Vernichtung. Die Polizei im NS-Staat“ und „Freunde – Helfer – Straßenkämpfer. Die Polizei in der Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/5265 24 Weimarer Republik“). Über dieses Ausstellungsformat wird auch der Bogen geschlagen von der polizeilichen Bildungsarbeit hin zu einem offenen Diskurs mit der Öffentlichkeit. Weiterhin findet seit Jahren jährlich wechselnd an den Studienstandorten der Polizeiakademie Niedersachsen die durch Fachkräfte geführte Ausstellung „Gemeinsam gegen Rechts“ des Verfassungsschutzes Niedersachsen statt. Hier werden die Studierenden ebenfalls mit aktuellen Formen, Dynamiken und Narrativen des Rechtsextremismus vertraut gemacht. In der Fortbildung für Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter der „Politisch motivierten Kriminalität“ wird der Extremismus insgesamt, sowie der Rechtsextremismus im Besonderen, in individuellen Seminarangeboten berücksichtigt. Ein erheblich gestiegener Fortbildungsbedarf entstand durch die Einführung der Ermittlungseinheiten Staatsschutz bei den Zentralen Kriminalinspektionen und dem personellen Aufwuchs in den Fachdienststellen des Landeskriminalamtes Niedersachsen und der Zentralen Kriminaldienste in den Polizeiinspektionen. Vor dem Hintergrund der sich verschärfenden Sicherheitslage wurde die Fortbildung für die zuständigen Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter im Bereich der Staatsschutzkriminalität vollumfänglich überarbeitet und neu konzipiert. 75. Inwieweit hat die Landesregierung Maßnahmen getroffen, um bei polizeilicher Aus- und Fortbildung den Bereich der Fehlerkultur zu vertiefen? Die Polizei Niedersachsen arbeitet bereits seit Jahren fortlaufend an der Optimierung ihrer Fehlerkultur. Sie ist davon überzeugt, dass für eine dauerhaft erfolgreiche Aufgabenwahrnehmung der konstruktive und produktive Umgang mit Fehlern unerlässlich ist. Vor diesem Hintergrund wurde ein behördenübergreifendes Strategieteam unter unmittelbarer Anbindung an das Landespolizeipräsidium eingerichtet, welches sich intensiv mit der Fehlerkultur innerhalb der Polizei Niedersachsen auseinandersetzt. Wenngleich die Arbeit des Strategieteams zur Verbesserung der Fehlerkultur weiter andauert, zeichnet sich ab, dass das Thema Fehlerkultur in den Bachelorstudiengang der Polizeiakademie Niedersachsen integriert werden wird. Hierdurch soll den in der Ausbildung befindlichen Polizeikommissaranwärterinnen und -anwärtern eine strukturierte Fehleraufbereitung als selbstverständlicher Bestandteil der Handlungs- und Qualitätssicherung in der polizeilichen Arbeit vermittelt werden, was einen sich fortentwickelnden Kulturwandel unterstützen soll. Auch die Aufnahme des Themas Fehlerkultur in das Curriculum des Masterstudiengangs der Deutschen Hochschule der Polizei erscheint aus Sicht der Polizei Niedersachsen sinnvoll und wird angestrebt. Darüber hinaus sind themenbezogene Fortbildungen der Führungskräfte aller Hierarchieebenen sowie die Sensibilisierung aller Mitarbeitenden der Polizei Niedersachsen angedacht, da das Thema für die gesamte Organisation gleichermaßen relevant ist. Ein selbstkritischer, offener und konstruktiver Umgang mit Fehlern wird nach hiesiger Auffassung dazu beitragen, polizeiliches Handeln insgesamt hinsichtlich der Optimierungspotenziale zu reflektieren. Neben dem beschriebenen Kompetenzerwerb ist für die Polizei Niedersachsen somit auch die Selbstreflexion im Umgang mit Fehlern von besonderer Bedeutung, um die eigene Arbeit als lernende Organisation weiter zu optimieren. Einige Facetten des Themas Fehlerkultur werden auch aktuell bereits im Bachelorstudiengang der Polizeiakademie Niedersachsen in dem Modul „Polizei und Gesellschaft“ angesprochen. In die polizeipraktische Ausbildung soll zudem das Konzept der strukturierten Einsatznachbereitung implementiert werden. Dieses Konzept stellt ein Instrument der praktischen Umsetzung einer modernen Fehlerkultur dar. Ziele einer strukturierten Nachbereitung sind die Verbesserung der Einsatzkompetenz und das frühzeitige Erkennen von Belastungen. Dies ermöglicht eine Fehleranalyse, aber auch die Betrachtung erfolgreicher Einsatzverläufe. Das Instrument einer strukturierten Einsatznachbereitung wird darüber hinaus in Fortbildungen und Polizeitrainings, in denen Einsatzsituationen thematisiert werden, implementiert, um einen selbstverständlichen Umgang mit der Struktur und dem Vorgehen zu gewährleisten. Auch für den ermittelnden Bereich lässt sich feststellen, dass eine adäquate Fehlerkultur eine wichtige Voraussetzung ist, um Kriminalität dauerhaft erfolgreich bekämpfen zu können. Es wird auch in Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/5265 25 diesem Bereich zukünftig zur Routine gehören, nach Abschluss der Ermittlungen den Verlauf und die Entscheidungen in einem strukturierten Prozess kritisch zu würdigen und Verbesserungspotenziale zu identifizieren. 76. Was hat die Landesregierung unternommen, um die interkulturelle Kompetenz der niedersächsischen Polizei zu stärken? Die interkulturelle Kompetenz spielt bereits im Bachelorstudium an der Polizeiakademie Niedersachsen eine wesentliche Rolle. So werden die Studierenden des ersten Studienjahres in den jeweils dreitägigen Kommunikationstrainings „Training kommunikativer Kompetenzen“ und „Training der Konfliktbewältigungskompetenz“ mit interkulturellen Situationen und Wissen vertraut gemacht. Im dritten Studienabschnitt des Bachelorstudienganges werden die Themen Einwanderung als historisches und gesellschaftliches Phänomen und theoretische Ansätze zu Migration vermittelt. Im Fokus stehen u.a. die Ursachen und Motive (Assimilation, Segregation, Integration) für die Einwanderung von Personen mit Migrationshintergrund nach Deutschland. Beleuchtet werden deren Anzahl, die räumliche Verteilung und die Lebenswelten. Im Fokus steht insbesondere aber auch der Umgang der Polizei mit Personen mit Migrationshintergrund. Zudem werden im Bachelorstudium die Themen „Kulturelle Vielfalt in Deutschland – Interkulturalität“ und „Umgang mit Andersartigkeit“ aufgegriffen. Dabei geht es um die Reflexion des eigenen kulturellen Hintergrunds im Umgang mit Personen aus anderen Kulturen (Umgang mit Vielfalt). Die Studierenden erwerben insgesamt gesehen soziale Kompetenzen, um in interkulturell geprägten Situationen handlungs- und entscheidungssicher zu sein. Die Polizeiakademie Niedersachsen bietet zudem eine Reihe von Fortbildungsseminaren zum Thema Interkulturelle Kompetenz an. Diese haben u.a. die interkulturelle Sensibilisierung, die polizeiliche Konfliktbewältigung sowie die polizeiliche Kommunikation und Gesprächsführung jeweils im interkulturellen Kontext zum Gegenstand. Ein weiteres Seminar beschäftigt sich mit der Fallbearbeitung von interkulturellen Situationen mit Schwerpunkten auf den türkischen und den arabischen Kulturkreis. Zusätzlich zu diesen Aus- und Fortbildungsseminaren wurde ein eLearningmodul entwickelt, das allen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten zur Verfügung steht. Für den Bereich der Forschung an der Polizeiakademie Niedersachsen sei in diesem Zusammenhang auf die Studie „Interkulturelle Qualifizierung der Polizei“ von Prof. a. d. PA Dr. Astrid Jacobsen verwiesen. Das Projekt zielte auf die empirische Erhebung der Bedarfe an interkultureller Kompetenz im Umgang mit Personen mit Migrationshintergrund in der Polizei Niedersachsen ab. Schwerpunkte polizeilicher Arbeit mit interkultureller Relevanz sollten dabei identifiziert, spezifische Potentiale und Probleme expliziert werden. Das auf diese Weise gewonnene Wissen ist als Grundlage für die Entwicklung bedarfsspezifischer und nachhaltiger Qualifizierungsangebote für interkulturelle Kompetenz in der Aus- und Fortbildung der Polizei zunächst in Niedersachsen, dann über Landes- und Bundesgrenzen hinaus nutzbar. Der Schwerpunkt des Projektes lag auf der empirischen Frage nach den Bedarfen an interkultureller Kompetenz im Einsatz- und Streifendienst, um eine fundierte Grundlage für die Entwicklung bedarfsspezifischer und nachhaltiger Qualifizierungsangebote für interkulturelle Kompetenz in der Aus- und Fortbildung der Polizei Niedersachsen zu schaffen. Ergebnisse dieses Projektes fanden Eingang in die oben genannten Aus- und Fortbildungsseminare. 77. In welcher Weise fördert die Landesregierung die Bewerbung von Menschen mit Migrationshintergrund bei der Polizei? Die Polizei Niedersachsen als moderne, offene und gesellschaftsorientierte Organisation legt einen strategischen Schwerpunkt auf die Weiterentwicklung der interkulturellen Kompetenz ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Dabei verfolgt sie bereits seit vielen Jahren das Ziel, die Vielfältigkeit der Bevölkerungsstruktur der Bundesrepublik Deutschland sowie Niedersachsens auch in ihrer Mitarbeiterschaft abzubilden und wirbt daher aktiv um Personen mit Migrationshintergrund für eine Mitarbeit in der Polizei. Hierbei erzielt die Polizei Niedersachsen seit Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/5265 26 Jahren sehr gute Erfolge und baut den Anteil der Mitarbeitenden mit Migrationshintergrund in der Organisation beständig aus. Die in Verantwortung der Polizeiakademie Niedersachsen konzipierten und durch diese landesweit koordinierten Werbemaßnahmen zur Nachwuchsgewinnung für den Polizeivollzug des Landes Niedersachsen erstrecken sich dabei über das gesamte Jahr in temporär divergierender Intensität und kommunikativ vielfältiger Weise. Eine signifikante Intensivierung der am Werbekonzept der Polizei Niedersachsen ausgerichteten Marketingkommunikation erfolgt etwa drei Monate vor den Einstellungsterminen zum 01. April bzw. 01. Oktober des jeweiligen Jahres. Hierbei wirbt die Polizei Niedersachsen zielgerichtet um klar definierte Zielgruppen. Als Teil dieser Zielgruppen stehen auch Personen mit Migrationshintergrund im Fokus sämtlicher Werbemaßnahmen. Neben einer direkten Ansprache und bei Bedarf besonderer Information von Bewerberinnen und Bewerbern mit Migrationshintergrund, beispielsweise durch Hinweise auf der Homepage „www.polizei-studium.de“, ist die durchgängige Verwendung von sogenannten „role models“ mit Migrationshintergrund in der Werbung der Polizeiakademie Niedersachsen von entscheidender Bedeutung. Die Polizeiakademie Niedersachsen setzt daher in der Nachwuchswerbung durch Anzeigen, Plakate, in den sozialen Medien sowie bei der Onlinebannerwerbung, aber auch bei allen öffentlichkeitswirksamen Maßnahmen wie z. B. Messeauftritten, gezielt junge Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte mit erkennbarem Migrationshintergrund ein. Zudem erfolgen im Rahmen von Kampagnen durch die Polizeibehörden vor Ort auch Kontaktaufnahmen, beispielsweise zu Kulturvereinen oder Moscheen, um dort über den Polizeiberuf zu informieren und insbesondere Fragen der Elterngeneration zu beantworten. 