Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/975 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Anja Piel, Julia Willie Hamburg, Imke Byl und Detlev Schulz-Hendel (GRÜNE) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung namens der Landesregierung Pläne der Landesregierung zum „Niedersachsen-Schülerticket“ Anfrage der Abgeordneten Anja Piel, Julia Willie Hamburg, Imke Byl und Detlev Schulz-Hendel (GRÜNE), eingegangen am 10.04.2018 - Drs. 18/666 an die Staatskanzlei übersandt am 13.04.2018 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung namens der Landesregierung vom 29.05.2018, gezeichnet Dr. Bernd Althusmann Vorbemerkung der Abgeordneten Die Landesregierung von SPD und CDU hat in ihrem Koalitionsvertrag für die 18. Wahlperiode des Landtags im Unterkapitel Bildung auf Seite 12, Randnummer 296 f., vereinbart, ein „Niedersachsen -Schülerticket mit einem Eigenbetrag“ einzuführen, um für „Schülerinnen, Schüler und Auszubildende die Nutzung des Personennahverkehrs attraktiver (zu) gestalten“. Die bisherige landesrechtliche Regelung zum Ausbildungsverkehr übernimmt zur Definition des von der Rabattierung für Auszubildende zu begünstigenden Personenkreises vollständig die bisherige bundesrechtliche Definition, wie sie im Anwendungsbereich des § 45 a PBefG gemäß § 1 Abs. 1 PBefAusglV bislang gilt. „Die Rabattierungsverpflichtung erstreckt sich dementsprechend nicht nur auf Schülerinnen und Schüler im Bereich der Grundschule und der Sekundarstufe I (Sek. I), sondern umfasst neben anderen beispielsweise auch Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe II (Sek. II), Auszubildende, Studentinnen und Studenten sowie Teilnehmerinnen und Teilnehmer eines Freiwilligen Sozialen oder Freiwilligen Ökologischen Jahres.“ (vgl. Drs. 17/5836, S. 14). Vor dem Hintergrund, dass insbesondere Auszubildende und Freiwillige auf preisgünstige Mobilität angewiesen sind, um sich weiterzubilden oder ehrenamtlich zu engagieren, und sich verschiedenste Interessensvertretungen dieser Gruppen für ein solches Ticket einsetzen, fragen wir die Landesregierung . Vorbemerkung der Landesregierung Im Koalitionsvertrag für die 18. Wahlperiode haben SPD und CDU im Kapitel „Bildung“ unter Ziffer 8 „Schülerbeförderung“ (S. 12, Randnummer 296 ff.) Folgendes vereinbart: „Wir wollen für Schülerinnen, Schüler und Auszubildende die Nutzung des Personennahverkehrs attraktiver gestalten . Dafür wollen wir gemeinsam mit den Verkehrsunternehmen und den Trägern der Schülerbeförderung ein geeignetes Modell entwickeln. Hierfür streben wir die stufenweise Einführung des kostenfreien Schülerverkehrs im Sekundarbereich II (Gymnasiale Oberstufe und Berufsbildende Schule) und eines ‚Niedersachsen-Schülertickets‘ mit einem Eigenbetrag an.“ Die Landesregierung unterstützt eine Umsetzung dieser Zielsetzungen. Das Land Niedersachsen hat in der Vergangenheit bereits ein breites Spektrum an Unterstützungsmaßnahmen , Finanzhilfen und Förderinstrumenten entwickelt, um Angebot und Attraktivität des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) stetig zu steigern. Ein wesentlicher Aspekt ist, die für den Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/975 2 straßengebundenen ÖPNV verantwortlichen Aufgabenträger - das sind die Landkreise, kreisfreien Städte und entsprechende Zweckverbände - mit den notwendigen finanziellen Mitteln und der Fähigkeit zu flexiblem, bedarfsgerechtem Handeln auszustatten. Diesbezüglich ist es durch die Novellierung des Niedersächsischen Nahverkehrsgesetzes (NNVG) zu deutlichen Verbesserungen gekommen . Durch das NNVG haben die kommunalen ÖPNV-Aufgabenträger seit dem 01.01.2017 die vollständige Aufgaben- und Ausgabenverantwortung für Planung und Finanzierung des straßengebundenen ÖPNV einschließlich der Ausgleichszahlungen für die sogenannten Ausbildungsverkehre erhalten. Insbesondere für die Ermäßigung der Tarife im Ausbildungsverkehr stehen ihnen seitdem jährlich rund 90 Millionen Euro als Finanzhilfe zur Verfügung. Außerdem stellt das Land als