Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/998 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Stefan Wenzel und Helge Limburg (GRÜNE) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung Leistungsfähigkeit des Zolls bei der Verfolgung von Geldwäsche Anfrage der Abgeordneten Stefan Wenzel und Helge Limburg (GRÜNE), eingegangen am 02.05.2018 - Drs. 18/797 an die Staatskanzlei übersandt am 07.05.2018 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung vom 04.06.2018, gezeichnet In Vertretung Stephan Manke Vorbemerkung der Abgeordneten Die Süddeutsche Zeitung berichtete am 26.04.2018 mit Bezug auf eine Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage: „Deutschland kommt im Kampf gegen Geldwäsche kaum voran. In der Financial Intelligence Unit (FIU), einer eigens für diese Aufgabe gegründeten Spezialeinheit des Zolls, stauen sich weiterhin Zehntausende unbearbeitete Verdachtsfälle“. „Demnach waren Ende des ersten Quartals immer noch mehr als 29 000 Verdachtsmeldungen nicht abschließend bearbeitet. Der Zoll hatte mit dem zuständigen Bundesfinanzministerium abgestimmt , das Problem der angestauten Meldungen bis Ende März in den Griff zu bekommen, dieses Ziel dann aber offensichtlich verfehlt. Banken, Handelsfirmen und zahlreiche weitere Dienstleister müssen verdächtige Geldströme den Behörden melden. Das betrifft häufig etwa Überweisungen aus dem Ausland oder höhere Barbeträge, deren Herkunft fraglich ist. Seit Sommer 2017 sammelt die FIU diese Meldungen, prüft sie und leitet sie den zuständigen Ermittlern der Landespolizeibehörden weiter. Der damalige Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hatte die Hoheit über die Geldwäschebekämpfung trotz Bedenken vom Bundeskriminalamt zum Zoll verlegt. Noch immer scheint die FIU nur bedingt arbeitsfähig zu sein. Weil die zentrale Software wegen Sicherheitslücken nicht verfügbar war, schickten Banken und andere Stellen ihre Verdachtsfälle längere Zeit vor allem per Fax; Hilfskräfte arbeiteten den Papierstau ab.“ Bei der sogenannten Geldwäsche wird in der Regel versucht, illegal erworbenes Vermögen in den legalen Geldkreislauf zu transferieren. Hinter einem Geldwäschegeschäft können sich daher schwere Straftaten wie Terrorismusfinanzierung, Waffenhandel, Steuerbetrug, Drogenhandel und viele andere Delikte verbergen. Dabei spielen oft Briefkastenfirmen in Steueroasen, unklare Besitzverhältnisse und Immobiliengeschäfte eine besondere Rolle. Vorbemerkung der Landesregierung Die Landesregierung misst der Bekämpfung der Geldwäsche einen hohen Stellenwert bei. Sie beinhaltet das Verhindern des Transfers illegal erworbener Vermögenswerte in das legale Wirtschaftsleben und zielt darauf ab, den kriminellen Hintergrund dieser Aktivitäten aufzudecken, der Organisierten Kriminalität und dem Terrorismus die finanzielle Grundlage zu entziehen sowie deren Strukturen zu zerschlagen. Zur Gewährleistung einer erfolgreichen Geldwäschebekämpfung ist ei- Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/998 2 ne effiziente Zusammenarbeit der Strafverfolgungsbehörden sowie der für Geldwäschebekämpfung zuständigen Behörden geboten. 1. Wie viele der o. g. nicht bearbeiteten Verdachtsfälle betreffen Niedersachsen? Valide Zahlen der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (FIU), welche das Bundesland Niedersachsen betreffen, liegen bislang nicht vor. 2. Welche Behörden von Bund und Land werden bei der Prüfung eines Verdachtsfalls eingebunden? Die Verdachtsmeldungen werden überwiegend durch die Verpflichteten nach § 2 Abs. 1 GwG gemäß § 43 Abs. 1 GwG an die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen des Bundesfinanzministeriums übersandt. Danach erfolgt die Übersendung der mit einem Analysebericht versehenen Verdachtsmeldung durch die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen an das zuständige Bundesland. Für Niedersachsen wurde in Absprache zwischen Landeskriminalamt und der Zentralstelle Organisierte Kriminalität der Generalstaatsanwaltschaft in Celle die Entgegennahme der Verdachtsmeldungen durch das für Finanzermittlungen zuständige Dezernat des Landeskriminalamtes festgelegt . Nach einer weiteren (polizeilichen) Analyse im Landeskriminalamt erfolgt die Übersendung an die jeweils zuständige Staatsanwaltschaft. Die meisten Bundesländer verfahren nach diesem Prinzip , einige Bundesländer erhalten die Verdachtsmeldungen über benannte Staatsanwaltschaften. 