78. Was hat die Landesregierung unternommen, um die wissenschaftliche Analysekompetenz in der Rechtsextremismusbeobachtung beim Verfassungsschutz und in der Polizei zu stärken? Die Sammlung und Auswertung von Informationen über Bestrebungen im Sinne des § 3 Abs. 1 Nrn. 1, 3 und 4 NVerfSchG ist Aufgabe des Niedersächsischen Verfassungsschutzes. Die zu Frage 90 dargestellte Verbesserung der wissenschaftlichen Analysekompetenz beim Verfassungsschutz Niedersachsen wirkt gleichermaßen auf den Bereich Rechtsextremismus. Durch zusätzliche Einstellungen wurde seit dem Jahr 2012 die Anzahl der wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Referat für Rechtsextremismus und –terrorismus von zwei auf acht aufgestockt, wobei ein Teil dieser Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Rahmen der Präventionsarbeit auch in die Arbeit anderer Phänomenbereiche eingebunden ist. 79. Was hat die Landesregierung unternommen, um die Aufklärung und Bekämpfung krimineller rechtsextremistischer Strukturen voranzutreiben, zu optimieren und zu harmonisieren? Um entsprechende Ideologien rechtzeitig zu identifizieren und der Bildung und Verfestigung relevanter Strukturen schon im Ansatz entgegenzuwirken, kommt es entscheidend auf intakte Präventionsnetzwerke unterschiedlicher gesellschaftlicher und staatlicher Akteure sowie Institutionen vor Ort an (u. a. Schulen, Erwachsenen-Bildungseinrichtungen, Träger der Jugendsozialarbeit , Feuerwehren, Sportvereine und sonstige Vereine, kommunale Präventionsräte). Die Polizeibehörden unterstützen durch ihr spezifisches Fachwissen gezielt andere gesellschaftliche und staatliche Akteure in deren Präventionsarbeit. Dabei gilt es, zielgruppenorientiert Wissen über Täterstrategien und rechtsmotivierte Gefährdungslagen zu vermitteln, über Handlungsoptionen zu informieren, die Aufmerksamkeit und Zivilcourage Einzelner zu stärken, die Opferempathie zu fördern sowie staatliche Handlungsfähigkeit vor Ort zu verdeutlichen. Mit Wirkung vom 15.01.2014 wurde die Präventionsstelle Politisch Motivierte Kriminalität (PPMK) im Landeskriminalamt Niedersachsen eingerichtet. Im engen Zusammenwirken mit Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/5265 27 • dem Landeskriminalamt Niedersachsen, Dezernat 32 - Prävention und Jugendsachen, • dem Landeskriminalamt Niedersachsen, Dezernat 42 – Zentralstelle Auswertung/Analyse/Ermittlungen im Phänomenbereich Links/ Rechts, • den Polizeidirektionen Niedersachsens, Dezernate 11 und deren Polizeiinspektionen, • dem Verfassungsschutz Niedersachsen, -Referat 53, • dem Landespräventionsrat sowie • weiteren externen Partnern dient sie als Zentralstelle einer verbesserten Koordinierung der Extremismusprävention innerhalb der niedersächsischen Polizei sowie der fachlichen Unterstützung der Polizeibehörden und –dienststellen und bündelt so die Kräfte und fachliche Expertise für alle Phänomenbereiche der politisch motivierten Kriminalität (PMK). Darüber hinaus ist die Zusammenarbeit mit den Justizbehörden von elementarer Bedeutung. Nach strafrechtlichen Ermittlungen gegen politisch rechtsmotivierte Straftäter ist – insbesondere bei Propaganda- und Gewaltdelikten – eine zeitnahe, konsequente und differenzierte Verfolgung und Ahndung wichtige Voraussetzung, möglichen Radikalisierungstendenzen spezial- und damit auch generalpräventiv entgegenzuwirken. 80. In welchem Umfang und wo hat die Landesregierung zusätzliche Stellen für den Bereich Bekämpfung des Rechtsextremismus eingerichtet? Mit dem Haushaltsplan 2017/2018 wurden im Haushaltsjahr 2017 in der Geschäftsstelle des Landespräventionsrates beim Justizministerium drei Stellen zur Koordinierung des „Niedersächsischen Landesprogramms gegen Rechtsextremismus – für Demokratie und Menschenrechte“ eingerichtet: Eine Planstelle der Bes.-Gr. A 15 (Direktor/-in), eine Planstelle der Bes.-Gr. A 13 (Rat/Rätin) sowie eine Planstelle der Bes.-Gr. A 9+Z (Amtsinspektor/-in). Mit dem Haushaltsplan 2017/2018 wurde im Haushaltsjahr 2018 außerdem eine Planstelle der Bes.-Gr. A 10 (ursprünglich befristet bis 31.12.2017) dauerhaft zur Fortsetzung des Projektes „Prävention durch Aufklärung gegen Rechtsextremismus und für Courage“ (PARC) zur Verfügung gestellt. In den Haushaltsjahren 2016 und 2017 wurde der Rechtsextremismusbereich des Verfassungsschutzes um jeweils eine Stelle verstärkt. Im Haushaltsjahr 2019 wurden weitere 5 Stellen für die Stärkung des Rechtsextremismus-Bereiches eingerichtet, eine Stelle der BesGr. A14 NBesG für die wissenschaftliche Mitarbeit und 4 Stellen der Wertigkeit A12 NBesG für die Internetbearbeitung. Zusätzliche Stellen explizit für den Bereich „Bekämpfung des Rechtsextremismus“ sind in der Polizei Niedersachsen nicht eingerichtet worden. Straftaten der politisch motivierten Kriminalität werden im Bereich des Polizeilichen Staatsschutzes in den folgenden Behörden bzw. Dienststellen bearbeitet: 1. Abteilung 4 des Landeskriminalamts Niedersachsen 2. Fachkommissariate 4 der Zentralen Kriminaldienste der Polizeiinspektionen in den Polizeidirektionen 3. Kriminalfachinspektion 4 des Zentralen Kriminaldienstes der Polizeidirektion Hannover 4. Ermittlungseinheiten Staatsschutz der Zentralen Kriminalinspektionen (ohne Polizeidirektion Hannover). In den Staatsschutzdienststellen werden alle staatsschutzrelevanten Sachverhalte bearbeitet. Eine Feststellung des für die Bekämpfung der PMK –rechts speziell eingesetzten bzw. zuständigen Personals findet in Abgrenzung zu den anderen Phänomenbereichen der PMK durch das Niedersächsische Ministerium für Inneres und Sport nicht statt. Insofern liegen Zahlen im Sinne der Fragestellung nicht vor. Die Personalstärken im Bereich des polizeilichen Staatsschutzes (Vollzugs-, Verwaltungs- und Tarifpersonal) wurden in den letzten Jahren kontinuierlich den erhöhten Anforderungen angepasst. Diese sind der Tabelle zu entnehmen und beinhalten alle o.g. Staatsschutzdienststellen: Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/5265 28 Stichtag Personen VZE1 01.10.2013 380 336,98 01.10.2014 376 335,34 01.10.2015 400 348,61 01.10.2016 420 362,18 01.10.2017 458 398,46 01.10.2018 495 426,25 01.07.2019 528 457,98 Quelle: Auswertung aus dem Personalmanagementverfahren vom 31.07.2019 81. Welche Maßnahmen hat die Landesregierung ergriffen, um die Internetbeobachtung und Auswertung rechtsextremistischer Internetseiten und -inhalte zu verstärken? Die Nutzung des Internets durch Rechtsextremisten und rechte Straftäter erfordert von den Sicherheitsbehörden angepasste Bekämpfungsmaßnahmen und gewinnt auch für die Aufgabenerfüllung des Verfassungsschutzes und der Polizei weiter an Bedeutung. Zuletzt auf der Sondersitzung der Innenministerkonferenz am 18. Oktober 2019 wurde vereinbart, dass der Bund und die Länder eine koordinierte Strategie zur Analyse rechtsextremistischer Strukturen, Netzwerke und Einzelpersonen – insbesondere im Internet – nachhaltig fortentwickeln. Sämtliche Erkenntnisse des Bundes zu regionalen Bezügen und Strukturen müssen den Ländern (Verfassungsschutz und Polizei) zur Verfügung gestellt werden. Verantwortliche, die Hass und Hetze im Internet verbreiten, müssen ermittelt werden und aus der Anonymität des Netzes herausgeholt werden. Um dieser Entwicklung Schritt zu halten, wird die Auswertung extremistischer Internetseiten durch den Verfassungsschutz Niedersachsen für alle Phänomenbereiche intensiviert. Hierfür sind weitere vierzehn neue Stellen in Planung, die sich auf die Internetbearbeitung spezialisieren werden, von denen 4 für den Fachbereich Rechtsextremismus vorgesehen sind. Die Polizei Niedersachsen nutzt soziale Medien, um u.a. über aktuelle Einsatzlagen, Kriminalitätsphänomene, Präventionsthemen und Veranstaltungen zu informieren. Die zahlreichen regional eingerichteten Accounts auf Twitter, Instagram und Facebook versuchen stets Themen aufzugreifen, die lokal von Interesse sind. „Open-Source-Intelligence“ beschreibt die Nachrichtengewinnung durch Informationen aus frei verfügbaren, offenen Quellen im digitalen Raum, um durch Analyse der unterschiedlichen Informationen verwertbare Erkenntnisse zu gewinnen. Um dafür mehr digitale Kompetenz für die Polizei Niedersachsen zu schaffen, werden neue Mitarbeiter als sogenannte „Intel Officer“ in den Leitstellen der Polizei die polizeilichen Einsatzkräfte im Einsatz über relevante Echtzeitinformationen aus öffentlich zugänglichen Quellen des Internets und sozialer Netzwerke informieren. Eine Intensivierung der Recherche und Auswertung von offenen und verdeckten Quellen wie „Chat- Rooms“ und geschlossenen Benutzerforen der rechten Szene wird regelmäßig durch die Koordinierte Internetauswertung Rechtsextremismus (KIAR) im Bundeskriminalamt gewährleistet. In dieser Organisation soll die Kooperation von fachlicher und technischer Expertise im Bereich der Internetauswertung zusammengeführt werden, um so Wissenskompetenz und Ressourcen zu bündeln und bislang entstehende Doppelarbeiten und Kommunikationsdefizite zu vermeiden. 82. Was hat die Landesregierung unternommen, um einen kontinuierlichen Fahndungsund Kontrolldruck gegen die rechtsextremistische Szene in Niedersachsen auszuüben? 