Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/866 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Belit Onay (GRÜNE) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur namens der Landesregierung Sprachkurse für Geflüchtete - Was tut die Landesregierung? Anfrage des Abgeordneten Belit Onay (GRÜNE), eingegangen am 10.04.2018 - Drs. 18/664 an die Staatskanzlei übersandt am 12.04.2018 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur namens der Landesregierung vom 09.05.2018, gezeichnet Björn Thümler Vorbemerkung des Abgeordneten Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) fordert anlässlich der Veröffentlichung seiner Zwischenbilanz zum Aktionsprogramm „Ankommen in Deutschland - Gemeinsam unterstützen wir Integration!“ am 30.01.2018 einen frühzeitigen Zugang zu Sprachkursen und Ausbildungsförderung unabhängig von Aufenthaltsstatus und Herkunftsland. Fast drei Viertel der IHKs hielten das Angebot an berufsbezogenen Sprachkursen noch nicht für ausreichend. In etlichen Regionen stelle die Mindestteilnehmerzahl von 15 eine Hürde dar. Die Kammern fordern Kurse für Kleinstgruppen. Auch Webinare über das Internet seien eine gute Option. Und die Sprachkurse müssten noch kompatibler zu betrieblichen Arbeits- und Ausbildungszeiten werden, z. B. durch Wochenendangebote. Laut einer Pressemitteilung des Ministeriums für Wissenschaft und Kultur (MWK) vom 23.03.2017 zur Zwischenbilanz zu Programmen für Bildung und kulturelle Teilhabe – stellt das Land in 2017 und 2018 jeweils rund 53 Millionen Euro für erwachsene Geflüchtete in den Bereichen Sprachkurse, Hochschulzugang und Kultur zur Verfügung, – konnten bis dahin mit den Basissprachkursen des Landes rund 29 000 Menschen erreicht werden , – standen und stehen in 2017 und 2018 jährlich weitere 30 000 Kursplätze zur Verfügung, – sollten neue regionale Koordinatoren eingeführt werden, um für eine bessere Abstimmung der unterschiedlichen Förderangebote vor Ort zu sorgen, – wurden damals gerade durch das Land gemeinsam mit der Erwachsenenbildung eigene Förderprogramme zu den Bereichen „Grundbildung/Alphabetisierung“ sowie „zweiter Bildungsweg“ erarbeitet, für die in 2017 und 2018 insgesamt 14 Millionen Euro bereitstünden. 1. Wie steht die Landesregierung grundsätzlich zu einem frühzeitigen Zugang zu Sprachkursen und Ausbildungsförderung unabhängig von Aufenthaltsstatus und Herkunftsland ? Die Landesregierung misst einem frühzeitigen Zugang zu Sprach- und jeweils angemessenen Integrationsangeboten für Geflüchtete grundsätzlich eine hohe Bedeutung zu. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/866 2 2. Wie und wann wird die Landesregierung der Kritik des DIHK zum mangelnden Angebot an berufsbezogenen Sprachkursen abhelfen? Die berufsbezogene Sprachförderung erfolgt auf Grundlage der Verordnung über die berufsbezogene Deutschsprachförderung (Deutschsprachförderverordnung - DeuFöV) des Bundes. Gemäß § 1 DeuFöV ist die „Durchführung der berufsbezogenen Deutschsprachförderung (…) Aufgabe des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge“ (BAMF). Die Kritik des DIHK richtet sich also an den Bund. In Niedersachsen werden seitens des BAMF quartalsweise die Bedarfe an berufsbezogenen Sprachkursen bei den Agenturen für Arbeit und Jobcentern erfragt. Auf Grundlage