LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/10021 20.10.2015 Datum des Originals: 19.10.2015/Ausgegeben: 23.10.2015 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3890 vom 21. September 2015 der Abgeordneten Angela Freimuth und Christof Rasche FDP Drucksache 16/9779 Wie lange müssen Autofahrer noch unter den Geschwindigkeitsbegrenzungen aufgrund von sanierungsbedürftigen Betonschutzwänden leiden? Der Minister für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr hat die Kleine Anfrage 3890 mit Schreiben vom 19. Oktober 2015 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage An Autobahnen und mehrspurigen Bundesstraßen in Nordrhein-Westfalen werden auf einer Länge von rund 900 Kilometern Betonschutzwände aus sogenanntem Ortbeton, die vor Ort gegossen werden, eingesetzt. Sie werden im Unterschied zu Stahlkonstruktionen an Stellen im Straßennetz aufgestellt, wo wenig Platz ist oder wo Pfosten für Stahlschutzplanken nicht in den Boden gerammt werden können. Obwohl die Betonschutzwände eigentlich 25 Jahre und länger halten sollen, treten bereits nach acht Jahren an immer mehr Stellen Risse auf, so dass die Wände nicht mehr durchbruchsicher sind. Um Verkehrsgefährdungen auszuschließen, wird auf den betroffenen Autobahnabschnitten die Geschwindigkeit für PKW auf 100 Stundenkilometer und für LKW auf 60 Stundenkilometer heruntergesetzt. Zudem gilt für die LKW ein Überholverbot. Von den Einschränkungen betroffen sind derzeit zum Beispiel die A 4 zwischen dem Autobahnkreuz Olpe-Süd und der Anschlussstelle Eckenhagen, die A 45 bei Lüdenscheid sowie die A 45 zwischen den Anschlussstellen Wilnsdorf und Haiger/Burbach. Zwar werden seit geraumer Zeit mit der Industrie und der Bundesanstalt für Straßenwesen Gespräche über ein Sanierungskonzept geführt, Lösungen für neue Wände wurden offenkundig aber noch nicht entwickelt. Es werden keine Aufträge für den Bau von weiteren Betonschutzwänden aus Ortbeton erteilt, sondern stattdessen vorproduzierte Betonfertigteile LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/10021 2 oder Stahlschutzplanken aufgestellt. Derweil nimmt mit zunehmender Dauer der Geschwindigkeitsbegrenzungen bei den Autofahrern das Verständnis für die Maßnahme ab. 1. An welchen Abschnitten von Autobahnen und mehrspurigen Bundesstraßen in Nordrhein-Westfalen sind die eingesetzten Ortbetonschutzwände so marode, dass Geschwindigkeitsbegrenzungen vorgenommen werden mussten? An folgenden Abschnitten von Autobahnen und mehrspurigen Bundesstraßen in NordrheinWestfalen sind aufgrund des festgestellten Zustandes der Ortbetonschutzwände zurzeit Verkehrsbeschränkungen in Form von Geschwindigkeitsbeschränkungen und LKWÜberholverboten angeordnet: A 1 bei Bad Münstereifel-Mechernich auf einer Länge von 5,5 km am Mittelstreifen in beiden Fahrtrichtungen A 3 Autobahndreieck Ratingen-Ost in der Ausfahrt auf einer Länge von 500 Metern ; rechter Fahrbahnrand A 4 zwischen dem Autobahnkreuz Olpe-Süd und der Anschlussstelle Eckenhagen am Mittelstreifen in beiden Fahrtrichtungen auf einer Länge von neun Kilometern A 45 bei Lüdenscheid am Fahrbahnrand in Fahrtrichtung Dortmund auf einer Länge von 500 Metern A 45 zwischen der Anschlussstelle Wilnsdorf und der Anschlussstelle Haiger /Burbach am Mittelstreifen in beiden Fahrtrichtungen auf einer Länge von 2,5 Kilometern A 45 südlich der Anschlussstelle Wilnsdorf am Fahrbahnrand Fahrtrichtung Dortmund auf einer Länge von 700 Metern A 61 bei Weilerswist auf einer Länge von 300 m in Fahrtrichtung Koblenz am rechten Fahrbahnrand A 565 Anschlussstelle Bonn-Zentrum/Anschlussstelle Bonn-Tannenbusch am Mittelstreifen in beiden Fahrtrichtungen auf einer Länge von 500 m B 65 in Minden zwischen der L 764 und der B 61 (Weserbrücke) am Fahrbahnaußenrand in beiden Fahrtrichtungen auf einer Länge von 700 m B 65 in Minden im Kreuzungsbereich mit der B 61 im Seitentrennstreifen in beiden Fahrtrichtungen auf einer Länge von 700 m 2. Wie erklärt sich die