Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/841 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Julia Willie Hamburg, Anja Piel und Stefan Wenzel (GRÜNE) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung Rechter Aufmarsch „Tag der deutschen Zukunft“ in Goslar Anfrage der Abgeordneten Julia Willie Hamburg, Anja Piel und Stefan Wenzel (GRÜNE), eingegangen am 03.04.2018 - Drs. 18/625 an die Staatskanzlei übersandt am 11.04.2018 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung vom 07.05.2018, gezeichnet Boris Pistorius Vorbemerkung der Abgeordneten Am 02.06.2018 jährt sich zum zehnten Mal der „Tag der deutschen Zukunft“, einer der größten bundesweiten Aufmärsche der rechten Szene. Ursprünglich als norddeutsches Event aufgebaut, hat der Aufmarsch in den letzten Jahren auch in Süd- und Westdeutschland stattgefunden. Zwischen 300 und 900 Rechte schlossen sich in den letzten Jahren den Aufmärschen an. Der zehnte Aufmarsch soll nun dieses Jahr in Goslar stattfinden. Vorbemerkung der Landesregierung Der „Tag der deutschen Zukunft“ (TddZ) bezeichnet eine der zentralen Kampagnen der neonazistischen Szene in Deutschland und stellt einen bundesweiten Aktionstag der rechten Szene dar. Die Veranstaltung wird in diesem Jahr ihre zehnte Wiederholung finden und am 02.06.2018 in Goslar stattfinden. Als Begründer der Veranstaltungsreihe kann der niedersächsische Neonazi Dieter Riefling bezeichnet werden. Bereits weit im Vorfeld des als Abschlusskundgebung für die Kampagne zu verstehenden Veranstaltungstages finden Mobilisierungsaufrufe im Rahmen anderer rechtsextremistischer Ereignisse unterschiedlichster Größenordnung statt. Im Jahr 2016 fand der „Tag der deutschen Zukunft“ in Dortmund statt und verzeichnete dort mit etwa 900 Teilnehmern seinen bisher größten Zulauf. 1. Welche Sicherheitslage vermutet die Landesregierung? Erfahrungsgemäß werden am „Tag der deutschen Zukunft“ u. a. Aktivisten Freier Kameradschaften , Mitglieder der Jungen Nationalisten (JN), der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) und der Partei DIE RECHTE teilnehmen. Daneben hat sich ein „Bündnis gegen Rechtsextremismus“ aufgestellt, dessen Proteste und Veranstaltungen in der Vorwoche sowie am 02.06.2018 selbst stattfinden. Unter anderem wurden eine Versammlung des Goslarer Bündnis gegen Rechtsextremismus und ein Konzert angezeigt. Für den Veranstaltungstag wird derzeit von ca. 3 000 dazugehörigen Teilnehmern ausgegangen. Die Erfahrungen der letzten Jahre zeigen, dass insbesondere auch Personen anreisen, die autonomen Gruppen zuzurechnen sind. Der Tenor aus bisher bekannten Internetaufrufen ist es, den „TddZ zu verhindern, sich ihm in den Weg zu stellen“. Hierzu gehörten bei Veranstaltungen der jüngeren Vergangenheit auch Aktivitäten, die insbesondere Angriffe auf Polizeibeamtinnen und --beamte beinhalten . Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/841 2 Zum jetzigen Zeitpunkt liegen für weitergehende Aussagen zur Sicherheitslage noch keine umfassenden Erkenntnisse zur Versammlungslage vor. 2. Wie sieht das Sicherheitskonzept der Landesregierung aus? Für die Sicherheit der Teilnehmerinnen und Teilnehmer von Versammlungen und die ordnungsgemäße Durchführung der Versammlung sind die Versammlungsleiterin oder der Versammlungsleiter und die örtlich zuständige Versammlungsbehörde verantwortlich. Nach § 24 des Niedersächsischen Versammlungsgesetzes ist vor Versammlungsbeginn die untere Versammlungsbehörde, hier der Landkreis Goslar, und nach Versammlungsbeginn die Polizei zuständige Behörde. Gemäß § 100 des Niedersächsischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung ist die Polizeidirektion Braunschweig für die Vorbereitung und Durchführung des polizeilichen Einsatzes anlässlich o. a. Veranstaltung zuständig, die diese Aufgabe der