LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/10359 01.12.2015 Datum des Originals: 01.12.2015/Ausgegeben: 04.12.2015 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4013 vom 27. Oktober 2015 des Abgeordneten Gregor Golland CDU Drucksache 16/10110 Mehr als 30 Sprengungen von Bankautomaten – Gehen alle Taten auf dieselbe Bande zurück? Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 4013 mit Schreiben vom 1. Dezember 2015 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Am Niederrhein sind nach einer beispiellosen Serie von Bankautomatensprengungen erste Bankfilialen nachts nicht mehr zugänglich. Über 30 Sprengungen hat es in ganz NRW offenbar in der jüngsten Vergangenheit gegeben. Medienberichten zur Folge laufen die Taten immer ähnlich ab: Die Automaten werden luftdicht versiegelt, dann wird Gas eingeleitet und schließlich mit Hilfe einer Zündschnur eine Explosion verursacht, die die Geldkassetten in den Bankautomaten freilegt. Die Täter agieren hochprofessionell. Alleine der Sachschaden soll bisher bei über 5 Millionen Euro liegen. Der WDR berichtet, dass die Täter auch mit der erfolglosen Verfolgungsjagd am 4. September 2015 in Zusammenhang stehen. Die Täter scheinen von den Niederlanden heraus in die Nachbarländer zu agieren. Vorbemerkung der Landesregierung Beim Aufsprengen von Geldausgabeautomaten handelt es sich nicht um eine spezielle Tatbegehungsform einer einzelnen Tätergruppierung, sondern vielmehr um ein Kriminalitätsphänomen von bundesweiter Relevanz. Neben Nordrhein-Westfalen sind in den Jahren 2014 und 2015 auch andere Länder betroffen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/10359 2 Darüber hinaus ist auch in anderen europäischen Nachbarstaaten, so u. a. den Niederlanden, das Aufsprengen von Geldausgabeautomaten ein solches Kriminalitätsphänomen. Dort konnte aufgrund von Präventivmaßnahmen der Geldinstitute, insbesondere durch technische Prävention, wie zum Beispiel dem Einbau von zertifizierten „Einfärbesystemen“ in Geldausgabeautomaten, die Anzahl der Taten deutlich reduziert werden. 1. Wie viele Bankautomatensprengungen gab es in Nordrhein-Westfalen seit 2014? (Bitte einzeln auflisten nach Datum, Ort, Bank/Sparkasse, Vorgehen/Ablauf, Tatwerkzeuge, Waffenein satz, Anzahl der Täter, Fluchtauto/-fahrzeuge, Schaden und Beute- höhe.) In Nordrhein-Westfalen wurden im Jahr 2014 insgesamt 20 vollendete und 6 versuchte und im Jahr 2015 bis zum 16.11.2015 insgesamt 32 vollendete und 12 versuchte Sprengungen von Geldausgabeautomaten unternommen. Zur Tatbegehung leiten die Täter ein explosionsfähiges Gemisch ein und bringen dies zur Zündung. Aus den gesprengten Geldausgabeautomaten können in der Folge die Geldkassetten entnommen werden. Für die Tatausführung wird nur ein kurzer Zeitraum benötigt. Eine Auflistung der Taten mit Angaben zu Tatzeiten und Tatorten ist als Anlage beigefügt. Weitergehende Angaben zu Tatverdächtigen, Tatfahrzeugen und erlangten Geldbeträgen können aus kriminaltaktischen Gründen bzw. vor dem Hintergrund der aktuell geführten Ermittlungen nicht gemacht werden. 