1 VZE = Vollzeiteinheiten Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/5265 29 Die Polizei Niedersachsen verfolgt das Ziel, Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln entgegenzuwirken. Die nachhaltige und konsequente Bekämpfung der PMK -rechts ist Gesamtaufgabe aller Angehörigen der Niedersächsischen Landespolizei. Dies soll erreicht werden - mit der Durchführung von Maßnahmen der Gefahrenabwehr und Strafverfolgung unter Ausschöpfung aller rechtlichen Möglichkeiten wie Befragungen, Identitätsfeststellungen, Platzverweisungen, Aufenthaltsverbote, Ingewahrsamnahmen, Durchsuchungen, Sicherstellungen , Beschlagnahmen, Initiierung der Prüfung des Entzugs von Fahrerlaubnissen, Erkenntnismitteilung zur Prüfung/Versagung von Waffenerlaubnissen, - durch frühzeitiges Initiieren von Gefahrenermittlungsvorgängen und Einleiten von Ermittlungsverfahren, - durch verstärkte offene polizeiliche Präsenz an bekannten Treff- und Brennpunkten von auffälligen Gruppierungen der rechten Szene unter Einbeziehung von Örtlichkeiten/Objekten von besonderer Bedeutung („Symbolkraft“) für die Szene und Erhöhung der Kontrolldichte, - durch offene und verdeckte Aufklärung der relevanten lokalen und regionalen Organisationen, Strukturen, Personen und Örtlichkeiten der rechten Szene mittels einer aktiven, kontinuierlichen, anlassunabhängigen und anlassbezogenen Informationsbeschaffung, - mit der Durchführung von Gefährderansprachen aus besonderem Anlass sowie gezielter Ansprache von sogenannten Mitläufern, potentiellen Szene-Einsteigenden sowie Sympathisierenden und durch - erhöhten Beobachtungs- und Kontrolldruck bei als Gefährdern, Relevanten Personen und/oder Mehrfach-/Gewalttätern eingestuften Personen. Die Einstufung als Gefährder oder Relevante Person dient der Klassifizierung von Gefährdungspotenzialen von Personen im Bereich der PMK -rechts/ des Rechtsextremismus. Ziel ist, durch Ausnutzung von Standardmaßnahmen und einen erhöhten Beobachtungs- und Kontrolldruck, eine optimierte Erkenntnisgewinnung und damit nachhaltig eine Einschränkung/Verhinderung der Wirkungsmöglichkeiten dieses herausgehobenen Personenkreises zu erreichen. Die Personalstärke in den Dienststellen des Polizeilichen Staatsschutzes ist – auch in Bezug auf die Bekämpfung der PMK – rechts – fortlaufend überprüft und angepasst worden. 83. Was hat die Landesregierung unternommen, um das Gewaltpotenzial rechtsextremer Straftäter und der von ihnen ausgehenden Straftaten darzustellen und zu dokumentieren? Gewaltdelikte durch politisch motivierte Täter haben weitreichende Folgen für die Opfer und beeinträchtigen das Sicherheitsempfinden weiter Teile der Bevölkerung in besonders hohem Maße. Dabei ist die Gewaltbereitschaft ein wesentliches Merkmal menschenfeindlicher, rechtsmotivierter und rechtsextremistischer Ideologien und nahezu fester Bestandteil in einem frühen Radikalisierungsstadium. Zur Darstellung und Dokumentation des Gewaltpotenzials rechtsextremer Straftäter ist bei der Polizei Niedersachsen das „Mehrfach- und Gewalttäterkonzept PMK-rechts“ vom 21.04.2017 installiert. Ziel dieses Konzeptes ist die Minimierung von politisch motivierten Gewalttaten, die Einengung des Aktionsraumes und die Intensivierung strafverfolgender und deradikalisierender Maßnahmen gegen Mehrfach-/Gewalttäter PMK - rechts. 84. Was hat die Landesregierung unternommen, um sicherzustellen, dass auch nach Ablauf der strafrechtlichen Verjährungsfrist Taten mit rechtsextremistischem Hintergrund dahin gehend regelmäßig analysiert werden, ob bei eigenen oder anderen Behörden neu erlangte Informationen vorliegen und angefordert werden können, die ein neues Gesamtlagebild ergeben und bislang unerkannte Zusammenhänge aufzeigen können? Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/5265 30 Eine regelmäßige Analyse aller politisch motivierter Taten mit rechtsextremistischem Hintergrund findet, insbesondere aufgrund datenschutzrechtlicher Hemmnisse, nach Abschluss der polizeilichen Ermittlungen proaktiv bzw. anlassunabhängig nicht statt. Nach Eingang neuer Informationen zum Sachverhalt, wird dieser, unabhängig von strafrechtlichen Verjährungsfristen, erneut analysiert und ggf. im Gemeinsamen Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrum von Polizei und Verfassungsschutz vorgestellt, um ein bestehendes Lagebild zu ergänzen oder ein neues Lagebild zu entwickeln. Personenbezogen findet eine regelmäßige Analyse bei eingestuften relevanten Personen oder Gefährdern in Form von Gefahrenermittlungsvorgängen und ständig aktualisierter Personagramme statt. Des Weiteren werden fortlaufend Tat-/Tat-, Tat-/Täter-, Täter-/Täterzusammenhänge analysiert. 85. Was hat die Landesregierung unternommen, damit der Fahndung nach untergetauchten Rechtsextremisten eine besondere Bedeutung bei den Ermittlungsbehörden zukommt? Siehe Beantwortung zu Frage 60. 86. Was hat die Landesregierung unternommen, um die Aussagen der Opfer/Opferzeugen bei der polizeilichen Ermittlung stärker zu berücksichtigen? Ein hohes Sicherheitsgefühl der Bevölkerung ist wichtiges Ziel einer nachhaltigen polizeilichen Präventionsarbeit. Es stärkt die Zivilcourage der Bevölkerung und die Bereitschaft, sich eigeninitiativ zu engagieren oder auffällige Verhaltensweisen mitzuteilen, bei Kenntnis von Straftaten Anzeige zu erstatten, sich als Zeuge zur Verfügung zu stellen und frühzeitig auf mögliche Radikalisierungsprozesse hinzuweisen. Ein ganzheitlicher Ansatz zur Erhöhung des Sicherheitsgefühls umfasst dabei ebenfalls die Opferfürsorge. Dazu gehören die Nachsorge von Opfern rechtsmotivierter Übergriffe, insbesondere fremdenfeindlicher Gewalttaten und die Vermittlung Betroffener an Beratungsstellen. Die Themenkomplexe der Vernehmung von Opfer/Opferzeugen werden in deliktsunspezifischen Seminaren vermittelt. Dabei wird für den Bereich der Fortbildung im kriminalistischen Bereich auf die unter Frage 72 aufgegriffenen Fortbildungsinhalte im Rahmen des Vernehmungsseminars reflektiert. Die Rolle des Opfers im Strafverfahren bei der polizeilichen Ermittlung an sich ist dabei integrativer Bestandteil sowohl kriminalistisch-empirischer Arbeit als auch kriminologischer Studien und fließt somit, vergleichbar eines „Roten Fadens“, in die Lehrinhalte ein. Bei der themenbezogenen Aus- und Fortbildung wird ein besonderes Augenmerk auf den Schutz von Opfern im Strafverfahren gelegt. Es geht zum einen um die strafverfahrensrechtlichen Möglichkeiten und zum anderen um die polizeilichen Möglichkeiten des Opferschutzes. Im Fokus steht zudem auch der Schutz der Opfer vor Übergriffen seitens der jeweiligen Beschuldigten in dem entsprechenden Strafverfahren. Auf Entschädigungsmöglichkeiten wird hingewiesen. Dabei geht es im Sinne der Viktimologie in erster Linie um die Vermeidung (Prävention) der Opferwerdung an sich, aber auch um die Vermeidung sekundärer Viktimisierung sowie um den Umgang mit traumatisierten Opfern (tertiäre Prävention). Neben der Aus- und Fortbildung ist das Thema Opfer-/Opferzeugenschutz auch regelmäßiger Bestandteil von Tagungen und Dienstbesprechungen der Polizei des Landes Niedersachsen. So wurde z.B. in einer Staatsschutztagung im Jahr 2016, an der rund 180 Personen teilgenommen haben, durch einen Vertreter des Bundesamtes für Justiz ein Vortrag zum Thema „Härteleistung für Opfer extremistischer Übergriffe aus dem Bundeshaushalt“ gehalten, um für diese Thematik auch aus dieser Perspektive zu sensibilisieren. III. Umsetzung der Empfehlungen für den Bereich des Verfassungsschutzes 87. Welche Maßnahmen hat die Landesregierung eingeleitet, um die bundesweiten Standards und Leitlinien zur Anwerbung und Führung von V-Leuten umzusetzen? Mit übereinstimmendem Beschluss der 198. IMK im Dezember 2013 wurden die bundesweiten Standards und Leitlinien zur Anwerbung und Führung von Vertrauenspersonen festgeschrieben und für umgesetzt erklärt. Dementsprechend orientiert sich die operative Facharbeit bzw. der Quellenbestand beim Verfassungsschutz Niedersachsen seit dem verbindlich an diesen Vorgaben. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/5265 31 Der Regelungsgehalt der IMK-Beschlusslage gilt grundsätzlich als untergesetzlicher Standard und findet unmittelbare Anwendung, soweit dieser nicht bereits in innerdienstlichen Vorschriften Eingang gefunden hat. Besonders sensible Kernelemente dieser Beschlussfassung sind zudem als gesetzliche Standards in die Novellierung des Niedersächsischen Verfassungsschutzgesetzes vom 15. September 2016 eingeflossen. Dies betrifft insbesondere die Regelung von Ausschlusskriterien zur Inanspruchnahme von Minderjährigen, verurteilten Straftätern, Szeneaussteigern und Ausstiegswilligen als Vertrauensperson. Die Anwerbung und Führung von Vertrauenspersonen beim Verfassungsschutz Niedersachsen erfolgt zwingend unter der Maßgabe der Beachtung dieser gesetzlichen und untergesetzlichen Vorgaben. Die Einhaltung der Standards wird fortlaufend überprüft und insbesondere anhand des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes begrenzt. 88. Was hat die Landesregierung, über die Novelle des niedersächsischen Verfassungsschutzgesetzes in der 17. Wahlperiode hinaus, unternommen, um Ausschlusskritikerin und Maßgaben für die Werbung und den Einsatz von V-Leuten zu entwickeln? Siehe Antwort zu Frage 87. 89. Welche Maßnahmen hat die Landesregierung eingeleitet, damit der niedersächsische Verfassungsschutz für die Öffentlichkeit zum Informationsdienstleister über Rechtsextremismus wird? Im Januar 2014 hat der Verfassungsschutz Niedersachsen den Referatsteil „Prävention“ im Referat 53 (Rechtsextremismus/-terrorismus) eingerichtet. Die Anbindung des Referatsteils „Prävention“, in dem Präventionsansätze für alle vom Verfassungsschutz beobachteten Extremismusphänomene entwickelt werden, an den Fachbereich Rechtsextremismus begründet sich zum einen aus der besonderen Bedeutsamkeit des Rechtsextremismus als gesellschaftliche Herausforderung. Zum anderen gab es im Bereich des Rechtsextremismus zu diesem Zeitpunkt bereits die Wanderausstellung „Gemeinsam gegen Rechtsextremismus“, sodass der neue Referatsteil der Prävention hier fachlich anknüpfen konnte. Seit seiner Einrichtung wurde der Referatsteil personell und fachlich sukzessive ausgebaut. So waren bei seiner Einrichtung 2014 sieben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Prävention tätig, im September 2019 ist die Mitarbeiterzahl auf 17 angestiegen. In seiner Präventionsarbeit fokussiert sich der Verfassungsschutz Niedersachsen insbesondere auf die Informationsvermittlung an die Öffentlichkeit, aber auch an Multiplikatoren einschlägiger Berufsgruppen über Extremismus, Radikalisierungsprozesse sowie die innere Sicherheit betreffende Entwicklungen in der Gesellschaft. Darüber hinaus ist das Aussteigerprogramm Aktion Neustart (Rechtsextremismus und Islamismus) in der Prävention angesiedelt. Der Verfassungsschutz Niedersachsen stellt unterschiedliche Formate der Informationsvermittlung im Rahmen seiner Präventionsarbeit bereit: o Vortragstätigkeiten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Verfassungsschutzes können zu allen Themen des Extremismus als Referenten eingeladen werden, z.B. von Kommunen, zivilgesellschaftlichen Organisationen, Behörden, Parteien, Vereinen, Schulen und anderen Bildungseinrichtungen. Ebenso werden Projekttage, Seminare und Workshops fachlich begleitet. Seit dem Jahr 2013 sind die Vortragstätigkeiten angestiegen. Im Bereich des Rechtsextremismus stellt sich dies wie folgt dar: In den Jahren 2013 und 2014 wurde die Gesamtzahl der Vorträge zu allen Extremismusphänomenen gemeinsam erfasst: o 2013: 50 Vorträge mit rund 5.000 Teilnehmenden; o 2014: 62 Vorträge mit rund 1.800 Teilnehmenden. Seit dem Jahr 2015 werden die Vorträge nach Extremismusphänomenen aufgeschlüsselt. Somit beziehen sich folgende Angaben ausschließlich auf den Rechtsextremismus: o 2015: 49 Vorträge mit rund 1.375 Teilnehmenden; o 2016: 78 Vorträge mit rund 2.200 Teilnehmenden; o 2017: 99 Vorträge mit rund 3.300 Teilnehmenden; Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/5265 32 o 2018: 93 Vorträge mit rund 3.300 Teilnehmenden. o Wanderausstellung „Gemeinsam gegen Rechtsextremismus“ Bereits seit 2005 stellt der Niedersächsische Verfassungsschutz die Wanderausstellung zur Informationsvermittlung über den Rechtsextremismus zu Verfügung. Dieses Angebot richtet sich vor allem an Schülerinnen und Schüler sowie an Lehrkräfte. Schulklassen werden von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Verfassungsschutzes Niedersachsen in 90-minütigen Führungen über den Rechtsextremismus informiert. 