LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/10219 13.11.2015 Datum des Originals: 12.11.2015/Ausgegeben: 18.11.2015 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3937 vom 6. Oktober 2015 der Abgeordneten Ina Scharrenbach CDU Drucksache 16/9942 Unterschiedliche Anerkennungsmöglichkeiten als Prüfingenieur im Rahmen des europäischen Qualifikationsrahmens für Kfz-Meister Der Minister für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr hat Kleine Anfrage 3937 mit Schreiben vom 12. November 2015 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk und dem Minister für Arbeit, Integration und Soziales beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage In Deutschland gibt es zwei Möglichkeiten, eine Hauptuntersuchung nach § 29 StVZO durchführen zu lassen: Zum einen an technischen Prüfstellen (im Westen Deutschlands „TÜV“) und zum anderen bei einer sogenannten Überwachungsorganisation (GTÜ, KÜS, DEKRA etc.). Im Westen Deutschlands können an technischen Prüfstellen „amtlich anerkannte Prüfer mit Teilbefugnis (Kfz-Meister) (aaP (mT)“ nur die Hauptuntersuchung nach § 29 StVZO durchführen; „amtlich anerkannte Prüfer (staatlich geprüfte Techniker / aaP)“ dürfen zusätzlich die Fahrerlaubnis und Änderungsabnahmen gemäß § 19 Absatz 3 StVZO durchführen; „amtlich anerkannte Sachverständige mit Teilbefugnis (Ingenieur/Bachelor FH) dürfen zusätzlich Prüfungen nach § 19 Absatz 2 StVZO durchführen; zusätzlich gibt es für den gesamten Personenkreis Ausbildungen im Bereich Bau und Betrieb von Kraftfahrzeugen, Tätigkeiten des Sachverständigen und Straßenverkehrsrecht; LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/10219 2 Bei Überwachungsorganisationen können Prüfingenieure (PI) als Ingenieur/Bachelor (universitär oder Fachhochschule) die Hauptuntersuchung nach § 29 StVZO und Änderungsabnahmen nach § 19 Absatz 3 StVZO durchführen. Die Prüfingenieure dürfen dies sowohl in den Prüfstellen der Überwachungsorganisationen als auch in Werkstätten durchführen. Zusätzlich gibt es auch für die Prüfingenieure die Ausbildungen im Bereich Bau und Betrieb von Kraftfahrzeugen, Tätigkeiten des Sachverständigen und des Straßenverkehrsrechtes. Kurzum: Jemand der an einer technischen Prüfstelle als „amtlich anerkannte Prüfer mit Teilbefugnis“ beschäftigt ist, darf nach heutiger Gesetzeslage nicht bei einer Überwachungsorganisation als Prüfingenieur anerkannt werden, obwohl er zum großen Teil die gleichen Tätigkeiten ausüben würde. Die Zuständigkeit hierfür liegt beim Ministerium für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen. Beim TÜV Nord (ehemals RWTÜV) hat es bereits behördlich genehmigte Ausnahmen gegeben. Mehrere „amtlich anerkannte Prüfer mit Teilbefugnis (aaP mt) mit Eingangsberuf „Kfz-Meister“ wurden ohne weitere berufliche Vorqualifikation zum „amtlich anerkannten Prüfer (aaP)“ oder sogar zum „amtlich anerkannten Sachverständigen mit Teilbefugnis (aaS mT)“ weitergebildet. Gemäß des Europäischen Qualifikationsrahmens sind der deutsche Meister und ein Bachelor-Abschluss auf der „gleichen Höhe“. Dadurch dass der TÜV in einigen Regionen kaum noch technische Prüfstellen unterhält, wäre eine Beschäftigungsmöglichkeit von KfzMeistern bei Überwachungsorganisationen wünschenswert, um Lücken in der Überwachung von Kraftfahrzeugen zu vermeiden. Hierzu gäbe es zwei mögliche Lösungsansätze: 1. Anerkennung von Kfz-Meistern und „amtlich anerkannten Prüfern mit Teilbefugnis“ als Prüfingenieure im Rahmen einer Ausnahmeregelung aufgrund der Ausbildung und der bisherigen Berufserfahrung mit beispielsweise Beschränkung der Tätigkeiten auf die Durchführung des § 29 StVZO und/oder Beschränkung des Prüfortes auf die Prüfstelle. Ferner könnte durch entsprechende Regelungen sichergestellt werden, dass die Arbeit unter Aufsicht eines Prüfingenieurs (mindestens Bachelor/Ingenieur FH) analog der Tätigkeiten eines „aaP (mT)“ an der technischen Prüfstellen stattfindet. 2. Eine Zulassung zur Prüfung als Prüfingenieur aufgrund der gleichen Ausbildungshöhe und bei deren Bestehen anschließende Betrauung als vollwertiger Prüfingenieur. