Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/632 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Stefan Henze (AfD) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung Taxifahrten von Flüchtlingen (Teil 2) Anfrage des Abgeordneten Stefan Henze (AfD), eingegangen am 13.02.2018 - Drs. 18/304 an die Staatskanzlei übersandt am 20.03.2018 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung vom 09.04.2018, gezeichnet In Vertretung Stephan Manke Vorbemerkung des Abgeordneten Am 16.06.2017 berichtete die Neue Osnabrücker Zeitung, dass Flüchtlinge mit dem Taxi zur Arbeit gefahren würden (Scholz, C. [2017], in Neue Osnabrücker Zeitung: „Täglich von Bad Essen nach Ostercappeln - Warum die Maßarbeit einem Flüchtling das Taxi zur Arbeit zahlt“, Verweis: https://www.noz.de/lokales/bad-essen/artikel/910342/warum-die-massarbeit-einem-fluechtling-dastaxi -zur-arbeit-zahlt). Am 28.01.2016 meldete TAG24, dass die Ämter Taxifahrten für Flüchtlinge bei der Landesbehörde Sachsen in Auftrag gäben (TAG24 [2016]: „Mit dem Taxi zum Amt ... So zahlt der Steuerzahler für Flüchtlinge“, Verweis: https://www.tag24.de/nachrichten/asylbewerbermit -dem-taxi-zum-amt-43727). Vorbemerkung der Landesregierung Die Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung des Abgeordneten Stefan Henze knüpft an die Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung des Abgeordneten Jens Ahrends (AfD), Drs.. 18/296, an. Daher wird zunächst auf die Vorbemerkung der Landesregierung in der Antwort auf die Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung des Abgeordneten Jens Ahrends verwiesen (siehe Drs. 18/497). Im Hinblick auf die Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung des Abgeordneten Stefan Henze wird ergänzend angemerkt, dass sich der Bericht der Online-Ausgabe der Neuen Osnabrücker Zeitung vom 16.06.2017 auf einen anerkannten Flüchtling bezieht. Im Einzelfall können im Anwendungsbereich des Sozialgesetzbuchs Zweites Buch (SGB II) auf Antrag die notwendigen Fahrtkosten zur Teilnahme an einer arbeitsmarktpolitischen Maßnahme oder zur Arbeitsaufnahme übernommen werden. Dies betrifft grundsätzlich Fahrtkosten im öffentlichen Personennahverkehr oder für die Nutzung eines Pkw. In besonderen Ausnahmefällen ist die Übernahme von Taxikosten denkbar, wenn das Fahrtziel mit anderen Beförderungsmitteln nicht auf zumutbare Weise zu erreichen ist. Hierüber entscheiden die Jobcenter im eigenen Ermessen. Die Aufwendungen werden aus dem Eingliederungstitel des Bundes finanziert. Statistische Daten, ob und inwieweit die Jobcenter Kosten für Taxifahrten übernommen haben, sind nicht vorhanden. Im Bereich der Leistungsgewährung von Sozialhilfe nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) erbringen die örtlichen Träger der Sozialhilfe die entsprechenden Leistungen vorwiegend im eigenen Wirkungskreis. Darüber hinaus sieht die amtliche Sozialhilfestatistik eine Erhebung diesbezüglicher Daten nicht vor. Den Krankenkassen liegen keine konkreten Zahlen vor, da die Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/632 2 Fahrtkosten statistisch nur für alle Versicherten insgesamt erfassen und die weiter erfragten Daten nicht erhoben werden. Auch im Hinblick auf die Leistungsgewährung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) liegen weder statistische Daten zur Anzahl durchgeführter Taxifahrten oder zum Umfang der für Taxifahrten oder den öffentlichen Personennahverkehr gewährten Leistungen oder zu zurückgelegten Wegstrecken vor noch führt das Land Niedersachsen hierzu laufende Erhebungen durch. 