Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/781 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Stephan Bothe (AfD) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung Verdacht auf Verabreichung von K.O.-Tropfen Anfrage des Abgeordneten Stephan Bothe (AfD), eingegangen am 20.03.2018 - Drs. 18/559 an die Staatskanzlei übersandt am 28.03.2018 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung vom 02.05.2018, gezeichnet In Vertretung Stephan Manke Vorbemerkung des Abgeordneten Die Polizei in Lüneburg hat in jüngster Vergangenheit mehrfach Ermittlungen wegen gefährlicher Körperverletzung im Zusammenhang mit dem Verdacht auf Verabreichung sogenannter K.O.-Tropfen aufgenommen. Am 27.01.2018 klagte beispielsweise eine 20-jährige Frau nach dem Besuch einer Feier in der Lüneburger Ritterakademie über entsprechende Symptome und Ausfallerscheinungen . Zuvor hatten bereits zwei Frauen nach einer Party in einem Studentenwohnheim in Lüneburg am 13.01.2018 Anzeige erstattet. Sie berichteten ebenfalls über Symptome, die auf die Verabreichung einer entsprechenden Substanz hindeuteten. Eine der beiden gab zudem an, entkleidet in einem fremden Bett gelegen zu haben, als sie aus einer Betäubung erwachte (https://www.ndr.de/ nachrichten/niedersachsen/lueneburg_heide_unterelbe/Ko-Tropfen-auf-Partys-in-Lueneburg-Drei- Anzeigen,kotropfen144.html vom 29.01.2018). Vorbemerkung der Landesregierung Der Einsatz von K.O.-Tropfen konnte bei den in der Vorbemerkung des Abgeordneten Herrn Bothe in Rede stehenden Fällen nicht nachgewiesen werden, auch, weil diese erst im Nachhinein durch Presseberichterstattungen polizeilich bekannt wurden und Ermittlungen dementsprechend mit Zeitverzug aufgenommen werden konnten. Darüber hinaus lagen die Fälle räumlich und zeitlich auseinander, sodass nicht von einer Tathäufung oder gar Straftatenserie ausgegangen wird. 1. Wie viele und welche Straftaten im Zusammenhang mit dem Verabreichen sogenannter K.O.-Tropfen sind in den letzten fünf Jahren aus Niedersachsen bekannt (bitte aufschlüsseln nach Delikten, Geschlecht und Alter der geschädigten Personen)? Eine valide Beantwortung der Frage ist nicht möglich, da die Verwendung von sogenannten K.O.-Tropfen im Zusammenhang mit der Begehung von Straftaten statistisch nicht standardisiert erfasst wird. Für eine Beantwortung wäre sowohl auf polizeilicher als auch auf justizieller Ebene eine zeit- und personalintensive händische Auswertung unter Einbeziehung der Ermittlungsergebnisse der jeweils sachbearbeitenden Dienststelle bzw. Staatsanwaltschaft erforderlich, die das Leistbare übersteigen würde. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/781 2 2. In wie vielen dieser Fälle konnten die Täter ermittelt werden? Siehe Beantwortung zu Frage 1. 3. In wie vielen dieser Fälle ist es zu Verurteilungen gekommen, und welche Strafmaße hat es dabei gegeben? Siehe Beantwortung zu Frage 1. 4. Wie hoch wird die Anzahl der Fälle in Niedersachsen geschätzt, bei denen nach Verabreichung sogenannter K.O.-Tropfen keine Anzeige erstattet wurde (Dunkelziffer)? Fundierte Schätzungen sind wegen der Vielzahl der Einflussfaktoren in diesem Phänomenbereich nicht möglich. Dazu gehört u. a., dass Opfer, denen K.O.-Tropfen verabreicht wurden, oft über einen längeren Zeitraum nicht handlungsfähig sind und Erinnerungslücken aufweisen. Sie könnten ihre Ausfallerscheinung teilweise auf die Einnahme von Alkohol oder anderer berauschender Mittel (sogenannte Partydrogen) zurückführen und nicht immer registrieren, dass sie Opfer einer Straftat geworden sind. Wenn Opfer erst Tage oder sogar Wochen nach einer entsprechenden Tat realisieren, was mit ihnen passiert ist, dürfte dieser Zeitverzug die Anzeigebereitschaft senken. Darüber hinaus dürften einige Opfer die Sorge haben, dass Menschen mit Erinnerungslücken von Polizei oder Ärzten nicht ernst genommen werden könnten, wenn ein objektiver Nachweis der Substanz wegen des Zeitablaufs nicht mehr möglich ist. Insgesamt ist ein entsprechendes Dunkelfeld in diesem Deliktsfeld anzunehmen. 5. Wie soll gegebenenfalls die Erfassung solcher Taten verbessert werden? Aus Sicht der Landesregierung wird eine gezielte statistische Erfassung von Fällen, in denen der Verdacht auf Beibringung von K.O.-Tropfen besteht, mangels Aussagekraft für wenig sinnvoll erachtet . Die Wirkstoffe sogenannter K.O.