Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/819 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Stefan Wirtz (AfD) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz namens der Landesregierung Wie steht es um den „Erhaltungszustand“ des Wolfes? Anfrage des Abgeordneten Stefan Wirtz (AfD), eingegangen am 20.03.2018 - Drs. 18/590 an die Staatskanzlei übersandt am 09.04.2018 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz namens der Landesregierung vom 04.05.2018, gezeichnet In Vertretung Frank Doods Vorbemerkung des Abgeordneten Laut regionalen Medien (Nordwest-Zeitung, Neue Presse, vom 15.02.2018) gibt es in Niedersachsen zurzeit 150 Wölfe, und es wurden 345 Nutztierrisse verzeichnet (Weser-Kurier, 19.02.2018). Im Rahmen der Wolfsdebatte wird immer wieder die Frage nach dem Erreichen des „günstigen Erhaltungszustandes “ des Wolfsbestandes nach Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie) gestellt . In seiner Studie von 2017 „Die Populationen des Wolfes (Canis lupus) in Europa: Herleitung eines operationalen Konzeptes für das Management“ (https://djz.de/wp-content/uploads/sites/ 3/2017/11/PopulationsbiologieWolf2017.pdf, abgerufen am 23.02.2018), kommt Prof. Dr. Sven Herzog, Dozent an der TU Dresden, zu dem Ergebnis, dass die hiesige Wolfspopulation einen günstigen Erhaltungszustand aufweist. Diese Studie war auch Thema bei der Umweltministerkonferenz im November 2017. Eine Lockerung des Totalschutzes des Wolfes wurde hier nicht ausgeschlossen . Auch Umweltminister Lies hatte angekündigt, Gespräche mit Brüssel hinsichtlich einer Lockerung des momentanen Schutzes nach Anhang IV der FFH-Richtlinie zu führen. Weiterhin forderte der Europaabgeordnete McAllister die Europäische Kommission in einer parlamentarischen Anfrage auf, die Möglichkeiten einer Lockerung des weitreichenden Schutzes des Wolfes, im Rahmen der FFH-Richtlinie, zu überprüfen (Weser-Kurier, 19.02.2018). Die jüngste Überprüfung der Qualität von FFH- und Vogelschutzrichtlinie („Fitness-Check“) (https://www.nabu.de/imperia/ md/content/nabude/europa/160914-nabu-evaluationsstudiestudie-fitnesscheck.pdf, abgerufen am 06.03.2018) zeigte, dass es momentan keinen Grund zur Änderung dieser Richtlinien gibt. 1. Mit wie vielen Tieren sieht die Landesregierung einen stabilen günstigen Erhaltungszustand des Wolfes erreicht? Zur Ermittlung des günstigen Erhaltungszustands ist eine ausschließliche Betrachtung der Bestandszahlen nicht zielführend. Zur Bewertung des Erhaltungszustands fordert die FFH-Richtlinie neben den Bestandszahlen vor allem noch die Betrachtung der Verbreitung, des Habitats und der Zukunftsaussichten. Vor diesem Hintergrund kann eine allgemeingültige Bestandszahl, bei der der günstige Erhaltungszustand erreicht würde, nicht ermittelt werden. Letztlich muss der günstige Erhaltungszustand zusammen mit dem Bund festgestellt werden Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/819 2 2. Was ergaben die von Umweltminister Lies in Brüssel geführten Verhandlungen zum Schutzstatus des Wolfes? Die EU-Kommission hat die Initiative für ein einheitliches Monitoring der Wolfspopulation zwischen Polen und Deutschland ausdrücklich begrüßt und dafür ihre Unterstützung zugesagt. Es ist zudem durch die Kommission klargestellt worden, dass es den Nationalstaaten, also dem Bund, obliege, den Erhaltungszustand in selbst definierten Zeiträumen zu bestimmen. Um der dynamischen Populationsentwicklung gerecht zu werden, ist es demnach möglich, den Erhaltungszustand nicht nur alle sechs Jahre, sondern jährlich zu bestimmen. Der Direktor der Generaldirektion Umwelt, Delgado, hat zudem Minister Lies seine Unterstützung für die Initiative, die Förderquote für die Herdenschutzmaßnahmen auf 100 % auszuweiten, zugesagt . Siehe auch: https://www.umwelt.niedersachsen.de/aktuelles/pressemitteilungen/umweltministerlies -spricht-mit-eu-kommission-zum-thema-wolf--162572.html. 3. Gibt es bereits eine Antwort auf die