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/10219 3 Vorbemerkung der Landesregierung Die Zuständigkeit für die Durchführung der periodischen Fahrzeugüberwachung (Hauptuntersuchung - HU) in Deutschland ist in Nr. 3.1.1 der Anlage VIII der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) geregelt. Zuständig sind danach die amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfer (aaSoP). Bei den Technischen Prüfstellen nach dem Kraftfahrsachverständigengesetz (KfSachvG) ist dies der aaPmT = Meister mit tätigkeitsbezogener Zusatzausbildung, staatlicher Prüfung und amtlicher Anerkennung, aaP = Ingenieur (Dipl., Bachelor) oder aaPmT mit Ausnahmegenehmigung, tätigkeitsbezogener Zusatzausbildung, staatlicher Prüfung und amtlicher Anerkennung, aaSmT = Ingenieur (Dipl., Bachelor) mit tätigkeitsbezogener Zusatzausbildung, staatlicher Prüfung und amtlicher Anerkennung, aaS = Ingenieur (Dipl., Master) oder aaSmT mit Ausnahmegenehmigung, tätigkeitsbezogener Zusatzausbildung, staatlicher Prüfung und amtlicher Anerkennung Für die auf der Grundlage der Anlage VIIIb der StVZO amtlich anerkannten Überwachungsorganisationen sind dagegen Prüfingenieure PI = Ingenieur (Dipl., Bachelor, Master) tätig. Nummer 4.1 der Anlage VIII der StVZO bestimmt darüber hinaus, dass die Hauptuntersuchungen der aaSoP der Technischen Prüfstellen in der Regel in deren Prüfstellen und die Hauptuntersuchungen der amtlich anerkannten Überwachungsorganisationen in der Regel in Prüfstützpunkten (Kfz Werkstätten) durchgeführt werden. Die aaPmT der Technischen Prüfstellen in Nordrhein-Westfalen untersuchen die Fahrzeuge ausschließlich in den Prüfstellen der TP. Auch die amtlich anerkannten Überwachungsorganisationen unterhalten Prüfstellen. Diese sind aber nicht zu verwechseln mit den Prüfstellen der Technischen Prüfstelle im Sinne des KfSachVG, deren Ausstattung (personell und materiell) eine andere ist, da dort auch höherwertige Prüfungen (§§ 9 Abs. 2 und § 21 StVZO, Fahrerlaubnisprüfungen) durchgeführt werden. Diese Prüfstellen werden i.d.R. von einem aaS / aaSmT geleitet. In Nordrhein-Westfalen sind der TÜV Nord und der TÜV Rheinland mit der Bildung und dem Unterhalt der Technischen Prüfstelle in einem jeweils eng beschriebenen Zuständigkeitsbereich beauftragt worden. Als Überwachungsorganisationen sind in Nordrhein-Westfalen die DEKRA, GTÜ, KÜS, FSP, VÜK, TÜV Süd Autopartner, TÜV Nord, TÜV Rheinland und der TÜV Hessen amtlich anerkannt worden. 1. Wie beurteilt die Landesregierung die genannten Lösungsvorschläge? 2. Welche rechtlichen Handlungsoptionen sieht die Landesregierung über die genannten Lösungsvorschläge hinaus? 3. Wie will die Landesregierung eine Gleichstellung von Kfz-Meistern mit Abschlussinhabern eines Bachelor of Engineering im Rahmen der LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/10219 4 Hauptuntersuchung von Kraftfahrzeugen sicherstellen (Umsetzung des Europäischen Qualifikationsrahmens)? 4. Wann ist mit entsprechenden Regelungen durch die Landesregierung zu rechnen? 5. Wie will die Landesregierung die flächendeckende Versorgung in NordrheinWestfalen mit technischen Prüfstellen sicherstellen? Die Fragen werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet: Die Landesregierung sieht keine Notwendigkeit, die vorgeschlagenen Ansätze zu verfolgen. Die Versorgung mit Untersuchungsstellen, an denen Hauptuntersuchungen nach § 29 StVZO sowie Untersuchungen der Abgase und Sicherheitsprüfungen durchgeführt werden können, ist durch die Vielfalt der möglichen Arten der Untersuchungsstellen gewährleistet. Die flächendeckende Versorgung mit Prüfstellen in Nordrhein-Westfalen ist bereits durch die Technischen Prüfstellen nach dem KfSachVG, mit deren Unterhaltung TÜV Nord und TÜV Rheinland vom Land beauftragt sind, gesichert. Hinzu kommt die Vielzahl an Untersuchungsstellen (in der Regel Kfz-Werkstätten), in denen die Hauptuntersuchung durch Prüfingenieure der amtlich anerkannten Überwachungsorganisationen durchgeführt wird. Hinsichtlich der fachlichen Qualifikation der für die Durchführung der Hauptuntersuchung befugten Personen haben sich Bund und Länder mit Blick auf die anstehende Umsetzung der Richtlinie 2014/45/EU über die regelmäßige technische Überwachung von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern (ABl. L 127 vom 29.04.2014, S. 51) einhellig für die Beibehaltung eines Ingenieurstudiums (Diplom oder Bachelor) als Mindestanforderung ausgesprochen. Sowohl die amtlich anerkannten Überwachungsorganisationen als auch die im Auftrag der Länder tätigen Technischen Prüfstellen unterstützen diese Position. Soweit die Technischen Prüfstellen nach dem KfSachvG noch Meister mit tätigkeitsbezogener Zusatzausbildung und staatlicher Prüfung (aaPmT) einsetzen, geschieht dies in der Regel an einer von einem aaS oder einem aaSmT geleiteten Prüfstelle und damit unter anderen Bedingungen als bei einem Prüfingenieur, der regelmäßig alleine in einem Prüfstützpunkt (Kfz-Werkstatt) tätig ist. Zudem besteht Einigkeit darüber, dass zur Sicherung der anerkannten hohen Qualität der technischen periodischen Überwachung in Deutschland kurz- bis mittelfristig die Möglichkeit zur Anerkennung von KfzMeistern (aaPmT) zur Durchführung der Hauptuntersuchung entfallen wird. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/10219