dieser Bedarfsmeldungen werden - nach regionalen Abstimmungsgesprächen - die erforderlichen Angebote soweit wie möglich geschaffen. Bislang konnten die gemeldeten Bedarfe zum größten Teil gedeckt werden. Lediglich in einzelnen ländlichen Regionen oder bei speziellen Kursen war dies nicht immer zeitnah der Fall. Auch die Landesregierung führt quartalsweise Gespräche mit dem BAMF, der Regionaldirektion Niedersachsen-Bremen und dem Niedersächsischen Landkreistag über Situation und Bedarfe der berufsbezogenen Sprachförderung in Niedersachsen. 3. a) Welche Mindestteilnehmerzahl gilt bei welchen Kursen in Niedersachsen? In Basis- und Vertiefungssprachkursen sollen grundsätzlich jeweils 20 Teilnehmende erreicht werden . In Intensivsprachkursen für höherqualifizierte Geflüchtete, Grundbildungsmaßnahmen für Geflüchtete und Maßnahmen des Zweiten Bildungsweges zum nachträglichen Erwerb von Haupt- und Realschulabschlüssen für Geflüchtete sollen jeweils mindestens 15 Teilnehmende erreicht werden, bei den Maßnahmen des Zweiten Bildungswegs sollen jeweils mindestens 60 % der Teilnehmenden Geflüchtete sein. In Sprachkursen für geflüchtete Frauen sollen mindestens fünf Teilnehmende erreicht werden. In allen Mindestteilnehmendenzahlen, die sich aus den Fördergrundsätzen des Landes für die genannten Kurse ergeben, handelt es sich um Soll-Vorgaben. In begründeten Fällen können niedrigere Teilnehmendenzahlen beantragt werden. Berufsbezogene Kurse des BAMF nach DeuFöV sollen laut BAMF ebenfalls mindestens 15 Teilnehmende erreichen. Sofern in einzelnen Landkreisen die Mindestteilnehmerzahl nicht erreicht wird, kann seitens des BAMF auf der Grundlage gemeldeter Bedarfe (s. Antwort zu Frage 2) und Angebote ein Landkreis bzw. ein Agenturbezirk als „Region mit geringen Teilnehmerpotenzial“ anerkannt werden, sodass berufsbezogene Sprachkurse abweichend bereits mit einer Mindestteilnehmerzahl von sieben durchgeführt werden können. Im ersten Quartal 2018 waren in Niedersachsen sechs Agenturbezirke (Celle, Emden-Leer, Göttingen, Nordhorn, Vechta, Hildesheim) als Regionen mit geringem Teilnehmerpotenzial anerkannt. In Erstorientierungskursen des Bundes soll die Zahl von zwölf Teilnehmenden nicht häufiger als an drei aufeinander folgenden Tagen unterschritten werden. 3. b) Wo werden Kurse für Kleinstgruppen angeboten? Die Forderung des DIHK nach Kleinstgruppen bezieht sich nach der Darstellung in der Vorbemerkung des Abgeordneten auf berufsbezogene Sprachkurse. Diese werden vom BAMF gefördert und können in Regionen mit geringerem Teilnehmerpotenzial bereits mit sieben Teilnehmenden stattfinden (s. Antwort zu Frage 3 a). Das Land fördert solche Kurse nicht und plant dies auch nicht. 3. c) Wo wird die Landesregierung zusätzliche Kurse für Kleinstgruppen anbieten bzw. dieses Angebot initiieren? Auf die Antwort zu Frage 3 b) wird verwiesen. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/866 3 3. d) Wie oft und an welchen Standorten kamen aufgrund einer nicht erreichten Mindestteilnehmeranzahl geplante Gruppen nicht zustande? Dazu liegen der Landesregierung keine belastbaren Zahlen vor, weil stornierte Anträge oder Kursabbrüche verschiedene Gründe haben können und nicht immer entsprechend begründet werden. 