Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/6998 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Christian Grascha und Dr. Marco Genthe (FDP) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung Financial Blocking trotz baldiger Liberalisierung des Onlineglücksspiels Anfrage der Abgeordneten Christian Grascha und Dr. Marco Genthe (FDP), eingegangen am 09.06.2020 - Drs. 18/6693 an die Staatskanzlei übersandt am 12.06.2020 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung vom 09.07.2020 Vorbemerkung der Abgeordneten Am 27.04.2020 teilte das Innenministerium in einer Pressemitteilung mit, dass es als zuständige Glücksspielaufsichtsbehörde einem weiteren international tätigen Zahlungsdienstleister die Mitwirkung am Zahlungsverkehr im Zusammenhang mit illegalen Glücksspiel untersagt habe (Financial Blocking) und dass weitere Untersagungsverfügungen in Vorbereitung seien (https://www.mi.niedersachsen .de/startseite/aktuelles/presseinformationen/illegales-glucksspiel-niedersachsen-verbietetweiterem -internationalen-zahlungsdienstleister-die-mitwirkung-am-zahlungsverkehr-187810.html). Das Financial Blocking bezeichnet die Unterbrechung von Zahlungsströmungen. Damit geht das niedersächsische Innenministerium gegen illegales Onlineglücksspiel vor. 2021 soll der neue Glücksspielneuregulierungsstaatsvertrag - GlüNeuRStV - in Kraft treten und Lizenzen für Onlinecasinos in ganz Deutschland ermöglichen. Am 30. Mai berichtete die FAZ in einem Artikel (https://www.faz.net/ aktuell/finanzen/niedersachsen-zwingt-bezahldienste-gluecksspieleinsaetze-zu-blocken-16792 394.html) über das niedersächsische Financial Blocking und zitiert u. a. das am 25.05.2020 veröffentlichte Gutachten von Prof. Dr. Christian Koenig (Universität Bonn) „zur Bewertung der Verpflichtung der Zahlungsanbieter zum Financial Blocking nach § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV trotz anstehender Marktöffnung“. Laut diesem Gutachten verstößt Niedersachsen gegen geltendes Recht, da insbesondere die vollzugsrechtlichen Anforderungen des Glücksspielstaatsvertrags an das Financial Blocking , die EU-Datenschutz-Grundverordnung sowie sowohl die Dienstleistungsfreiheit (Artikel 56 AEUV) der vom Financial Blocking betroffenen Glücksspielanbieter als auch die Zahlungsverkehrsfreiheit (Artikel 63 AEUV) der Zahlungsdienstanbieter verkannt werden. (Vgl. https://www.dvtm.net/ wp-content/uploads/2020/06/200605_DVTM_Rechtsgutachten_Prof.-Koenig_Financial-_Blocking_ trotz_anstehender_Markt%C3%B6ffnung.pdf). Vorbemerkung der Landesregierung Zur effektiven Bekämpfung illegalen Glücksspiels weist der aktuell geltende Glücksspielstaatsvertrag der Glücksspielaufsichtsbehörde des Landes Niedersachsen die Aufgabe zu, Maßnahmen zur Unterbindung von Zahlungen im Zusammenhang mit illegalem Glücksspiel, das in mehr als einem Bundesland angeboten wird, zu ergreifen (§ 9 a Abs. 2 Satz 2 i. V. m.§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 des Glücksspielstaatsvertrags vom 15. Dezember 2011, Nds. GVBl. 2012, 190, 196 - GlüStV). Diese Aufgabe wird gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 des Niedersächsischen Glücksspielgesetzes vom Ministerium für Inneres und Sport wahrgenommen. Das Ministerium für Inneres und Sport nimmt damit auch für die anderen Länder diese Aufgabe wahr. Der Erlass verbindlicher Anordnungen (z. B. Untersagungsverfügungen ) setzt einen entsprechenden Beschluss des