1. a) Wie hoch waren die Aufwendungen für Flüchtlinge je Landkreis und kreisfreier Stadt für durch Ämter angeordnete Taxifahrten in den Jahren 2015, 2016 und 2017 (Aufschlüsselung je Jahr)? Da die erfragten Daten nicht vorrätig verfügbar waren, war eine gesonderte Abfrage bei der Landesaufnahmebehörde Niedersachsen (LAB NI) und den kommunalen Leistungsbehörden erforderlich . Von den 47 kommunalen Leistungsbehörden, die für die Durchführung des AsylbLG in Niedersachsen zuständig sind, haben 45 Kommunen geantwortet. Die Rückmeldungen der Kommunen fielen jedoch sehr unterschiedlich aus und sind daher im Grundsatz nicht vergleichbar. 28 Kommunen haben keine Daten geliefert oder Fehlanzeige gemeldet. Als Begründung dazu wurde ausgeführt , dass derartige Daten nicht erhoben werden oder entsprechende Auswertungsmöglichkeiten nicht zur Verfügung stehen. Die übrigen Kommunen teilten für die Regelleistungsempfängerinnen oder -empfänger nach dem AsylbLG die in der Anlage aufgeführten Aufwendungen für durch Ämter angeordnete Taxifahrten (zu Arztterminen oder Behördenbesuchen) mit. Nachfragen bei Kommunen mit verhältnismäßig hohen Taxikosten haben ergeben, dass die Fahrtkosten überwiegend auf spezielle, krankheitsbedingte Einzelfälle zurückzuführen sind. Beispielsweise mussten Personen aufgrund onkologischer Erkrankungen oder erforderlicher Dialysen regelmäßig zu Untersuchungen oder Behandlungen gefahren werden, was unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles mit dem öffentlichen Personennahverkehr nicht gewährleistet werden konnte. b) Wurden diese dem Land Niedersachsen in Rechnung gestellt? Wenn ja, wie hoch waren die Aufwendungen des Landes in den Jahren 2015, 2016 und 2017 (Aufschlüsselung je Jahr)? Das Land Niedersachsen zahlt den Landkreisen und kreisfreien Städten sowie der Region Hannover und der Stadt Göttingen zur Abgeltung aller Kosten, die ihnen durch die Durchführung des AsylbLG entstehen, pro Leistungsempfängerin oder Leistungsempfänger eine jährliche Kostenabgeltungspauschale (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Aufnahme von ausländischen Flüchtlingen und zur Durchführung des Asylbewerberleistungsgesetzes). Die Höhe der Pauschale betrug für das Jahr 2017 insgesamt 11 192 Euro. Mit der Zahlung der Kostenabgeltungspauschale sind namentlich auch Fahrtkosten abgegolten, die im Regelanteil enthalten sind oder die im Einzelfall auf der Grundlage von § 6 AsylbLG übernommen werden. Vor diesem Hintergrund wurden dem Land Niedersachsen keine Aufwendungen für Taxikosten für Leistungsempfänger nach dem AsylbLG in Rechnung gestellt. c) Ist geplant, auch in 2018 solche Taxifahrten in Auftrag zu geben? Wenn ja, mit welchen Aufwendungen wird kalkuliert? Die kommunalen AsylbLG-Behörden entscheiden in eigener Zuständigkeit, ob und inwieweit über den im Regelsatz enthaltenen Fahrtkostenanteil hinaus Fahrtkosten auf der Grundlage von § 6 AsylbLG übernommen werden können. Eine solche Übernahme ist im Einzelfall auch im laufenden Jahr möglich. Diese Anlässe sind jedoch unvorhersehbar und damit weder für die Kommunen noch für die LAB NI im Voraus kalkulierbar. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/632 3 2. Wie viele durch Ämter angeordnete Fahrten wurden in den Jahren 2015, 2016 und 2017 den Ämtern in Rechnung gestellt (Aufschlüsselung je Jahr)? Auf die gesonderte Abfrage haben 35 Kommunen mitgeteilt, dass hierzu keine Daten verfügbar sind. Entsprechendes gilt für die LAB NI. Vier Kommunen gaben an, dass ihnen keine Kosten in Rechnung gestellt wurden. 3. Wie weit war die durchschnittliche Taxireiseweite eines Flüchtlings, der in Niedersachsen befördert wurde? Nach dem Ergebnis der durchgeführten Abfrage bei der LAB NI und den kommunalen AsylbLG- Behörden konnte kein für die niedersächsischen Kommunen repräsentativer Durchschnittswert gebildet werden. 