LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/10316 25.11.2015 Datum des Originals: 25.11.2015/Ausgegeben: 30.11.2015 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3996 vom 22. Oktober 2015 der Abgeordneten Henning Höne und Marc Lürbke FDP Drucksache 16/10039 Ein wichtiges Ziel der Landesregierung ist die Bevölkerung dazu zu bewegen, die „richtigen“ Kommunikationswege zur Polizei und zur Feuerwehr zu benutzen – Was sagt die Landesregierung jedoch dazu, dass das nicht immer möglich ist? Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 3996 mit Schreiben vom 25. November 2015 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Nach dem Jahrhundertregen in Münster im letzten Jahr haben die Einsatzkräfte private Kommunikationswege benutzt, um die Einsätze trotz Überlastung der offiziellen Kommunikationswege erfolgreich koordinieren zu können. Zu diesem Vorgang wurde die Landesregierung umfangreich befragt (Vgl. Drs. 16/6450). In ihrer Antwort darauf erklärte die Landesregierung unter anderem rechtfertigend, dass die Bevölkerung „unter Umständen die Leitungen für wirkliche Notfälle“ (Drs. 16/6644) blockiere. „Ein wichtiges Ziel der Landesregierung [sei], gemeinsam mit den örtlichen Behörden das Wissen der Bevölkerung um das richtige Verhalten in solchen Fällen zu verbessern. Dabei ist anzustreben, dass Informationsbedürfnis der Bevölkerung auf allen möglichen Wegen so zu bedienen, dass die Nummer 112 für solche Fälle freibleibt, die einen schnellen Einsatz der Kräfte erfordern“ (Drs. 16/6644). Eine Möglichkeit die Notrufnummern und Kapazitäten der örtlichen Polizeileitstellen für wirkliche Notfälle zu schonen, ist die Nutzung der Internetwache NRW. Dort können Bürgerinnen und Bürger unter anderem Anzeigen erstatten oder Hinweise an die Polizei melden. Die Nutzung dieser Internetwache müsste die Landesregierung vor dem o.g. wichtigen Ziel der Landesregierung grundsätzlich begrüßen. Sie fiel jedoch schon Angriffen von Hackern zum Opfer (Vgl. z.B. Heise online vom 16.3.2012). Immer wieder erliegt die sogenannte Internetwache NRW jedoch auch technischen Störungen, die weitreichende Folgen nach sich ziehen können. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/10316 2 So meldet die Polizei NRW neulich auf ihrer Homepage: „Anzeigenerstatter und Hinweisgeber , die am 19. September in der Zeit von 00:58 Uhr bis 17:14 Uhr Nachrichten und Online- Anzeigen an die Internetwache der NRW-Polizei beim Landeskriminalamt Nordrhein- Westfalen geschickt hatten, werden dringend gebeten, diese Anzeigen und Hinweise erneut der Internetwache der NRW-Polizei zu übersenden. Die in dieser Zeit übersandten Eingänge können nicht mehr empfangen und rekonstruiert werden.“ Augenscheinlich ist das Land Nordrhein-Westfalen also nicht in der Lage zu gewährleisten, dass alle Hinweise, die über das Internet an die Polizei gemeldet werden, so zu sichern, dass jedem einzelnen Hinweis definitiv nachgegangen werden kann. Es kann aus Sicht der Freien Demokraten nicht davon ausgegangen werden, dass jede Bürgerin oder jeder Bürger im Nachgang einer Meldung an die Internetwache NRW, die keine Fehlermeldung angezeigt bekommen haben und im Glauben sind, dass die eingegebene Meldung die Polizei NRW erreicht hat, sich nach Tagen auf der Internetseite der Internetwache über mögliche technische Ausfälle im Zeitraum ihrer Anzeigenerstattungen informieren. Hier müssen also dringend Mittel und Wege gefunden werden, dass jedem einzelnen Hinweis auch tatsächlich nachgegangen werden kann. Andernfalls riskiert man, dass Straftaten nicht aufgeklärt werden können, da die Polizei unter Umständen entscheidende Hinweise aus der Bevölkerung zur Aufklärung einer Straftat nicht erreichen. Vorbemerkung der Landesregierung Mit der Internetwache hat die Landesregierung ein niedrigschwelliges, Angebot für die Bürgerinnen und Bürger eingerichtet, online Strafanzeigen zu erstatten bzw. der Polizei Hinweise auf möglicherweise bevorstehende Gefährdungslagen oder Straftaten zu geben. Dazu stehen den Bürgerinnen und Bürgern entsprechende Formulare zur Verfügung, so dass alle, für die weitere sachgerechte polizeiliche Bearbeitung erforderlichen, Angaben angezeigt werden können. Bis zur Inbetriebnahme der Internetwache am 6.5.2015 bestand für die Bürgerinnen und Bürger nur die Möglichkeit, Sachverhalte per E-Mail anzuzeigen. Alle Hinweise und Strafanzeigen werden rund um die Uhr von erfahrenen Kriminalbeamtinnen und -beamten des Landeskriminalamtes entgegengenommen und fachlich bewertet. Die Beamtinnen und Beamten veranlassen ggf. erforderliche Sofortmaßnahmen und leiten die Hinweise bzw. Strafanzeigen an die örtlich zuständige Kreispolizeibehörde weiter. Seit dem 6.5.2015 sind über 1.300 Hinweise und über 32.500 Strafanzeigen eingegangen. 