Glücksspielkollegiums voraus. Mit der Regelung wurde der Erkenntnis Rechnung getragen, dass unerlaubte Glücksspielangebote im Internet in der Regel aus dem Ausland heraus betrieben werden, wo die Verantwortlichen sich Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/6998 2 dem Zugriff deutscher Behörden weitestgehend entziehen. Der aktuell geltende Glücksspielstaatsvertrag 2012 vom 15. Dezember 2011 (Nds. GVBl. 2012, S.190, 196 - GlüStV) hat zudem ein allgemeines Mitwirkungsverbot für alle am Zahlungsverkehr Beteiligten statuiert (§ 4 Abs. 1 Satz 2, Haltsatz 2 GlüStV). Sollte es im Ergebnis gelingen, dass die Zahlungsdienstanbieter entsprechend ihrer gesetzlichen Verpflichtung Zahlungen im Zusammenhang mit unerlaubtem Glücksspiel nicht mehr durchführen, würde damit ein wesentlicher Bestandteil der für das Betreiben von unerlaubtem Glücksspiel erforderlichen Infrastruktur wegfallen und könnte ein Vorgehen gegen illegales Glücksspiel nachhaltig erfolgreich sein. Konkrete Maßnahmen mit dem Ziel der Zahlungsunterbindung hat das Ministerium für Inneres und Sport als zuständige Glücksspielaufsichtsbehörde eingeleitet, seit das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) mit seinen Leitentscheidungen vom 26. Oktober 2017 (Az.: 8 C 14.16 und 8 C 18.16) die Unionsrechtmäßigkeit und Verfassungsmäßigkeit des Internetverbots für Online-Glücksspiel uneingeschränkt bestätigt und die Untersagung entsprechender Angebote durch die Glücksspielaufsicht für rechtmäßig erkannt hat. Das BVerwG hat damit die von Anbieterseite in jahrelangen gerichtlichen Auseinandersetzungen immer wieder genährten Zweifel an der Rechtmäßigkeit des aufsichtlichen Vorgehens ausgeräumt und für Rechtsklarheit und Rechtssicherheit gesorgt. Der Vollzug wurde durch diese höchstrichterlichen Entscheidungen nachhaltig gestärkt. Einige - darunter auch sehr bedeutsame - Zahlungsdienstleister haben sich aus dem Zahlungsverkehr für verbotene Online-Glücksspiele zurückgezogen. Einige Anbieter illegaler Glücksspiele, die sich durch die Maßnahmen zur Zahlungsunterbindung in ihrer Tätigkeit beeinträchtigt sehen, wenden sich nunmehr an das Ministerium für Inneres und Sport und verlangen unter Androhung von Schadensersatzforderungen die Einstellung der eingeleiteten Verfahren zur Zahlungsunterbindung. Es ist Anbietern unbenommen, gegen behördliche Maßnahmen den Rechtsweg zu beschreiten. Gerichtlicher (Eil-)Rechtsschutz gegen die Zahlungsunterbindung wird derzeit von den betroffenen Glücksspielunternehmen gleichwohl nicht in Anspruch genommen. Das von der FAZ zitierte und von den Fragestellern konkret in Bezug genommene Gutachten „Zur Bewertung der Verpflichtung der Zahlungsdienstanbieter zum Financial Blocking nach § 4 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 GlüStV trotz anstehender Marktöffnung“ vom 25. Mai 2020 ist bekannt. Das Gutachten wurde vom Deutschen Verband für Telekommunikation und Medien (DVTM) beauftragt. Der DVTM vertritt im Bereich des Glücksspielmarktes die Interessen von Glücksspielunternehmen (zu deren Portfolio zum Teil auch nach dem GlüStV verbotene Online-Glücksspiele gehören), Zahlungsdienstleistern und Inkassodiensten. Nach dem übereinstimmenden Willen der Landesregierungen soll ab dem 1. Juli 2021 ein neuer Staatsvertrag (Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland - GlüStV 2021) in Kraft treten. Der Entwurf des GlüStV 2021 sieht die grundsätzliche Erlaubnisfähigkeit von bislang verbotenen Glücksspielformen (virtuelle Automatenspiele, Online-Poker) vor. Daneben können die Länder Online -Casinospiele (wie z. B. Roulette, Black Jack, Baccara) zulassen. Derzeit liegt der Entwurf der Kommission zur Notifizierung vor. Der GlüStV 2021 tritt in Kraft, wenn ihn mindestens 13 Landesparlamente , darunter Sachsen-Anhalt als Sitzland der neu zu schaffenden Gemeinsamen Glücksspielbehörde der Länder, bis zum 31. März bzw. 30. Juni 2021 ratifizieren. 