2013 wurde die Ausstellung grundlegend überarbeitet und neu konzipiert. Seither (bis Ende 10/2019) war sie an 29 Orten in Niedersachsen zu sehen. In 970 Führungen konnten rund 22.000 Personen über den Rechtsextremismus informiert werden. o Publikationen Der Verfassungsschutz Niedersachsen erstellt Informationsmaterialien (Broschüren und Faltblätter) zu aktuellen Entwicklungen im Extremismus. Im Bereich Rechtsextremismus sind folgende Publikationen kostenfrei zu beziehen: o „Rechtsextremismus“, o „Reichsbürger und Selbstverwalter“, o „Identitäre Bewegung Deutschland (IBD): Ideologie und Aktionsfelder“. Aktuell ist eine Broschüre zum Thema „Antisemitismus“ in Vorbereitung. o Veranstaltungen Der Fachbereich Prävention organisiert drei regelmäßig stattfindende Veranstaltungsformate. Im jährlichen Turnus findet ein Symposium des Verfassungsschutzes Niedersachsen statt, bei dem Themen aufgenommen werden, die für alle Extremismusbereiche relevant sind. Die im Jahr 2014 begründete Reihe „Aktuell & Kontrovers“ greift in Form einer Podiumsdiskussion aktuelle Fragen in Bezug auf Extremismus und Prävention auf. Zudem ist der Bereich Prävention als Teil der Geschäftsführung der Kompetenzstelle Islamismusprävention Niedersachsen (KIP NI) für die Organisation der Jahrestagungen der KIP NI zuständig. Zum Rechtsextremismus haben bisher folgende Veranstaltungen stattgefunden: o „Antisemitismus im extremistischen Spektrum“ (Symposium, 2014), o „Salafismus und Islamfeindlichkeit. Aktuelle Zusammenhänge zwischen zwei Extremismusformen“ (Symposium, 2015), o „(Rechts-) Extremismus im Umbruch“ (Symposium, 2016), o „Heimat und Identität“ (Symposium, 2017), o „Wie manipulierbar sind Staat, Politik und Gesellschaft? Das Internet als Inszenierungsort von Extremismus“ (Aktuell und Kontrovers, 2017), o „Facebook, Instagram und Co. Die Bedeutung Neuer Medien für Extremismus und Prävention“ (Symposium, 2018), o „Jugendkultur und Extremismus“ (Symposium, 2019). o Wissenschaft Dem Niedersächsischen Verfassungsschutz ist es ein Anliegen, Wissenschaft und Forschung im Themenfeld Extremismus zu unterstützen. Daher stellt er der Forschungs- und Dokumentationsstelle zur Analyse politischer und religiöser Extremismen in Niedersachsen (Fodex) an der Universität Göttingen seine offenen Materialien für Forschungszwecke dauerhaft zur Verfügung. 90. Was hat die Landesregierung unternommen, um die wissenschaftliche Analysekompetenz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im niedersächsischen Verfassungsschutz zu verbessern? Die Landesregierung hat vielfältige Anstrengungen unternommen, um die wissenschaftliche Analysekompetent der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Verfassungsschutz zu verbessern. In Niedersachsen wurden aufgrund des Beschlusses der IMK vom 07.12.2012 die im Bericht vom 03.12.2012 aufgeführten Vorschläge und Maßnahmen zur Neuausrichtung des Verfassungsschutzes unter Berücksichtigung der Empfehlungen der Bund-/Länder-/ Expertenkommission „Rechtsextremismus“ schrittweise umgesetzt. Insbesondere der Bereich Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/5265 33 „Personal, Aus- und Fortbildung, Akademie für Verfassungsschutz“ wurde maßgeblich von Niedersachsen mitgestaltet, da Niedersachsen zu diesen Themen die Federführung in der dazu vom AK IV (Verfassungsschutz) eingesetzten Arbeitsgruppe innehatte. Die Ergebnisse dieser Arbeitsgruppe für die Bereiche Personalauswahl sowie Aus- und Fortbildung wurden wie folgt umgesetzt: o Personalauswahl: Schon bei der Stellenausschreibung wird sehr große Sorgfalt auf das Anforderungsprofil gelegt. Die konkret benötigten Kompetenzen werden zielgerichtet und bedarfsorientiert unter Beteiligung der Fachreferate formuliert. Dabei werden auch gezielt Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unterschiedlichster Fachrichtungen angesprochen. Das Personalauswahlverfahren richtet sich dann nach dem Anforderungsprofil der ausgeschriebenen Stelle. Im Rahmen der Personalauswahl werden strukturierte Interviews geführt, die sowohl schriftliche als auch mündliche Verfahrensbestandteile umfassen. Zusätzlich werden soziale und kommunikative Kompetenzen sowie explizit analytische und methodische Fähigkeiten abgetestet. o Ausbildung: Laufbahnausbildung: Der Bund bietet eine eigene Laufbahnausbildung des gehobenen Dienstes für den Verfassungsschutz an. Erfahrungen mit Personen, die beim Bund diese Ausbildung absolviert haben, und sich nach Niedersachsen haben versetzen lassen, haben gezeigt, dass diese Personen über eine sehr umfassende nachrichtendienstliche Ausbildung verfügen und damit eine wertvolle Ergänzung der Personalstruktur beim Verfassungsschutz Niedersachsen sind. Neben wenigen vom Bund übernommenen ausgebildeten Verfassungsschützern setzt sich das Personal des Verfassungsschutzes Niedersachsen überwiegend aus Polizeivollzugs-, Verwaltungsbeamtinnen und –beamten und Wissenschaftlerinnen und Wissentschaftlern zusammen. Niedersachsen strebt eine Beteiligung an der Ausbildung für den Erwerb der Laufbahnbefähigung für das erste Einstiegsamt der Laufbahngruppe 2 beim Bundesamt für Verfassungsschutz an. Hierfür müssen allerdings noch die laufbahnrechtlichen Voraussetzungen geschaffen werden. Zusatzausbildung: Für die Einarbeitung neuer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wurde eine Zusatzausbildung („Einführungslehrgang“) konzipiert, in der notwendiges unverzichtbares Grundlagenwissen für eine Tätigkeit im Verfassungsschutzverbund vermittelt wird. Die Inhalte differieren bezogen auf die unterschiedlichen Laufbahngruppen und beinhalten auch die Vermittlung von wissenschaftlichen Kernkompetenzen. Die Zusatzausbildung ist verpflichtend für alle neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verfassungsschutzbehörden, die keine verfassungsschutzspezifische Laufbahnausbildung genossen haben. Masterstudiengang MISS: An der Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung wurde im Jahr 2019 erstmalig der Studiengang „Master of Intelligence and Security Studies (MISS)“ implementiert, um den speziellen Anforderungen der Nachrichtendienste im höheren Dienst nachzukommen. Dieser Studiengang zeichnet sich insbesondere dadurch aus, wissenschaftliche Expertise zu vermitteln. Er umfasst folgende Schwerpunkte: Professionalisierung der Ausbildung, Anschluss an internationale Ausbildungsstandards, Standardisierung und Vernetzung der Praxis, Ausbau intelligence-bezogener Forschung, wissenschaftliche Beratung von Politik und Verwaltung, Stärkung der Innovationsfähigkeit und Förderung des gesellschaftlichen Diskurses. Niedersachsen hat als eins von wenigen Bundesländern einen Mitarbeiter des gehobenen Dienstes zu diesem Pilotstudiengang entsandt. Fortbildung: Die gemeinsame Bildungseinrichtung aller Verfassungsschutzbehörden, die Schule für Verfassungsschutz, ist zu einer Akademie ausgebaut worden. Damit verbunden war die Erwartung, die Akademie für Verfassungsschutz (AfV) zu einer Wissensdrehscheibe und Denkfabrik weiterzuentwickeln. Die Vernetzung von Wissenschaft und Forschung ist stetig vorangetrieben worden. In der Praxis spiegelt sich dies in vielfältigen Angeboten wie Arbeitskreisen zu wissenschaftlichen Themenstellungen, Führungskräftekollegs, Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/5265 34 Sonderveranstaltungen mit renommierten Personen aus der Wissenschaft, dem Journalismus oder der Politik sowie ausgewählten Seminaren und der Herausgabe von Broschüren der wissenschaftlichen Dozenten der AfV wieder. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Verfassungsschutzes Niedersachsen nutzen diese Angebote. Weitere Handlungsempfehlungen für den Bereich Personal hat die von Innenminister Boris Pistorius am 04. September 2013 eingerichtete Expertengruppe zur Reform des Verfassungsschutzes Niedersachsen in ihrem Abschlussbericht vom 16.04.2014 gegeben, die ebenfalls berücksichtigt wurden: • Ein Arbeitskreis der in der niedersächsischen Verfassungsschutzbehörde tätigen wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wurde ins Leben gerufen, um den wissenschaftlichen Diskurs im Hause zu institutionalisieren und auch hausintern bedarfsgerechte Fortbildungen anzubieten. • Die Umsetzung der zu Auswahlkriterien und –verfahren gegebenen Empfehlungen wurde bereits oben unter dem Punkt Personalauswahl dargestellt. Besonders hervorzuheben ist an dieser Stelle die Empfehlung der Expertengruppe, bei Stellenbesetzungen Fachkompetenzen zur Bewertung gesellschaftspolitischer Zusammenhänge zu gewichten. Die wissenschaftliche Ausrichtung sollte auch nicht zu einseitig sein, sondern eine gewisse Breite aufweisen. Bereits bei der Beschreibung des jeweiligen Anforderungsprofils wird daher die besondere fachliche Qualifikation gegenüber den allgemeinen verwaltungsfachlichen Kenntnissen besonders gewichtet. Im Jahr 2012 waren beim Verfassungsschutz Niedersachsen sechs wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt, bis heute wurde diese Anzahl durch gezielte Neueinstellungen auf derzeit 20 ausgeweitet; eine weitere Einstellung steht unmittelbar bevor. Derzeit sind elf Politikwissenschaftler/-innen beschäftigt, von denen jeweils zwei auch Islam- bzw. Religionswissenschaftler sind, ein Politikwissenschaftler hat zusätzlich Geschichte studiert. Zusätzlich werden fünf Islamwissenschaftler/-innen beschäftigt, eine Sozialwissenschaftlerin, eine Absolventin der Nahost/-Asienwissenschaften, eine Psychologin sowie zwei Absolventen des Studienganges Soziale Arbeit. Derzeit laufen aktuelle Personalauswahlverfahren, um die wissenschaftliche Kompetenz zu verstärken. Darüber hinaus wird in Kürze eine umfangreiche Verstärkung aller Auswertungsbereiche mit Internetkompetenz erfolgen. Bei diesen Ausschreibungen wird explizit um Wissenschaftler/-innen mit zusätzlicher IT-Kompetenz geworben. 