4. a) Welche Webinare zum Spracherwerb werden in Niedersachsen über das Internet angeboten ? Webinare zum Spracherwerb für Geflüchtete in Niedersachsen sind der Landesregierung nicht bekannt . 4. b) Welche Webinare zum Spracherwerb wird die Landesregierung zukünftig anbieten bzw. dieses Angebot initiieren? Die Landesregierung bietet selber keine Kurse an, sondern fördert Einrichtungen, die dies tun und dabei nach eigener Entscheidung Medien und technische Hilfsmittel einsetzen. 5. a) Welche Wochenendangebote oder sonstigen mit Arbeits- und Ausbildungszeiten kompatiblen Angebote zum Spracherwerb gibt es in Niedersachsen? Die Kurse werden von den anerkannten Einrichtungen der Erwachsenenbildung nach dem Bedarf vor Ort geplant, beantragt und durchgeführt. Die Einrichtungen können alle vom Land geförderten Kurse zum Spracherwerb auch an Wochenenden oder anderweitig arbeits- oder ausbildungskompatibel anbieten. Es gibt Basissprachkurse, die berufsschul- oder ausbildungsbegleitend stattfinden . Die Unterrichtszeiten sind entsprechend angepasst. In den Basissprachkursen sowie den Bereichen Grundbildung und Zweiter Bildungsweg finden zudem Teilzeitkurse statt, die andere Aktivitäten der Teilnehmenden zulassen. Im Zuge der weiteren Qualifizierung bei ausländischen Berufsqualifikationen finanziert das Land auch in diesem Jahr über die Kofinanzierung des IQ Netzwerks Niedersachsen u. a. Maßnahmen der berufsbezogenen Sprachförderung, die vom Angebot des BAMF nicht abgedeckt sind. 5. b) Welche Wochenendangebote oder sonstigen mit Arbeits- und Ausbildungszeiten kompatiblen Angebote zum Spracherwerb wird die Landesregierung zukünftig anbieten bzw. dieses Angebot initiieren? Auf die Antwort zu Frage 5 a) Satz 1 und 2 wird verwiesen. 6. Welchen Betrag hält die Landesregierung für das Jahr 2019 im Landeshaushalt für erwachsene Geflüchtete in den Bereichen Sprachkurse, Hochschulzugang und Kultur für erforderlich (bitte begründen)? Die Meinungsbildung der Landesregierung im Rahmen der Aufstellung des Haushaltsplanentwurfs ist noch nicht abgeschlossen. 7. Welche Zahlen an zu erreichenden Menschen und Kursplätzen strebt die Landesregierung für 2019 bei Basissprachkursen des Landes an? Auf die Antwort zu Frage 6 wird verwiesen. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/866 4 8. a) Wann und wo haben die im März 2017 vorgesehenen neuen regionalen Koordinatoren für Förderangebote ihre Arbeit aufgenommen? Die Informationen, wann die regionalen Sprachförderkoordinierenden ihre Arbeit aufgenommen haben , kann der Anlage 1 entnommen werden. 8. b) Inwieweit haben sie das Ziel, für eine bessere Abstimmung der unterschiedlichen Förderangebote vor Ort zu sorgen, erreicht? Insgesamt konnte durch die Koordinierung eine Verbesserung der Abstimmung unterschiedlicher Förderangebote vor Ort erreicht werden. So konnte in vielen Fällen der Informationsaustausch aller zuständigen Akteure vor Ort verbessert werden. Auch der Aufbau von Bildungsketten durch die Vernetzung verschiedener Angebote konnte vorangetrieben werden. Die Zielerreichung unterscheidet sich dabei erwartungsgemäß zwischen den einzelnen Landkreisen/kreisfreien Städten. 9. a) Was ist aus den im März 2017 in der Erarbeitung durch das Land und die Erwachsenenbildung befindlichen eigenen Förderprogrammen zu den Bereichen „Grundbildung /Alphabetisierung“ sowie „zweiter Bildungsweg“ geworden? Die Fördergrundsätze für beide Programme sind am 11.05.2017 veröffentlicht worden. Die Programme werden seitdem durchgeführt. 