1. Wie begründet die Landesregierung die Umsetzung des Verbots der Mitwirkung (Financial Blocking) von internationalen Zahlungsdienstleistern vor dem Hintergrund des neuen Glücksspielstaatsvertrags 2021 und der damit verbundenen Liberalisierung des Onlineglücksspiels? Das Internetverbot ist geltendes Recht. Eine grundsätzliche Erlaubnisfähigkeit von Online-Glücksspielangeboten besteht frühestens mit Inkrafttreten der Neuregelung. Die im oben genannten Gutachten postulierte Verpflichtung zur Nichtanwendung von Regelungen ergäbe sich aus dem Unionsrecht nur, wenn und soweit es sich um Regelungen handelte, die dem Unionsrecht widersprächen; die Nichtanwendbarkeit nationaler Regelungen folgt dann aus dem Anwendungsvorrang des Unions- Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/6998 3 rechts. Für die - immer wieder behauptete - Unionsrechtswidrigkeit der geltenden Staatsvertragsregelungen hat das BVerwG gerade keine Anhaltspunkte feststellen können. Eine Reihe oberverwaltungsgerichtlicher Entscheidungen, die sich auch danach erneut mit der Frage der Wirksamkeit des Internetverbotes zu befassen hatten, haben ebenfalls keine Zweifel an der Unionsrechtsmäßigkeit des Internetverbots erkennen können (u. a. OVG Lüneburg, Urteile vom 28. Februar 2019, Az.: 11 LB 497/18 und 11 LC 242/16; OVG Schleswig, Beschluss vom 3. Juli 2019, Az.: 4 MB 14/19). Zum differenzierten Umgang mit Glücksspielanbietern im Hinblick auf den GlüStV 2021 werden zwischen den Ländern Gespräche geführt. Deren Ergebnisse bleiben abzuwarten. Im Übrigen siehe die Vorbemerkung. 2. Wie begründet das Ministerium die Abkehr von der noch 2018 im Landtag zugesicherten Einhaltung vollzugsrechtlicher Anforderungen, nämlich dass die Glücksspielanbieter zunächst erfolglos zur Einstellung bestimmter Spielarten aufgefordert werden müssten, bevor gegen Zahlungsdienstleister vorgegangen wird (Drucksache 18/1356)? Das Ministerium für Inneres und Sport hat bei der Wahrnehmung der Aufgaben im Zusammenhang mit Unterbindung von Zahlungsströmen die vom GlüStV vorgegebenen Anforderungen zu beachten und das ihm eingeräumte Ermessen dem Ziel der Regelung entsprechend auszuüben. Wie die Landesregierung mehrfach in Antworten auf parlamentarische Fragen erklärt hat (s. Drs. 18/3543, S. 4/5; Drs. 18/1569, S. 2/3; Drs. 18/607, S. 3), hat das Ministerium für Inneres und Sport Zahlungsdienstleister bislang nur dann in Anspruch genommen, wenn eine Inanspruchnahme des Glücksspielanbieters , insbesondere wegen der Auslandsansässigkeit, sich nicht als erfolgversprechend erwiesen hat. Die Nachrangigkeit der Inanspruchnahmen des Zahlungsdienstleisters korrespondiert mit der in der amtlichen Begründung zum Ausdruck kommenden gesetzgeberischen Motivation (Drs. 16/4795, S. 85). Nach wie vor greift das Ministerium für Inneres und Sport das Verfahren mit einem Zahlungsdienstleister erst auf, wenn festgestellt werden konnte, dass der betreffende Zahlungsdienstleister Zahlungen im Zusammenhang mit