Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/921 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Christopher Emden (AfD) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung Direkte Demokratie in Niedersachsen Anfrage des Abgeordneten Christopher Emden (AfD), eingegangen am 20.04.2018 - Drs. 18/746 an die Staatskanzlei übersandt am 25.04.2018 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung vom 16.05.2018, gezeichnet Boris Pistorius Vorbemerkung des Abgeordneten Mit der Neuregelung der Niedersächsischen Verfassung (NV) vom 19.05.1993 sind in der NV Volksinitiative (Artikel 47 NV), Volksbegehren (Artikel 48 NV) und Volksentscheid (Artikel 49 NV) normiert. Somit wurde das bis dahin ausschließlich geltende Prinzip der repräsentativen Demokratie um Instrumente der direkten Demokratie ergänzt. Seitdem gibt es ähnliche Regelungen ebenfalls in zahlreichen kommunalen Verfassungen. Vorbemerkung der Landesregierung Als Instrumente der direkten Demokratie auf der kommunalen Ebene sind im Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetz der Einwohnerantrag (§ 31), das Bürgerbegehren (§ 32) und der Bürgerentscheid (§ 33) geregelt. 1. Wie viele Volksinitiativen, Volksbegehren und Volksentscheide wurden seit Änderung der NV durchgeführt? Wie ist das jeweilige Ergebnis gewesen? Seit Einführung der Volksabstimmungen im Jahr 1993 sind insgesamt 15 Volksinitiativen und zehn Volksbegehren durchgeführt worden. Eine Volksinitiative läuft derzeit noch. Ein Volksentscheid hat bisher in Niedersachsen noch nicht stattgefunden. Zu den (abgeschlossenen) Volksinitiativen: Bei zehn Volksinitiativen wurden die nach Artikel 47 der Niedersächsischen Verfassung erforderlichen Unterschriften von 70 000 Wahlberechtigten nicht erreicht. Bei zwei Volksinitiativen wurde das Quorum mit ca. 140 000 bzw. über 80 000 Unterschriften erreicht . Den Forderungen dieser beiden Volksinitiativen hat der Landtag jedoch aufgrund der finanziellen und politischen Rahmenbedingungen bzw. aus haushaltsrechtlicher Lage nicht entsprechen können. Eine Volksinitiative war nach Erreichen des Quorums insofern erfolgreich, als der Landtag den Beschluss fasste, die Ziele der Volksinitiative nach Möglichkeit schrittweise zu verwirklichen. Bei zwei Volksinitiativen konnte das Ziel nach Überschreiten des Quorums erreicht werden. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/921 2 Zu den Volksbegehren: Bei vier Volksbegehren wurden die für die Zulässigkeit eines Volksbegehrens nach § 19 des Niedersächsischen Volksabstimmungsgesetzes (NVAbstG) zunächst erforderlichen Unterschriften von mindestens 25 000 Wahlberechtigten nicht erreicht. Ein Volksbegehren hatte sich erledigt, da kein Antrag auf Feststellung der Zulässigkeit gestellt worden war (§ 19 Abs. 1 NVAbstG). Ein Volksbegehren ist zurückgenommen worden. Bei zwei Volksbegehren ist das nach Artikel 48 Abs. 3 NV erforderliche Quorum von 10 % der Wahlberechtigten nicht erreicht worden. Bei zwei Volksbegehren sind die Ziele erreicht worden. Der Landtag hat entsprechende Änderungsgesetze beschlossen. 