Landesregierung, dass Betonschutzwände, die eigentlich 25 Jahre und länger halten sollen, bereits nach acht Jahren sanierungsbedürftig sind? Betonschutzwände aus Ortbeton wurden nach dem Stand der Technik gemäß den Vorgaben der „Zusätzlichen Technischen Vertragsbedingungen und Richtlinien für passive Schutzeinrichtungen Ausgabe 1998 (ZTV PS 98)“ errichtet. Um eine möglichst kontrollierbare Rissbildung zu erreichen, wurden in Ortbetonschutzwände sogenannte Scheinfugen im Abstand von 5 bis 6 m geschnitten. An diesen Stellen sollen die Spannungen im Beton durch Rissbildung planmäßig ausgeglichen werden. Um ein Eindringen von Wasser und damit die Korrosion der Stahlbewehrung zu verhindern, wurden die Scheinfugen mit elastischem Fugenmaterial ausgefüllt. Vornehmlich an diesen Scheinfugenverfüllungen wurden undichte Stellen beobachtet mit der Folge, dass eingedrungenes Wasser zu Stahlkorrosion geführt hat. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/10021 3 3. Welches Konzept hat die Landesregierung, um die Ortbetonschutzwände an Autobahnen und mehrspurigen Bundesstraßen in Nordrhein-Westfalen zu sanieren bzw. durch andere Schutzwände etwa aus Stahl zu ersetzen? Durch den Landesbetrieb Straßenbau Nordrhein-Westfalen wird in Abhängigkeit vom Alter und Zustand der Ortbetonschutzwände folgendes Konzept umgesetzt: a. Die sogenannte Sanierungslösung für Betonschutzwände aus Ortbeton wurde in Anprallprüfungen positiv geprüft und im Rahmen einer Pilotmontage auf der A 43 bei Dülmen im Juni 2015 erfolgreich installiert. Die Niederlassungen des Landesbetriebs Straßenbau sind beauftragt, die geschädigten Betonschutzwände aus Ortbeton, für die die Sanierungslösung geeignet ist, zu sanieren. Dabei werden die Strecken mit angeordneten Verkehrsbeschränkungen vorgezogen . b. Für geschädigte Ortbetonschutzwände, die zusätzlich zahlreiche unplanmäßige Risse (Risse außerhalb von Scheinfugen) aufweisen, ist die Sanierungslösung nicht anwendbar. Hier sind die Niederlassungen des Landesbetriebs Straßenbau beauftragt, den Abriss und Neubau zu planen. Auch in diesen Fällen werden die Strecken mit angeordneten Verkehrsbeschränkungen vorgezogen . c. Bei einigen Ortbetonschutzwänden mit geschädigten Scheinfugenverfüllungen wurde festgestellt, dass die Stahlbewehrung noch komplett intakt ist. Hier werden nur die defekten Scheinfugenverfüllungen erneuert. So wird die Funktion als Schutzeinrichtung für zunächst mindestens weitere 8 Jahre sichergestellt . d. In jedem Einzelfall wird zusätzlich geprüft, ob die Herstellerfirmen in Regress genommen werden können. e. Alle bisher nicht betroffenen Ortbetonschutzwände werden weiterhin regelmäßig auf Schäden überprüft. 4. Wann wird die Sanierung der Ortbetonschutzwände bzw. ihr Ersatz durch neue Schutzwände abgeschlossen sein, so dass die Geschwindigkeitsbegrenzungen wieder aufgehoben werden können? Die erforderlichen Maßnahmen an den Strecken mit angeordneten Verkehrsbeschränkungen werden vorgezogen (vgl. Antwort zu Frage 3.). Jeweils sofort nach Abschluss einer Maßnahme werden die Verkehrsbeschränkungen aufgehoben. Nach derzeitigem Kenntnisstand werden die Maßnahmen an den Autobahnstrecken mit angeordneten Verkehrsbeschränkungen vsl. bis Ende 2016 abgeschlossen sein. Die Maßnahmen auf der B 65 bei Minden werden vsl. bis Ende 2017 umgesetzt. 5. Welche Kosten sind für die Sanierung bzw. den Ersatz sämtlicher Ortbetonschutzwände an Autobahnen und mehrspurigen Bundesstraßen in NordrheinWestfalen zu veranschlagen? Die Gesamtkosten können noch nicht beziffert werden, da noch nicht in jedem Fall feststeht, ob saniert werden kann oder ein Abriss und Neubau erfolgen muss. Darüber hinaus ist zu LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/10021 4 erwarten, dass bei den weiterhin regelmäßig stattfindenden Überprüfungen von bisher nicht erkennbar geschädigten Ortbetonschutzwänden zusätzliche Maßnahmen erforderlich werden . Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/10021