3. Wie viele Verdachtsfälle wurden in den letzten sechs Monaten in Niedersachsen bearbeitet ? Als Antwortzeitraum werden die sechs Monate November 2017 bis zum April 2018 aufgeführt. Zur besseren Vergleichbarkeit werden in dieser Beantwortung zusätzlich die Vormonate aus den Jahren 2016 bzw. 2017 aufgeführt. Die Zahlen verdeutlichen, wie viele Verdachtsmeldungen vor der Übernahme durch die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen beim LKA Niedersachsen eingingen: FIU (BKA) FIU (BKA) FIU (Zoll) FIU (Zoll) 2016 2017 2017 2018 Nov. 2016 = 309 Nov. 2017 = 106 Dez. 2016 = 300 Dez. 2017 = 90 Jan. 2017 = 315 Jan. 2018 = 152 Feb. 2017 = 293 Feb. 2018 = 144 Mrz. 2017 = 391 Mrz. 2018 = 206 Apr. 2017 = 227 Apr. 2018 = 400 Gesamt: 609 Gesamt: 1 226 Gesamt: 196 Gesamt: 902 Demnach wurden in den vergangenen sechs Monaten 1 098 Verdachtsfälle der FIU Zoll in Niedersachsen bearbeitet. 4. In wie vielen Fällen hat der Verdacht zu weitergehenden Ermittlungen geführt? Die jeweils zuständige Staatsanwaltschaft entscheidet über die Einleitung eines Verfahrens. In Fällen , in denen der Verdacht der Geldwäsche nicht ausgeschlossen werden kann, werden in der Regel die Finanzermittlungsgruppen der Zentralen Kriminalinspektionen der Polizeidirektionen mit den weiteren Ermittlungen beauftragt. Da die niedersächsischen Staatsanwaltschaften erst seit Jahresbeginn statistisch erfassen, ob ein Verfahren auf einer Geldwäscheverdachtsmeldung beruht, kann zur Beantwortung der Fragestel- Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/998 3 lung nur der Zeitraum vom 01.01.2018 bis zum 08.05.2018 herangezogen werden. Seit diesem Zeitpunkt sind bei den elf niedersächsischen Staatsanwaltschaften 365 entsprechende Verfahren statistisch erfasst worden. Ob in diesen Fällen der Verdacht zu weitergehenden Ermittlungen geführt hat, könnte nur durch eine händische Einzelauswertung aller Verfahren ermittelt werden, womit ein Aufwand verbunden wäre, der zur Beantwortung einer Kleinen Anfrage nicht geleistet werden kann. 5. Welche Behörden waren bei den weitergehenden Ermittlungen beteiligt? Auch diese Frage könnte für den Zeitraum ab dem 01.01.2018 nur durch eine händische Einzelauswertung aller 365 statistisch erfassten Verfahren ermittelt werden. Allgemein kann mitgeteilt werden, dass die Staatsanwaltschaften in den Fällen, in denen weitere Ermittlungen erforderlich sind, in der Regel die Finanzermittlungsgruppen der Zentralen Kriminalinspektionen der Polizeidirektionen mit den weiteren Ermittlungen beauftragen. In geeigneten Fällen erfolgt auch eine Beteiligung der Finanzämter für Fahndung und Strafsachen sowie der bei dem örtlich zuständigen Hauptzollamt angesiedelten Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS). 6. Zu welchen Ergebnissen haben die weitergehenden Ermittlungen geführt? Von den im Zeitraum vom 01.01.2018 bis zum 08.05.2018 statistisch erfassten 365 Verfahren sind 143 eingestellt worden (127 Einstellungen nach § 170 Abs. 2 StPO, acht Einstellungen nach § 153 Abs. 1 StPO; eine Einstellung nach § 153c StPO, drei Einstellungen nach § 154 Abs. 1 StPO, zwei Einstellungen nach § 154 d StPO, eine Einstellung nach § 154 f StPO, eine Einstellung nach § 45 Abs. 2 JGG). Ob die Verfahren erst nach weitergehenden Ermittlungen oder unmittelbar nach Übersendung der Verdachtsmeldung durch das Landeskriminalamt eingestellt worden sind, könnte nur durch eine händische Einzelauswertung aller Verfahren ermittelt werden. Weitere 55 Verfahren haben sich auf sonstige Weise erledigt (Abgabe an andere Staatsanwaltschaften, Verbindung mit einer anderen Sache etc.). Die restlichen Verfahren sind noch anhängig. Ob es in diesen Fällen zu weitergehenden Ermittlungen gekommen ist, könnte ebenfalls nur durch eine händische Einzelauswertung aller Verfahren ermittelt werden, womit ein Aufwand verbunden wäre, der zur Beantwortung einer Kleinen Anfrage nicht geleistet werden kann. Das Landeskriminalamt Niedersachsen wurde in der Regel bis zum 25.06.2017 von der zuständigen Staatsanwaltschaft über den Ausgang des Verfahrens informiert. Seit der Übernahme des Verdachtsmeldewesens durch die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen vom 26.06.2017 ist das LKA Niedersachsen nicht mehr Adressat des Verfahrensausgangs der nach dem Stichtag eingegangenen Verdachtsmeldungen. Adressat des Verfahrensausgangs ist nunmehr gemäß § 43 GwG die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen. (Verteilt am 05.06.2018) Drucksache 18/998 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Stefan Wenzel und Helge Limburg (GRÜNE) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport Leistungsfähigkeit des Zolls bei der Verfolgung von Geldwäsche