Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/6990 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten André Bock, Helmut Dammann-Tamke und Heiner Schönecke (CDU) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung namens der Landesregierung Löst ein S-Bahn-Ring Verkehrsprobleme im Hamburger Süden und der südlichen Metropolregion ? Anfrage der Abgeordneten André Bock, Helmut Dammann-Tamke und Heiner Schönecke (CDU), eingegangen am 29.05.2020 - Drs. 18/6652 an die Staatskanzlei übersandt am 09.06.2020 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung namens der Landesregierung vom 08.07.2020 Vorbemerkung der Abgeordneten Seit Jahren beschäftigt der S-Bahn-Verkehr die Politik in der südlichen Metropolregion Hamburg. Es wurden Anfragen und Anträge gestellt und Machbarkeitsstudien erstellt. Zuletzt gab es eine Initiative von CDU-Landtagsabgeordneten der südlichen Metropolregion, die gemeinsam mit dem Koalitionspartner SPD zum Antrag „HVV stärken - Nahverkehr im Hamburger Umland vernetzen und ausbauen“ geführt hat (Drucksache 18/2031). Im Ergebnis war der Tenor bei allen Antworten, dass das SPNV-System im Hamburger Süden nicht nur ausgelastet, sondern weit überlastet ist. In einer Stellungnahme der VNO zur Drucksache 18/2031 - Anhörung zum HVV-Antrag - heißt es: – „In den vergangenen Jahren sind die Fahrgastzahlen im südlichen Hamburger Umland auf den Strecken des SPNV überdurchschnittlich gestiegen. Dies ist sowohl auf tarifliche Maßnahmen als auch auf Verbesserungen im Verkehrsangebot zurückzuführen.“ – „Mittlerweile kommt das Verkehrsangebot und auch die Infrastruktur vor allem in den Hauptverkehrszeiten an Kapazitätsgrenzen, die weitere Fahrgaststeigerungen fraglich erscheinen lassen .“ – „Werktäglich fahren über 160 000 Fahrgäste mit S- und Regionalbahnen über die Süderelbe, etwa 70 % davon mit den S-Bahnen. In der morgendlichen Spitzenstunde sind es allein in Richtung Hamburg durchschnittlich über 13 000 Menschen.“ – „Eine Zusammenstellung zeigt, dass bereits jetzt absehbar ist, dass größere Bauarbeiten zwischen Harburg und Hamburg anstehen, den regionalen Bahnverkehr stark auch über einen längeren Zeittraum beeinträchtigen können.“ In einer Stellungnahme eines beratenden Ingenieurs im Eisenbahnwesen zur Drucksache 18/2031 - Anhörung zum HVV-Antrag - heißt es: „Schließlich ist der Knoten Hamburg-Harburg ein Kapazitätsengpass, der durch das Zusammentreffen der Personenzüge mit den vielen Güterfahrten von und zum Hamburger Hafen und den damit verbundenen Fahrstraßenkreuzungen zu Einschränkungen und Verspätungen führt.“ Aus Sicht des Ingenieurs ist das besondere Problem Hamburgs, dass sich die Kapazitätsengpässe zwischen Hamburg-Holstenstraße - Hamburg-Dammtor - Hamburg-Hauptbahnhof - Hamburg-Harburg in ihrer Wirkung aufaddieren und bis nach Niedersachsen ausstrahlen. Insofern bedürfe es ganzheitlicher infrastruktureller Lösungen, die alle genannten Engpässe in aufeinander abgestimmter Weise in den Blick nähmen, um die Probleme mittelfristig in den Griff zu bekommen. Dagegen Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/6990 2 könnten Einzelmaßnahmen nur kurzfristig und partiell Linderung verschaffen. Sie seien insbesondere dann sinnvoll, wenn sie sich als Teil einer Gesamtmaßnahme einpassten, die zuvor ganzheitlich definiert wurde. Aktuell berichteten verschiedene Printmedien über eine Forderung des Hamburger Bundestagsabgeordneten Metin Hakverdi (SPD). Seine Forderung nach einem S-Bahn-Ring für Hamburg, der den Hamburger Süden mit einschließt, solle voraussichtlich mit in die Bürgerschaftskoalitionsverhandlungen von SPD und Grünen aufgenommen