LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/10112 28.10.2015 Datum des Originals: 27.10.2015/Ausgegeben: 02.11.2015 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3888 vom 15. September 2015 des Abgeordneten Jens-Peter Nettekoven CDU Drucksache 16/9773 Umgang mit Flüchtlingen in der Stadt Remscheid – Fallen Worte und das reale Verwaltungshandeln der Bezirksregierung in der Flüchtlingspolitik auseinander? Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 3888 mit Schreiben vom 27. Oktober 2015 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Stadt Remscheid hat die Bezirksregierung Arnsberg wegen eines überstürzten Umzugs von Flüchtlingen scharf kritisiert. Binnen einer Stunde hätten die in einer Notunterkunft lebenden 142 Flüchtlinge am Donnerstagabend, 3. September 2015, auf Weisung der Bezirksregierung Arnsberg reisefertig sein müssen, erklärte der Remscheider Oberbürgermeister. Die Flüchtlinge hätten keine Zeit gehabt, sich auf den Umzug vorzubereiten und hätten innerhalb kürzester Zeit packen müssen, ohne zu wissen, wohin es gehe. Der Remscheider Oberbürgermeister nannte den Vorgang „beschämend“. Es habe auch keine Zeit fürs Abschiednehmen gegeben. Das wichtige Engagement der Ehrenamtlichen sei durch das Handeln der Bezirksregierung mit Füßen getreten worden. Die Flüchtlinge wurden anschließend auf vier andere Städte verteilt. Die Unterkunft in Remscheid musste geräumt werden, um für 119 neu ankommende Flüchtlinge Platz zu schaffen. Die Bezirksregierung bedauerte anschließend die Kurzfristigkeit des Umzugs der Flüchtlinge in Remscheid. Die Verlegung sei unvermeidlich gewesen. Der im Ablauf problematische Transfer würde für die betroffenen Asylbewerber jedoch auch bedeuten, so die Bezirksregierung, dass sie die nächsten erforderlichen verwaltungstechnischen Schritte für die Stellung ihres Asylantrages von ihren jetzigen Unterbringungseinrichtungen aus erledigen können. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/10112 2 Die Umverteilung sei jedoch letztlich unumgänglich gewesen. Vor dem Hintergrund der derzeitigen Zugangszahlen von mehr als 7000 Asylbewerbern in der Woche (36. KW) seien die Erstaufnahmeeinrichtungen in Dortmund, Bielefeld, Unna-Massen, Bad Berleburg und Burbach so extrem belastet, dass permanent neue Kapazitäten geschaffen werden. Dies sei unvermeidlich, um diese Menschen nicht in die Obdachlosigkeit zu entlassen. Vorbemerkung der Landesregierung Der Landesregierung ist bewusst, dass viele Menschen in NRW mit hohem Engagement daran arbeiten, den Flüchtlingen jeden Tag aufs Neue Unterkunft und Versorgung zu sichern. Diesen Menschen - und dazu gehören die Ehrenamtlichen in den Hilfsorganisationen und auch die engagierten Bürgerinnen und Bürger vor Ort - gebühren die Anerkennung und der große Dank der Landesregierung. Die Landesregierung begrüßt und unterstützt jede Form von bürgerschaftlichem Engagement, insbesondere das derzeit sehr hohe Engagement im Rahmen der Flüchtlingsunterbringung und -betreuung. Der vorliegende Umzug der Flüchtlinge wurde bedauerlicherweise kurzfristig notwendig, um somit sowohl die Überbelegungen der Erstaufnahmeeinrichtungen (EAE) Burbach und Bielefeld abzubauen als auch auf die NRW-weit gestiegenen Zugangszahlen angemessen reagieren zu können. 1. Wie konkret waren die zeitlichen Abläufe bei der überstürzten Umzugsaufforderung in Remscheid am 3. September 2015? 2. Zu welchem Zeitpunkt war der Bezirksregierung die Notwendigkeit des Umzugs der 142 Flüchtlinge in der Notunterkunft in Remscheid bekannt? Eine Mitarbeiterin der Stadt Remscheid wurde am 3. September 2015 gegen 15:30 Uhr telefonisch über die Verlegung der 142 Flüchtlinge informiert. Der Bezirksregierung Arnsberg war die Notwendigkeit der Maßnahme erst unmittelbar vor diesem ersten Telefonat bekannt. Zwar wurde bereits am Vortag ein Abbau der Überbelegung der EAE Burbach und Bielefeld durch das Ministerium für Inneres und Kommunales NRW für den 03.09.2015 angeordnet, doch lagen erst gegen 13:00 Uhr alle für die Transferplanung des laufenden Tages benötigten Informationen und Meldungen vor. Somit konnte erst ab 13:00 Uhr mit der eigentlichen Transferplanung begonnen werden, bei der an diesem Tag neben dem Abbau der Überbelegung in Burbach und Bielefeld ebenso die NRW-weit gestiegenen Zugangszahlen berücksichtigt werden musste, um für diesen und die folgenden Tage die Verhinderung von Obdachlosigkeit zu gewährleisten. Die Stadt Remscheid wurde somit unmittelbar bei Bekanntwerden der Notwendigkeit der Maßnahme informiert. Dabei wurde ständig telefonisch Kontakt seitens der Koordinationsstelle mit der Mitarbeiterin gehalten, um Einzelheiten zu klären und im Umgang mit besonderen Einzelschicksalen zu beraten (u. a. Minderjähriger mit nichtverwandten Begleitpersonen, Frau mit Schwangerschaftsabbruch). Es wurde von Seiten der Stadt lediglich eine Problematik in der Herrichtung der Zimmer für die für 20:00 Uhr neu angekündigten Flüchtlinge kommuniziert. 3. In welcher Form wurde die Stadt Remscheid über den Vorgang informiert? Die Stadt Remscheid wurde telefonisch über die Maßnahme informiert, um einen schnellst möglichen Informationsfluss zu gewährleisten. Siehe auch die Beantwortung zu Frage 1 und 2. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/10112 3 4. Wie beurteilt die Landesregierung das grundsätzliche Vorgehen der Bezirksregierung in Remscheid vor dem Hintergrund des großen Engagements von Verwaltung und Ehrenamt für die schutzsuchenden Menschen? Vor dem Hintergrund der bereits in der Antwort zu Frage 1 und 2 geschilderten Umstände war das Vorgehen der Bezirksregierung Arnsberg im Hinblick auf kurzfristige Transfers nicht zu beanstanden. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung verwiesen. 5. Wie kann zukünftig, bei allen bekannten Schwierigkeiten der Unterbringungssituation in Nordrhein-Westfalen, dennoch ein besserer Umgang mit den Flüchtlingen bei ähnlichen Vorgängen erreicht werden? Kurzfristige Transfers lassen sich bedauerlicherweise angesichts unvorhersehbarer Flüchtlingsströme nicht immer vermeiden. Oft ist es nur durch diese möglich, auf die täglich steigenden Zugangszahlen in NRW zu reagieren. Dennoch setzen die Beteiligten alles Machbare daran, Transfers mit entsprechend angemessener Vorlaufzeit durchzuführen, auch wenn dieses im Rahmen des Krisenmanagements leider nicht immer möglich ist. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/10112