Polizeiinspektion Goslar übertrug. Die Polizei erstellt auf Basis aktueller Lagebilder schon im Vorfeld einer Versammlung eine Gefahrenprognose , die neben den entsprechenden Kooperationsgesprächen mit dem oder der Anzeigenden der Versammlung Einfluss auf die Verfügung der Versammlungsbehörde hat und regelmäßig aktualisiert wird. Diese Gefahrenprognose hat unmittelbar Einfluss auf die weiterführenden polizeilichen Einsatzplanungen. Während der Versammlung erfolgen die polizeilichen Maßnahmen auf Basis aktueller Lagebewertungen. Zur Planung der polizeilichen Einsatzmaßnahmen wurde zum 02.01.2018 in der Polizeiinspektion Goslar eine Vorbereitungsgruppe sowie zur Erkenntnisgewinnung und zum Informationsaustausch eine Informationssammelstelle eingerichtet. Die Einsatzkonzeption der Polizeidirektion Braunschweig , Polizeiinspektion Goslar, wird zurzeit erarbeitet. 3. Wie viele Leute werden an den Aufmarsch teilnehmen? Nach Einschätzung der Sicherheitsbehörden wird zu dem diesjährigen „Tag der deutschen Zukunft“ eine Teilnehmerzahl im mittleren dreistelligen Bereich erwartet. 4. Welche Gruppen/Personenzusammenschlüsse/Parteien etc. werden daran teilnehmen? Bei der o. a. Veranstaltung werden überwiegend Teilnehmer aus dem Spektrum der neonazistischen Freien Kräfte und Kameradschaften sowie Angehörige der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD), der Jungen Nationalisten (JN), der Partei DIE RECHTE sowie der subkulturellen rechtsextremistischen Szene erwartet. 5. Woher werden die Teilnehmenden kommen (bitte aufschlüsseln nach Städten)? Es werden Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus dem gesamten Bundesgebiet erwartet; eine Aufschlüsselung nach Städten ist nicht möglich. 6. Wer sind die Schlüsselfiguren in der Organisation des „Tages der deutschen Zukunft“? Als Anmelder für den „Tag der deutschen Zukunft“ am 02.06.2018 in Goslar fungiert eine Privatperson aus Goslar, die auch als Versammlungsleiter agieren will und zurückliegend mehrfach Standkundgebungen für die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) angezeigt hat. Maßgeblich an der Organisation beteiligt sind Angehörige der Partei Die Rechte. An den Mobilisierungsaktivitäten sind der den Sicherheitsbehörden bekannte Mitbegründer der als Kampagne zu verstehenden Veranstaltung „Tag der deutschen Zukunft“, Dieter Riefling, und ein Angehöriger der „Volksbewegung Niedersachsen“ beteiligt. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/841 3 7. Wer finanziert die Kosten, die im Rahmen der Vorbereitung, Bewerbung und Durchführung des „Tages der deutschen Zukunft“ entstehen? Zur Finanzierung der Kampagne werden Einnahmen aus dem Verkauf von Merchandisingartikeln innerhalb der rechtsextremistischen Szene und durch Spendenaufrufe erzielt. 8. Gab es im Vorfeld Veranstaltungen und/oder Aktionen, die explizit zum Spendeneinwerben für den „Tag der deutschen Zukunft“ gedacht waren? Wenn ja, wann und wo? Auf einer für diese Kampagne eingerichteten Internetpräsenz wurde Ende Februar 2018 ein Spendenaufruf für den „Tag der deutschen Zukunft“ veröffentlicht. Hierzu wurde ein Spendenkonto eingerichtet . Ferner ist davon auszugehen, dass bei den in Frage 9 aufgeführten Veranstaltungen und Mobilisierungsaktionen um finanzielle Unterstützung geworben und Infotische mit Spendendosen betrieben wurden. 