gesonderte Finanzhilfe an die ÖPNV-Aufgabenträger zusätzlich weitere 20 Millionen Euro pro Jahr bereit, damit der ÖPNV vor Ort ausgebaut oder verbessert werden kann. Diese zusätzlichen Mittel können flexibel für ortsangepasste Angebote und lokale Bedürfnisse verwendet werden, wobei ausdrücklich auch tarifliche Ermäßigungen umfasst sind. Nach § 7 a NNVG sind die kommunalen Aufgabenträger gesetzlich verpflichtet, für ihren Zuständigkeitsbereich eine Ermäßigung von Zeitfahrausweisen im Ausbildungsverkehr in Höhe von mindestens 25 % zu gewährleisten. Wie in der Begründung zur Novellierung des NNVG (Drs. 17/5836) festgehalten wird, erstreckt sich die Ermäßigungspflicht „nicht nur auf Schülerinnen und Schüler im Bereich der Grundschule und der Sekundarstufe I (Sek. I), sondern umfasst neben anderen beispielsweise auch die Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe II (Sek. II), Auszubildende, Studentinnen und Studenten sowie Teilnehmerinnen und Teilnehmer eines Freiwilligen Sozialen oder Freiwilligen Ökologischen Jahres“. Den Aufgabenträgern wird darüber hinaus ausdrücklich ermöglicht , eine höhere Ermäßigung als 25 % vorzusehen sowie Tarifermäßigungen auf weitere Personenkreise auszudehnen. Dadurch werden bereits heute Ansätze der ÖPNV-Aufgabenträger auf kommunaler Ebene unterstützt , Tarife für Schülerinnen und Schüler, Auszubildende oder Teilnehmerinnen und Teilnehmer von Freiwilligendiensten im straßengebundenen ÖPNV vor Ort zu vergünstigen oder Ausweitungen im Bereich der kostenlosen Schülerbeförderung auf weitere Altersgruppen vorzunehmen. Landesweit existiert bereits eine Reihe von erfolgreichen Ansätzen dafür. Beispielhaft genannt seien hier nur die GVH SparCard (sogenannte Jugendnetzkarte) im Bereich der Region Hannover oder das Jugend-FreizeitTicket im Bereich des Verkehrsverbundes Bremen/Niedersachsen, der das Gebiet der Städte Bremen, Bremerhaven, Delmenhorst und Oldenburg, der Landkreise Ammerland, Diepholz , Oldenburg, Osterholz, Verden und Wesermarsch sowie angrenzender Teile der Landkreise Cuxhaven und Rotenburg umfasst. Andere Regionen wie z. B. die Landkreise Grafschaft Bentheim, Emsland, Gifhorn oder Wolfenbüttel haben im Rahmen ihrer kommunalen Selbstverwaltung über den in § 114 des Niedersächsischen Schulgesetesz geregelten Anspruch auf kostenlose Schülerbeförderung hinaus zusätzliche Regelungen zur freiwilligen Übernahme von Schülerbeförderungskosten im Sekundarbereich II getroffen. Wie bereits die beide Themen in einem Satz verknüpfende Formulierung in der Koalitionsvereinbarung verdeutlicht, stehen die von der Landesregierung angestrebte stufenweise Einführung des kostenfreien Schülerverkehrs im Sekundarbereich II und die Einführung eines „Niedersachsen- Schülertickets“ mit einem Eigenbetrag inhaltlich und hinsichtlich der finanziellen Ausgestaltung in einem Zusammenhang miteinander. Dies hängt insbesondere damit zusammen, dass bei Einführung eines vergünstigten „Niedersachsen -Schülertickets“ Ausgleichszahlungen für entstehende Mindereinnahmen der Verkehrsunternehmen anfallen. Für deren Ermittlung und die Frage der Möglichkeiten zur Kostentragung durch die Aufgabenträger ist u. a. entscheidend, ob gegebenenfalls ein erweiterter gesetzlicher Anspruch auf Übernahme der Kosten der Schülerbeförderung im Sekundarbereich II geschaffen wird. Zwar bezieht sich eine Erweiterung des Schülerbeförderungsanspruchs gemäß § 114 NSchG immer nur auf die Beförderung zur nächsten Schule der gewählten Schulform bzw. auf die Erstattung der Kosten von Schülerinnen und Schülern. Sie würde aber für die Verkehrsunternehmen mittelbar gleichzeitig eine langfristig gesicherte Einnahmebasis für den davon umfassten Personenkreis bedeuten, die größeren Spielraum für zusätzliche Tarifmaßnahmen wie die Einführung eines „Niedersachsen- Schülertickets“ mit einem Eigenbetrag schafft. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/975 3 Auch auf die Bemessung eines erforderlichen Eigenbetrags hätte dies deshalb nicht unerheblichen Einfluss. Demgegenüber würde die tatsächliche Höhe des Eigenbetrags eines „Niedersachsen- Schülertickets“ bei gesetzlicher Übernahme der Schülerbeförderungskosten im Sekundarbereich II die Abschätzung der Kostenfolgen erleichtern und die Höhe der Fahrtkosten gegebenenfalls mindern , wenn die Schülerinnen und Schüler des Sekundarbereichs II zukünftig mit einem günstigeren „Niedersachsen-Schülertickets“ zur Schule und zurück fahren könnten. Die Einführung eines „Niedersachsen-Schülertickets“, dessen Geltungsbereich Tarifgebiete und Verkehrsverbundgrenzen überschreiten soll, wird in der Folge außerdem erhebliche Vorarbeiten erfordern , da die bisherige Tarifstruktur in Niedersachsen sehr heterogen ist und derzeit ein landesweit einheitliches Schülerticket kaum zulässt. So besteht in Niedersachsen bislang nur in fünf Tarifverbünden in den Ballungsräumen (GVH, HVV, VBN, VRB, VSN) eine Tarifintegration von straßengebundenem ÖPNV und Schienenpersonennahverkehr (SPNV). Darüber hinaus existieren mehrere Tarifverbünde allein für den straßengebundenen ÖPNV ohne SPNV-Integration sowie zahlreiche landkreis-, stadt- oder sogar unternehmensspezifische Einzeltarife in Gebieten außerhalb von Tarifverbunden sowie im SPNV der „Niedersachsentarif“. Insoweit müsste zunächst gemeinsam mit den Aufgabenträgern des straßengebundenen ÖPNV und des SPNV, den Tarifverbünden, den in Niedersachsen tätigen Eisenbahnverkehrsunternehmen sowie den außerhalb der Tarifverbünde tätigen Busunternehmen eine Verständigung und Einigung erzielt werden, um eine landesweite tarifliche Bus-Schiene-Verknüpfung entwickeln und umsetzen zu können. Dies kann nur gelingen, wenn Klarheit über die erforderlichen finanziellen Ausgleiche für die beteiligten Verkehrsunternehmen besteht. Die dafür erforderlichen Ermittlungen sind äußerst komplex und können nur im Rahmen gutachterlicher Erhebungen und Berechnungen erfolgen. Aufgrund der dargestellten Zusammenhänge können die zeitliche und räumliche Reichweite für ein „Niedersachsen-Schülerticket“, der einbezogene Personenkreis sowie dessen nähere Ausgestaltung derzeit noch nicht festgelegt werden. Vor diesem Hintergrund können nähere Aussagen zu den in den Fragen angesprochenen Inhalten nicht getroffen werden. 1. Was stellt sich die Landesregierung genau unter einem „Niedersachsen-Schülerticket“ vor? Auf die Vorbemerkung wird verwiesen. Die Ausgestaltung ist noch offen. 2. Wird wie etwa bei rabattierten Zeitfahrausweisen (gemäß § 1 Abs. 1 PBefAusglV) auch Freiwilligen zukünftig ermöglicht, das „Niedersachsen-Schülerticket“ zu nutzen? Es wird auf die Vorbemerkung verwiesen. Eine Einbeziehung erscheint sinnvoll und wird in die weiteren Überlegungen einbezogen. 3. Falls nein, wie wird der Personenkreis der Auszubildenden definiert, und wie rechtfertigt die Landesregierung den Ausschluss der Freiwilligen? Es wird auf die Vorbemerkung sowie die Antwort zu Frage 2 verwiesen. 4. Gedenkt die Landesregierung, auch Interessensvertretungen der Schülerinnen und Schüler, Auszubildenden und Freiwilligen an der Entwicklung des „Niedersachsen- Schülertickets“ zu beteiligen? Es wird auf die Vorbemerkung sowie die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/975 4 5. Welche Eisenbahnverkehrsunternehmen und Verkehrsverbünde gedenkt die Landesregierung in ein solches Ticket einzugliedern? Es wird auf die Vorbemerkung sowie die Antwort zu Frage 1 verwiesen. 6. Welche Kosten würden nach derzeitigem Stand durch ein „Niedersachsen-Schülerticket “ entstehen (aufgeschlüsselt nach Schülern, Auszubildenden und Freiwilligen), und wie hoch wäre hierbei die Eigenbeteiligung? Es wird auf die Vorbemerkung verwiesen. 7. Wann gedenkt die Landesregierung dieses Vorhaben umzusetzen? Es wird auf die Vorbemerkung verwiesen. (Verteilt am 30.05.2018) Drucksache 18/975 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Anja Piel, Julia Willie Hamburg, Imke Byl und Detlev Schulz-Hendel (GRÜNE) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung Pläne der Landesregierung zum „Niedersachsen-Schülerticket“