Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/909 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Christian Grascha, Jörg Bode und Dr. Marco Genthe (FDP) Antwort des Niedersächsischen Finanzministeriums namens der Landesregierung Digitale Kommunikation mit den Finanzämtern Niedersachsen Anfrage der Abgeordneten Christian Grascha, Jörg Bode und Dr. Marco Genthe (FDP), eingegangen am 13.04.2018 - Drs. 18/690 an die Staatskanzlei übersandt am 18.04.2018 Antwort des Niedersächsischen Finanzministeriums namens der Landesregierung vom 07.05.2018, gezeichnet Reinhold Hilbers Vorbemerkung der Abgeordneten Nach § 87 a Abs. 3 Satz 4 Nr. 2 der Abgabenordnung kann eine durch Gesetz für Anträge, Erklärungen oder Mitteilungen an die Finanzbehörden angeordnete Schriftform, sofern nicht durch Gesetz etwas anderes bestimmt ist, durch elektronische Form ersetzt werden. Dafür kommt u. a. die Versandart nach § 5 Abs. 5 des De-Mail-Gesetzes infrage. Nach unserem Kenntnisstand ist die Übertragung der oben genannten Dokumente an die niedersächsischen Finanzbehörden über eine De-Mail derzeit nicht möglich. Vorbemerkung der Landesregierung Gesetzliche Vorschriften, die technisch mögliche elektronische Kommunikationswege als gleichwertige Alternativen zur Schriftform zulassen, begründen nicht per se die rechtliche Verpflichtung der (Landes-)Behörden, diese auch zuzulassen. Sind die Landesbehörden gesetzlich gehalten, einen elektronischen Kommunikationsweg zu eröffnen, sind sie grundsätzlich frei, aus den zugelassenen Alternativen die für ihre Verwaltung am besten geeignete Lösung zu wählen und umzusetzen . Die Grenzen dieses Gestaltungsspielraums regeln Bundes- und Landesgesetze wie beispielsweise das Online-Zugangsgesetz (OZG) des Bundes oder der Entwurf eines Niedersächsischen Gesetzes zur Förderung und zum Schutz der digitalen Verwaltung (Niedersächsisches IT-Sicherheits- und E-Government-Gesetz - NITSGovG). Derzeit gibt es keine gesetzliche Vorschrift, aufgrund derer die niedersächsischen Finanzbehörden generell verpflichtet wären, eine elektronische Kommunikation über De-Mail zu ermöglichen. § 87 a Abs. 3 Satz 4 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO) bringt lediglich zum Ausdruck, dass eine angeordnete Schriftform auch durch Versendung einer De-Mail an die Behörde ersetzt werden kann, wenn diese hierfür einen Zugang eröffnet (§ 87 a Abs. 1 AO). Die Finanzbehörden aller Länder haben sich darauf verständigt, für ihre Steuerverwaltungen einen solchen Zugang nicht zu eröffnen und stattdessen grundsätzlich nur den Eingangskanal ELSTER (Apronym für Elektronische Steuererklärung) vorzusehen. Die elektronische Kommunikation über De-Mail ist durchaus geeignet, Dokumente (nicht oder nur wenig strukturierte Daten) in elektronischer Form an die Verwaltung zu senden. Solange diese Dokumente beim Empfänger manuell weiterverarbeitet werden sollen, kann eine Nutzung sogar für beide Seiten (Absender und Empfänger) sinnvoll sein. Sobald es bei fortschreitender Digitalisierung aber um mehr geht als darum, nur Medienbrüche an der Bürger-Behördenschnittstelle zu vermeiden , z. B. bei der Weiterleitung von Dokumenten in eine E-Akte und deren Einspeisung in ein Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/909 2 E-Vorgangssystem) wird es deutlich komplizierter. Das Verfahren ELSTER der Steuerverwaltungen der Länder hat diese Schwelle seit Langem bereits überschritten und nutzt weitgehend strukturierte Daten, mit denen eine vorgangsgesteuerte, teilweise sogar bereits halbautomatische Weiterverarbeitung stattfinden kann. Es ermöglicht es der Steuerverwaltung bundeseinheitlich in immer weiter ansteigendem Maße, die für die Fachverfahren erforderlichen Daten überwiegend strukturiert zu erhalten und weiterzuverarbeiten. Der Kommunikationsweg ELSTER wird immer weiter ausgebaut. Auf die Nutzung konkurrierender Kommunikationswege verzichtet die Steuerverwaltung zurzeit, um ein vertretbares Verhältnis zwischen Aufwand und Ertrag zu erzielen. Im Rahmen der voranschreitenden Entwicklung der Digitalisierung wird dies immer wieder zu hinterfragen und überprüfen sein. Das Onlinezugangsgesetz (OZG) des Bundes und der Entwurf eines Niedersächsischen Gesetzes zur Förderung und zum Schutz der digitalen Verwaltung (Niedersächsisches IT-Sicherheits- und E-Government-Gesetz - NITSGovG) weisen deutlich in die Richtung, für die Bürgerinnen und Bürger die Online-Zugänge zur öffentlichen Verwaltung so einfach wie möglich auszugestalten. Zurzeit jedoch setzt die Steuerverwaltung bundesweit auf die für eine Kommunikation mit Bürgerinnen und Bürgern ausgerichtete - und im Übrigen millionenfach bewährte - Kommunikationsschnittstelle „Mein ELSTER“, um über die Ländergrenzen hinaus eine einheitliche Lösung mit vertretbarem Aufwand leistungsfähig anbieten und ausbauen zu können. 