LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/10011 19.10.2015 Datum des Originals: 19.10.2015/Ausgegeben: 22.10.2015 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3882 vom 15. September 2015 des Abgeordneten Nicolaus Kern PIRATEN Drucksache 16/9754 Ist die finanzielle Förderung stillgelegter und als Kapazitätsreserve genutzter Braunkohlekraftwerke mit EU-Beihilferegeln vereinbar? Der Minister für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk hat die Kleine Anfrage 3882 mit Schreiben vom 19. Oktober 2015 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerpräsidentin, dem Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz und dem Minister für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Am 1. Juli 2015 haben die Spitzen der Großen Koalition in Berlin die Einführung einer Kapazitätsreserve sowie die Einbeziehung alter Braunkohleblöcke auf vertraglicher Basis beschlossen . Auf Betreiben von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) einigte sich die Koalition darauf, dass einige klimaschädliche Braunkohlekraftwerke vom Netz genommen und als Kapazitätsreserve genutzt werden sollen. Dafür erhalten die Betreiberkonzerne eine millionenschwere Vergütung vom Bund. Ursprünglich war eine Klimaabgabe für klimaschädliche Braunkohlekraftwerke im Gespräch. Den Wechsel zum „Modell der Kapazitätsreserve “ begrüßten die Betreiberkonzerne ausdrücklich. Die Pläne riefen Kritik hervor. So sagte die klimapolitische Sprecherin der Grünen Bundestagsfraktion , Annalena Baerbock, im August 2015: „[…]. Wenn sich die EU-Kommission an ihre eigenen Beihilferegeln und klimapolitischen Beschlüsse hält, wird die Harakiri-Aktion der Kohle-Lobby gegen eine geordnete Reduzierung der Kohlekraftwerke der Bundesregierung in Brüssel noch mächtig auf die Füße fallen. Klimapolitisch gibt es wesentlich effizientere und wirksamere Instrumente, wie z.B. CO2-Grenzwerte oder einen CO2-Mindestpreis. Solche Instrumente stellen auch keine illegalen Beihilfen dar.“ LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/10011 2 Zurzeit soll Minister Gabriel mit der EU-Kommission über die Vereinbarkeit des Kapazitätsreserve -Plans mit den EU-Beihilferegeln verhandeln. Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages meldete allerdings Zweifel an der Zulässigkeit des Plans an. Er weist in einem Gutachten darauf hin, dass die Rechtfertigung einer Beihilfe vor dem Hintergrund der nicht vorgesehenen Technologiefreiheit, des Verzichts auf Ausschreibungsverfahren sowie der nicht erkennbaren Bevorzugung CO2-armer Kapazitätsmaßnahmen kaum möglich sei. 1. Welchen politischen Einfluss hat die nordrhein-westfälische Landesregierung in welcher konkreten Form (Bund-Länder Arbeitsgruppen, informelle Treffen etc.) auf die Entscheidung weg von der Klimaabgabe für Kraftwerksbetreiber hin zu dem oben beschriebenen Modell der Kapazitätsreserve genommen? Im Vorfeld der politischen Vereinbarungen der Parteivorsitzenden von CDU, CSU und SPD vom 1. Juli 2015, die auch Entscheidungen zur Überführung von Braunkohlekraftwerksblöcke auf vertraglicher Basis in eine Kapazitätsreserve und deren schrittweise Stilllegung beinhaltet , wurden Gespräche auf politischer Ebene mit der Bundesregierung geführt. An diesen Gesprächen war auch ich beteiligt. Auf fachlicher Ebene haben die üblichen Gespräche in Bund-Länder-Arbeitsgremien bzw. für den Energiewendeprozess eingerichteten Arbeitsgruppen , wie zum Beispiel der „Plattform Strommarkt“, stattgefunden. 2. Würde sich die nordrhein-westfälische Landesregierung auf Bundesebene für ein (zeitweiliges) Aussetzen des „Reserve-Plans“ einsetzen, sollte es zur Eröffnung eines formalen Beihilfeprüfverfahrens durch die EU-Kommission kommen? Die Landesregierung nimmt zu hypothetischen Fragen keine Stellung. 3. Welche konkreten energiepolitischen Konsequenzen würde die nordrheinwestfälische Landesregierung ziehen, sollte der „Reserve-Plan“ tatsächlich als unerlaubte Beihilfe bewertet werden? Siehe Antwort zu Frage 2. 4. Wie begegnet die nordrhein-westfälische Landesregierung dem Vorwurf, dass mit dem „Reserve-Plan“ ein Stillhalteabkommen mit den Braunkohlekonzernen zulasten der Stromkunden eingegangen wird, der einer ambitionierten Klimaschutzpolitik , zu der sich die EU und Deutschland eigentlich verpflichtet haben, entgegensteht ? 5. Wie bewertet die nordrhein-westfälische Landesregierung die Aussage, dass es im Vergleich zur „Reserve-Lösung“ klimapolitisch wesentlich effizientere und wirksamere Instrumente, beispielsweise CO2-Grenzwerte und ein CO2- Mindestpreis, gibt, die zudem auch nicht Gefahr laufen, als illegale Beihilfen bewertet zu werden? Die Fragen 4 und 5 werden nachfolgend zusammen beantwortet: Die Landesregierung unterstützt die Bundesregierung in ihrem Anliegen, die Treibhausgasemissionen bis 2020 um 40 Prozent gegenüber 1990 zu senken. In ihrem Beschluss vom 3. Dezember 2014 zum Aktionsprogramm Klimaschutz 2020 geht die Bundesregierung da- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/10011 3 von aus, dass zur Erreichung dieses Ziels eine Emissionsminderung um 22 Mio. t im Bereich der Energiewirtschaft notwendig ist. Dieses Minderungsziel gilt es zu erreichen und gleichzeitig die Balance des energiepolitischen Zieldreiecks zu wahren. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/10011