einem bereits untersagten Glücksspielangebot durchführt. An der Praxis der Aufsichtsbehörde hat sich insoweit nichts geändert. Selbstverständlich werden dem Zahlungsdienstleister darüber hinaus auch weitere unerlaubte Glücksspielangebote mitgeteilt, soweit hier von seiner Mitwirkung am Zahlungsverkehr auszugehen ist, in der Erwartung, dass auch insoweit die Mitwirkung eingestellt wird. Schließlich gilt das Mitwirkungsverbot umfassend, und der Zahlungsdienstleister ist von Gesetzes wegen verpflichtet, die Mitwirkung insgesamt einzustellen. Davon abgesehen hat die Landesregierung keine „Zusicherungen“ abgegeben, sondern entsprechend der jeweiligen Fragestellung das damalig praktizierte Vorgehen geschildert. Eine Änderung der Verfahrenspraxis bleibt der Behörde jederzeit im rechtlich vorgegebenen Rahmen unbenommen. Insoweit ist zu beachten, dass das BVerwG aufsichtliche Gestaltungsspielräume erweitert hat, indem es unter Verweis auf den Wortlaut von § 4 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 GlüStV in einem obiter dictum deutlich gemacht hat, dass die Einleitung von Zahlungsunterbindungsmaßnahmen „unerlaubtes Glücksspiel“, nicht „untersagtes Glücksspiel“ voraussetzt. 3. Wie verhindert die Landesregierung, dass sie mit der Untersagung auch legale Transaktionen bzw. legales Glücksspiel unterbindet? Es ist Aufgabe der am Zahlungsverkehr Beteiligten, die Einhaltung des Mitwirkungsverbots des § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV sicherzustellen. Die Untersagung im Wege der Zahlungsunterbindung umfasst selbstverständlich nur unerlaubte Angebote. Siehe im Übrigen die Antworten zu den Fragen 6 und 7. 4. Wie viele Untersagungsverfügungen hat das niedersächsische Innenministerium bereits gegen Zahlungsdienstleister erlassen? Zwei. Beide Verfügungen wurden auf der Grundlage entsprechender Beschlüsse des Glücksspielkollegiums erlassen. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/6998 4 5. Wie viele sonstige Maßnahmen (beispielsweise Anhörungsschreiben, Hinweisschreiben o. Ä.) wurden bereits gegen Zahlungsdienstleister ergriffen (bitte einzeln aufschlüsseln )? Das Ministerium für Inneres und Sport korrespondiert intensiv mit diversen, meist international tätigen Zahlungsdienstleistern und -anbietern. Hierbei wurden bislang neben dem Versand von 17 Anhörungsschreiben und zwölf Hinweisschreiben auch Telefonate, persönliche Gespräche sowie weiterer umfangreicher Schriftverkehr geführt. 6. Wie löst die Landesregierung das Problem, dass für den Zahlungsdienstleister nicht ersichtlich ist, welche Transaktionen gegebenenfalls (auch) legales Glücksspiel betreffen? Siehe hierzu die Antwort zu Frage 3. Sofern es den Zahlungsdienstleistern selbst nicht möglich ist, zu differenzieren, ob eine Transaktion einem unerlaubten Glücksspiel zuzuordnen ist oder nicht, können sie beispielsweise auf vertraglicher Grundlage mit den Glücksspielanbietern oder etwaigen zwischengeschalteten Dienstleistern (z. B. sogenannten Acquirern) sicherstellen, dass die Glücksspielanbieter entsprechende technische Vorkehrungen treffen, um zu gewährleisten, dass die jeweiligen Zahlungsdienste nicht für unerlaubtes Glücksspiel verwendet werden. Der Rückzug mehrerer großer Zahlungsdienstleister aus dem Bereich des unerlaubten Glücksspiels zeigt, dass dies möglich ist. Sollten sich Glücksspielanbieter weigern , dies umzusetzen, bleibt den Zahlungsdienstleistern die Möglichkeit, vertragliche Maßnahmen bis hin zur Kündigung zu ergreifen. 