-Tropfen, beispielsweise von Gamma-Butyro-1,4-Lacton (GBL), sind lediglich in einer Zeitspanne von sechs bis maximal zwölf Stunden ab Verabreichung in Körperflüssigkeiten nachweisbar. Betroffene sind jedoch innerhalb dieser Zeitspanne aufgrund der Wirkung der beigebrachten Stoffe - gegebenenfalls im Zusammenspiel mit konsumiertem Alkohol oder anderen berauschenden Substanzen - nur selten in der Lage, die Polizei aufzusuchen oder ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, sodass ein Nachweis der Fremdbeibringung nur ausnahmsweise gelingt. Insofern könnte eine statistische Erfassung dieser Taten auch nicht zu einer fundierten Einschätzung des Phänomens führen. 6. Welche Maßnahmen werden von den zuständigen Behörden ergriffen, um Straftaten mithilfe von K.O.-Tropfen vorzubeugen? Wesentliche Zielsetzung aller Präventions- und Interventionsmaßnahmen in Niedersachsen ist es, Verhaltenshinweise zu geben, um das Risiko einer Verabreichung zu minimieren und die Bevölkerung auf die Gefahren einer Vergiftung durch K.O.-Tropfen hinzuweisen. Der Schutz vor K.O.-Tropfen fällt in den Bereich der Prävention/Suchtprävention. Die polizeiliche Präventionsstrategie für diesen Bereich verfolgt eine allgemeine und eine anlassbezogene Öffentlichkeitsarbeit einschließlich der zielgruppenorientierten Vermittlung von Informationen. Im Rahmen der polizeilichen Maßnahmen zur Sucht- und Gewaltprävention wird seit Langem und fortlaufend vor dem Missbrauch und den Gefahren von K.O.-Tropfen an sich und K.O.-Tropfen im Zusammenhang mit anderen Stoffen u. a. mit folgenden Grundaussagen gewarnt: – Getränke bei der Bedienung bestellen und selbst entgegennehmen, Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/781 3 – von Unbekannten keine offenen Getränke oder angebrochene „Schnapsfläschchen“ annehmen (auf unbeschädigte Verschlusskappen achten!), – offene Getränke nicht unbeaufsichtigt lassen, – bei Übelkeit Hilfe beim Personal suchen, – Freundinnen und Freunde achten aufeinander und lassen ihre Getränke nicht aus den Augen, – Freundinnen und Freunde holen im Ernstfall sofort ärztliche Hilfe für das Opfer (Notruf 112) und verständigen das Personal, – beim Vorliegen von Verdachtsgründen einer K.O.-Tropfenverabreichung - auch wenn bereits mehrere Stunden vergangen sind - unverzüglich Krankenhaus bzw. Notarzt aufsuchen und eine Untersuchung veranlassen, u. a. nach Missbrauchsspuren, Gewaltanwendungen und DNA-Anhaftungen , – unverzüglich zur Polizei (Notruf 110). Diese Botschaften vermittelt die niedersächsische Polizei insbesondere – bei Suchtpräventionswochen an Schulen, – bei Vorbeugungsaktionen im Zusammenhang mit Alkohol und Drogen im Straßenverkehr, z. B. Tag der Niedersachsen, Tage der offenen Tür, Verkehrssicherheitstage (Zielgruppe Fahranfängerinnen /-anfänger, junge Fahrerinnen/Fahrer), – bei Großveranstaltungen, z. B. Open Air-Konzerten, Kirmes, Jahrmärkten, – anlassbezogen, sobald Fallzahlen auffallend steigen bzw. eine Straftatenserie vorliegt (oftmals sehr stark regional begrenzt) und – bei jahreszeitbedingten Veranstaltungen wie Frühlingsfesten, Fasching etc. auch unter Einbeziehung der sozialen Medien wie Facebook, Twitter & Co. Als polizeiliches Präventionsmedium wird die Broschüre „SehnSucht - so schützen Sie Ihr Kind vor Drogen“ des Programms Polizeiliche Kriminalprävention der Länder und des Bundes (ProPK) eingesetzt . Es werden dort die Gefahren von K.O.-Tropfen beschrieben und Ratschläge zum Vorbeugen gegeben. ProPK informiert auf der Präventions-Website www.polizei-beratung.de umfassend über K.O.-Tropfen (Link: www.polizei-beratung.de/startseite-und-aktionen/aktuelles). Des Weiteren warnt der „ProPK-Bürger-Newsletter“ jeweils zur Faschingszeit über die Gefahren von K.O.-Tropfen. In der im Jahr 2018 vom Landeskriminalamt Niedersachsen herausgegebenen Broschüre „Risiko Drogen“, die über Risiken und Folgen des Gebrauchs von Suchtmitteln informiert, werden auch die von K.O.-Tropfen ausgehenden Gefahren thematisiert. Dabei wird insbesondere auf die unkalkulierbaren Folgen einer Überdosierung, z. B. Koma oder eine tödliche Atemlähmung, hingewiesen. Ferner informiert das LKA Niedersachsen die Bevölkerung mittels Facebook und Twitter speziell über mögliche Gefahren und Präventionsmöglichkeiten. Diese Hinweise werden gegeben, wenn Großveranstaltungen bevorstehen, wie letztmalig z. B. zur Weiberfastnacht. Durch das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichberechtigung ist im Rahmen der Prävention bis Ende 2018 die Organisation einer Informations- und Aufklärungskampagne zu K.O.-Tropfen vorgesehen. Dabei ist beabsichtigt, in die Planung verschiedene Akteure wie z. B. das Netzwerk ProBeweis, die Gleichstellungsbeauftragten, das Frauengesundheitsnetzwerk und das LKA Niedersachen einzubeziehen. (Verteilt am 02.05.2018) Drucksache 18/781 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Stephan Bothe (AfD) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport Verdacht auf Verabreichung von K.O.-Tropfen