2. Ist die Vermutung richtig, dass alle Bankautomatensprengungen vermutlich auf die gleiche Bande bzw. die gleiche kriminelle Gruppe zurückgehen? (Wenn nein, welchen Kenntnisstand haben die Ermittler?) Aufgrund vorliegender Erkenntnisse ist davon auszugehen, dass Straftaten mit dem in Rede stehenden Modus Operandi von unterschiedlichen Tätergruppierungen in Nordrhein- Westfalen begangen werden. 3. Seit wann ist das Landeskriminalamt (LKA) in die Ermittlungen eingebunden? (Bitte auflisten, seit wann, wie viele Beamte, in welchen Strukturen an der Aufklärung arbeiten) Spezifische Auswertungen zur Aufsprengung von Geldausgabeautomaten führt das Landeskriminalamt NRW bereits seit Jahren durch. Zur Gewährleistung einer einheitlichen Ermittlungsführung sowie zur Koordinierung von Ermittlungsmaßnahmen im Zusammenhang mit der überregionalen Begehung von Straftaten der Eigentumskriminalität durch Sprengung von Geldausgabeautomaten in Nordrhein- Westfalen wurde dem Landeskriminalamt - gemäß § 7 Abs. 5 Polizeiorganisationsgesetz i. V. m. § 5 Aufsichtsverordnung Polizei - die landesweite Zuständigkeit zur Wahrnehmung der polizeilichen Aufgaben der Gefahrenabwehr, Repression und Prävention übertragen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/10359 3 Das Landeskriminalamt hat zur ganzheitlichen Aufgabenwahrnehmung seit dem 13.10.2015 - unter Einbindung von Kräften einzelner Kreispolizeibehörden - die Ermittlungskommission „Heat“ eingerichtet. Der Ermittlungskommission gehören insgesamt acht Polizeivollzugsbeamte an. 4. Ist bereits darüber nachgedacht worden, in diesem Fall Predicitive Policing anzuwenden? Im Auftrag der Landesregierung führt das Landeskriminalamt derzeit das Projekt „Predictive Policing“ durch. In einem ersten Schritt werden relevante Methoden und Verfahren auf ihre grundsätzliche Realisierbarkeit und Wirksamkeit hin geprüft und im Weiteren evaluiert. Aus kriminalstrategischen Erwägungen ist diese Prüfung zunächst auf den Wohnungseinbruchdiebstahl ausgerichtet. Seit dem 1.11.2015 wird in Pilotbehörden „Predictive Policing“ operativ genutzt. Erst wenn sich positive Ergebnisse valide nachweisen lassen, ist eine Ausweitung des Projekts auch auf weitere Deliktsfelder beabsichtigt. 5. Welche konkreten Maßnahmen ergreift das Land NRW zur Aufklärung dieser Serie hochkrimineller Taten? Die beim Landeskriminalamt eingerichtete Ermittlungskommission „Heat“ führt in enger Abstimmung mit der Justiz täterorientierte Ermittlungen im Zusammenhang mit den der Straftatenserie zuzurechnenden Fällen der Aufsprengung von Geldausgabeautomaten sowie damit möglicherweise in Verbindung stehenden Logistikstraftaten (z. B. Kraftfahrzeug- und Kennzeichendiebstähle). Dies erfolgt in enger Zusammenarbeit mit den Kreispolizeibehörden und insbesondere auch mit Polizeidienststellen in Niedersachsen und den Niederlanden. Zudem hat das Landeskriminalamt ein spezifisches Präventionskonzept erarbeitet. Dies beinhaltet z. B. Handlungsempfehlungen für Geldinstitute, die auch bereits am 28.10.2015 an alle Verbände für Banken, Sparkassen und Betreiber von Geldautomaten übersandt wurden. Ergänzend dazu wurden alle Kreispolizeibehörden gebeten, Geldinstitute in ihrem