Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/768 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Christian Meyer (GRÜNE) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz namens der Landesregierung Was unternimmt die Landesregierung zum Schutz der bedrohten Trauerseeschwalbe? Anfrage des Abgeordneten Christian Meyer (GRÜNE), eingegangen am 27.03.2018 - Drs. 18/593 an die Staatskanzlei übersandt am 09.04.2018 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz namens der Landesregierung vom 27.04.2018, gez. Olaf Lies Vorbemerkung des Abgeordneten Die Trauerseeschwalbe ist eine in ihrem Bestand stark bedrohte Vogelart aus der Gruppe der Sumpfvögel. Ihr Bestand wird bundesweit aktuell auf unter 800 Brutpaare geschätzt. Den niedersächsischen Brutbestand schätzt der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten - und Naturschutz in einer Veröffentlichung vom November 2011 auf 110 bis 130 Brutpaare. Entsprechend wird die Trauerseeschwalbe in der niedersächsischen Roten Liste als „stark gefährdet “ eingestuft, sie gehört zu den streng geschützten Arten nach § 7 des Bundesnaturschutzgesetzes und wird im Anhang I der EU-Vogelschutzrichtlinie geführt, womit sie zu den Arten gehört, für die besondere Maßnahmen ergriffen werden müssen. In Niedersachsen kommt die Trauerseeschwalbe in drei Gebieten vor. Die mit Abstand größte Bedeutung für die Art in Niedersachsen hat dabei der Dümmer, wo sie mit ca. 100 Brutpaaren vorkommt . Die Trauerseeschwalbe ist daher auch eine der wertbestimmenden Arten für dieses EU- Vogelschutzgebiet. Spätestens seit 2015 bereitet am Dümmer jedoch der sinkende Bruterfolg der Art Sorge; im Jahr 2017 ist dort mutmaßlich kein Jungvogel flügge geworden. Üblicherweise brüten Trauerseeschwalben auf schwimmender Vegetation stehender oder langsam fließender Gewässer. Herausragende Bedeutung hat dabei die Krebsschere, eine Schwimmpflanze , die an der Wasseroberfläche dichte Teppiche bilden kann, die den Jungvögeln gleichzeitig aber auch Versteckmöglichkeiten bietet. Da die Krebsschere im Dümmer seit den 1960er-Jahren ausgestorben ist, unterstützt der Naturschutzring die Trauerseeschwalbe mit Nistflößen, die von der Art gut angenommen werden und bisher auch die wesentliche Ursache gewesen sein dürften, dass sich der Bestand dort halten bzw. seit den 1980er-Jahren sogar wieder erholen konnte. Nach Angaben von Naturschützern vor Ort könnte eine wesentliche Ursache für den aktuellen Bestandsrückgang der geringe Kleinfischbestand des Sees und damit die fehlende Nahrungsgrundlage für die Jungvögel sein. Darauf deutet auch die Bestandsentwicklung des Haubentauchers am Dümmer hin, dessen Jungvögel sich ebenfalls von Kleinfischen ernähren: Der Bestand des Haubentauchers ist am Dümmer von rund 100 bis 150 Brutpaaren zur Jahrtausendwende auf 3 Brutpaare im Jahr 2017 zurückgegangen. Außerdem sind die Jungvögel der Trauerseeschwalbe offenbar einem wachsenden Prädationsdruck u. a. der Lachmöwe ausgesetzt. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/768 2 Vorbemerkung der Landesregierung Die Trauerseeschwalbe tritt in Niedersachsen als Brut- und Gastvogel auf. Sie überwintert an der Küste und in Feuchtgebieten Westafrikas. Trauerseeschwalben brüten auf Vegetationsinseln in stehenden und langsam fließenden Gewässern. Die Nahrung der Vögel besteht vorwiegend aus Kleinfischen sowie Insekten und deren Larven, die im oder am Wasser bzw. an Wasserpflanzen leben . Die Nahrung wird bevorzugt fliegend von der Oberfläche aufgesucht. Nach historischen Aufzeichnungen war die Art früher bundes- und landesweit deutlich weiter verbreitet. Nach 1945 kam es zu starken Bestandseinbrüchen. In Niedersachsen brüten aktuell jährlich zwischen 110 und 130 Brutpaare. 1. Welche Ursachen sind nach Auffassung der Landesregierung maßgeblich für den seit einigen Jahren rückläufigen und im vergangenen Jahr offenbar vollständig ausgebliebenen Aufzuchterfolg der Trauerseeschwalbe am Dümmer? In den beiden letzten Jahren hat es keinen bzw. nur einen sehr eingeschränkten Bruterfolg am Dümmer bei der Trauerseeschwalbe gegeben. Um die Ursachen dafür zu ermitteln, wurde 2017 eine spezielle Untersuchung durchgeführt, die mittels Wildtierkameras in der Brutkolonie den Nachweis erbrachte, dass die Brutausfälle in erster Linie auf Umkippen der Nistflöße (verursacht durch Wasserturbulenzen, die vermutlich von ablaichenden Karpfen herrührten) und Küken-Prädation durch Lachmöwen zurückzuführen sind. Über andere Ursachen, die sich in der Vergangenheit negativ auf den Aufzuchterfolg ausgewirkt haben mögen, liegen keine