werden. Wesentliche Teile der Idee stützen sich auf ein Konzept eines Harburger Bezirksabgeordneten und Verkehrsplaners bei der VNO-Stade. Das Konzept sieht eine westliche Elbquerung parallel zum Elbtunnel bis nach Altona vor. Haltestellen könnten Hausbruch, Moorburg und Waltershof sein. Die Idee wird von Hamburger Wirtschaftsvertretern und Verbänden unterstützt. Vorbemerkung der Landesregierung Dem Niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung (MW) sind die Herausforderungen im Schienenpersonenverkehr und öffentlichen Nahverkehr rund um die Region Hamburg bekannt. Der niedersächsische Verkehrsminister Dr. Bernd Althusmann schätzt das vielfältige Engagement der örtlichen Abgeordneten in Bund und Ländern für eine Verbesserung und Kapazitätssteigerung der Verkehrsangebote im Süden von Hamburg und der südlichen Metropolregion Hamburgs insbesondere für Pendlerinnen und Pendler, die auf verlässliche, sichere und schnelle Transportwege tagtäglich angewiesen sind. Die S-Bahn Hamburg fährt in einem komplexen, hoch technisierten Verkehrssystem täglich rund 1 200 Züge durch das S-Bahn-Netz. Dort rollen in Teilstrecken nicht nur die Züge der S-Bahn, auf diesen Gleisen herrscht sogenannter Mischbetrieb. Das bedeutet, dass neben der S-Bahn Hamburg auch noch der Güterverkehr und der Regional Express (RE) unterwegs sind. Unabhängig davon hat die Freie und Hansestadt Hamburg als federführender SPNV-Aufgabenträger gemeinsam mit der S-Bahn Hamburg einen Maßnahmenplan zur kurz- und mittelfristigen Verbesserung der Betriebsqualität erstellt. Die Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachsen mbH (LNVG) ist die für das Land Niedersachsen zuständige Aufgabenträgerin des SPNV. Die LNVG sowie das MW sind im regelmäßigen Austausch mit der S-Bahn Hamburg, der Freien und Hansestadt Hamburg sowie dem Hamburger Verkehrsverbund (HVV), um die Voraussetzungen für einen verlässlichen und pünktlichen Betrieb der S-Bahn zu schaffen. Die Länder Hamburg, Schleswig-Holstein und Niedersachsen haben bei der DB Netz AG eine umfangreiche Untersuchung „SPNV-Durchbindung Hamburger Hauptbahnhof“ in Auftrag gegeben. In einem dreistufigen Verfahren mit Erstellung eines Zielkonzeptes, Fahrplankonstruktion und Betriebssimulation soll ermittelt werden, ob eine derartige Durchbindung sinnvoll möglich ist, welche Voraussetzungen hierfür gegebenenfalls erfüllt werden müssen und wie diese Durchbindung im Erfolgsfall aussehen könnte. Die Ergebnisse sollen ca. Ende 2020 vorliegen und könnten sich auch auf mögliche Planungen bei der S-Bahn in Hamburg auswirken. 1. Ist der Landesregierung das Konzept des Harburger Bezirksabgeordneten und Verkehrsplaners bei der VNO bekannt? Nein. 2. War die VNO an der Konzeptentwicklung beteiligt? Der Landesregierung liegen darüber keine Erkenntnisse vor. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/6990 3 3. Müsste es nach einer solchen Koalitionsabsprache zu einer erneuten Machbarkeitsstudie SPNV/ÖPNV für die südliche Metropolregion kommen? Die Ideen eines S-Bahn-Rings sind nach hier vorliegenden Erkenntnissen nicht in die Koalitionsvereinbarung zwischen SPD und Grünen in Hamburg eingeflossen. Es bedarf daher weiterer Anstrengungen aller an dem Vorhaben Interessierter, um in der Freien und Hansestadt Hamburg weiter nachdrücklich für das Vorhaben zu werben. 4. Welche Auswirkungen hätte ein S-Bahn-Ring auf die geplanten Baumaßnahmen am Harburger Knoten? Der Landesregierung liegen dazu keine näheren Erkenntnisse vor. Generell lässt sich sagen, dass die Realisierung eines S-Bahn-Rings einen zeitlich sehr langen planerischen Vorlauf erfordern würde und mit einer Querung der Elbe sowie der Hafenanlagen baulich sehr aufwendig wäre. Daher wäre mit einer Fertigstellung realistisch gesehen erst Jahrzehnte nach den in der Vorbemerkung angesprochenen Konzeptideen zu rechnen. 