91. Hat die Landesregierung die Einsetzung eines Verbindungsbeamten zwischen niedersächsischem Verfassungsschutz und Landeskriminalamt eingeleitet? Wenn nein, warum nicht? Siehe hierzu die Beantwortung der Frage 66. 92. Welche Maßnahmen hat die Landesregierung ergriffen, um eine gemeinsame Informations- und Analysestelle des niedersächsischen Verfassungsschutzes und des Landeskriminalamts einzurichten? Siehe hierzu die Beantwortung der Frage 66. 93. Was hat die Landesregierung unternommen, um den Leitfaden zur Optimierung der Zusammenarbeit zwischen Polizei und Verfassungsschutz in den niedersächsischen Behörden umzusetzen? Der politisch und religiös motivierte Extremismus und Terrorismus stellt eine besondere Bedrohung für die Innere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland und somit auch eine zentrale Herausforderung für die niedersächsischen Sicherheitsbehörden dar. Zur frühzeitigen Erkennung von extremistischen Strömungen, der Abwehr dadurch begründeter Gefahren, der Prävention sowie der effizienten Strafverfolgung ist ein ganzheitlicher Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/5265 35 Bekämpfungsansatz erforderlich. Er setzt einen intensiven, frühzeitigen, fortlaufenden, adressatengerechten, sowohl standardisierten als auch einzelfallbezogenen Informationsaustausch zwischen den Polizeibehörden und dem Verfassungsschutz voraus. Die Bündelung vorhandener Ressourcen und Kompetenzen sowie eine engen Verzahnung der Frühwarnfunktion des Verfassungsschutzes mit der effektiven Gefahrenabwehr und Strafverfolgung der Polizei sind dabei von elementarer Bedeutung. Ziel ist das Erreichen eines höchstmöglichen Informationsstandes über extremistische Personen, Gruppierungen, Organisationen und Brennpunkte. Mit Erlass vom 13.03.2018 wurde die Landesarbeitsgruppe „Zusammenarbeit von Polizei und Verfassungsschutz auf dem Gebiet des politischen und religiösen Extremismus / Terrorismus; Fortentwicklung der Zusammenarbeit“ eingesetzt. Es wurden die verschiedenen Erfordernisse und Wege einer effizienten und effektiven Zusammenarbeit zwischen Polizei und Verfassungsschutz für die Praxis aufgezeigt und festgelegt, um einen engen, intensiven und vertrauensvollen und die rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfenden Austausch der Behörden über • Erkenntnisse in Einzelfällen, • regelmäßig aktualisierte, brennpunktorientierte Lagebilder, • aktuelle Phänomene zur Erstellung einer umfassenden Lagebeurteilung; • abzustimmende operative Maßnahmen sowie • die Erkenntnisgewinnung und –bewertung von Organisationen im Hinblick auf die Initiierung von Vereinsverboten zu erreichen. Neben dem einzelfallbezogenen Erkenntnisaustausch – insbesondere auf Sachbearbeiterebene – erfolgt darüber hinaus ein anlassabhängiger Austausch zwischen Polizei und Verfassungsschutz in unterschiedlichen Gremien, wie • Besprechungen zu Rückkehrern (aller Phänomenbereiche), • Besprechungen zu Inhaftierung / Entlassung, • Besprechungen zu Reisebewegungen in und aus Kriegs- und Krisengebieten, • brennpunktbezogene Fallkonferenzen und • standardisierte(r) regelmäßige(r) Informationsaustausch / Zusammenarbeit im Gemeinsames Informations- und Analysezentrum (GIAZ). Der Geschäftsführer des GIAZ (LKA / Verfassungsschutz) nimmt regelmäßig im Landeskriminalamt an der Telefonschaltkonferenz der Kommission Staatsschutz der Arbeitsgemeinschaft der Leiter der Landeskriminalämter mit dem Bundeskriminalamt (AG Kripo) teil. IV. Maßnahmen für den Bereich der Justiz 94. Welche Maßnahmen hat die Landesregierung getroffen, um einen verbindlichen gegenseitigen Informationsaustausch zwischen Polizei und Justiz sicherzustellen (zumindest bei PMK-Gewaltdelikten)? Auf der Grundlage des gemeinsamen Runderlasses des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport und des Niedersächsischen Justizministeriums vom 09.04.2018 „Zusammenarbeit von Polizei, Verfassungsschutz, Staatsanwaltschaften, Justizvollzug und Ambulanten Justizsozialdienst Niedersachsen auf dem Gebiet des politischen und religiösen Extremismus/Terrorismus“ findet ein regelmäßiger Informationsaustausch mit den jeweils zuständigen Staatsanwaltschaften statt. In Fällen von Gewaltdelikten der politisch motivierten Kriminalität wird in der Regel in zeitlicher Nähe zum Bekanntwerden der Straftat der Kontakt zur Staatsanwaltschaft gesucht. Die Amtsgerichte sind bei Maßnahmen zur Gefahrenabwehr ebenfalls frühzeitig eingebunden. Darüber hinaus wurde im Niedersächsischen Justizministerium zur effektiven Verfolgung terroristischer Straftaten und zur wirksamen Bekämpfung akut auftretender terroristischer Gefährdungslagen bei der Generalstaatsanwaltschaft Celle die landesweit zuständige „Zentralstelle Terrorismusbekämpfung“ eingerichtet, die mit Wirkung zum 01.01.2017 ihre Arbeit aufgenommen hat. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/5265 36 Die Zentralstelle ist sachlich zuständig für die Bearbeitung aller in Niedersachsen anfallenden Ermittlungs- und Strafverfahren, wenn zureichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass es sich um eine terroristisch motivierte Straftat handelt. Für den Bereich der Straftaten nach § 129a StGB (Bildung terroristischer Vereinigungen) gilt dies allerdings nur, wenn der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof (GBA) ein gemäß § 120 Abs. 1 Nr. 6 GVG in seine originäre Verfolgungszuständigkeit fallendes Verfahren wegen „minderer Bedeutung“ gemäß § 142a Abs. 2 Nr. 2 GVG an die Zentralstelle abgibt. Die Zentralstelle Terrorismusbekämpfung bei der Generalstaatsanwaltschaft Celle hat die bereits seit dem 01.08.2011 bei der Staatsanwaltschaft in Hannover eingerichtete „Zentralstelle zur Bekämpfung des politisch und religiös motivierten Terrorismus“ ersetzt, die bis zum 31.12.2016 einen vergleichbaren Aufgabenzuschnitt hatte. Gemäß Ziff. 4.1 d. AV d. MJ v. 20.12.2016 ist die Zentralstelle Ansprechpartnerin des LKA für Ermittlungen im Vorfeld terroristisch motivierter Straftaten sowie für alle in ihren Zuständigkeitsbereich fallenden Sachverhalte. Auf dieser Basis ist ein intensiver wechselseitiger Informationsaustausch mit der Polizei – landesweit – sichergestellt. Überdies hält die Zentralstelle gemäß Nr. 4.2 der genannten AV über den Rahmen der Fortbildung und des Erfahrungsaustauschs hinaus Kontakt zu den mit der Bekämpfung und der Verfolgung des Terrorismus befassten Dienststellen auf Bundes- und Landesebene, insbesondere zum LKA, zum BKA, zum GBA und zu den Verfassungsschutzbehörden. Sie teilt ihre dabei gewonnenen Erkenntnisse den Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartnern bei den Staatsanwaltschaften Braunschweig, Lüneburg und Oldenburg, welche in dem jeweiligen Bezirk der Generalstaatsanwaltschaft für den gesamten Bezirk zuständige Staatsschutzabteilungen haben, sowie den Generalstaatsanwaltschaften in Braunschweig und Oldenburg mit. Darüber hinaus berichten die niedersächsischen Generalstaatsanwaltschaften, die für die Bearbeitung politisch motivierter Straftaten zuständigen Dezernentinnen und Dezernenten stünden in einem ständigen vertrauensvollen Informationsaustausch mit der Polizei. Es sei ein gemeinsames Anliegen von Polizei und Staatsanwaltschaft, rechtzeitig und mit allen rechtlich zulässigen Mitteln gegen jedwede Form extremistischer Strömungen und einhergehender Straftaten vorzugehen. Im Übrigen finden bereits seit einigen Jahren regelmäßige Dienstbesprechungen des Verfassungsschutzes Niedersachsen mit den niedersächsischen Generalstaatsanwaltschaften und Staatsanwaltschaften zu Themen der Inneren Sicherheit statt. 95. Was hat die Landesregierung unternommen, um die Pflicht der Länderstaatsanwaltschaften, den Generalbundesanwalt (GBA) in den entsprechenden Fällen frühzeitig einzubinden, umzusetzen? Der NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestages hatte festgestellt, dass die Staatsanwaltschaften , die mit den Ermittlungen betraut waren, dem Generalbundesanwalt weder die Akten noch sonstige Informationen übersandt hatten, anhand derer er seine Zuständigkeit hätte prüfen können. Insofern wurde § 142 a Abs. 1 GVG mit Wirkung vom 01.08.2015 dahingehend geändert, dass es für eine Übernahme der Strafverfolgung durch den Generalbundesanwalt bereits genügt, dass zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für die seine Zuständigkeit begründenden Voraussetzungen gegeben sind. Vorgänge, die Anlass zu der Prüfung einer Übernahme der Strafverfolgung durch den Generalbundesanwalt geben, sollen die Staatsanwaltschaften danach unverzüglich übersenden. Bereits bei Vorliegen des Referentenentwurfs u.a. zu der genannten Gesetzesänderung hat das Niedersächsische Justizministerium seine Praxis beteiligt. Zu den genannten Änderungsvorschlägen erfolgte eine durchweg positive Resonanz. Die beabsichtigte gesetzlich verankerte Übermittlungspflicht der Staatsanwaltschaften der Länder in § 142 a GVG wurde für sinnvoll erachtet. Noch vor Inkrafttreten der Gesetzesänderung am 01.08.2015 wurden die niedersächsischen Generalstaatsanwaltschaften und Oberlandesgerichte hierüber unterrichtet, verbunden mit der Bitte, auch ihren jeweils nachgeordneten Geschäftsbereich zu sensibilisieren. Überdies wurde durch die Einrichtung der Zentralstelle Terrorismusbekämpfung gewährleistet, dass die elf Staatsanwaltschaften des Landes frühzeitig entsprechende Sachverhalte an die Zentralstelle übermitteln. Die Zentralstelle übersendet gemäß Ziff. 2.2.2 d. AV d. MJ v. 20.12.2016 nach Maßgabe von § 142 a Abs. 1 Satz 3 und Nr. 202 RiStBV solche Verfahren an den Generalbundesanwalt, bei denen Anlass zur Prüfung besteht, ob eine in die Verfolgungszuständigkeit des Generalbundesanwalts fallende Straftat vorliegt. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/5265 37 Dies geschieht in einschlägigen Fällen zeitnah und umfassend. Darüber hinaus existieren bei den niedersächsischen Staatsanwaltschaften für den Fall terroristischer Anschläge Alarmierungspläne. Für den Fall äußerst eiliger Unterrichtung des GBA steht damit u.a. die Erreichbarkeit des Bereitschaftsdienstes des GBA allen Staatsanwälten zur Verfügung. Im Übrigen ist die Sensibilisierung der Staatsanwälte, insbesondere in Spezialabteilungen für politisch motivierte Straftaten, so weit vorangeschritten, dass politisch motivierte Taten von Gewicht dem GBA zur Kenntnis gegeben werden. 96. Welche Maßnahmen hat die Landesregierung eingeleitet, um die Zusammenarbeit der Länderstaatsanwaltschaften mit dem GBA zu verbessern und zu intensivieren? Insoweit wird auf die Antwort zu Frage 95 verwiesen. Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass der Generalstaatsanwalt in Celle ständiges Mitglied der „AG Extremismus“ ist, in der neben Vertretern des Generalbundesanwalts acht weitere Generalstaatsanwälte/Generalstaatsanwältinnen aus den Ländern mitwirken. Die „AG Extremismus“ trifft sich regelmäßig bei zwei Sitzungen jährlich, in denen ein enger Austausch zu Fragen extremistisch motivierter bzw. terroristischer Straftaten erfolgt. Der Generalstaatsanwalt in Celle informiert die Generalstaatsanwälte in Braunschweig und Oldenburg jeweils zeitnah über die Ergebnisse der Sitzungen der „AG Extremismus“. 97. Welche Maßnahmen hat die Landesregierung eingeleitet, um die Regelungen zu einem staatsanwaltlichen Sammelverfahren zu verbessern? Niedersachsen war durch das Niedersächsische Justizministerium in der „Arbeitsgruppe zur Prüfung der Empfehlungen der Bund-Länder-Kommission Rechtsterrorismus und des 2. Untersuchungsausschusses nach Artikel 44 des Grundgesetzes der 17. Wahlperiode des Deutschen Bundestages (Dr. 17/14600) zur effizienteren Bekämpfung des Rechtsterrorismus“ vertreten. Der Abschlussbericht dieser Arbeitsgruppe aus dem Jahr 2014 enthielt u.a. einen Abschnitt zur konsequenten Anwendung der Regelungen über die Bildung von Sammelverfahren. In diesem Abschnitt wurde u.a. empfohlen, die Regelungen der Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren (RiStBV) über die Bildung von Sammelverfahren konsequenter anzuwenden und den Geschäftsbereich entsprechend zu sensibilisieren. Dieser Abschlussbericht wurde den niedersächsischen Generalstaatsanwälten bekannt gegeben. In diesem Zusammenhang sprach sich auch die Justizministerkonferenz im Frühjahr/Sommer 2014 einstimmig dafür aus, u.a. jeweils für ihren Geschäftsbereich sicherzustellen, dass die Praxis die Regelungen der RiStBV über die Bildung von Sammelverfahren konsequent anwendet. Auch über diesen Beschluss wurden die niedersächsischen Generalstaatsanwaltschaften unmittelbar unterrichtet. Daneben wurde der Beschluss im Rahmen einer gemeinsamen Dienstbesprechung mit den niedersächsischen Generalstaatsanwälten sowie Leitenden Oberstaatsanwältinnen und Oberstaatsanwälten und Vertreterinnen und Vertretern des Niedersächsischen Justizministeriums nochmals im Juli 2014 erörtert. Mit Wirkung zum 01.08.2015 wurde überdies § 143 Abs. 3 GVG um einen Satz 2 ergänzt, wonach sich „übernahmewillige“ oder „abgabewillige“ Staatsanwaltschaften zur Herstellung von Sammelverfahren antragstellend an den Generalbundesanwalt wenden können. Auch insoweit wurde der Geschäftsbereich des Niedersächsischen Justizministeriums bereits im Vorfeld um Stellungnahme gebeten und noch vor deren Inkrafttreten über die Gesetzesänderung informiert und entsprechend sensibilisiert. Darüber hinaus entscheidet bei Streitigkeiten über die Bildung und Führung eines Sammelverfahrens seit Mai 2002 das sogenannte „Dreier-Gremium“ der Generalstaatsanwältinnen und Generalstaatsanwälte. Das Gremium besteht aus einem von den Generalstaatsanwältinnen und Generalstaatsanwälten gewählten ständigen Mitglied als Vorsitzendem, der/dem jeweils dienstältesten Generalstaatsanwältin/Generalstaatsanwalt sowie der Generalstaatsanwältin oder dem Generalstaatsanwalt, der die nächste Frühjahrstagung ausrichtet. Probleme in der Zusammensetzung oder der Arbeitsweise des – nur in wenigen Fällen angerufenen – Gremiums sind hier nicht bekannt geworden. Handlungsbedarf wird daher zumindest derzeit auch nicht gesehen. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/5265 38 98. Was hat die Landesregierung unternommen, um in der Justiz das Wissen um Rechtsextremismus und -terrorismus auszubauen und in der täglichen Arbeit nutzbar zu machen? Die Geschäftsstelle des Landespräventionsrats informiert regelmäßig bei Veranstaltungen der Deutschen Richterakademie, des Bildungsinstituts des niedersächsischen Justizvollzuges und der niedersächsischen Polizeiakademie über Möglichkeiten der Inanspruchnahme von Unterstützungsangeboten zum Ausstieg aus der rechtsextremen Szene, zur Entwicklung von Ausstiegsmotiven sowie zu den grundsätzlichen Möglichkeiten Dritter, diese von außen zu fördern. Die Geschäftsstelle des Landespräventionsrats bietet kontinuierlich Fortbildungen für Mitarbeiter der Justiz zum Erkennen von und Umgangsmöglichkeiten mit rechtsextremen Symboliken, Musiktexten und Szeneentwicklungen an. Weitere Inhalte sind das Erkennen möglicher rechtsextremer Tatmotivationen. Dafür werden Veranstaltungen in Justizvollzugsanstalten, Richterund Polizeiakademien sowie im Bildungsinstitut des niedersächsischen Justizvollzugs angeboten. Bei gemeldeten Bedarfen werden Vorträge und Informationsveranstaltungen auch in einzelnen Dienststellen oder Gerichtsbezirken durchgeführt und adressatengerecht angepasst. Die Geschäftsstelle des Landespräventionsrats steht hierfür und auch darüber hinaus im regelmäßigen Austausch mit zivilgesellschaftlichen Organisationen aus den Feldern der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus, Beratung für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt und Ausstiegsberatung. Wissenschaftliche Untersuchungen zum Themenkomplex Rechtsextremismus und -terrorismus werden hierfür ständig ausgewertet und die Inhalte für die Arbeit nutzbar gemacht. Darüber hinaus war Niedersachsen neben zwei weiteren Ländern an dem seit 2016 vom Deutschen Institut für Menschenrechte (DIMR) in Kooperation mit dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz durchgeführten Projekt „Rassismus und Menschenrechte – Stärkung der Strafjustiz“ als Modellland beteiligt. In diesem Rahmen hat das DIMR in niedersächsischen Fortbildungsveranstaltungen Module zum Thema „Rassismus“ durchgeführt und im Anschluss daran aufgrund der dort und in weiteren Modelländern gesammelten Erfahrungen u.a. Lehrmaterialien entwickelt, mit deren Hilfe Referentinnen und Referenten aus der Justiz weitere Fortbildungen durchführen können. Insoweit wurden vom DIMR Interessierte zur Referentin bzw. zum Referenten im Themenfeld Rassismus ausgebildet. In den vergangenen Jahren sind an verschiedenen Standorten in Niedersachsen zudem zahlreiche dienstübergreifende Fortbildungen zur Problematik des Umgangs mit sogenannten „Reichsbürgern“ durchgeführt worden. Darüber hinaus finden im richterlichen bzw. staatsanwaltlichen Bereich Erfahrungsaustausche zur Bekämpfung politisch motivierter Kriminalität im Bereich Rechtsextremismus statt. Weiterhin steht den niedersächsischen Richterinnen und Richtern sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälten das Fortbildungsangebot der Deutschen Richterakademie offen, das jedes Jahr verschiedene Veranstaltungen zum angefragten Themenkreis enthält. Bei der Ausgestaltung dieses bundesweiten Fortbildungsprogramms ist Niedersachsen mit der Planung und Organisation u.a. der beiden seit vielen Jahren regelmäßig stattfindenden Tagungen „Rechtsradikalismus und Neonazismus – Kontinuitäten und aktuelle Tendenzen“ sowie „Die nationalsozialistische Justiz und ihre Aufarbeitung“ maßgeblich beteiligt. Nicht zuletzt steht den Staatsanwaltschaften das vom Generalbundesanwalt und den Generalstaatsanwältinnen und Generalstaatsanwälten erstellte Merkblatt für Staatsanwaltschaften „Indikatoren zum Erkennen rechtsterroristischer Zusammenhänge“ (zuletzt mit Stand vom 09.11.2016) zur Verfügung, welches eine Hilfestellung bei dem Erkennen entsprechender Zusammenhänge darstellt. 99. Was hat die Landesregierung unternommen, um die Aus- und Fortbildung von Richterinnen und Richtern, Staatsanwältinnen und Staatsanwälten und Justizvollzugsbeamtinnen und Justizvollzugsbeamten in Bezug auf den Rechtsextremismus und -terrorismus, auch unter Einbeziehung von Wissenschaft und zivilgesellschaftlichen Organisationen, zu fördern? Es wird insoweit im Wesentlichen auf die Antwort zu Frage 98 Bezug genommen. Darüber hinaus bietet der niedersächsische Justizvollzug in seinem Fortbildungsprogramm Tagungen und Seminare zum beschriebenen Phänomenbereich an. Dabei arbeitet er auch eng mit Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/5265 39 entsprechenden Behörden und Institutionen zusammen (z.B. mit Referentinnen und Referenten des Violence Prevention Network e,V. (VPN) sowie Landes- bzw. Bundesbehörden). In der Ausbildung der Justizvollzugsfachwirtinnen und –fachwirte ist der Bereich Extremismus und Radikalisierung Teil des Ausbildungsrahmenplans. Die zurzeit im niedersächsischen Justizvollzug in den Anstalten laufenden Maßnahmen im Rahmen des Projektes Fokus ISLEX werden überwiegend durch VPN im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie Leben“ betreut und durchgeführt. Das Maßnahmenpaket umfasst Prävention, Fortbildung, Intervention und Deradikalisierung von Gefangenen im niedersächsischen Justizvollzug. Dem Justizvollzug sind für die Jahre 2019 bis 2022 zusätzliche Haushaltsmittel zur Verfügung gestellt worden mit dem Ziel, die oben benannten Aufgaben auf Bedienstete des Justizvollzuges zu übertragen. Dazu sollen die Bediensteten in den nächsten Jahren geschult und weitergebildet werden. 