2. Was waren die jeweiligen Themen der Plebiszite, und wer waren die Initiatoren? Als Initiatoren bzw. Vertreterinnen und Vertreter einer Volksinitiative oder eines Volksbegehrens sind der Landeswahlleiterin oder dem Landeswahlleiter jeweils mindestens fünf, höchstens neun stimmberechtigte Personen zu benennen (§§ 5, 6, 14 und 15 NVAbstG). Zu den Volksinitiativen (chronologisch): – Volksinitiative Verantwortung vor Gott und den Menschen in die Verfassung Initiatoren: Hierzu liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor. Bei Übergabe der Unterschriftenlisten für diese Volksinitiative an den Präsidenten des Niedersächsischen Landtages am 10.01.1994 war das NVAbstG noch nicht in Kraft getreten. Mangels Formvorschrift waren die Initiatoren der Volksinitiative nicht zu benennen. – Volksinitiative für kommunale Beitragsgerechtigkeit und Umweltschutz Initiatoren: Manfred Köhler, Buchholz; Siegbert Mahal, Wiershausen; Dr. Eva Meyer-Bartels, Buchholz; Ewald Müller, Groß-Twülpstedt; Detlef Ruppin, Buchholz – Volksinitiative für die Verbesserung und langfristige Sicherstellung der Unterrichtsversorgung in Niedersachsen Initiatoren: Jürgen Werner, Buxtehude; Regine-Elisabeth Flagge, Gifhorn; Bernd Otte, Lehre; Birgit Bethge, Nordenham; Hans-Jürgen Sack, Bodenwerder – Volksinitiative für Jugendgemeinderäte - gegen das Wahlalter 16 Initiatoren: Michael Müller, Wildeshausen; Jörg Bode, Hambühren; Jörg Köntopp, Celle; Caroline Hattesohl, Weyhe; Michael Hübscher, Stuhr – Volksinitiative gegen den Verkauf der Harzwasserwerke Initiatoren: Josef Bienert, Clausthal-Zellerfeld; Erich Heine, Langelsheim; Albert Kehr, St. Andreasberg ; Rainer Bettels, Hildesheim; Thomas Gundermann, Clausthal-Zellerfeld; Dr. Rainer Kallmann, Göttingen – Volksinitiative zum Erhalt des Rettungshubschraubers Christoph 30 Initiatoren: Andreas Memmert, Heiningen; Dr. Wolf Schmidt, Heiningen; Hubert Mahnkopf, Heiningen ; Andreas Hannig, Heiningen; Heinrich Engler, Heiningen – Volksinitiative Patientenschutzstelle Niedersachsen Initiatoren: Sunhild Heberle, Wennigsen; Genoveva Koboldt, Wunstorf; Brigitte Grote, Ronnenberg ; Irene Richter, Hannover; Martin Koboldt, Wunstorf – Volksinitiative für ein gebührenfreies Studium und Teilzeitstudium Initiatoren: Levent Gütay, Oldenburg; Caspar Heybl, Lüneburg; Maren Lange, Lüneburg; Stefan Lienemann, Aurich; Myriam Schotzki, Göttingen; Malte Riechey, Lüneburg; Mathias Uslar, Delmenhorst Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/921 3 – Volksinitiative für Lernmittelfreiheit und freie Schülerbeförderung Initiatoren: Bernhard Ahlborn, Kalefeld; Hans-Ulf Bröcker, Oldenburg; Bernd Hahn, Lehre; Richard Lochte, Hannover; Uwe Meding, Salzgitter; Claudia Staiger, Süstedt – Volksinitiative für die Rücknahme der Rechtschreibreform Initiatoren: Gabriele und Prof. Dr. Carsten Ahrens, Elsfleth; Detlef Kleinert, Hannover; Klaus Kolbe, Sachsenhagen; Friedrich Pörtner, Bückeburg; Reinhold Robbe, Bunde; Hans-Werner Schwarz, Diepholz – Volksinitiative Keine Kürzungen bei Bus und Bahn in Niedersachsen Initiatoren: Dr. Wolfgang Konukiewitz, Worpswede; Hermann Hane, Braunschweig; Enno Hagenah , Hannover; Björn Gryschka, Bad Salzdetfurth; Gernot Lucks, Oldenburg; Bernd Skoda, Winsen; Uwe Rosenberger, Hagen a. T. W.; Gerd Will, Nordhorn – Volksinitiative Verbesserung der Unterrichtsqualität Initiatoren: Dr. Martin Albrecht, Braunschweig; Michaela Belitz, Braunschweig; Michael Johannes , Braunschweig; Michael Mueller, Braunschweig; Hans-Jürgen Vogel, Braunschweig; Kerstin Vogt, Braunschweig; Harald Woizischke, Meine – Volksinitiative Änderung des Niedersächsischen Nichtraucherschutzgesetzes Initiatoren: Hermann Kröger, Esens; Helmut Uhl, Hannover; Otto Wolter, Wittingen-Lüben; Detlef Schröder, Ehestorf; Heinz-Rainer Balke-Zinram, Burgwedel; Heinrich-Christian Tegtmeyer, Langenhagen; Renate Mitulla, Langenhagen; Kirsten Jordan, Hannover – Volksinitiative Bessere Rahmenbedingungen in den niedersächsischen Kindertagesstätten Initiatoren: Andreas Baumgart, Hannover; Sabina Marina Graß-Cremerius, Hannover; Thea Heusler, Hannover; Werner Massow, Göttingen; Thomas Müller, Hannover; Doris Plumbohm, Hannover; Martina Soltendieck-Kuba, Springe; Frank Traffa, Suhlendorf; Gabriele Zerber, Burgwedel – Volksinitiative Bessere Schulen Initiatoren: Petra Wiedenroth, Hameln; Kirsten Radtke, Wiefelstede; Viktoria Heep, Wiefelstede; Doris Jansing, Haselünne-Lehrte; Heike Koehler, Lehrte; Claus Wegener, Sehnde; Dr. Marion Villmar-Doebeling, Einbeck; Tatjana Maier-Keil, Rhauderfehn; Annika Eickhoff, Buchholz- Sprötze – Volksinitiative für eine Bundesratsinitiative zur Vermögenssteuer (läuft noch) Initiatoren: Hans-Henning Adler, Oldenburg; Herbert Behrens, Osterholz-Scharmbeck; Dr. Jörg- Diether Dehm-Desoi, Sehnde; Jutta Krellmann, Coppenbrügge; Victor Perli, Wolfenbüttel; Anja Stoeck, Winsen (Luhe); Ursula Weisser-Roelle, Braunschweig; Pia-Beate Zimmermann, Schnackenburg Zu den Volksbegehren (chronologisch): – Volksbegehren „WIR gegen die Rechtschreibreform“ Initiatoren: Gabriele Ruta und Prof. Dr. Carsten Ahrens, Elsfleth; Evelin Albrecht, Rastede; Rudolf Ahlbrecht, Salzhemmendorf; Johann Harms, Wiesmoor; Dr. Martin String, Lüneburg – Volksbegehren „Befragung des Volkes in Niedersachsen zur Einführung der Europäischen Einheitswährung EURO“ Initiatoren: Peter Lauer, Hannover; Hans-Dieter Reckner, Schortens; Bernd Timpe, Delmenhorst ; Dieter Jochade, Wilhelmshaven; Karl Ingo Welke, Garbsen; August Wilhelm Petersen, Schneverdingen; Wolfram Bednarski, Springe; Jürgen Wirtz, Langenhagen; Manfred Schulz, Braunschweig – Volksbegehren „Gentechnikfrei aus Niedersachsen“ Initiatoren: Renate Backhaus, Reppenstedt; Gudrun Ehrhardt, Celle; Erich von Hofe, Wulmstorf; Gerhard Kiehm, Oldenburg; Ernst-Friedrich Maage, Ronnenberg; Wolf von Nordheim, Springe; Heike Piquardt, Hannover; Ulrich Thiemann, Hannover; Gisela Wicke, Gehrden Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/921 4 – Volksbegehren „Kindertagesstätten-Gesetz Niedersachsen“ Initiatoren: Silke Beu, Hannover; Heinz-Dieter Braun, Hannover; Renate Frauendorf, Hannover; Jürgen Hohmann, Hannover; Ute Klingemann, Hannover; Werner Massow, Göttingen; Dr. Hans-Ulrich Minke, Oldenburg; Heide Tremel, Hannover; Lothar Zweiniger, Hannover – Volksbegehren „Gesetz zur Befragung des Volkes in Niedersachsen zur gesetzlichen Regelung der Zuwanderung ausländischer Arbeitskräfte nach Deutschland“ Initiatoren: Peter Lauer, Hannover; Karl Ingo Welke, Garbsen; Wilhelm Köhler, Winsen; Gerhard Bothe, Bad Harzburg; Volker Mörig, Braunschweig; Wilfried Hein, Hannover; Manfred Lüddecke , Cremlingen; Hans Joachim Ernst, Braunschweig; Manfred Schulz, Braunschweig – Volksbegehren „Gesetz