5. Würden sich die zeitlichen Abläufe verschieben? Nein. Die notwendigen Baumaßnahmen in Harburg können keinesfalls bis zur ungewissen Realisierung eines möglichen S-Bahn-Rings aufgeschoben werden. 6. Welche Auswirkungen hätte ein S-Bahn-Ring auf die geplanten Baumaßnahmen am Hauptbahnhof? Auf die Antworten zu den Fragen 4 und 5 wird verwiesen. 7. Rechnet die Landesregierung bei der Umsetzung eines S-Bahn-Rings mit einer Steigerung der Fahrgastzahlen? 8. Würde sich die Umsetzung eines S-Bahn-Rings auf die Fahrgastzahlen für die anderen S-Bahn- und Regionallinien auswirken? 9. Würde sich die Umsetzung eines S-Bahn-Rings auf die Reaktivierung der Bahnstrecke Buchholz- Maschen über Jesteburg auswirken? Die Fragen 7, 8 und 9 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Der Landesregierung liegen dazu keine näheren Erkenntnisse vor. Generell lässt sich sagen, dass die Schaffung neuer Infrastrukturen immer zu Veränderungen in der Verkehrsnachfrage führt. Dies kann sowohl durch die Verlagerung von Verkehrsströmen, Änderungen bei der Verkehrsmittelwahl oder durch induzierten Verkehr begründet sein. Die konkreten Veränderungen in der Verkehrsnachfrage hängen von der genauen Ausgestaltung der Maßnahme ab. 10. Hält die Landesregierung die Umsetzung eines S-Bahn-Rings grundsätzlich für technisch umsetzbar? 11. Hält die Landesregierung die Umsetzung eines S-Bahn-Rings grundsätzlich für wirtschaftlich umsetzbar? Die Fragen 10 und 11 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Aus Ingenieursicht ist der Bau eines S-Bahn-Rings mit entsprechendem baulichen Aufwand umsetzbar . Es ist aber zu hinterfragen, ob der finanzielle Aufwand den Nutzen rechtfertigt. Hier sieht die Landesregierung noch erheblichen Klärungsbedarf. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/6990 4 12 Be lis lic ge ein 13 Be bie Um ch Um te (V . Sollte es zu der Umsetzung eines S-Bahn-Rings kommen, mit welchem Zeitfenster rechnet die Landesregierung? im S-Bahn-Ring handelt es sich um ein in die Zukunft gerichtetes Vorhaben, das zu seiner Reaierung noch großer Anstrengungen und zunächst konkreter Planungen bedarf. Auch für eine bauhe Umsetzung wären voraussichtlich mehrere Jahre anzusetzen. Zusammen mit der zum jetzin Zeitpunkt nicht geklärten Planungs- und Finanzierungsfrage ist aus Sicht der Landesregierung konkretes Zeitfenster für eine Umsetzung nicht belastbar zu prognostizieren. . Welche Aufgaben bekämen die für SPNV/ÖPNV zuständigen niedersächsischen Behörden zusätzlich, und wer müsste dies finanzieren? i einem S-Bahn-Ring handelt es sich um eine Idee, die ausschließlich auf Hamburger Stadtget angelegt ist. Daher sind hier niedersächsische Behörden nicht involviert. Ob und in welchem fang niedersächsische Behörden bei der Realisierung Aufgaben zu bewältigen haben und wele Kosten gegebenenfalls auf das Land zukommen, lässt sich derzeit noch nicht prognostizieren. eine hinreichende Beteiligung Niedersachsens sicherzustellen, ist auch zukünftig der engagier- Einsatz der Abgeordneten des südlichen Hamburger Umlandes zu begrüßen. erteilt am 16.07.2020) Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LTmit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten André Bock, Helmut Dammann-Tamke und Heiner Schönecke (CDU) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung namens der Landesregierung Löst ein S-Bahn-Ring Verkehrsprobleme im Hamburger Süden und der südlichen Metropol-region?