100. Welche Maßnahmen hat die Landesregierung ergriffen, um den Bereich des Opferschutzes zu verbessern, insbesondere zur Verbesserung der Information von Verletzten in Strafverfahren bezüglich bestehender Beratungsangebote? Im Zuge des 3. Opferrechtsreformgesetzes ist eine Richtlinie der Europäischen Union zum Thema Opferschutz in deutsches Recht umgesetzt worden. Damit sind die Rechte von ausnahmslos sämtlichen Opfern von Straftaten (gleichfalls Angehörige, Unfall- und Terroropfer sowie Opfer von Schadensereignissen) auf ein vollkommen neues Niveau gehoben wurden. Im Zusammenhang mit der Anzeigenaufnahme werden dem Opfer immer • das Opfermerkblatt (StP2 neu) • die Bescheinigung der Polizei zur Anzeigenerstattung und bei Bedarf • Informationen / Merkblatt zum Täter Opfer Ausgleich (TAO) ausgehändigt. Bundesweit einmalig für Opfer mit Wohnsitz in Niedersachsen bietet sich die Vermittlung/der Hinweis zur Stiftung Opferhilfe Niedersachsen an. Online oder an den elf Landgerichtsstandorten stehen hier zertifizierte psychosoziale Prozessbegleiter zur Verfügung und es kann dort zudem weiterführender Beratungsbedarf erörtert werden. Die Stiftung Opferhilfe wurde am 04.09.2001 durch die Landesregierung mit dem Ziel errichtet, Opfer von Straftaten außerhalb der gesetzlichen und über die Hilfe anderer Opferhilfeeinrichtungen hinaus materielle Hilfe zu leisten. Qualifizierte Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen bieten in den regionalen Opferhilfebüros psychosoziale Hilfeleistungen für Opfer von Straftaten und deren Angehörige an. Auch Opfer von Straftaten mit rechtsextremistischem Hintergrund können sich an die Opferhilfebüros wenden, die in allen elf Landgerichtsbezirken vorzufinden sind. Die Intensivierung und Pflege der Netzwerke sowie die Öffentlichkeitsarbeit sind konstante Themen, um das Angebot der Stiftung in Niedersachsen bekannt zu machen, damit Geschädigte von Straftaten über die in der Stiftung bestehenden Angebote informiert sind. Im Jahr 2018 wurden so landesweit 2.357 Opfer von Straftaten beraten, die Tendenz ist steigend. Um die Rechte der Opfer weiter zu stärken und der EU-Opferschutzrichtlinie aus dem Jahr 2012 Rechnung zu tragen, hat die Niedersächsische Landesregierung darüber hinaus im Jahr 2013 die Fachstelle Opferschutz eingerichtet, die im Niedersächsischen Justizministerium federführend die Opferschutzkonzeption umsetzt. Ein Ziel der Arbeit der Fachstelle Opferschutz ist es, für alle Betroffenen von Straftaten und ihre Angehörigen einen „Zugang zum Recht“ zu schaffen und Möglichkeiten aufzuzeigen, um die Schädigung durch die erlittene Straftat auszugleichen. Das setzt voraus, dass Betroffene von Straftaten sich einfach und schnell über die wichtigsten Fragen und ihre Rechte informieren können. Hierfür hat die Fachstelle Opferschutz eine landeseinheitliche Internetpräsenz eingerichtet (www.opferschutz-niedersachsen.de). Auf dieser Website können Geschädigte und ihre Angehörigen Informationen über ihre Rechte, aber auch über Hilfsangebote, die in Niedersachsen zur Verfügung stehen, erhalten. Zudem gibt es die Parteiliche Beratung Niedersachsen e.V., RespAct – Solidarisch mit Betroffenen rechter Gewalt -, die am 27.10.2016 gegründet wurde und am 01.05.2017 ihre Beratungstätigkeit aufgenommen hat. Der Prozess bis Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/5265 40 zur Gründung wurde partizipativ von einem Bündnis aus verschiedenen Akteurinnen und Akteuren aus Institutionen, Organisationen und Vereinen begleitet. Derzeit ist die Betroffenenberatung an zwei Standorten (Hannover/Oldenburg) mit drei qualifizierten Beraterinnen und Beratern vertreten. An die Opferberatung RespAct wenden sich Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalttaten. Sie erhalten dort kostenlos Beratungsleistungen. Angehörige, Freunde sowie Bekannte der Betroffenen können ebenfalls die Beratung kostenfrei und niedrigschwellig in Anspruch nehmen. Das zentrale Leitbild der Betroffenenberatung ist die Parteilichkeit. Die Zielsetzung ist die Bewältigung materieller und immaterieller Tatfolgen. Die Opferberatung verfolgt zudem einen niedrigschwelligen und proaktiven Ansatz. Gegenstand der Beratung sind vor allem Stabilisierung durch Einordnen der Erlebnisse, Vergewisserung, dass den Betroffenen geglaubt wird, indes auch mentale Übungen, die zur Regulierung überschwemmender Eindrücke und Gefühle helfen können. Das Beratungsangebot von RespAct kann, abhängig von den Umständen und Wünschen der jeweiligen Betroffenen, folgendes umfassen: Psychosoziale Beratung sowie Krisenintervention, Begleitung zu polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Vernehmungen, zu Gerichtsprozessen, zu Behörden, zu Ärztinnen und Ärzten, zu Psychologinnen und Psychologen oder auch zu anderen Beratungsstellen. Die Beratung umfasst zudem die Information in Bezug auf den Umgang mit Medien und Öffentlichkeit nach einem Vorfall sowie die Unterstützung bei der Suche nach rechtlichem Beistand. Das Land Niedersachsen hält zudem seit dem Jahr 2013 das Angebot der psychosozialen Prozessbegleitung vor. Dabei handelt es sich um eine besonders umfassende Form der Begleitung für besonders schutzbedürftige Verletzte vor, während und nach einem Strafverfahren. Sie kann bereits vor einer Anzeigeerstattung in Anspruch genommen werden. Die Betreuung erfolgt durch qualifizierte Fachkräfte im Rahmen spezieller sozialarbeiterischer Qualitätsstandards. Die psychosozialen Prozessbegleiterinnen und Prozessbegleiter vermitteln umfassende Informationen zu dem Ablauf eines Ermittlungs- und Strafverfahrens sowie zu den Rechten und Pflichten von Zeuginnen und Zeugen. Sie verfügen über ein breites Netzwerk an Unterstützungsmöglichkeiten für verschiedenste Zielgruppen. Seit dem 01.01.2017 regelt das Gesetz über die psychosoziale Prozessbegleitung im Strafverfahren (PsychPbG) die Anforderungen, Grundsätze und die Vergütung der Prozessbegleiterinnen und Prozessbegleiter, schränkt aber die Zielgruppe des Angebotes ein. Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der bundesgesetzlichen Regelung verfügte Niedersachsen bereits über eine vierjährige Praxis mit den damit verbundenen Qualitätsanforderungen an Schulung, Umsetzung und Vernetzung sowie ohne eine Eingrenzung der Zielgruppe, bezogen auf ein bestimmtes Delikt oder eine bestimmte Altersgruppe. Aus diesem Grund wird das uneingeschränkte Angebot in Niedersachsen weiter durchgeführt. Das Land Niedersachsen stellt Trägern, die das Angebot vorhalten, hierfür eine Zuwendung als freiwillige Leistung neben der gesetzlichen Vergütung zur Verfügung. Seit dem Jahr 2018 wird innerhalb der Niedersächsischen Qualifizierungsmaßnahme der psychosozialen Prozessbegleitung auch zielgruppenorientiertes Fachwissen zu Personen vermittelt, welche von Rechtsextremismus betroffen sind. Insofern werden die Fachkräfte bereits in der Ausbildung dafür sensibilisiert, dass es sich hier um eine besonders schutzbedürftige Zielgruppe handelt. Überdies hat das Niedersächsische Justizministerium im Jahr 2018 eine aktualisierte Version des Hinweisblattes für Zeuginnen und Zeugen „Zeugen gesucht“ herausgebracht. In dieser Broschüre wird auf zwei Seiten auf Unterstützungs-, Schutz- und Hilfemöglichkeiten für Zeuginnen und Zeugen hingewiesen, so u.a. auf die Möglichkeit, sich als Zeugin oder Zeuge von einer Person des Vertrauens oder einer Rechtsanwältin oder einem Rechtsanwalt begleiten zu lassen. Darüber hinaus werden bei zahlreichen niedersächsischen Gerichten Hinweisblätter an die Zeuginnen und Zeugen und Verletzten in Strafverfahren versandt. Hierzu gehört insbesondere das Informationsblatt „Wichtige Hinweise für Verletzte und Nebenkläger“. Mit diesem Hinweisblatt werden Opfer in Strafverfahren u.a. über vorhandene Beratungsangebote und bestehende Entschädigungsansprüche informiert. Zudem wird auf die Möglichkeit hingewiesen, als Verletzter in Strafverfahren bei der Zeugenvernehmung von einem Rechtsanwalt oder einer Vertrauensperson begleitet zu werden. Dieses Hinweisblatt steht in mehreren Sprachen und in sog. „Leichter Sprache“ zur Verfügung. Zusätzlich werden bedarfsgerecht mit der Ladung und über die Auslage in den Wartebereichen der Gerichtssäle Informationsflyer zur Verfügung gestellt. Hierzu gehören u.a. die Informationsflyer „Psychosoziale Prozessbegleitung in Niedersachsen“ und „Beratung und Begleitung für Opfer von Straftaten“ sowie der Opferhilfe Niedersachsen und des Weißen Ringes. Ergänzend zu den dezentralen Strukturen des Opferschutzes und der Opferhilfe wurde mit der Funktion des Niedersächsischen Landesbeauftragten für Opferschutz zum 01.11.2019 eine Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/5265 41 zentrale landesweite Struktur geschaffen. Mit Beschluss vom 29.10.2019 hat die Niedersächsische Landesregierung hierzu Herrn Leitenden Oberstaatsanwalt a. D. Thomas Pfleiderer ernannt. Der ehrenamtliche Landesbeauftragte übt seine Funktion sachlich unabhängig und frei von Weisungen aus. Er ist Ansprechpartner für alle Betroffenen von Gewalt und Kriminalität sowie insbesondere für Betroffene von sog. Großschadensereignissen. Der Landesbeauftragte für Opferschutz fungiert als zentrale Ansprechperson, berät Betroffene und Angehörige und verweist diese in geeignete Hilfssysteme. Er ist mit seiner hauptamtlich besetzten Geschäftsstelle an das Niedersächsische Justizministerium angegliedert und unter der E-Mailadresse opferschutzbeauftragter@mj.niedersachsen.de erreichbar. 101. Was hat die Landesregierung unternommen, um die Verbesserung der Information der Opfer in Strafverfahren hinsichtlich bestehender Entschädigungsansprüche zu gewährleisten? Siehe hierzu Beantwortung der Frage 100. Darüber hinaus hat das Niedersächsische Landesamt für Soziales im Auftrag des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung bereits Anfang der 2000`er Jahre einen Info-Flyer mit Kurzantrag zu den Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz für Opfer von Straftaten entwickelt. Mit Erlass aus dem Jahr 2006 hat das Niedersächsische Ministerium für Inneres und Sport geregelt, dass diese Flyer bereits durch Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte an Opfer von Straftaten auszuhändigen sind. Die Flyer werden weiterhin von den Polizeidirektionen beim Landesamt für Soziales abgerufen. 