4. a) Wie hoch waren die Aufwendungen für Flüchtlinge je Landkreis und kreisfreier Stadt sowie des Landes Niedersachsen für durch Ämter angeordnete Fahrten mit dem öffentlichen Personennahverkehr in den Jahren 2015, 2016 und 2017 (Aufschlüsselung je Jahr)? Grundsätzlich ist im Regelsatz nach dem AsylbLG ein Anteil für Fahrtkosten enthalten. Die Übernahme von darüber hinaus gehenden Fahrtkosten kann daher nur in begründeten Einzelfällen erfolgen . Insoweit wird auf die Vorbemerkung der Landesregierung in der Antwort auf die Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung des Abgeordneten Jens Ahrends verwiesen (siehe Drs. 18/497). Auf gesonderte Abfrage teilten 34 Kommunen mit, dass keine verfügbaren Daten vorliegen. Entsprechendes gilt für die LAB NI. Lediglich der Landkreis Osnabrück konnte mit erheblichem Arbeitsaufwand ermitteln, dass die Aufwendungen für Leistungsberechtigte nach §§ 2, 3, 6 AsylbLG 6 635,50 Euro (2015), 19 406,17 Euro (2016) und 5 251,80 Euro (2017) betrugen. b) Wie weit war die durchschnittliche Reiseweite eines Flüchtlings, der in Niedersachsen mit dem öffentlichen Personennahverkehr befördert wurde? Auf gesonderte Abfrage haben 36 Kommunen mitgeteilt, dass hierzu keine Daten vorliegen. Drei Landkreise gaben an, dass keine Fahrten mit dem öffentlichen Personennahverkehr zurückgelegt wurden. Bei der LAB NI finden Fahrten mit dem öffentlichen Personennahverkehr nur im Umkreis der Standorte der LAB NI statt (etwa 5 bis 10 km). c) Wurden Flüchtlingen alternative Leistungen angeboten, wenn sie weder Taxifahrten noch den öffentlichen Nahverkehr nutzten? Wenn ja, welche, und wie wurden diese berechnet ? Auf gesonderte Abfrage haben 34 Behörden mitgeteilt, keine alternativen Leistungen anzubieten. Fünf Landkreise teilten mit, dass gespendete oder gebrauchte Fahrräder zur Verfügung gestellt oder aufbereitete Fahrräder durch die Arbeit von Ehrenamtlichen vergünstigt angeboten werden oder für ehrenamtliche Flüchtlingshelfer als Begleiter zu Terminen eine Aufwands- oder Kilometerpauschale gezahlt oder die Kosten für Fahrten im öffentlichen Personennahverkehr übernommen werden. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/632 4 Anlage Kommune Leistungsberechtigte nach §§ 2, 3, 6 AsylbLG Leistungsberechtigte nach §§ 2, 3, 6 AsylbLG mit Gestattung 2015 2016 2017 2015 2016 2017 Celle 3.100,86 € 2.586,52 € 486,78 € Delmenhorst, Stadt 185,48 € 1.734,24 € Diepholz 4.788,00 € 20.228,30 € 19.404,00 € Emden, Stadt 290,00 € 3.322,72 € 0,00 € 200,90 € 3.154,22 € 0,00 € Göttingen 3.259,37 € 2.860,97 € 895,67 € 447,77 € 870,60 € 328,02 € Göttingen, Stadt 0,00 € 0,00 € 33,30 € 0,00 € 0,00 € 1,00 € Hameln-Pyrmont 7.484,13 € 41.170,09 € 33.348,23 € Heidekreis 17.275,89 € 15.160,46 € 1.067,26 € Helmstedt 1.368,75 € 3.318,50 € 654,21 € 1.368,75 € 3.167,80 € 404,31 € Leer 150,00 € 1.657,00 € Lüchow-Dannenberg 0,00 € 0,00 € 0,00 € 0,00 € 0,00 € 0,00 € Lüneburg 28,05 € 36,77 € 559,60 € 28,05 € 36,77 € 0,00 € Oldenburg 7.441,38 € 9.713,51 € 1.761,97 € Osnabrück 4.238,70 € 17.687,04 € 3.647,88 € 1.745,44 € 17.297,12 € 3.427,85 € Salzgitter, Stadt 192,00 € 1.380,03 € 294,00 € 51,00 € 1.240,60 € 294,00 € Vechta 3.680,00 € 1.745,27 € 200,00 € 4.480,00 € 3.473,16 € 500,00 € Wesermarsch 7.270,76 € 5.130,19 € 1.465,73 € 4.237,34 € 3.486,71 € 1.345,69 € Wittmund 3.651,54 € 5.762,83 € 1.773,88 € 595,20 € 3.057,90 € 1.659,37 € Summe 46.979,02 € 116.826,98 € 66.182,25 € 30.430,34 € 50.945,34 € 9.027,50 € (Verteilt am 13.04.2018) Drucksache 18/632 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Stefan Henze (AfD) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport Taxifahrten von Flüchtlingen (Teil 2)