Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/575 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Stefan Henze (AfD) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung namens der Landesregierung Kostenfreier Nahverkehr Anfrage des Abgeordneten Stefan Henze (AfD), eingegangen am 21.02.2018 - Drs. 18/414 an die Staatskanzlei übersandt am 28.02.2018 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung namens der Landesregierung vom 27.03.2018, gezeichnet Dr. Bernd Althusmann Vorbemerkung des Abgeordneten Am 13. Februar 2018 berichtete die Junge Freiheit auf ihrer Netzseite, dass die Bundesregierung prüfe, einen kostenlosen Nahverkehr einzuführen.1 Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) bezifferte die Kosten für eine solche Maßnahme auf 12 Milliarden Euro und wies darauf hin, dass ein damit einhergehender kurzfristiger, sprunghafter Fahrgastanstieg die vorhandenen Systeme vollständig überlasten würde.2 Zusätzlich schätzt der Verkehrsforscher Heiner Monheim, dass weitere 12 Milliarden Euro für Anschaffung neuer Bahnen und Busse zur Bewältigung des Mehraufkommens an Fahrgästen und 4 Milliarden für die DB Regio AG bereitgestellt werden müssten.3 Die belgische Stadt Hasselt startete am 1. Juli 1997 als erste Stadt mit der Einführung eines kostenfreien Busverkehrs. Dies steigerte die Zahl der Beförderungsfälle von 360 000 (1996) auf über 4 000 000 (2004). Als erste Metropole begann 2013 die estnische Stadt Reval (estnisch: Tallinn) mit Gratisnahverkehr für Bewohner der Stadt. Daneben haben weitere Städte einen partiell kostenfreien Nahverkehr realisiert, bei dem nur bestimmte Verkehrsarten, Linien, Betriebszeiten oder Personengruppen kostenfrei sind. So dürfen ab dem 1. Januar 2018 die Beschäftigten des Landes in Hessen kostenlos Bus und Bahn fahren. Die zentrale Frage bei einem kostenfreien Nahverkehr sind die Transferleistungen, die zur Kompensation der Fahrgeldeinnahmen an die Verkehrsunternehmen erbracht werden müssen, und die Mehrkosten, die durch eine Ausweitung des Verkehrsangebots entstehen. Von staatlicher Seite kommt hierbei in Betracht, dieses aus dem allgemeinen Steuer- und Abgabenaufkommen oder über eine Nahverkehrsabgabe zu finanzieren. Beispiele einer Nahverkehrsabgabe sind die Umlegung von Kosten auf Parkgebühren oder Unternehmen, wie es in Frankreich durch die Transportsteuer „Versamen transport (VT)“ erfolgt. 1 Junge Freiheit (2018): „Bundesregierung prüft Einführung von kostenlosem Nahverkehr“. Dies solle in den Städten Bonn, Essen, Mannheim, Reutlingen und Herrenberg getestet werden, Verweis: https://jungefrei heit.de/politik/deutschland/2018/bundesregierung-prueft-einfuehrung-von-kostenlosem-nahverkehr/ (Stand 13.02.2018). 2 VDV - Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (2018): VDV zum Vorschlag eines „kostenlosen“ ÖPNV in Deutschland (Verweis: https://www.vdv.de/presse.aspx?mode=detail&id=ada87f5c-9897-4371-99ee-497da 4056d0a (Stand 13. Februar 2018). 3 NDR//Aktuell (2018): „Kostenloser Nahverkehr im Test“, Verweis: https://www.ndr.de/fernsehen/sendun gen/ndr_aktuell/Kostenloser-Nahverkehr-im-Test,ndraktuell42556.html (Stand 14.02.2018). Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/575 2 Vorbemerkung der Landesregierung Die Landesregierung ist der Überzeugung, dass ein attraktives Angebot im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) wesentlich sowohl für die Sicherung einer hohen Lebensqualität als auch für den Schutz der Umwelt ist. Das Land Niedersachsen hat deshalb ein breites Spektrum an Beratungs - und Unterstützungsmaßnahmen sowie finanziellen Fördermöglichkeiten entwickelt, um Angebot und Attraktivität des ÖPNV stetig zu steigern. Ein wesentliches Ziel ist es, die für den ÖPNV verantwortlichen kommunalen Aufgabenträger - das sind Landkreise, kreisfreie Städte und entsprechende Zweckverbände - mit