102. Was hat die Landesregierung unternommen, um sicherzustellen, dass Zeugen um ihre Rechte wissen, bei einer Zeugenvernehmung von einem Anwalt oder einer Vertrauensperson begleitet zu werden? Siehe Beantwortung der Frage 100. Das in der Beantwortung zu Frage 100 angeführte Merkblatt StP2 weist ausdrücklich darauf hin, dass sich Zeugen bei einem Vernehmungstermin von einer Vertrauensperson oder einem Anwalt begleiten lassen können und in bestimmten Fällen sogar eine anwaltliche Begleitung bei der Vernehmung auf Staatskosten möglich ist (§ 68b StPO). Die polizeiliche Vernehmung und damit auch Rechte und Pflichten der Zeugen sind Bestandteil der polizeilichen Grundlagenfortbildung. Das Landeskriminalamt Niedersachsen hat derzeit den Auftrag, gemeinsam mit der Justiz eine Belehrungskarte zu entwickeln. V. Maßnahmen zur Stärkung der Demokratieförderung 103. In welcher Weise hat die Landesregierung Maßnahmen ergriffen, um Ausstiegsimpulse aus der rechtsextremistischen Szene einzuleiten, zu verstärken und den Ausstieg zu unterstützen? Als Projekt des Niedersächsischen Justizministeriums besteht seit November 2001 die „AussteigerhilfeRechts“, welche bereits von 2009 bis 2014 im Ambulanten Justizsozialdienst (AJSD) Niedersachsen eingebunden und zwischen August 2014 bis Ende 2018 beim Landespräventionsrat Niedersachsen implementiert war. Seit Januar 2019 ist die „AussteigerhilfeRechts“ wieder fester Bestandteil des Ambulanten Justizsozialdienst (AJSD) Niedersachsen. Die „AussteigerhilfeRechts“ des Landes Niedersachsen bietet individuelle und lösungsorientierte Unterstützung für jede Angehörige und jeden Angehörigen der rechtsextrem orientierten Szene mit Wohnsitz in Niedersachsen an, der oder die Hilfe beim Ausstieg aus der rechtsextrem orientierten Szene in Anspruch zu nehmen wünscht. Das Ziel ist die Beendigung rechtsextrem orientierter Karrieren, die Verhinderung von einschlägigen Straftaten und der Schutz von durch den Ausstieg gefährdeten Personen. Die „AussteigerhilfeRechts“ gibt professionelle Unterstützung zur adäquaten Begleitung dieses Ausstiegsprozesses. Die Ausstiegsbegleitung wird als ein wirkungsvolles Element in der nachhaltigen Bekämpfung des Rechtsextremismus erachtet und dient nicht zuletzt durch Rückfallprävention dem Schutz der Gesellschaft vor rechtsextrem orientierten Straftätern. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/5265 42 Jedem Angehörigen und jeder Angehörigen der rechtsextrem orientierten Szene wird angemessene Hilfe zum Ausstieg geboten. Häufig sind diese strafrechtlich in Erscheinung getreten. Daher gehört zur Gruppe der Adressaten insbesondere auch Klientel im Justizvollzug. Mit Blick auf die Kriminalitätsprävention wird darauf hingewirkt, Ausstiege zu möglichst frühen Zeitpunkten von Szenezugehörigkeiten zu befördern bzw. zu ermöglichen. Die „AussteigerhilfeRechts“ bietet neben der prozessorientierten Ausstiegsbegleitung fachliche Beratung innerhalb des Ambulanten Justizsozialdienstes und für andere Justizbehörden. Daneben existiert das im November 2010 in den Wirkbetrieb getretene Aussteigerprogramm „Aktion Neustart“ des Verfassungsschutzes Niedersachsen. Auch dieses hilft Menschen mit Ausstiegswillen beim Ausstieg aus der rechtsextremistischen Szene. Darüber hinaus spricht „Aktion Neustart“ proaktiv Menschen an, die in der rechtsextremistischen Szene aktiv sind, um im Gespräch einen Ausstiegsentschluss zu generieren. Außerdem berät „Aktion Neustart“ Menschen, die Rat suchen für den Umgang mit sich radikalisierenden Menschen bzw. Rechtsextremisten in ihrem sozialen Umfeld. Im Aussteigerprogramm „Aktion Neustart“ sind mittlerweile sieben Personen beschäftigt. Neben dem Phänomenbereich Rechtsextremismus wird auch der Phänomenbereich Islamismus bearbeitet. „Aktion Neustart“ trägt bereits seit Jahren der bekannten Entwicklung Rechnung, dass das Internet, insbesondere soziale Netzwerke, sich zu einem bedeutsamen Raum und Faktor für die rechtsextremistische Szene entwickelt haben. „Aktion Neustart“ nutzt die Möglichkeiten des Internets, um auf sein Ausstiegsangebot hinzuweisen und um Menschen zum Ausstieg aus rechtsextremistischen Szenen zu bewegen. In sozialen Netzwerken dringt „Aktion Neustart“ in Filterblasen und Echokammern rechtsextremistischer Internetnutzer ein und konfrontiert diese mit nicht-extremistischen Perspektiven, beziehungsweise ruft Ihnen die Möglichkeit der Loslösung von rechtsextremistischer Ideologie und Szene ins Bewusstsein. Um rechtsextremistischen Einstellungsmustern in sozialen Netzwerken Paroli zu bieten, entwickelt „Aktion Neustart“ regelmäßig elektronische Flyer (Memes) mit alternativen Narrativen. Zusätzlich wurde 2018 eigens für „Aktion Neustart“ eine Homepage eingerichtet, auf der neben der Darstellung des Ausstiegsangebotes auch die Möglichkeit einer Online-Beratung angeboten wird. Diese Online- Beratung kann seitens des anfragenden Nutzers auch anonym erfolgen. Diese Option wurde eingerichtet, um neben den anderen bestehenden Kontaktmöglichkeiten von „Aktion Neustart“ auch einen denkbar niedrigschwelligen Weg zur Kontaktaufnahme für Ausstiegswillige und Ratsuchende anzubieten. Das Land Niedersachsen fördert darüber hinaus über das beim Landespräventionsrat angesiedelte Landesdemokratiezentrum sowohl das zivilgesellschaftliche Ausstiegsangebot der „Arbeitsstelle Rechtsextremismus und Gewalt“ der Bildungsvereinigung Arbeit und Leben sowie den Nordverbund „Ausstieg Rechts“, ein Netzwerk zivilgesellschaftlicher Ausstiegshilfen von fünf norddeutschen Bundesländern. Ferner können von Dritten Informations- und Workshopveranstaltungen beim Landespräventionsrat abgerufen werden, in denen folgende Kenntnisse vermittelt werden: • Entwicklungsverläufe von Ausstiegsmotiven, • Ausstiegsfördernde Bedingungsfaktoren, • Förderungen von Ausstiegsmotiven durch außerszenische Kontaktpersonen, • Grundsätzliche Verläufe von institutionellen Ausstiegsbegleitungen sowie • Möglichkeiten der Inanspruchnahme institutioneller Ausstiegsbegleitungen im Land Niedersachsen. Überdies fördert das Land Niedersachsen auf der Grundlage der „Richtlinie Demokratie und Toleranz" Maßnahmen, die Diskriminierung und Fremdenfeindlichkeit in der Gesellschaft entgegenwirken und ein Zeichen gegen Rechtsextremismus, Rassismus sowie Antisemitismus und / oder für Demokratie und Toleranz setzen. Hierdurch soll die Akzeptanz und gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Migrationshintergrund in Schule, Gesellschaft und Arbeitswelt gefördert und das Entgegentreten gegen integrations- und teilhabehemmende Bestrebungen und Vorurteile gestärkt werden. Gefördert werden insbesondere Projekte, die für demokratische Werte und ein tolerantes Verhalten sensibilisieren und die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ermuntern und befähigen, für Menschenrechte und Vielfalt einzutreten. Ein Schwerpunkt der Richtlinie liegt dabei auch in der Rechtsextremismusprävention. Durch Projekte und Maßnahmen sollen die Teilnehmenden durch Vermittlung grundlegenden Wissens für Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/5265 43 die Gefahren des Rechtsextremismus sensibilisiert und so in die Lage versetzt werden, die Gefahren von diskriminierenden und menschenfeindlichen Verhaltensweisen und Einstellungen zu erkennen und darauf entsprechend zu reagieren. 104. Was hat die Landesregierung unternommen, um die Netzwerkarbeit der Bereiche Jugendgerichtshilfe, Bewährungshilfe, Sozialarbeit, Bundesagentur für Arbeit, Suchttherapierichtung und Anbieter von Anti-Gewalt-Programmen zu stärken, um den Ausstieg aus der rechtsextremistischen Szene zu erleichtern? Die in der Geschäftsstelle des Landespräventionsrates angesiedelte Koordinierungsstelle des Landesprogramms gegen Rechtsextremismus - für Demokratie und Menschenrechte - betreibt seit Anfang 2017 ein aktives Netzwerkmanagement für alle staatlichen und nichtstaatlichen Fachkräfte aus den unterschiedlichen Bereichen der Rechtsextremismusprävention in Niedersachsen. Die Koordinierungsstelle organisiert jährlich eine Tagung mit einem netzwerkaktivierenden Tagungsprogramm für die Akteure aus den unterschiedlichen Bereichen, lädt regelmäßig alle ca. 280 Mitgliedsorganisationen des Landespräventionsrates zur Teilnahme an der Tagung ein und betreibt ganzjährig eine Online-Kommunikationsplattform für die Mitglieder des landesweiten „Netzwerkes FÜR Demokratie und Prävention“, welches sich auf der ersten Netzwerktagung der Koordinierungsstelle gegründet hat. Darüber hinaus lädt die Koordinierungsstelle die Vertreterinnen und Vertreter der niedersächsischen Distanzierungs- und Ausstiegsprogramme regelmäßig zu Austausch- und Vernetzungstreffen ein und unterstützt gezielt die Vernetzung mit anderen Bereichen, um Ausstiege aus der Szene zu erleichtern und Einstiege in die Szene zu verhindern. Die Geschäftsstelle des Landespräventionsrates bietet zudem Informations-, Fortbildungs- und Workshopangebote zum Themenkomplex „Distanzierung und Ausstieg“ für Vertreter der genannten Institutionen an. Ferner wurden beim Landespräventionsrat Bildungsmaterialien zur Verwendung in Schul- und Beratungskontexten entwickelt. Im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ wurden von der Geschäftsstelle des Landespräventionsrats Workshops und Fachtage mit Studierenden der Sozialen Arbeit in Niedersachsen zum Thema „Gewalt- und Radikalisierungskarrieren von jungen Menschen“ durchgeführt. Weiterhin arbeitet das Aussteigerprogramm des Verfassungsschutzes „Aktion Neustart“ fallbezogen mit den unterschiedlichen Institutionen zusammen, die für den jeweiligen Ausstiegsprozess notwendig sind. Dem entsprechend bestehen etablierte Kontakte u.a. zu den oben genannten Akteuren und Institutionen. Überdies hat das in den Jahren 2012 - 2015 mit insgesamt 180.000,00 € geförderte Projekt „Frauen im Rechtsextremismus“ gezielte Aufklärungsarbeit zur Beteiligung von Frauen in der rechten Szene geleistet. Ein starker Fokus wurde auf die Entwicklung regionaler Handlungsstrategien und die Vernetzung regionaler Akteure gelegt. Als ein Ergebnis des Projektes wurde 2016 das mit 15.000,00 € geförderte interaktive Zimmer www.kein-raum-fuer-rechts.de eingerichtet, das das Wahrnehmen, Erkennen und Deuten von rechtsextremer Symbolik erleichtern soll - die grundlegende Basis einer Intervention gegen Rechtsextremismus. (Verteilt am 04.12.2019) Große Anfrage mit Antwort der Landesregierung Große Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung Umsetzung der Handlungsvorschläge des NSU-Untersuchungsausschusses des Bundestages und der Länder und Erkenntnisstand über mögliche Verbindungen des NSU nach Niedersachsen