1. Wie bewertet die Landesregierung den Umstand, dass sie auf der einen Seite die Bürgerinnen und Bürger motivieren möchte, die Notrufnummern nur in tatsächlichen Notfällen zu benutzen, und auf der anderen Seite alternative Kommunikationswege jedoch nicht dauerhaft verlässlich verfügbar sind? Aufgrund der hohen fachlichen und datenschutzrechtlichen Anforderungen wurde eine komplexe technische Infrastruktur aufgebaut, die eine sichere Übertragung der Daten aus dem Internet in das geschützte Polizeinetz ermöglicht. Die technischen Ursachen für die bisherigen vereinzelten Ausfälle der Internetwache wurden erkannt und behoben. Das Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste prüft fortwährend alle technischen Internetserviceleistungen der Polizei NRW, um eine möglichst hohe Verfügbarkeit zu gewährleisten. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/10316 3 Informations- und Kommunikationsangebote der Feuerwehren werden nicht vom Land angeboten oder betrieben, sondern von den jeweiligen Aufgabenträgern im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung. Erkenntnisse über mangelnde Verlässlichkeit oder Verfügbarkeit solcher Angebote liegen der Landesregierung nicht vor. 2. Wie viele Störungen sind bei der Internetwache NRW seit dem Jahr 2012 aufgetreten (bitte detailliert angeben)? Seit Wiederaufnahme des Betriebes der Internetwache am 6.5.2015 bis heute wurden vier Störungen verzeichnet: • 1.7.15, 11.43 Uhr bis 2.7.15, 15.00 Uhr • 19.9.15, 01:22 Uhr bis 21.9.15, 14.30 Uhr • 25.9.15, 12:52 Uhr bis 25.9.15, 14:08 Uhr • 1.10.15, 12:26 Uhr bis 6.10.15, 14:56 Uhr Bis zur Inbetriebnahme der Internetwache konnten Anzeigen bzw. Hinweise der Polizei NRW nur per E-Mail gemeldet werden, so dass für den nachgefragten Zeitraum 2012 bis 6.5.2015 keine Daten bzgl. Störungen vorliegen. 3. Wie groß war dabei jeweils das Zeitintervall, in dem den Nutzern der Internetwache keine Fehlermeldung angezeigt wurde, die Meldungen jedoch de facto die Behörde nicht erreicht haben und die in diesem Zeitraum eingegangenen Anzeigen und Hinweise nicht wieder rekonstruiert werden konnten? Die Zeitintervalle haben folgende Größe: • 1.7.2015: 4 Stunden und 47 Minuten ohne Fehlermeldung • 19.9.2015: 16 Stunden und 03 Minuten ohne Fehlermeldung Bei den Störungen am 25.9.2015 bzw. am 1. bis 6. 10. 2015 wurde eine Darksite geschaltet, die den Nutzer bat, sich an eine Polizeidienststelle zu wenden oder in Notfällen die Polizei unter der Rufnummer 110 zu kontaktieren. Eine Dateneingabe war in dem Zeitraum nicht möglich. Ob und in welcher Größenordnung Hinweise oder Anzeigen zum Zeitpunkt der Störungen am 1.7.2015 bzw. 19.9.2015 eingegangen sind, kann nicht recherchiert werden. 4. Was unternimmt die Landesregierung konkret, um die elektronischen Repräsentanzen von Feuerwehren und Polizeileitstellen in Nordrhein-Westfalen vor Hackerangriffen zu schützen? Die Internetwache der Polizei NRW wird in einer gesondert gesicherten IT-Infrastruktur mit unterschiedlichen Komponenten sowohl beim Landesbetrieb IT.NRW wie auch im polizeilichen Fachrechenzentrum des Landesamts für Zentrale Polizeiliche Dienste betrieben. Beide Systeme wurden auf Grundlage von Empfehlungen des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) aufgebaut. Die Internetwache wurde vor der Inbetriebnahme einem Penetrationstest unterzogen, der die entwickelte Anwendung und Infrastruktur auf bereits bekannte aber auch neue Sicherheitslücken untersucht hat. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/10316 4 Wie zu Frage 1 dargestellt, werden Informations- und Kommunikationsangebote der Feuerwehren nicht vom Land vorgehalten. Die Landesregierung hat daher keine Möglichkeit, solche Angebote vor Hackerangriffen zu schützen. Es obliegt der Gemeinde als Aufgabenträger der Feuerwehr für die entsprechende IT-Sicherheit zu sorgen. 5. Welche Möglichkeiten ergreift die Landesregierung, um die Anzeigen und Hinweise , die durch Ausfälle der Internetwache die Behörde de facto nicht erreicht haben , letztlich doch noch aktenkundig zu machen? Eine Rekonstruktion der Daten ist nicht möglich. Das Landeskriminalamt NRW hat die Bürgerinnen und Bürger daher über den Internetauftritt der Polizei NRW und über das Presseportal informiert und gebeten, Anzeigen, welche möglicherweise in den definierten Zeiträumen abgegeben wurden, erneut zu stellen. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/10316