LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/10050 26.10.2015 Datum des Originals: 22.10.2015/Ausgegeben: 29.10.2015 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3866 vom 10. September 2015 des Abgeordneten André Kuper CDU Drucksache 16/9728 Flüchtlingskostenpauschale in Nordrhein-Westfalen – Unbestrittene Anhebung von 7.500 auf 12.500 Euro pro Flüchtling pro Jahr notwendig? Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 3866 mit Schreiben vom 22. Oktober 2015 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Finanzminister beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Landesregierung hat angekündigt mit der Veränderung der sog. Stichtagsregelungen Verbesserungen bei der Flüchtlingskostenpauschale in Nordrhein-Westfalen zu erreichen. Bislang zahlte das Land an die Kommunen eine Pauschale von rund 7.500 Euro pro Flüchtling – auf Basis der Flüchtlingszahlen zum 01.01. des Vorjahres. Das sorgt in diesem Jahr bislang dafür, dass effektiv eine Pauschalzahlung von nur gut 3.800 Euro an die Kommunen gezahlt wird, wenn anstatt der 28.380 Flüchtlinge zum 01.01.2014 tatsächlich bereits rund doppelt so viele Flüchtlinge von den Kommunen zu versorgen sind. Darüber hinaus evaluiert das Ministerium mit den kommunalen Spitzenverbänden die aktuelle Ausgabenlast der Kommunen für die Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen. In die Debatte um die Auskömmlichkeit der nordrhein-westfälischen Flüchtlingspauschale hat nun der Finanzminister eine klare Aussage getätigt: „Wenn man mit 800.000 Flüchtlingen in diesem Jahr rechnet und ziemlich unbestritten mit einem Flüchtling rund 12.500 Euro an Finanzbedarf verbunden sind, dann kann man einfach multiplizieren, und Sie sind bei zehn Milliarden", sagte NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans am 9. September 2015 im ARD-Morgenmagazin. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/10050 2 1. Wie hoch genau ist die nach dem FlüAG auszuzahlende Flüchtlingspauschale je Flüchtling pro Jahr? Das Flüchtlingsaufnahmegesetz (FlüAG) sieht vor, dass den Gemeinden die Kosten, die ihnen aufgrund der gem. § 1 FlüAG aufgenommenen und unterzubringenden Flüchtlinge entstanden sind, pauschal erstattet werden. Die Höhe des vom Land aufzubringenden Gesamtbetrags der Erstattung hängt aktuell von der Anzahl der zum Stichtag 01.01. des Vorjahres in den Gemeinden anwesenden Personen gem. § 2 FlüAG ab. Die Höhe der Erstattung an die einzelne Gemeinde richtet sich nach dem jeweiligen Zuweisungsschlüssel gem. § 3 Abs. 1 FlüAG. Das FlüAG sieht keine Flüchtlingspauschale je Flüchtling pro Jahr vor. Es handelt sich bei der erfragten Größe lediglich um einen rechnerisch ermittelten Wert, der für Vergleichszwecke gebildet worden ist. Teilt man den im Haushaltsplan veranschlagten Gesamtbetrag für die pauschale Erstattung gem. §§ 4 Abs. 1 und 4b FlüAG durch die Anzahl der zum 01.01. des Vorjahres in den Gemeinden anwesenden Personen gem. § 2 FlüAG erhält man einen pauschalen Geldbetrag für eine am 01.01. anwesende Person des Personenkreises gem. § 2 FlüAG. Für die Jahre 2012 bis 2015 liegen nach dieser Rechnung folgende Werte vor: Zeitraum Wert in € Bemerkungen 2011 5.040 2012 5.707 Erhöhung aufgrund BVerfG-Urteil vom 18.07. 2012 (1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11), anteilig 2013 6.169 Erhöhung aufgrund BVerfG-Urteil vom 18.07. 