LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/10129 03.11.2015 Datum des Originals: 03.11.2015/Ausgegeben: 06.11.2015 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3906 vom 24. September 2015 der Abgeordneten Serap Güler und Petra Vogt CDU Drucksache 16/9853 Zuwanderer aus Südosteuropa: Kennt die Landesregierung die Integrationswirklichkeit besser als der Oberbürgermeister von Duisburg? Der Minister für Arbeit, Integration und Soziales hat die Kleine Anfrage 3905 mit Schreiben vom 3. November 2015 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Am 16. September 2015 hat sich der Integrationsausschuss des Landtags NordrheinWestfalen unter TOP 2 intensiv mit den Fördermaßnahmen des Landes Nordrhein-Westfalen zur Unterstützung der von Zuwanderung aus Südosteuropa besonders betroffenen Kommunen befasst. Die Grundlage dafür bildete ein Bericht der Landesregierung zu diesem Thema (Vorlage 16/3200). Am gleichen Tag äußerte sich im Rahmen einer Veranstaltung der SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag der Oberbürgermeister der Stadt Duisburg, Sören Link, wie folgt zur Zuwanderung aus Südosteuropa: „Ich hätte gerne das Doppelte an Syrern, wenn ich dafür ein paar Osteuropäer abgeben könnte“. In weiten Teilen der Öffentlichkeit und der Medien ist Oberbürgermister Link für diese Unterteilung von Zugewanderten erster und zweiter Klasse scharf kritisiert worden. Eine Positionierung der Landesregierung Nordrhein-Westfalen zu dieser Äußerung ist dagegen nicht bekannt geworden. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/10129 2 1. Teilt die Landesregierung die Einschätzung des Zentral-rats der Sinti und Roma in Deutschland, die Aussage des Oberbürgermeisters der Stadt Duisburg: „Ich hätte gerne das Doppelte an Syrern, wenn ich dafür ein paar Osteuropäer abgeben könnte“, sei „rassistisch und dafür geeignet, Hass gegen Flüchtlinge aus den Westbalkanstaaten zu schüren“? Nein. Mit seiner öffentlich abgegebenen Entschuldigung hat der Oberbürgermeister der Stadt Duisburg Sören Link deutlich gemacht, dass er niemanden persönlich treffen, sondern auf eine zusätzliche Belastung durch die Zuwanderung aus Südosteuropa für die Ruhrgebietsstadt aufmerksam machen wollte. 2. Wie bewertet die Landesregierung die Aussage des Oberbürgermeisters der Stadt Duisburg, Sören Link, dass die 12.500 Zuwanderer aus Rumänien und Bulgarien „zumeist ohne Arbeit und Deutschkenntnissen seien“ (gemäß Westdeutsche Allgemeine Zeitung vom 17.09.2015)? Die Landesregierung nimmt die Einschätzung des Oberbürgermeisters der Stadt Duisburg zur Arbeitsmarktsituation der Zugewanderten aus Rumänien und Bulgarien ernst. Aktuell werden daher die Möglichkeiten der Fortsetzung des ESF-finanzierten Arbeitsmarktprojekts „Unser Haus Europa“ für Duisburg und andere betroffene Städte geprüft. 3. Wie passt die Aussage des Oberbürgermeisters der Stadt Duisburg über die geringe Arbeitsmarktintegration zur Auffassung der Landesregierung, die Erwerbsquote der bulgarischen und rumänischen Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter in Deutschland betrage „von 81 bis 86 Prozent“ (Vorlage 16/3200 vom 11.09.2015, S. 5)? 4. Was sind die Gründe dafür, dass abweichend vom Bundestrend in Duisburg (33,3 %) und Dortmund (26 %) die Arbeitslosenquoten unter den Bulgaren und Rumänen im Juni 2015 besonders hoch waren? Die Fragen 3 und 4 werden zusammen beantwortet. Wie im Bericht „Fördermaßnahmen des Landes Nordrhein-Westfalen zur Unterstützung der von Zuwanderung aus Südosteuropa besonders betroffenen Kommunen“ (Vorlage 16/3200) dargestellt, weichen die Bundeswerte – sowohl hinsichtlich der Erwerbsquote wie auch der Arbeitslosenquote – von den Werten in einzelnen Kommunen ab. Grundsätzlich erfolgt die Zuwanderung aus Rumänien und Bulgarien nach Deutschland in Beschäftigung, wie die vom Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung geschätzte Erwerbsquote in Höhe von 79 bis 84 % (IAB, September 2015) bezogen auf das Bundesgebiet zeigt. Die Situation auf lokaler Ebene, mit gegebenenfalls einer anderen Struktur des Arbeitsmarkts und der Zugewanderten, kann aber davon abweichen. Grund für die Divergenz zwischen den Bundeswerten und den Werten in Dortmund und Duisburg ist dementsprechend die regionale Arbeits-marktlage und die Konzentration der Zuwanderung auf diese Städte. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/10129 3 Die Landesregierung und die regionalen Arbeitsmarktakteure tragen der heterogenen Lage auf kommunaler Ebene mit speziellen Fördermaß-nahmen zur Unterstützung der von Zuwanderung aus Südosteuropa besonders betroffenen Kommunen Rechnung. 5. Welche konkreten Ansätze verfolgt die Landes-regierung, um die von Minister Schneider in der Sitzung des Integrationsausschusses als „unzureichend“ bewertete Breitenwirkung der bisherigen Fördermaßnahmen zu erhöhen? (Bitte für die einzelnen im Projekt aufgeführten Maßnahmen gesondert aufführen.) Die Aussage von Minister Schneider bezog sich nicht auf das Maßnahmepaket der Landesregierung insgesamt. Im Bereich der „Breitenwirksamkeit“ der ESF-finanzierten Arbeitsmarktprojekte für zugewanderte Rumänen und Bulgaren ist beispielsweise festzustellen, dass die gezählten Aktivierungen (wie Kompetenzfeststellung, Alphabetisierung, Sprachvermittlung oder Qualifizierung) im 2. Quartal 2015 von 832 (1. Quartal 2015) auf 977 pro Quartal gestiegen sind. Insgesamt konnten durch die Projekte seit Beginn der Laufzeit zwischenzeitlich 3.606 Aktivierungen erreicht werden. Die Summe der umfassenden Beratungen in den Pilotprojekten liegt mittlerweile bei 24.558. Die weitere Entwicklung bis zum Ende der Laufzeit der Pilotprojekte bleibt abzuwarten. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/10129