LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/10286 24.11.2015 Datum des Originals: 24.11.2015/Ausgegeben: 27.11.2015 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3976 vom 16. Oktober 2015 des Abgeordneten Dirk Wedel FDP Drucksache 16/10005 Wieso hat das Finanzministerium die Einstellungsvoraussetzungen für den höheren Dienst in der Finanzverwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen gesenkt? Der Finanzminister hat die Kleine Anfrage 3976 mit Schreiben vom 24. November 2015 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Nachwuchsgewinnung im höheren Dienst ist für die Finanzverwaltung des Landes Nordrhein -Westfalen von besonderer Bedeutung. Eine funktionierende Finanzverwaltung ist auf Dauer nur zu gewährleisten, wenn sich ausreichend gut qualifizierte Bewerber auf die Stellen für künftige Führungskräfte der Finanzverwaltung bewerben. Voraussetzung für eine Einladung zum eintägigen Auswahlverfahren war bisher, dass Bewerber entweder das zweite juristische Staatsexamen mindestens mit der Note "befriedigend " (7,5 Punkte oder besser) bestanden haben oder die Staatsprüfung für die Befähigung zum höheren, allgemeinen Verwaltungsdienst mit der Note "befriedigend" (8,7 Punkte oder besser) abgelegt haben. Ein aktueller Blick auf die Homepage des Finanzministeriums verrät, dass die erforderliche Mindestnote für die Einladung zum eintägigen Auswahlverfahren auf 7,0 Punkte oder besser (zweites juristisches Staatsexamen) bzw. 8,0 Punkte oder besser (Staatsprüfung für die Befähigung zum höheren, allgemeinen Verwaltungsdienst) gesenkt worden ist. Die mit Durchschnittswerten zu begründen versuchte Behauptung des Finanzministers in Drs. 16/7518, Seite 2, dass nur Bewerberinnen und Bewerber mit deutlich überdurchschnittlichem Examen überhaupt eine Chance haben, in das Assessment-Center eingeladen zu werden, ist unzutreffend (vgl. die Geschäftsübersicht über die zweite juristische Staatsprüfung 2014: https://www.justiz.nrw.de/JM/landesjustizpruefungsamt/ statistiken /2_jur/2014.pdf). LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/10286 2 Dem Vernehmen nach sollen sich zuletzt derart wenige ausreichend qualifizierte Bewerber für den höheren Dienst in der Finanzverwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen beworben haben, dass die erforderliche Punktzahl abgesenkt werden musste. Wenn aber die besten Köpfe für den Staatsdienst nicht mehr zu gewinnen sein sollten, ist zu befürchten, dass die Qualität der Finanzverwaltung darunter mittelfristig nachhaltig leidet. Vorbemerkung der Landesregierung Der Finanzverwaltung gelingt es nach wie vor, Führungskräfte mit deutlich überdurchschnittlichen Noten für die Finanzverwaltung zu gewinnen. Sowohl die durchschnittliche Examensnote der Bewerberinnen und Bewerber als auch der eingestellten Führungskräfte hat sich in den vergangenen Jahren kaum verändert. Daher kann von einer mangelhaften Attraktivität der Finanzverwaltung als Arbeitgeber keine Rede sein. 1. Weshalb hat das Finanzministerium die erforderliche Mindestnote für die Einladung zum eintägigen Auswahlverfahren auf 7,0 Punkte oder besser (zweites juristisches Staatsexamen) bzw. 8,0 Punkte oder besser (Staatsprüfung für die Befähigung zum höheren, allgemeinen Verwaltungsdienst) gesenkt? Die Qualität der Noten der Bewerberinnen und Bewerber hat sich nicht verschlechtert. Lediglich die Anzahl der potentiellen Bewerberinnen und Bewerber ist aufgrund des starken Rückgangs der Anzahl der Juraabsolventen (um 23 Prozent im Vergleich der Jahre 2010 und 2014) zurückgegangen. Dadurch ist auch die Anzahl der Bewerberinnen und Bewerber, die die Mindestnote erfüllen, gesunken (von 226 im Jahr 2010 auf 147 im Jahr 2014). Nur aufgrund dieser Tatsache wurde die Mindestnote gesenkt. Dadurch soll eine gleichgroße Auswahl an Kandidatinnen und Kandidaten für das Assessment-Center erhalten bleiben, aus deren Kreis Führungskräfte ausgewählt werden können, die nicht nur die fachliche, sondern auch die soziale Kompetenz mitbringen. Eine solche Absenkung der Mindestnote hat es in der Finanzverwaltung bereits gegeben (auf 7,0 für Juristinnen und Juristen bzw. 8,0 Punkte für Assessorinnen und Assessoren des Verwaltungsdienstes ab April 2009 bis Dezember 2009). 2. Wann hat das Finanzministerium die erforderliche Mindestnote für die Einladung zum eintägigen Auswahlverfahren auf 7,0 Punkte oder besser (zweites juristisches Staatsexamen) bzw. 8,0 Punkte oder besser (Staatsprüfung für die Befähigung zum höheren, allgemeinen Verwaltungsdienst) gesenkt? Die erforderliche Mindestpunktzahl für die Einladung zum eintägigen Auswahlverfahren wurde am 28.09.2015 geringfügig abgesenkt. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/10286 3 3. Wie viele Bewerbungen sind seit 2014 auf Stellen des höheren Dienstes der Finanzverwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen eingegangen (bitte differenziert zwischen 2014 und 2015 sowie im betroffenen Jahr vor und nach dem Stichtag zu Frage 2)? In den Einstellungsjahren 2014 und 2015 ist folgende Anzahl von Bewerbungen1 eingegangen : Jahr 2014 2015 (01.01.2015 - 20.10.2015) Anzahl 147 124 Tabelle 1: Anzahl Bewerbungen 4. Welche Noten wiesen die einzelnen in den letzten fünf Jahren bis heute eingegangen Bewerbungen auf (bitte keine Durchschnittswerte, sondern nach Noten differenziert sowie ab 2014 innerhalb der Note „befriedigend“ der zweiten juristischen Staatsprüfung nach Notenbereichen von 6,50-6,99, 7,00-7,49, 7,50-7,99, 8,00-8,49 und 8,50-8,99 Punkten)? Die eingegangenen Bewerbungen2, die die Zugangsvoraussetzungen erfüllten, wiesen von 2010 bis heute folgende Punktzahlen im zweiten juristischen Staatsexamen auf: Jahr 2010 2011 2012 2013 2014 2015 (bis 20.10.) 6,5-6,99 P. 0 0 0 0 0 0 7,0-7,49 0 23 0 0 0 13 7,5-7,99 75 52 43 48 53 48 8,00-8,49 60 38 36 45 42 32 8,50-8,99 31 18 18 14 19 14 9,00 und mehr 60 46 34 30 33 17 Durchschnittspunktzahl im 2. Staatsexamen der Bewerberinnen und Bewerber 8,46 8,43 8,38 8,44 8,44 8,11 Tabelle 2: Bewerbungen nach Noten 1 Berücksichtigt wurden dabei nur die Bewerbungen, die die Mindestvoraussetzungen zur Teilnahme am Auswahlverfahren erfüllt haben. 2 Darin enthalten ist eine geringfügige Anzahl von Bewerbungen von Assessorinnen und Assessoren, die die Staatsprüfung für die Befähigung zum höheren, allgemeinen Verwaltungsdienst abgelegt haben . Eine Differenzierung ist aus den vorhandenen Daten im Rahmen der für die Antwort auf eine Kleine Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht ermittelbar. 3 Bewerbungen von Schwerbehinderten, die i.R.d. Nachteilsausgleichs lediglich 7,0 Punkte im 2. Staatsexamen nachweisen müssen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/10286 4 Die durchschnittliche Punktzahl der Bewerberinnen und Bewerber ist – abgesehen von minimalen Schwankungen – gleichbleibend hoch. Der Rückgang der absoluten Zahlen erklärt sich durch den beschriebenen Rückgang der Absolventinnen und Absolventen. 5. Welche Noten wiesen die einzelnen eingestellten Bewerber in den letzten fünf Jahren bis heute auf (bitte keine Durchschnittswerte, sondern nach Noten differenziert sowie ab 2014 innerhalb der Note „befriedigend“ der zweiten juristischen Staatsprüfung nach Notenbereichen von 6,50-6,99, 7,00-7,49, 7,50-7,99, 8,00-8,49 und 8,50-8,99 Punkten)? Wie aus Tabelle 3 ersichtlich, gelingt es der Finanzverwaltung weiter, Juristinnen und Juristen mit überdurchschnittlich guten Noten im zweiten Staatsexamen für die Finanzverwaltung zu gewinnen. Die erreichte Punktzahl der eingestellten Bewerberinnen und Bewerber ist weitestgehend stabil. Von einem Abwärtstrend kann keine Rede sein. Die eingestellten Bewerberinnen und Bewerber4 der Einstellungsjahrgänge 2010 bis heute erzielten folgende Punktzahlen im zweiten juristischen Staatsexamen5: Jahr 2010 2011 2012 2013 2014 2015 (bis 20.10.) 6,5-6,99 P. 0 0 0 0 0 0 7,0-7,49 16 15 0 0 0 0 7,5-7,99 1 12 13 6 4 10 8,00-8,49 12 12 9 10 9 11 8,50-8,99 4 6 8 2 1 2 9,00 und mehr 23 14 13 7 5 4 Durchschnittspunktzahl der eingestellten Bewerberinnen und Bewerber im 2. Staatsexamen 8,96 8,61 8,32 8,63 8,65 8,50 Zahl der Einstellungen 41 45 43 25 19 27 Tabelle 3: Einstellungen nach Noten 4 Darin enthalten ist eine geringfügige Anzahl von Assessorinnen und Assessoren, die die Staatsprüfung für die Befähigung zum höheren, allgemeinen Verwaltungsdienst abgelegt haben. Eine Differenzierung ist aus den vorhandenen Daten im Rahmen der für die Antwort auf eine Kleine Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht ermittelbar. 5 Die Anzahl der Einstellungen kann in einem Jahr die Anzahl der Bewerbungen übersteigen, falls es einen Bewerber gibt, der sich bereits im Vorjahr beworben hat, aber im aktuellen Jahr eingestellt wurde . 6 Bewerber/in mit Schwerbehinderung, die/der i.R.d. Nachteilsausgleichs lediglich 7,0 Punkte im 2. Staatsexamen nachweisen muss. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/10286