1. Ist in Niedersachsen derzeit eine digitale Kommunikation über De-Mail möglich? Wenn ja, wo? Wenn nein, warum nicht? Das Ministerium für Inneres und Sport hat die De-Mail-Domäne niedersachsen.de-mail.de einrichten lassen. Die Administration dieser Domäne erfolgt durch den IT-Dienstleister IT.Niedersachsen. Neben administrativen Zugängen sind unter dieser Domäne bisher ein zentrales Postfach für die Landesverwaltung (Postmaster) sowie Postfächer für zehn Studentenwerke im Rahmen der BaföG- Bearbeitung eingerichtet worden. Weitere Postfächer können bei Bedarf eingerichtet werden. Die Justiz setzt bundesweit ein zentral eingerichtetes Gateway zwischen der Infrastruktur des elektronischen Gerichts- und Verwaltungspostfachs (EGVP) und der De-Mail-Infrastruktur ein, an das die niedersächsische Justiz angeschlossen ist. Hier werden die eingehenden De-Mails empfangen und als EGVP-Übersendung an die EGVP-Postfächer der einzelnen Gerichte weitergesendet. Nach demselben Prinzip arbeiten die Gerichte beim Senden an De-Mail-Postfächer: Die Gerichte können eine De-Mail generieren, indem sie eine EGVP-Übersendung an das Gateway vornehmen. Dort wird aus den per EGVP übersandten Dokumenten und Dateien eine De-Mail generiert. Der Entwurf eines Niedersächsischen Gesetzes zur Förderung und zum Schutz der digitalen Verwaltung (Niedersächsisches IT-Sicherheits- und E-Government-Gesetz - NITSGovG) sieht eine grundsätzliche Verpflichtung der Behörden vor, spätestens ab Juli 2021 den elektronischen Zugang zusätzlich durch einen De-Mail-Zugang im Sinne des De-Mail-Gesetzes zu eröffnen. Diese Zeit erlaubt den Behörden, insbesondere organisatorische Maßnahmen zur Nutzung des De-Mail-Dienstes zu treffen. Ausnahmen sind für einen begrenzten und eindeutig definierten Behördenkreis vorgesehen . Hierfür ist ein De-Mail-Gateway erforderlich, das De-Mails an nachgelagerte Systeme (wie z. B. einen E-Mail-Dienst oder ein eAkte-System) weiterleitet und von diesem entgegennimmt. Das De-Mail-Gateway ist als Basisdienst vorgesehen, der allen nutzenden Behörden zentral zur Verfügung gestellt werden soll. Wie in den E-Governmentgesetzen anderer Länder wird auch im Entwurf des NITSGovG der Geltungsbereich hinsichtlich der Tätigkeit der Finanzbehörden nach der Abgabenordnung und dem Finanzverwaltungsgesetz eingeschränkt (§ 2 Abs. 3 Nr. 4 NITSGovG - Entwurffassung vom 09.02.2018). Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/909 3 2. Welche digitalen Möglichkeiten bieten die Finanzbehörden in Niedersachsen für eine elektronisch rechtssichere, vertrauliche und verbindliche Kommunikation? Allgemein ELSTER ist ein bewährtes Verfahren und wird millionenfach von Bürgerinnen und Bürgern, Unternehmen und deren steuerlichen Vertretern genutzt. ELSTER wird schrittweise dahin gehend ausgebaut , dass neben den Steuererklärungen auch elektronische Nachrichten an die Finanzämter gesendet werden können. Dabei wird die Datenübermittlerin/der Datenübermittler mit einem Zertifikat oder der Online-Ausweisfunktion ihres/seines Personalausweises authentifiziert und werden die Vertraulichkeit und Integrität des Datensatzes gewährleistet. Der Einspruch gegen einen Steuerbescheid, Anträge auf Fristverlängerung und Anpassungen der Vorauszahlungen und freie Schreiben (Text) können bereits über ELSTER an das zuständige Finanzamt gesendet werden. Ab dem zweiten Halbjahr 2019 können voraussichtlich auch Dateianhänge mitgeschickt werden. Sonderfall Strafverfolgungsbehörden Die Finanzämter für Fahndung und Strafsachen sind mit ihren Bußgeld- und Strafsachenstellen Strafverfolgungsbehörden und müssen Dokumente, bei denen die Schriftform erforderlich ist, auch elektronisch über die sicheren Übermittlungswege gemäß § 32 a Abs. 4 der Strafprozessordnung (StPO) annehmen können. Bislang ist dies ausschließlich der spezielle Weg des elektronischen Gerichts- und Verwaltungspostfachs (EGVP) oder der De-Mail. Jedoch ist seitens der Steuerverwaltung vorgesehen, die elektronische Kommunikation mit Externen nach Maßgabe der AO (§§ 87 a ff. AO) auch hier grundsätzlich originär auf das Verfahren ELSTER auszurichten. ELSTER