Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/604 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Belit Onay und Anja Piel (GRÜNE) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung Ruherecht für Grabstätten der unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft verfolgten Sinti und Roma Anfrage der Abgeordneten Belit Onay und Anja Piel (GRÜNE), eingegangen am 28.02.2018 - Drs. 18/439 an die Staatskanzlei übersandt am 06.03.2018 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung vom 04.04.2018, gezeichnet Boris Pistorius Vorbemerkung der Abgeordneten Am 8. Dezember 2016 fasste die Ministerpräsidentenkonferenz einen einstimmigen Beschluss zum Ruherecht für Grabstätten der unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft verfolgten Sinti und Roma. Nach diesem Beschluss werden sich Bund und Länder jeweils zu 50 % an den Kosten für die Gräber beteiligen. Dieser Beschluss wurde bisher nicht in eine Regelung überführt, obwohl die Bundesregierung eine Regelung für Ende 2017 in Aussicht gestellt hatte. Unter der Federführung des Bundesfamilienministeriums wurde lediglich eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe eingerichtet. Bayern stellt im Rahmen einer Übergangslösung 40 000 Euro jährlich zur Verfügung, um die Gräber zu erhalten. Weitere Bundesländer (Hessen, Hamburg und Baden-Württemberg) haben Regelungen auf Landesebene verabschiedet, die für den Übergang eine Kostentragung beinhalten. Vorbemerkung der Landesregierung Seit Jahren verfolgt insbesondere der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma, aber auch die Sinti Allianz Deutschland e. V. über die bestehenden Regelungen des Gräberrechts hinaus das Anliegen, dass die Gräber der Sinti und Roma, die nationalsozialistischen Gewaltmaßnahmen in der Zeit zwischen 1933 und 1945 ausgesetzt waren und nach 1952 verstorben sind (die Gräber der davor Verstorbenen fallen unter den Schutz des Gräbergesetzes) oder noch versterben, unter einen dauerhaften Schutz gestellt werden. Dieses Thema war Gegenstand verschiedener Eingaben (z. B. auch im Niedersächsischen Landtag) und Gespräche (etwa anlässlich der jährlichen Begegnungen mit den jeweiligen Präsidentinnen oder Präsidenten des Bundesrats). Das vom Zentralrat gewünschte Ergebnis wurde hierbei nicht erreicht. Schließlich hat der Bund vorgeschlagen, eine Lösung für den Erhalt dieser Gräber unter einer jeweils hälftigen Beteiligung des Bundes und der Länder an den entstehenden Kosten zu finden. In der Besprechung der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder am 8. Dezember 2016 wurde unter TOP 8 der folgende Beschluss gefasst: 1. Die Bundeskanzlerin und die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder bekennen sich zur gemeinsamen Verantwortung für die Sicherung der Grabstätten der unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft verfolgten Sinti und Roma. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/604 2 2. Die Bundeskanzlerin und die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder vereinbaren dazu vor dem Hintergrund der Wahrung der verfassungsrechtlichen Zuständigkeiten des Bundes und der Länder eine jeweils hälftige Beteiligung an den entstehenden Kosten für den Erhalt der berechtigten Gräber. 3. Hierfür sollen Bund und Länder eine Regelung zu einer gemeinsamen administrativen Umsetzung erarbeiten. Die Umsetzung der Regelung wird für 2017 angestrebt. Die Regelung der weiteren Einzelheiten wurde einer Bund-Länder-Abstimmung vorbehalten. Hierzu wurden zwischen dem Bund und den Ländern auf Arbeitsebene Gespräche mit dem Ziel einer Umsetzung des Beschlusses geführt. Diese Gespräche konzentrierten sich insbesondere auf das Verfahren der Ermittlung der betroffenen Gräber und der Antragstellung sowie die Zuständigkeit für die Antragsbearbeitung, den Umfang der zu erstattenden Kosten und die Kostenverteilung bei den Ländern. 1. a) Wie geht Niedersachsen mit der Situation um, dass die Ministerpräsidentenkonferenz bereits Ende 2016 einen Beschluss zum Ruherecht der im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma gefasst hat, dieser Beschluss aber noch nicht in eine Regelung überführt wurde? b) Beabsichtigt die Landesregierung, gegebenenfalls in welcher Form, sich für die Überführung des Beschlusses in eine Regelung einzusetzen? Zu a: Niedersachsen ist seit Beginn in der Bund-Länder-Arbeitsgruppe unter Federführung des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) vertreten und beteiligt sich an der Erarbeitung des Lösungsvorschlags. Zu b: Ja, es wird eine Bund-Länder-Vereinbarung angestrebt. 2. Für wann erwartet die Landesregierung die Überführung des Beschlusses in eine Regelung ? In diesem Jahr. 3. a) Gibt es in Niedersachsen eine Übergangslösung, und wie sieht diese gegebenenfalls aus? b) Falls nicht, wird die Landesregierung eine Übergangslösung schaffen, und wie wird diese aussehen? Zu a: Bereits im Jahr 2014 hat sich die Landesregierung für den Erhalt der Gräber von Sinti und Roma eingesetzt und Kontakt zu den kommunalen Spitzenverbänden, dem Katholischen Büro und der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen aufgenommen und die Frage des dauerhaften Erhalts der Gräber von Sinti und Roma, denen nach den gesetzlichen Bestimmungen kein dauerhaftes Ruherecht zuerkannt ist, verbunden mit der Bitte um Unterstützung an sie herangetragen. Das Katholische Büro hat daraufhin zugesagt, dass man auf Friedhöfen in Trägerschaft der katholischen Kirche den Sinti und Roma den Erhalt der Gräber der Verstorbenen, die Opfer des Holocaust waren, einräumen wird. Die Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen berichtete, dass sie das Schreiben an die fünf evangelischen Kirchen weitergegeben habe. Es könne jedoch keine verlässliche Zahl der Friedhöfe genannt werden, die von der Möglichkeit der Schaffung von Regelungen zur Verlängerung der Ruhezeit in ihren Satzungen Gebrauch gemacht haben. In einigen Kommunen gibt es Regelungen, die einen Verzicht auf Einebnung der Gräber vorsehen. Viele Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/604 3 Kommunen stunden derzeit im Hinblick auf die zu erwartende Regelung die Gebühren. Ungelöste Problemfälle sind der Landesregierung nicht bekannt. Zu b: Es bedarf keiner Übergangsregelung. (Verteilt am 12.04.2018) Drucksache 18/604 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Belit Onay und Anja Piel (GRÜNE) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport Ruherecht für Grabstätten der unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft verfolgten Sinti und Roma