7. Hält die Landesregierung es für verhältnismäßig, es den Zahlungsdienstleister zu überlassen , wie sie dem Mitwirkungsverbot gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 GlüStV nachkommen , wenn die Erfüllung die Unterbindung von Transaktionen auch von legalem Glücksspiel voraussetzt, weil der aktuelle Glücksspielstaatsvertrag keine datenschutzrechtliche Rechtsgrundlage enthält, die es den Zahlungsdienstleistern ermöglichen würde, ausreichend sicher den Aufenthaltsort des jeweiligen Nutzers (Spielers) zu identifizieren ? Ja, siehe die Antworten zu den Fragen 3 und 6. Die Zahlungsdienstleister können, wie aufgezeigt, die Glücksspielanbieter verpflichten, technisch sicherzustellen , dass die jeweiligen Zahlungsdienste nicht für unerlaubtes Glücksspiel verwendet werden . Dies kann auch eine Prüfung des Wohnortes bzw. Standortes des jeweiligen Spielers beinhalten . Eine Verarbeitung personenbezogener Daten der Spieler durch den Zahlungsdienstleister ist hierbei nicht erforderlich. Im Übrigen verbleibt den Zahlungsdienstleistern auch die Möglichkeit, die Vertragsbeziehungen zu den betreffenden Glücksspielanbietern für Angebote auf dem deutschen Markt zu suspendieren oder gar zu beenden, wenn diese ihrerseits das illegale Angebot nicht einstellen oder nicht mindestens eine für die Zahlungsdienstleister erkennbare Differenzierung zwischen Transaktionen für legale und illegale Glücksspiele sicherstellen. 8. Begründet das Ministerium die Rechtmäßigkeit von Financial Blocking Maßnahmen trotz geänderter Tatsachenlage weiterhin mit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes vom 26.10.2017? Wenn ja, wie räumt es die im Gutachten von Prof. Koenig erläuterte Unanwendbarkeit aus? Auf die Vorbemerkung sowie die Antwort zu Frage 2 wird verwiesen. Das in Bezug genommene Gutachten geht von der Prämisse aus, dass das im Glücksspielstaatsvertrag geregelte Internetverbot nicht mehr anwendbar sei. Aus dieser Prämisse leitet der Gutachter alle weiteren wesentlichen Aussagen ab, so auch die Unanwendbarkeit des Mitwirkungsverbotes. Die Landesregierung teilt diese Auffassung ausdrücklich nicht. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/6998 5 Eine Änderung der Tatsachenlage durch einen weiterhin „rasant wachsenden Markt“, wie sie in dem Gutachten dargestellt ist, ist in der Form gerade nicht erkennbar. Die aktuellen Zahlen zur Marktentwicklung aus dem Jahr 2018 verzeichnen einen Einbruch des unerlaubten Online-Glücksspielmarktes um rund 30 % (siehe Jahresreport 2018 der obersten Glücksspielaufsichtsbehörden, https://innen .hessen.de/sites/default/files/media/hmdis/jahresreport_2018_0.pdf). Die Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen der Maßnahmen zur Zahlungsunterbindung ergeben sich bereits aus dem Gesetz. § 4 Abs. 1 Satz 2 und § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 GlüStV sind insofern eindeutig. Die Vereinbarkeit des den Maßnahmen zur Zahlungsunterbindung zugrunde liegenden Internetverbots mit Unions- und Verfassungsrecht wurde nicht nur vom Bundesverwaltungsgericht, sondern auch von Obergerichten in ständiger Rechtsprechung bestätigt (vgl. OVG Lüneburg, Urteile vom 28. Februar 2019, 11 LB 497/18 und 11 LC 242/16, Beschluss vom 27. Februar 2020, 11 LA 398/19; OVG Schleswig, Beschluss vom 3. Juli 2019, Az.: 4 MB 14/19). 