gesicherten Erkenntnisse vor. 2. Mit welchen Maßnahmen beabsichtigt die Landesregierung, ihrer Rechtsverpflichtung aus der EU-Vogelschutzrichtlinie nachzukommen, für einen günstigen Erhaltungszustand der Trauerseeschwalbe in Niedersachsen, insbesondere am Dümmer, zu sorgen? Speziell am Dümmer werden ab 2018 andere Nistflöße ausgebracht, die nicht umkippen können. Zusätzlich sollen Drahttunnel und vertikale Strukturen auf den Kunstflößen ein Absammeln von Küken durch Lachmöwen im Vorbeiflug unterbinden. Da der Brutausfall in den Vorjahren ganz spezifische Ursachen hatte, ist zu erwarten, dass es mit dem Einsatz der neuen Generation von Nistflößen zu einer erheblichen Verbesserung der Situation kommt. Zur Überwachung des Bruterfolgs wird wie im Vorjahr auch eine Überwachung und Dauerbeobachtung aller Vorgänge in der Kolonie mittels Wildtierkameras vorgenommen. Sollte sich dabei herausstellen, dass die bisherigen Maßnahmen nicht ausreichend sind oder neue Verlustursachen hinzukommen, kann darauf adäquat reagiert werden. Bezüglich des mit neun Paaren ebenfalls wichtigen Brutplatzes der Art am Ewigen Meer (Landkreis Wittmund) wurden vom für die Umsetzung von Schutzmaßnahmen und Belangen der EU- Vogelschutzrichtlinie zuständigen Landkreis weitere Kleingewässer außerhalb des Moores angelegt , um den Trauerseeschwalben die Erschließung zusätzlicher Nahrungsquellen (z. B. Süßwasser -Kleinfische) zu ermöglichen. Nistmöglichkeiten sind in diesem Gebiet kein limitierender Faktor. Das gilt auch für weitere Vorkommensgebiete der Trauerseeschwalbe in Niedersachsen (z. B. Königsmoor , Landkreis Stade; Penkefitzer See, Biosphärenreservat Mittelelbe). Im Übrigen wird im Bereich Ewiges Meer in Zusammenarbeit mit ehrenamtlichen Kräften des NABU sehr genau auf die Habitatbedingungen für Trauerseeschwalben geachtet. Und auch an den Standorten Königsmoor und Penkefitzer See ist eine fachliche Betreuung der Vögel vor Ort gewährleistet. Insgesamt ist für die Trauerseeschwalbe festzuhalten, dass es sich um eine Vogelart handelt, die in Niedersachsen in den vergangenen 70 Jahren durch Lebensraumzerstörung, Gewässerverunreinigung und anthropogen bedingten Störungen stark im Bestand abgenommen hat. Die bisherigen Erfahrungen der Fachbehörde für Naturschutz zeigen, dass direkte Artenhilfsmaßnahmen, wie etwa das Ausbringen von Nisthilfen, nicht zu einer Wiederbesiedlung von Standorten führen. Derzeit hat der Schutz bestehender Kolonien die höchste Priorität, um über eine positive Entwicklung an diesen Standorten eine Wiederausbreitung der Art zu ermöglichen Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/768 3 3. Welche Maßnahmen plant die Landesregierung, um die Wiederbesiedlung ehemals von der Trauerseeschwalbe besiedelter Feuchtgebiete zu ermöglichen? Im Rahmen eines 2005 aufgelegten Artenhilfsprogramms für die Trauerseeschwalbe unter Federführung des NLWKN hat sich gezeigt, dass das Ausbringen von Nistflößen an nicht bzw. heute nicht mehr besiedelten Gewässern allein nicht zum Erfolg führt (siehe oben). Von dieser Maßnahme wird insofern abgesehen, sie ist nur dann anzuwenden, wenn Nistplatzmangel nachgewiesenermaßen eine Ansiedlung der Art verhindert. Die Besiedlung eines bestimmten Gebietes durch die Trauerseeschwalbe lässt sich nicht oder nur in eingeschränktem Maße steuern. Wichtigste Maßnahme ist insgesamt der Erhalt bzw. die Wiederherstellung eines geeigneten Lebensraumes, der alle Habitatrequisiten vorhält, die für eine Ansiedlung und erfolgreiche Reproduktion von Bedeutung sind. In diesem Zusammenhang sei insbesondere auf die Kulisse der EU-Vogelschutzgebiete verwiesen, die z. B. mit dem Großen Meer oder dem Steinhuder Meer potenziell geeignete Lebensräume für Trauerseeschwalben vorhält. Das Land Niedersachsen hat überdies bereits im Jahr 2010 den für Naturschutz zuständigen Landkreisen mit einem speziellen Vollzugshinweis zur Trauerseeschwalbe die notwendigen Informationen an die Hand gegeben, um an richtiger Stelle erforderliche Schutzmaßnahmen durchführen zu können. Ansonsten stellt das Land Niedersachsen den unteren Naturschutzbehörden und dem NLWKN jährlich Finanzmittel von rund 2,0 Millionen Euro zur Umsetzung von Pflege-, Entwicklungs - und Artenschutzmaßnahmen zur Verfügung. Daraus können auch Artenhilfsmaßnahmen für die Trauerseeschwalbe finanziert werden. (Verteilt am 30.04.2018) Drucksache 18/768 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Christian Meyer (GRÜNE) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz Was unternimmt die Landesregierung zum Schutz der bedrohten Trauerseeschwalbe?