2012 (1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11), voller Betrag 2014 6.169 2015 7.578 Erhöhung aufgrund Beschluss Kabinett auf Basis des Flüchtlingsgipfels I am 20.10.2014 in Essen 2. Wie wurde die konkrete Höhe der Flüchtlingspauschale pro Flüchtling pro Jahr unter Berücksichtigung welcher Kriterien im Rahmen des FlüAG festgelegt? Im Gesetz zur Änderung des FlüAG vom 15. Februar 2005 wurde erstmals das heute bekannte System der Berechnung der Pauschalen angewandt. Zu den näheren Berechnungsparametern verweise ich auf die Gesetzesbegründung zur Nr. 4 des Gesetzentwurfs der Landesregierung vom 15.11.2004 (LT-Drs. 13/6224). Im Laufe der Jahre wurde diese aufgrund der durch die Kommunen geltend gemachten steigenden Kosten vielfach angehoben. Bei der Ermittlung der Höhe der pauschalen Erstattung in den Folgejahren wurde jeweils die Anzahl der Personen in den Kommunen, die § 2 FlüAG zugerechnet werden können, herangezogen. Zudem wurde den Kommunen ab 2012 eine pauschalierte Sonderzahlung durch das Land aufgrund des Urteils des BVerfG vom 18.07.2012 gewährt. Diese betrug im Jahr 2012 genau 7,15 Mio. €. Aufgrund steigender Flüchtlingszahlen wurde diese entsprechend der prozentualen Steigerung der Flüchtlingszahlen in den Folgejahren auf 14,4 Mio. €, 20,405 Mio. €, 32,030 Mio. € angehoben. Die Gewährung der pauschalierten Sonderzahlung erhöhte den rechnerischen Wert „Flüchtlingspauschale pro Flüchtling pro Jahr“ einmalig. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/10050 3 3. Der Innenminister erklärte vor Pressevertretern, dass Nordrhein-Westfalen eine Pauschale von 7.568 Euro je Flüchtling zahle. Wie beurteilt die Landesregierung die Auskömmlichkeit der Erstattung dieser Pauschale angesichts der Aussage des Finanzministers, dass ziemlich unbestritten mit einem Flüchtling rund 12.500 Euro an Finanzbedarf verbunden seien? 4. Wie beurteilt die Landesregierung eine mögliche Aufstockung der Flüchtlingspauschale auf 12.500 Euro angesichts des „unbestrittenen Finanzbedarfs von 12.500 Euro pro Jahr“ je Flüchtling? 5. Wie beurteilt die Landesregierung, angesichts der Aussage des Finanzministers zum unbestrittenen Finanzbedarf je Flüchtling, die weitere Notwendigkeit gemeinsam mit den kommunalen Spitzenverbänden die Ausgabenbelastung der Kommunen durch Asylbewerber bis zum Ende des Jahres zu evaluieren? Hinsichtlich der Berechnung der Pauschale pro Flüchtling und Jahr in Höhe von 7.578 € verweise ich auf die Antwort zu Frage 1. Die in 2015 gem. § 4 Abs. 4 FlüAG zur Verfügung gestellte Pauschale in Höhe von 432.198.300 Euro geteilt durch die zum Stichtag 01.01.2015 in den Kommunen anwesenden 57.030 Personen gem. § 2 FlüAG ergeben eine Pauschale pro Person in Höhe von rund 7.578 Euro. Mit Blick auf den im Rahmen des Flüchtlingsgipfels am 24.09.2015 gefassten Beschluss sind die Landesregierung und die Kommunalen Spitzenverbände übereingekommen, eine grundsätzliche Verständigung über die Aufteilung der Flüchtlingskosten zu erzielen. Vor diesem Hintergrund finden hierzu aktuell Gespräche mit den kommunalen Spitzenverbänden statt, mit dem Ziel der Erarbeitung eines einvernehmlichen Eckpunktepapiers zur Neustrukturierung des FlüAG. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/10050