9. b) Welchen Betrag hält die Landesregierung für das Jahr 2019 im Landeshaushalt diesbezüglich für erforderlich? Auf die Antwort zu Frage 6 wird verwiesen. 10. Welche Kürzungen bei den Landessprachkursen hat die Landesregierung seit dem Regierungswechsel vorgenommen oder plant sie (bitte aufschlüsseln nach Haushaltsmitteln , Kursen, Bildungsträgern, gekürzten Beträgen und Stundenzahlen jeweils in absoluten und relativen Zahlen, betroffenen Teilnehmerinnen und Teilnehmern)? Die Maßnahmen zur Sprachförderung von Geflüchteten werden aus dem Sonderfonds zur Unterstützung und Förderung des lebenslangen Lernens (Einzelplan 06, Kapitel 06 80, Titel 633 02-2) finanziert . Die Mittel wurden im Doppelhaushalt 2017/2018 veranschlagt, den der Landtag am 15. Dezember 2016 verabschiedet hat, und wurden von der Landesregierung nicht gekürzt. Auf Grundlage der bisherigen Erfahrungen wurden die Förderprogramme 2018 ausdifferenziert, um ein vielfältigeres, passgenaues Angebot zu machen und den veränderten Bedarfen der Geflüchteten besser gerecht zu werden. Diese Neujustierung führt zu einer Umschichtung zwischen den Kursarten , beispielsweise werden weniger Basissprachkurse für Menschen ohne jegliche deutsche Sprachkenntnisse benötigt, da die Neuzuwanderung seit 2017 deutlich abgenommen hat. Stattdessen sind bereits erworbene Sprachkenntnisse durch neu eingeführte Vertiefungssprachkurse zu erweitern. Die geplante Mittelverwendung und ein Vergleich mit 2017 können der Anlage 2 entnommen werden . Eine Änderung der Verteilung von Sprachkursen auf die Bildungsträger ist von der Landesregierung weder vorgenommen worden noch ist dies beabsichtigt. 11. Wird es eine Neuauflage bei den Grundbildungskursen geben? Grundbildungsmaßnahmen für Geflüchtete werden auch 2018 wieder gefördert. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/866 5 Anlage 1 lfd. Nr. Landkreis/Reg. Hannover kreisfreie Stadt/H u. Gö Einstellungsdatum 1 Ammerland 01.08.2017 2 Aurich 15.09.2017 3 Braunschweig 01.06.2017 4 Celle 16.10.2017 5 Cloppenburg 01.08.2017 6 Cuxhaven 01.11.2017 7 Delmenhorst 01.08.2017 8 Diepholz 26.06.2017 9 Emden 15.08.2017 10 Emsland 01.09.2017 11 Friesland 01.09.2017 12 Goslar 14.08.2017 13 Göttingen/Osterode 01.06.2017 14 Göttingen 01.06.2017 15 Grafschaft Bentheim 01.06.2017 16 Hameln-Pyrmont 01.09.2017 17 Hannover (Region) 01.06.2017 18 Harburg 01.12.2017 19 Heidekreis 01.10.2017 20 Hildesheim 15.08.2017 21 Holzminden 16.10.2017 22 Northeim 01.08.2017 23 Oldenburg 01.09.2017 24 Osnabrück 01.06.2017 25 Osnabrück 15.10.2017 26 Osterholz 13.09.2017 27 Peine 01.08.2017 28 Rotenburg (Wümme) 01.09.2017 29 Salzgitter 01.06.2017 30 Schaumburg 01.07.2017 31 Stade 15.06.2017 32 Vechta 01.07.2017 33 Verden 15.08.2017 34 Wesermarsch 01.12.2017 35 Wittmund 01.06.2017 36 Wolfenbüttel 01.06.2017 37 Wolfsburg 01.08.2018 Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/866 6 Anlage 2 (Verteilt am 14.05.2018) Drucksache 18/866 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Belit Onay (GRÜNE) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur Sprachkurse für Geflüchtete - Was tut die Landesregierung?