Zuständigkeitsbereich aufzusuchen und auf Grundlage der Handlungsempfehlungen beratende Gespräche zu führen. Beabsichtigt ist, in einer im November terminierten Besprechung des Rheinischen Sparkassen- und Giroverbandes - unter Beteiligung des „Verbandes der Sachversicherer“ und der „Provinzial“-Versicherungs-gesellschaft - weitere technische Präventionsoptionen zu erörtern und dabei insbesondere auch den Einbau von zertifizierten „Einfärbesystemen“ in Geldausgabeautomaten zu empfehlen. Anlage zur Kleinen Anfrage 4013 Sprengung von Geldausgabeautomaten 2014 Lfd. Nr. Datum Ort Geldinstitut 1 03.02.2014 Mönchengladbach Postbank 2 23.02.2014 Paderborn Sparkasse 3 12.03.2014 Dahlen VR Bank 4 13.06.2014 Düsseldorf Spielcasino 5 13.06.2014 Isselburg Sparkasse 6 18.06.2014 Aachen Sparkasse 7 20.06.2014 Herzogenrath Sparkasse 8 06.07.2014 Kranenburg Sparkasse 9 12.08.2014 Höxter Sparkasse 10 28.08.2014 Blomberg Sparkasse 11 11.09.2014 Heinsberg Sparkasse 12 12.09.2014 Düsseldorf Spielcasino 13 25.09.2014 Borken Sparkasse 14 08.10.2014 Wegberg Sparkasse 15 16.10.2014 Gangelt Sparkasse 16 21.10.2014 Ratingen Postbank 17 03.11.2014 Berg.-Gladbach Commerzbank 18 09.11.2014 Gangelt Sparkasse 19 12.11.2014 Nettetal Commerzbank 20 14.11.2014 Duisburg Degussa-Bank 21 24.11.2014 Goch Commerzbank 22 10.12.2014 Hückelhoven Sparkasse 23 13.12.2014 Hückelhoven Sparkasse 24 15.12.2014 Roetgen Sparkasse 25 16.12.2014 Duisburg Sparda Bank 26 22.12.2014 Kempen Volksbank Anlage zur Kleinen Anfrage 4013 Sprengung von Geldausgabeautomaten 2015 Lfd. Nr. Datum Ort Geldinstitut 1 14.03.2015 Selfkant Sparkasse 2 23.03.2015 Kranenburg Sparkasse 3 25.03.2015 Kamp-Lintfort Postbank 4 30.03.2015 Bünen Sparkasse 5 18.05.2015 Bottrop Postbank 6 19.05.2015 Hilden Postbank 7 02.06.2015 Bedburg-Hau Sparkasse 8 05.06.2015 Remscheid Postbank 9 12.06.2015 Kirchhundem Volksbank 10 12.06.2015 Alsdorf Sparkasse 11 18.06.2015 Euskirchen Postbank 12 24.06.2015 Oelde Postbank 13 26.06.2015 Wermelskirchen Postbank 14 29.06.2015 Hückelhoven Postbank 15 30.06.2015 Düsseldorf Postbank 16 13.07.2015 Gronau Sparkasse 17 16.07.2015 Bocholt Volksbank 18 17.07.2015 Neuss Sparkasse 19 25.07.2015 Neuss Sparkasse 20 27.07.2015 Hamm Postbank 21 08.08.2015 Ahaus Sparkasse 22 23.08.2015 Grevenbroich Raiffeisenbank 23 29.08.2015 Linnich Sparkasse 24 18.09.2015 Bedburg-Hau Sparkasse 25 21.09.2015 Wachtendonk Sparkasse 26 06.10.2015 Herzogenrath Commerzbank 27 06.10.2015 Mönchengladbach Sparkasse 28 08.10.2015 Nettetal Commerzbank 29 09.10.2015 Würselen Commerzbank Anlage zur Kleinen Anfrage 4013 30 12.10.2015 Mönchengladbach Sparkasse 31 19.10.2015 Kranenburg Sparkasse 32 21.10.2015 Titz Sparkasse 33 23.10.2015 Gelsenkirchen Sparkasse 34 26.10.2015 Bonn Deutsche Bank 35 27.10.2015 Goch Volksbank 36 27.10.2015 Krefeld Sparkasse 37 30.10.2015 Kleve Sparkasse 38 02.11.2015 Bonn Sparkasse 39 02.11.2015 Bochum Sparkasse 40 04.11.2015 Duisburg Sparda Bank 41 05.11.2015 Meerbusch Commerzbank 42 05.11.2015 Bochum Bankhaus August Lenz 43 06.11.2015 Ahaus Sparkasse 44 13.11.2015 Erkrath Commerzbank Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/10359