parlamentarische Anfrage des Europaabgeordneten McAllister bezüglich der Lockerung des Schutzes des Wolfes? Wenn ja, wie lautet diese ? Ja, Herr Vella hat am 27.11.2017 im Namen der Kommission wie folgt geantwortet: „Laut dem jüngsten Bericht(1) gemäß Artikel 17 der FFH-Richtlinie(2) wird der Erhaltungszustand des Wolfs in Deutschland als ungünstig eingestuft. Zur Änderung des Schutzstatus dieser Art müssten die Anhänge der FFH-Richtlinie geändert werden. Dem Fitness-Check(3) der FFH-und der Vogelschutzrichtlinie(4) zufolge besteht keine Notwendigkeit, den derzeitigen Rechtsrahmen zu ändern ; er bleibt weiterhin maßgeblich, muss jedoch besser umgesetzt werden. Aus diesem Grund hat die Kommission einen Aktionsplan für Menschen, Natur und Wirtschaft(5) erarbeitet, der auf eine bessere Umsetzung der Naturschutzvorschriften abzielt. Darunter fallen auch Maßnahmen zum Management von Konflikten im Zusammenhang mit dem Wolf und anderen großen Karnivoren. In diesem Kontext wird die Kommission im Jahr 2018 ihren Leitfaden zum strengen Schutzsystem für Tierarten von gemeinschaftlichem Interesse(6) überarbeiten und seine Verbreitung aktiv fördern, um die in der FFH-Richtlinie vorgesehene Flexibilität besser zu erläutern, auch was die Möglichkeit für die Mitgliedstaaten anbelangt, unter bestimmten Bedingungen Ausnahmen vom strengen Schutzsystem zuzulassen. Außerdem ist auch mehr Unterstützung für den Dialog zwischen den Interessenträgern und für Informationsplattformen vorgesehen, um Konflikte im Zusammenhang mit dem Schutz großer Karnivoren zu entschärfen. Hierzu wurden unlängst zwei Ausschreibungen veröffentlicht (7). Der Initiative LIFE kommt ebenfalls weiterhin eine wichtige Aufgabe zu, wenn es darum geht, maßgebliche Vorhaben zur Erleichterung des Schutzes großer Karnivoren und ihrer Koexistenz mit Menschen und Haustieren zu unterstützen. Ferner können Landwirte im Rahmen des Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) Zuschüsse erhalten, damit sie ihre Verfahren der Nutztierhaltung an die Gefahr durch Angriffe von Wölfen anpassen können. Hierzu zählen u. a. Investitionen in elektrische Zäune oder der Kauf von Herdenschutzhunden .“ Der von Herrn Vella in Bezug genommene jüngste Bericht gemäß Artikel 17 der FFH-Richtlinie basiert auf Daten bis in das Jahr 2012. 4. Besteht momentan aufgrund des Fitness-Check-Ergebnisses der NATURA-2000-Richtlinien und aufgrund der Tatsache, dass die EU den Erhaltungszustand des Wolfes nur alle sechs Jahre überprüft, eine Möglichkeit der Umstufung des Wolfs von Anhang IV in Anhang V der FFH-Richtlinie? Eine Umstufung des Wolfs von Anhang IV in Anhang V der FFH-Richtlinie durch die EU-Kommission ist in näherer Zukunft unwahrscheinlich. Das erklärte Ziel der Landesregierung ist, im Rahmen Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/819 3 der Möglichkeiten des europäischen und des bundesdeutschen Rechtsregimes ein effektives Wolfsmanagement weiterzuentwickeln. Angestrebt wird dabei insbesondere, die Belange der Nutztierhalterinnen und Nutztierhalter, aber auch der Bevölkerung insgesamt stärker als bisher zu berücksichtigen . Der Schutz des Wolfes und das Ziel, einen günstigen Erhaltungszustand für die Tierart Wolf zu erreichen, bleiben dabei selbstverständlich erhalten. 5. In Schweden werden Wölfe, trotz geringerer Populationsgröße als in Deutschland, offiziell gejagt. Gibt es vor diesem Hintergrund, unter Hinzuziehung nationalen Rechts, die Möglichkeit einer niedersächsischen Strategie außerhalb des EU-Rechts, um den maximalen Wolfsbestand festzulegen bzw. zu limitieren? Derzeit werden verschiedene Möglichkeiten für die Weiterentwicklung des Wolfsmanagements in Niedersachsen - unter Beachtung des geltenden Rechtsrahmens - geprüft. (Verteilt am 08.05.2018) Drucksache 18/819 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Stefan Wirtz (AfD) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz Wie steht es um den „Erhaltungszustand“ des Wolfes?