9. Wie räumt das Ministerium die im Gutachten von Prof. Koenig festgestellten Verstöße gegen vollzugsrechtliche Anforderungen des Glücksspielstaatsvertrags, die EU-Datenschutz -Grundverordnung sowie sowohl gegen die Dienstleistungsfreiheit (Artikel 56 AEUV) der vom Financial Blocking betroffenen Glücksspielanbieter als auch gegen die Zahlungsverkehrsfreiheit (Artikel 63 AEUV) der Zahlungsdienstanbieter aus? Siehe Vorbemerkung und die Antwort zu Frage 8. 10. Welche Möglichkeiten zur Umsetzung von Untersagungen des Zahlungsverkehrs zu unerlaubtem Glücksspiel bieten sich dem Zahlungsdienstleister, ohne bei der vorzunehmenden Abgrenzung von legalem und illegalem Glücksspiel das Datenschutzrecht zu verletzen? Siehe hierzu die Antwort zu Frage 7. 11. Hat das Innenministerium Kenntnisse darüber, in welcher Größenordnung Schadensersatzforderungen im Falle eines rechtswidrig geforderten Blockings auf Niedersachsen und die anderen Länder zukommen könnten? Nein. Es wäre irritierend, wenn aus der Unterbindung unerlaubten, strafbewehrten Glücksspiels Schadensersatzforderungen abgeleitet werden könnten. 12. Wurden die anderen Länder in Kenntnis gesetzt, dass ein rechtswidriges Financial Blocking zu Schadensersatzansprüchen in Millionenhöhe führen könnte und dass diese für das Verhalten ebenfalls haften müssten, da das Land Niedersachsen nach dem Glücksspielstaatsvertrag gesamthänderisch für alle Länder handelt? Das Ministerium für Inneres und Sport nimmt mit den Maßnahmen zur Unterbindung von Zahlungen einen gesetzlichen Auftrag nach einem geregelten Verfahren unter Beteiligung des Glücksspielkollegiums wahr. Die übrigen Länder sind auch über die Forderungen nach Einstellung der Verfahren zur Zahlungsunterbindung und über die Androhung von Schadensersatzforderungen informiert. 13. Plant die Landesregierung, die Anwendung des Mitwirkungsverbots bis zum Inkrafttreten des neuen Glücksspielstaatsvertrags 2021 fortzusetzen? Ja. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/6998 6 14 Es sp sc hu Ta Du Im 15 Ne (V . Wie rechtfertigt die Landesregierung den fehlenden Spielerschutz, falls die Landesregierung trotz der aufgezeigten Bedenken den Vollzug fortführen sollte, obwohl dadurch Spieler von im Hinblick auf den GlüNeuRStV regulierungswilligen zu nicht regulierungswilligen Anbietern abzuwandern drohen? ist für die Landesregierung nicht nachvollziehbar, warum Anbieter, die aktuell unerlaubtes Glücksiel veranstalten, als regulierungswillig im Hinblick auf den GlüStV 2021 bezeichnet werden, denn hließlich haben sie es in der Hand, ihr unerlaubtes Glücksspiel unverzüglich einzustellen, beziengsweise behördlichen Vorgaben Folge zu leisten. Der Spielerschutz wird nach der gegenwärtigen tsachen- und Rechtslage am ehesten durch das Internet- sowie das Mitwirkungsverbot und deren rchsetzung gewährleistet. Übrigen wird auf die Vorbemerkung sowie auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. . Gibt es in diesem Zusammenhang seitens der Landesregierung Gestaltungspläne für eine Übergangszeit bis zur Marktöffnung des legalen Onlineglücksspiels? Wenn ja, wie sehen diese Pläne aus, und wann soll diese Übergangszeit beginnen? in. Auf die Antwort zu Frage 1 wird hingewiesen. erteilt am 21.07.2020) Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LTmit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Christian Grascha und Dr. Marco Genthe (FDP) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung Financial Blocking trotz baldiger Liberalisierung des Onlineglücksspiels