zur Sicherstellung der Unterrichtserteilung an öffentlichen Schulen“ Initiatoren: Peter Lauer, Hannover; Karl Ingo Welke, Garbsen; Philipp Noblé, Braunschweig; Manfred Lüddecke, Cremlingen; Björn Tute, Barsinghausen; Manfred Schulz, Braunschweig; Wilhelm Köhler, Winsen – Volksbegehren „Gesetz über ein Landesblindengeld für Zivilblinde in Niedersachsen“ Initiatoren: Hans-Werner Lange, Laatzen; Helga Neumann, Hohnstorf; Wolfgang Angermann, Hannover; Rohlf Jansen, Hinte; Helga Stübbe, Osnabrück; Hans-Joachim Hoffmann, Hannover; Gerd Schwesig, Hannover; Gisela Wolters, Braunschweig; Sigrid Wichmann, Laatzen – Volksbegehren für gute Schulen in Niedersachsen Initiatoren: Prof. Dr. Manfred Bönsch, Hannover; Christiane Borchert-Edeler, Peine; Olaf Brokate , Peine; Andreas Henze, Hannover; Ute Janus, Hannover; Rudolf Kleine-Huster, Hannover; Tatjana Matuschke-Fricke, Ronnenberg; Djure Meinen, Varel; Frank Uhrhammer, Visselhövede – Volksbegehren für den Erhalt des alten Landtagsgebäudes Initiatoren: Arno Ulrichs, Simonswolde; Renate Bitz, Hannoversch-Münden; Jürgen Krenzel, Zeven; Hans-Wolfgang Levy, Vienenburg; Kerstin Bußmann, Osnabrück – Volksbegehren „Schluss mit Schulden“ Initiatoren: Dr. Stefan Birkner, Garbsen; Jörg Bode, Celle; Christian Dürr, Ganderkesee; Dr. Petra Enß, Hannover; Walter Hirche, Hannover; Dr. Gero Clemens Hocker, Achim; Hans- Heinrich Sander, Golmbach; Christian Grascha, Einbeck; Björn Försterling, Wolfenbüttel 3. Ist der Landesregierung bekannt, wie viele Volksinitiativen, Volksbegehren und Volksentscheide auf kommunaler Ebene durchgeführt wurden? Weil insoweit keine Berichtspflichten der Kommunen gegenüber dem Land bestehen, liegen der Landesregierung keine eigenen Zahlen über Einwohneranträge, Bürgerbegehren und Bürgerentscheide vor. Nach dem Bürgerbegehrensbericht 2016 des Vereins „Mehr Demokratie e. V.“ sind in Niedersachsen bis Ende 2015 insgesamt 303 Bürgerbegehren und 94 Bürgerentscheide durchgeführt worden. Allerdings kann der Verein die Vollständigkeit dieser Angaben nicht garantieren. 4. Ist die Landesregierung der Auffassung, dass die in Artikel 47 NV (Volksinitiative) und Artikel 48 NV (Volksbegehren) normierten Quoren von 70 000 Wahlberechtigten bzw. zehn vom Hundert der Wahlberechtigten angemessen und geeignet sind, diese Instrumente der direkten Demokratie zu fördern? Bei den parlamentarischen Beratungen zu den Artikeln 47 und 48 NV bestanden sehr unterschiedliche Auffassungen über die Höhe der zu normierenden Quoren, die für Artikel 47 zwischen 30 000 und 100 000 Unterschriften sowie bis zu 5 % der Wahlberechtigten (hätte damals einer absoluten Zahl von 285 000 Unterschriften entsprochen) variierten. Für Artikel 48 standen neben einer Mindestzahl von 100 000 Unterschriften auch eine Unterstützung durch 5 % bis zu 20 % der Wahlberechtigten in der Diskussion. Die letztlich verfassungsrechtlich normierten Quoren von 70 000 Wahlberechtigten bzw. 10 % der Wahlberechtigten werden als eine ausgewogene Verständigung zwischen den unterschiedlichen Auffassungen angesehen. (Verteilt am 22.05.2018) Drucksache 18/921 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Christopher Emden (AfD) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport Direkte Demokratie in Niedersachsen