den notwendigen Mitteln und der Fähigkeit zu flexiblem, bedarfsgerechtem Handeln auszustatten: Die kommunalen ÖPNV-Aufgabenträger haben dazu seit dem 01.01.2017 die vollständige Aufgaben- und Ausgabenverantwortung für Planung und Finanzierung des straßengebundenen ÖPNV inklusive der Ausgleichszahlungen für die sogenannten Ausbildungsverkehre erhalten. Außerdem stellt das Land zusätzlich 20 Millionen Euro pro Jahr zur Verfügung , damit der ÖPNV vor Ort ausgebaut oder verbessert werden kann. Diese zusätzlichen Mittel können flexibel für ortsangepasste Angebote und lokale Bedürfnisse verwendet werden. Dadurch hat das Land der kommunalen Ebene neue lokale und regionale Gestaltungsspielräume ausdrücklich auch für den Aufbau von besonderen Tarifangeboten, z. B. mit reduzierten Entgelten für bestimmte Fahrgastgruppen, eröffnet. Der Begriff „kostenfreier“ oder „kostenloser“ ÖPNV könnte irrtümlich nahelegen, es sei keinerlei öffentliche Finanzierung erforderlich. Der ÖPNV, der insbesondere auch der Daseinsvorsorge dient, verursacht aber - unabhängig davon, ob und in welcher Höhe Fahrtentgelte erhoben werden - in jedem Fall Kosten und benötigt eine ganz erhebliche öffentliche Finanzierung aus Steuermitteln. So werden bereits heute z. B. im Rahmen der Schülerbeförderung fehlende Fahrgeldeinnahmen der Verkehrsunternehmen aus Steuermitteln ausgeglichen. Darüber hinaus werden beispielsweise Infrastrukturmaßnahmen und die Beschaffung von umweltfreundlichen Fahrzeugen aus öffentlichen Förderprogrammen subventioniert. Der Hintergrund der aktuellen Diskussion über einen sogenannten kostenlosen ÖPNV ist der Gedanke , den Städten, in denen die Grenzwerte für die Stickstoffdioxidbelastungen überschritten werden , Möglichkeiten einzuräumen, den motorisierten Individualverkehr zu reduzieren, um dadurch eine Verbesserung der Luftreinhaltung zu erreichen und Fahrverbote zu vermeiden. Die geschäftsführende Bundesregierung hatte dazu eine Mitteilung an die Europäische Kommission gesandt, die eine Aufzählung möglicher Maßnahmen zur Reduktion von Stickstoffdioxidemissionen beinhaltet. Hierbei werden neben einer Reihe von anderen Ansätzen in einem Satz auch Überlegungen für einen „kostenfreien ÖPNV“ genannt. Die der Europäischen Kommission vorgeschlagenen Maßnahmen ergänzen das bereits laufende Sofortprogramm „Saubere Luft 2017 bis 2020“ des Bundes und sollen es den Städten ermöglichen, die Einhaltung der Grenzwerte so schnell wie möglich zu erreichen . Aus der öffentlichen Berichterstattung geht hervor, dass die fünf von der geschäftsführenden Bundesregierung vorgeschlagenen Modellkommunen das Thema „kostenfreier ÖPNV“ nicht weiter verfolgen , da nicht erwiesen sei, dass dies zu einer Reduzierung der Luftverschmutzung führt. Es bedarf für verkehrsplanerische Maßnahmen grundsätzlich eines Gesamtkonzeptes unter Berücksichtigung steuerrechtlicher sowie umwelt- und verkehrspolitischer Aspekte. Tarifliche Maßnahmen im ÖPNV können hierbei ein Baustein sein. Dabei kann es sich auch um temporäre oder abgestufte kostengünstige ÖPNV-Angebote handeln. Sowohl landes- als auch bundesweite Konzepte bedürften umfangreicher gutachterlicher Expertise. Die durch einen „kostenfreien ÖPNV“ entstehende weitere Finanzierungslücke müsste durch erhebliche zusätzliche Steuermittel geschlossen werden. Hinzu kämen weitere hohe Kosten für den Ausbau der im Fall deutlicher Fahrgastzuwächse vielerorts überlasteten Infrastruktur sowie für zusätzliche Fahrzeug- und Personalbedarfe. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/575 3 1. Wie steht die Landesregierung zu den Plänen der Bundesregierung, den Nahverkehr kostenfrei anzubieten? Die Landesregierung interpretiert den Inhalt des gemeinsamen Schreibens des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur sowie des Chefs des Bundeskanzleramts vom 11.02.2018 an die EU-Kommission im Hinblick auf kostenlose ÖPNV-Angebote als eine von mehreren Überlegungen, Stickstoffdioxid -Emissionen zu verringern. Die Landesregierung steht einer solchen Idee grundsätzlich aufgeschlossen gegenüber. Eine Finanzierung mit den bisher zur Verfügung stehenden Mitteln von Land und Kommunen ist allerdings nicht möglich, da ein sogenannter „kostenfreier Nahverkehr“ Einnahmeausfälle in erheblicher Höhe bedeutet. Der ÖPNV wäre derzeit weder infrastrukturell noch bezüglich der vorhandenen Fahrzeuge und des erforderlichen Personals in der Lage, die im Fall einer Kostenfreiheit voraussichtlich entstehenden Nachfragezuwächse abzudecken. Es bedürfte in diesem Fall zusätzlicher Mittel für Infrastrukturausbau, Fahrzeugbeschaffung und Personalmehrbedarf. Unabdingbare Voraussetzung wäre deshalb, dass der Bund diese Mehrbedarfe und die entstehenden Einnahmeausfälle vollständig abdecken würde. 2. Wie steht die Landesregierung dazu, wenn ein partiell kostenfreier Nahverkehr realisiert wird? Unabhängig von der konkreten Ausgestaltung gelten auch für die Realisierung eines partiell „kostenfreien Nahverkehrs“ die in der Vorbemerkung sowie bei der Antwort zu Frage 1 vorgenommenen Darlegungen und Bewertungen. Darauf wird verwiesen. Um einen partiell „kostenfreien Nahverkehr “ realisieren zu können, wären wegen der vielfältigen Aus- und Wechselwirkungen - insbesondere im Hinblick auf die Finanzierungsbedarfe - umfangreiche Prüfungen erforderlich. 3. Wie steht die Landesregierung dazu, wenn Beschäftigte des Landes grundsätzlich kostenfrei den Nahverkehr nutzen können? Für die Beschäftigten des Landes Hessen wurde tarifvertraglich vereinbart, dass sie im Jahr 2018 den Nahverkehr in Hessen kostenfrei nutzen dürfen. Das Ergebnis wurde auf die hessischen Beamten übertragen. Niedersachsen ist Mitglied der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) und führt demzufolge keine eigenen Tarifverhandlungen für seine Beschäftigten. Eine Forderung nach „kostenfreier“ Nutzung des Nahverkehrs durch Beschäftigte des Landes Niedersachsen würde von der Landesregierung nicht unterstützt werden. 4. Gibt es Gruppen, die die Landesregierung bevorzugt kostenfrei befördert haben möchte ? Wenn ja, welche und aus welchem Grund? Derzeit gibt es keine Überlegungen der Landesregierung, bestimmte Gruppen künftig generell „kostenfrei “ im Nahverkehr zu befördern. Insoweit wird auf die Vorbemerkung verwiesen. Entsprechend den Zielsetzungen in der Koalitionsvereinbarung von SPD und CDU strebt die Landesregierung allerdings im Bereich der Schülerbeförderung die stufenweise Einführung eines kostenfreien Schülerverkehrs im Sekundarbereich II (Gymnasiale Oberstufe und Berufsbildende Schule) an. Die Anspruchsgrundlage für die Beförderungs- oder Erstattungspflicht für den Weg von der Wohnung zur Schule und zurück findet sich in § 114 des Niedersächsischen Schulgesetzes und ist unabhängig von einem ÖPNV-Angebot. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/575 4 5. Wie steht die Landesregierung dazu, wenn alle steuerzahlenden Einwohner Niedersachsens ein kostenfreies Niedersachsenticket durch das Land erhalten? Die Landesregierung hält ein solches Vorgehen weder für sinnvoll noch seitens der Landesebene für finanzierbar. Das Niedersachsenticket ermöglicht eine Nutzung des Schienenpersonennahverkehrs (SPNV) in Niedersachsen, Bremen und Hamburg wochentags ab 09.00 Uhr bis 03.00 Uhr des Folgetages sowie Samstag und Sonntag ganztägig bis 03.00 Uhr des Folgetags. Da es nur Gültigkeit für jeweils einen Tag besitzt, wäre seine kostenfreie Zurverfügungstellung kein geeignetes Instrument zur gezielten Stärkung der Nutzung des Nahverkehrs. 6. Wie steht die Landesregierung dazu, wenn alle Bürger, die keinen Wohnsitz in Niedersachsen haben, weiterhin für die Nutzung des Nahverkehrs zahlen müssen? Es wird auf die Antwort zu Frage 5 verwiesen. 