9. Welche Veranstaltungen und Mobilisierungsaktionen sind wo zur Mobilisierung gelaufen ? Neben der Bewerbung der Veranstaltung in sozialen Medien wird seit Mitte Juni 2017 im Rahmen von Veranstaltungen auf das o. a. Ereignis hingewiesen bzw. zur Teilnahme aufgerufen. Dabei kamen als „Werbemittel“ u. a. Aufkleber, T-Shirts oder Transparente zum Einsatz. Es sind folgende Mobilisierungsaktionen, auch im Rahmen anderer, insbesondere Szeneveranstaltungen, bekannt: 10.06.2017: Kundgebung in Seesen (Landkreis Goslar) 17.06.2017: Mobilisierung im Rahmen einer Demonstration in Merseburg (Sachsen-Anhalt) 19.06.2017: Vorstellung der Kampagne im Rahmen des „Bürgerprotest Hannover“ 24.06.2017: Infostand auf einer Sonnenwendfeier in Eschede (Landkreis Celle) 24.06.2017: Auftaktkundgebung für die Kampagne „Tag der deutschen Zukunft 2018“ in Goslar 01.07.2017: Infostand bei „Rock für Deutschland“ in Gera (Thüringen) 16.07.2017: Rock gegen Überfremdung in Themar (Thüringen) 29.07.2017: Infostand bei „Rock für Identität“ in Themar (Thüringen) 12.08.2017: Mobilisierungskundgebung in Goslar 26.08.2017: Mobilisierung am Rande einer Wahlkampfveranstaltung der CDU in Quedlinburg (Sachsen-Anhalt) 26.08.2017: Vortragsabend mit Dieter Riefling in Lübeck (Schleswig-Holstein) 07.10.2017: Infostand bei einem Liederabend der NPD UB Ostfriesland/Friesland 12.10.2017: Liederabend NPD-Unterbezirk Ostfriesland/Friesland 21.10.2017: Mobilisierung im Rahmen einer Demonstration in Wittenberg (Sachsen-Anhalt) 04.11.2017: Mobilisierung im Rahmen des sogenannten Europa-Kongresses in Dortmund (Nordrhein-Westfalen) 11.11.2017: Vorstellung der Kampagne bei Rechtsextremisten in Friesland 11.11.2017: Vorstellung der Kampagne in der Altmark (Sachsen-Anhalt) 18.11.2017: Flugblattverteilung bei Gedenkmarsch in Remagen (Rheinland-Pfalz) mit anschließendem Infostand im Rahmen einer Musikveranstaltung im Ruhrgebiet (Nordrhein- Westfalen) 16.12.2017: Verteilung von Flyern beim Rostocker Weihnachtsmarkt (Mecklenburg-Vorpommern ) Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/841 4 16.12.2017: Verteilaktion von Flyern auf dem Weihnachtsmarkt in Goslar 10.01.2018: Verteilaktion im Stadtgebiet von Bad Harzburg (Landkreis Goslar) 21.01.2018: Verteilaktion von Flugblättern im Stadtgebiet von Bad Harzburg (Landkreis Goslar) 27.01.2018: Mobilisierungsaktion in Göttingen und anschließende Spontanversammlung auf dem Rathausvorplatz von Duderstadt (Landkreis Göttingen) mit Werbebanner TddZ 2018 27.01.2018: Mobilisierung mit Verteilung von Flyern im Rahmen eines Konzerts in Hamm (Nordrhein-Westfalen) 03.02.2018: Kundgebung der „Patrioten Niedersachsen“ in Peine mit Werbebanner TddZ 2018 03.02.2018: Mobilisierungskonzert in Dessau-Roßlau (Sachsen-Anhalt) 10.02.2018: Trauermarsch in Dresden (Sachsen) mit Werbebanner TddZ 2018 13.02.2018: Kundgebung in Vienenburg (Landkreis Goslar) mit Werbebanner TddZ 2018 17.02.2018: Flugblattverteilung in Goslar 17.02.2018: Verteilung von Flyern „Lukov-Marsch“ in Sofia/Bulgarien 24.02.2018: Infostand bei Vortrags- und Balladenabend in Lingen (Emsland) → Infotisch 27.02.2018: Infoabend in Karlsruhe (Baden-Württemberg) 12.03.2018: Versuchte Teilnahme an einer Bürgerfragestunde der Stadt Goslar in Lengde mit dem Thema „TddZ 2018“ 13.03.2018: Versuchte Teilnahme an einer Ratssitzung der Stadt Goslar (18. Tagesordnungspunkt : „Nein zum Neonazi-Aufmarsch“ am 02.06.2018 in Goslar) 14.03.2018: Kundgebung in Goslar 17.03.2018: Trauermarsch in Dessau (Sachsen-Anhalt) mit Werbebanner TddZ 2018 06.04.2018: Infoabend im Raum Nordharz 07.04.2018: Kundgebung in Braunschweig sowie Versuch der Durchführung von Kundgebungen in Salzgitter und Goslar 07.04.2018: Infostand im Rahmen einer Konzertveranstaltung in Sotterhausen (Sachsen- Anhalt) 14.04.2018: „Europa Erwache!“ Kundgebung in Dortmund (Nordrhein-Westfalen) mit Werbebanner TddZ 2018 Darüber hinaus wurde die Kampagne in der Szenezeitschrift „N.S. Heute“ sowie im Rahmen eines Interviews bei dem rechtsextremistischen Videoportal „FSN-TV“ ausführlich vorgestellt. (Verteilt am 11.05.2018) Drucksache 18/841 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Julia Willie Hamburg, Anja Piel und Stefan Wenzel (GRÜNE) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport Rechter Aufmarsch „Tag der deutschen Zukunft“ in Goslar