soll daher zusätzlich als eigener sicherer Übermittlungsweg nach der StPO bestimmt werden . Gemäß § 32 a Abs. 4 Nr. 4 StPO kann dies durch Rechtsverordnung der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates erfolgen, wenn die Authentizität und Integrität der Daten sowie die Barrierefreiheit gewährleistet sind. ELSTER erfüllt diese Anforderungen. Auch die Barrierefreiheit von ELSTER ist bereits durch ein Prüfverfahren für die umfassende und zuverlässige Prüfung der Barrierefreiheit von informationsorientierten Webangeboten (BIK BITV-Test) bestätigt worden. Bayern als für das Verfahren ELSTER im KONSENS-Verbund zuständiges Land wird eine entsprechende Erweiterung in der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer- Rechtsverkehr-Verordnung - ERVV) initiieren, um ELSTER förmlich als weiteren optionalen Übermittlungsweg an die Finanzämter als Strafverfolgungsbehörden zu eröffnen. Mit Festlegung von ELSTER als weiteren bundeseinheitlichen Übermittlungsweg nach der StPO wird die Förderung des bürgerfreundlichen elektronischen Rechtsverkehrs weiter vorangebracht. 3. Welche Maßnahmen bzw. Strategie verfolgt die Landesregierung für eine digitale Kommunikation der Bürger mit den Behörden? Die Kommunikation der Verwaltung mit den Bürgerinnen und Bürgern sowie den Unternehmen findet trotz aller Bemühungen zur Bündelung auf ein Servicekonto und De-Mail nicht nur über diese Kanäle statt. Es werden zunehmend mehrere Kanäle parallel genutzt, z. B. Anträge via Web, E-Mail, Telefon (auch unter der einheitlichen Behördenrufnummer 115), aber auch vor Ort an Terminals oder stationären oder mobilen Bürgerbüros. Hinzu kommen weitere elektronische Kommunikationskanäle innerhalb der Verwaltung wie z. B. das besondere elektronische Behördenpostfach (beBPo). Nach dem Handlungsplan „Digitale Verwaltung und Justiz in Niedersachsen“ soll dabei eine elektronische Poststelle (ePoststelle) die zentrale Schnittstelle für alle Verwaltungsleistungen, deren elektronische Kommunikation nach außen nicht ausschließlich durch ein spezielles Onlineverfahren abgewickelt wird, bilden. Die ePoststelle umfasst die gesamte Infrastruktur zur Bearbeitung von elektronischen Nachrichtenein- und -ausgängen (Multikanalfähigkeit). Sie soll die Eingänge aus den verschiedenen Kommunikationskanälen bündeln und zusammenführen. Zumindest für eine längere Übergangszeit ist an vielen Stellen auch noch eine Kommunikation in Papierform zumindest nicht vollständig zu vermeiden. Papiereingänge müssen daher rechtssicher digitalisiert Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/909 4 werden können, um sie anschließend elektronisch weiterbearbeiten zu können. Eine Aufbewahrung in Papierform soll nur noch aus zwingenden, z. B. rechtlichen Gründen erfolgen. Neben der Bündelung der Eingangskanäle ist die automatisierte Weiterverteilung der Posteingänge an die nachgelagerten elektronischen Verfahren ein zweiter wesentlicher Funktionsteil. Es soll möglich sein, aus den eigentlichen Nachrichten automatisch Inhalte zu extrahieren, um so eine automatisierte Zuordnung zu einer Verwaltungsdienstleistung oder einer bearbeitenden Stelle zu ermöglichen , soweit dies erforderlich und rechtlich zulässig ist. So können z. B. elektronische Rechnungen erkannt und dem Adressaten eines eRechnungs-Verfahren zugeordnet werden. Digitalisierte Papierdokumente müssen hierzu nach dem Scannen (Umwandlung in ein elektronisches Bildformat ) bei Bedarf auch mittels eines automatisierten Verfahrens zur Texterkennung in ein maschinenverarbeitbares Datenformat umgewandelt werden. Der Handlungsplan „Digitale Verwaltung und Justiz“ ist vom Niedersächsischen IT-Planungsrat in seiner Sitzung am 04.04.2018 verabschiedet worden. Eine einheitliche Lösung für eine ePoststelle soll bis zum Sommer 2019 im Rahmen des Projekts zur Einführung der elektronischen Rechnungsbearbeitung entwickelt werden, weil auch beim Rechnungseingang und -ausgang unterschiedliche Kommunikationskanäle zu bedienen sind. Je nach Größe und Kommunikationsintensität von Ressorts und Dienststellen können sowohl zentrale als auch dezentrale technische oder organisatorische Einsatzformen einer solchen Lösung sinnvoll sein. (Verteilt am 17.05.2018) Drucksache 18/909 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Christian Grascha, Jörg Bode und Dr. Marco Genthe (FDP) Antwort des Niedersächsischen Finanzministeriums namens der Landesregierung Digitale Kommunikation mit den Finanzämtern Niedersachsen