7. Welche Finanzierungsmöglichkeit bewertet die Landesregierung als die vorteilteilhafteste und aus welchem Grunde? Die Landesregierung sieht keine Finanzierungsmöglichkeit des Landes, den Nahverkehr „kostenfrei “ anzubieten. Es wird ergänzend auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. 8. Mit welchen Mehrkosten für das Land rechnet die Landesregierung bei Einführung eines kostenlosen Nahverkehrs jährlich (Darstellung für die nächsten zehn Jahre nach Einführung)? Es bestehen derzeit weder Planungen noch Kostenermittlungen für die Einführung eines „kostenlosen Nahverkehrs“ in Niedersachsen. 9. Geht die Landesregierung davon aus, dass sich die Bundesregierung langfristig an einer eventuellen Finanzierung durch das Land Niedersachsen beteiligen wird? Wenn ja, in welcher Höhe? Es wird auf die Vorbemerkung sowie die Antwort zu Frage 1 verwiesen. 10. Mit welchen finanziellen Einsparungen rechnet die Landesregierung für folgende Bereiche : a) Fahrkartenautomaten, b) Personal zum Verkauf und zur Kontrolle der Fahrscheine, c) Verwaltung für Fahrpreisnacherhebung? Es wird auf die Antwort zu Frage 8 verwiesen. 11. Mit welchen Änderungen der Arbeitsmarktsituation rechnet die Landesregierung für folgende Berufsgruppen: a) Kundenbetreuer im Nahverkehr (KiN), b) Sicherheitskräfte der Bahnunternehmen, c) weiteres Servicepersonal der Bahnunternehmen, d) Beschäftigte im Bereich der Bahnhöfe? Es wird auf die Antwort zu Frage 8 verwiesen. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/575 5 12. Welche Probleme für grenzüberschreitenden Nahverkehr in die Niederlande und die Nachbarbundesländer Niedersachsens sieht die Landesregierung, wenn a) Niedersachsen einen kostenfreien Nahverkehr anbietet, jedoch nicht die Niederlande und/oder die Nachbarbundesländer Niedersachsens, b) Niedersachsen keinen kostenfreien Nahverkehr anbietet, aber die Niederlande und/oder die Nachbarbundesländer Niedersachsens? c) Wie plant die Landesregierung mit den Problemen umzugehen bzw. sie zu lösen? Erforderlich wären ein Gesamtkonzept und eine umfassende gutachterliche Betrachtung. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 8 verwiesen. 13. Liegen der Landesregierung Erkenntnisse vor, wieso zwei nordrhein-westfälische (Bonn und Essen) und drei baden-württembergische Städte (Mannheim, Herrenberg und Reutlingen) für einen kostenfreien Probebetrieb ausgewählt wurden, aber keine niedersächsischen? Der Landesregierung liegen dazu keine Kenntnisse vor. 14. Plant die Landesregierung, zusätzlich auch niedersächsische Städte für den kostenfreien Nahverkehr vorzuschlagen? 15. Für welche niedersächsischen Städte sieht die Landesregierung das größte Potenzial durch einen kostenlosen Nahverkehr? Die Fragen 14 und 15 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Die Landesregierung plant derzeit keine entsprechenden niedersächsischen Modellstädte. 16. Bewertet die Landesregierung die Idee „Kostenfreier Nahverkehr“ als nur umsetzbar innerhalb einzelner Landkreise und Städte oder auch für kreisübergreifende Nahverkehrsangebote ? (Sollten auch kreisübergreifende Angebote umsetzbar sein, bitte anmerken , welche zehn Angebote dann am wirtschaftlichsten und welche zehn Angebote am unwirtschaftlichsten wären und aus welchem Grund.) Es wird auf die Vorbemerkung sowie die Antworten zu den Fragen 1, 14 und 15 verwiesen. 17. Wie steht die Landesregierung zur Schaffung eines niedersachsenweiten Verkehrsbundes ? 18. Wie steht die Landesregierung dazu, wenn der Schienenfernverkehr in einen niedersachsenweiten Verkehrsverbund einbezogen wird? Fragen 17 und 18 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Zur Schaffung eines solchen Verkehrsverbundes gibt es keine Überlegungen der Landesregierung. 19. Wie bewertet die Landesregierung die These, dass durch die Einführung eines kostenfreien Nahverkehrs Fußgänger und Radfahrer auf den Schienenpersonennahverkehr umsteigen? In dazu erfolgten Modellversuchen konnte beobachtet werden, dass durch einen für die Fahrgäste „kostenfreien Nahverkehr“ auch Fußgänger und Radfahrer auf den straßen- und schienengebundenen ÖPNV umgestiegen sind. Um hieraus belastbare Aussagen ableiten zu können, bedürfte es detaillierter verkehrsplanerischer Untersuchungen. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/575 6 20. Mit welchem Modal Shift rechnet die Landesregierung bei einer Einführung eines kostenfreien Nahverkehrs? 21. Welche Veränderung der Reiseweite im Schienenpersonennahverkehr erwartet die Landesregierung durch die Einführung eines kostenfreien Nahverkehrs? 22. Welche Veränderung der Wegeanzahl erwartet die Landesregierung durch die Einführung eines kostenfreien Nahverkehrs? 23. Welche Änderungen erwartet die Landesregierung bei folgenden Verkehrsmitteln in Niedersachsen in Bezug auf das Verkehrsaufkommen bei Einführung eines kostenfreien Nahverkehrs (prozentuale und absolute Steigerung für die nächsten zehn Jahre nach Einführung): a) Regionalexpress, b) Regionalbahn, c) S-Bahn, d) Schienenfernverkehr, e) Busverkehr, f) motorisierter Individualverkehr, g) Radverkehr, h) Fußgängerverkehr? 24. Geht die Landesregierung davon aus, dass durch einen kostenfreien Nahverkehr stillgelegte Strecken reaktiviert bzw. neue gebaut werden? Wenn ja, in Bezug auf a) Regionalexpresslinien, b) Regionalbahnlinien, c) S-Bahn-Linien, d) Inter-Regio-Express-Linien, e) Tram-Train-Linien, f) Linien alternativer schienengebundener Verkehrsmittel (z. B. Einschienenbahn)? 25. Geht die Landesregierung davon aus, dass der LNVG bei einer Einführung eines kostenfreien Nahverkehrs neue Linien zur Genehmigung vorgelegt werden? Wenn ja, welche a) Buslinien, b) Straßenbahnlinien, c) U-Bahnen-Linien, d) anderen Linien? Fragen 20 bis 25 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Hierzu bestehen keine Erkenntnisse. 26. Geht die Landesregierung davon aus, dass durch die Einführung eines kostenfreien Nahverkehrs und die daraus resultierende Neubewertung des ihr unterstehenden Straßennetzes geplante oder begonnene Straßenbauprojekte eingestellt werden? Wenn ja, von welchen geht die Landesregierung zum jetzigen Zeitpunkt aus? Nein. Das Bundesfernstraßennetz, welches das Land in Auftragsverwaltung für den Bund betreut, dient der Bewältigung des überregionalen Fernverkehrs. Da die Landesstraßen ebenfalls dem überregionalen Verkehr dienen, ist keine Neubewertung dieses Straßennetzes erforderlich. Dazu, inwieweit im urbanen Umfeld durch die Einführung eines „kostenfreien Nahverkehrs“ kleinräumige Auswirkungen auf das Straßennetz entstehen könnten, liegen keine Erkenntnisse vor. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/575 7 27. Welchen Zeitpunkt im Jahresverlauf bewertet die Landesregierung als den günstigsten zur Einführung eines kostenfreien Nahverkehrs? Es wird auf die Antworten zu den Fragen 8, 14 und 15 verwiesen. Vielfach wird für Tarifmaßnahmen auf den bundesweiten Fahrplanwechsel (zweiter Sonntag im Dezember) als geeigneten Termin abgestellt. 28. Geht die Landesregierung davon aus, dass durch einen kostenfreien Nahverkehr neue Einwohner nach Niedersachsen ziehen werden? Wenn ja, in welchem Umfang und woher ? Hierzu liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor. 29. Plant die LNVG, bei Einführung eines kostenfreien Nahverkehrs kurzfristig ihren Fahrzeugpool zu vergrößern, oder plant sie zeitlich gestaffelte Neuanschaffungen? Es wird auf die Antworten zu den Fragen 8, 14 und 15 verwiesen. Entsprechenden Planungen der Landesnahverkehrsgesellschaft (LNVG) bestehen folglich nicht. (Verteilt am 04.03.2018) Drucksache 18/575 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Kostenfreier Nahverkehr Vorbemerkung des Abgeordneten Vorbemerkung der Landesregierung