LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/10391 03.12.2015 Datum des Originals: 03.12.2015/Ausgegeben: 08.12.2015 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4032 vom 4. November 2015 des Abgeordneten Henning Höne FDP Drucksache 16/10157 Welche Auswirkungen hätte das von Umweltminister Remmel befürwortete Model für ein Wertstoffgesetz auf die Bürger? Der Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 3. Dezember 2015 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk , dem Minister für Inneres und Kommunales und dem Minister für Arbeit, Integration und Soziales beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Im Juni 2015 haben sich die Koalitionsfraktionen im Deutschen Bundestag auf Eckpunkte für ein Wertstoffgesetz geeinigt. Diese umfassen unter anderem höhere Recyclingquoten und die Erweiterung der Produktverantwortung. Umweltminister Johannes Remmel favorisiert dagegen ein Modell, das auf Initiative des baden -württembergischen Umweltministeriums zusammen mit den Ländern Bremen, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Thüringen erarbeitet wurde (Beschluss der Landesregierung Baden-Württemberg vom 30. Juni 2015) und im deutlichen Gegensatz zu den vereinbarten Eckpunkten steht. Während die Bundestagsfraktionen von CDU/CSU und SPD für die künftige Bewirtschaftung der Wertstoffe aus privaten Haushaltungen ein „grundsätzlich privat organisiertes System“ befürworten, will das nordrhein-westfälische Umweltministerium die Erfassung von Verpackungen und sogenannten stoffgleichen Nichtverpackungen „ganz auf die Kommunen übertragen “ und nur die anschließende Sortierung und Verwertung dieser Wertstoffe „von einer neu zu schaffenden zentralen Stelle ausschreiben“ lassen, was dazu führen würde, dass die bisherigen Dualen Systeme abgeschafft würden. Dadurch entstünde ein „Sammelmonopol“ LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/10391 2 für die öffentliche Hand auf Kosten der bisher tätigen privatwirtschaftlichen Unternehmen und der damit verbundenen Arbeitsplätze. Zuletzt begründete Johannes Remmel seine Bestrebungen hinsichtlich einer zügigen Gesetzgebung durch den Bund im Plenum des Landtags am 1. Oktober 2015: „Das [die aktuelle Gesetzeslage im Bund, A.d.V.] führt meines Erachtens dazu, dass die Bürgerinnen und Bürger sozusagen die Entsorgung des Gewerbemülls mitfanzieren. Das darf nicht sein. Deshalb brauchen wir eine solche Regelung auf Bundesebene , um hier Klarheit zu schaffen“ (Plenarprotokoll 16/94, S. 9679). Die Freien Demokraten befürchten hingegen, dass das Modell zu keiner Verbesserung des Umweltschutzes führen wird, da die Recycling-Quote unverändert bleibt. Vielmehr ist anzunehmen , dass die Belastung für die Bürger aufgrund des Systemwechsels und Ineffizienzen einer neu eingeführten Organisationsstruktur zunehmen wird. Vorbemerkung der Landesregierung Im Frühjahr dieses Jahres haben sich die für Kreislaufwirtschaft zuständigen Ressorts der Länder Baden-Württemberg, Bremen, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland -Pfalz, Schleswig-Holstein und Thüringen mit Blick auf ein besser gesteuertes Recycling, ambitionierte „selbstlernende“, qualitativ hohe Verwertungsquoten, Stärkung der Produktverantwortung und Vollzugsvereinfachung auf die Eckpunkte eines Kompromissmodells für ein Wertstoffgesetz verständigt. Vorgesehen ist eine Organisationsverantwortung der Kommunen für die Erfassung der Verpackungen und stoffgleichen Nichtverpackungen, eine Ausschreibung der Sortierung und Verwertung in zentralisierter Form, die Herausnahme von Papier, Pappe und Kartonagen aus der bisherigen Systematik der Finanzverantwortung, eine Produkt(finanz)verantwortung der Hersteller für Verpackungen und stoffgleiche Nichtverpackungen, die Einrichtung einer zentralen Stelle mit hoheitlichen Befugnissen, die Prüfung einer Einbeziehung der gewerblichen Abfälle aus den sonstigen Anfallstellen sowie die Beibehaltung des Status Quo im Verhältnis zu gewerblichen Sammlungen. 1. Ist bei dem „bundesweit einheitlichen Kostenmodell“ gewährleistet, dass die Bürgerinnen und Bürger auf keinen Fall zusätzlich mit kommunalen Abfallgebühren für die Wertstofferfassung belastet werden? 2. Inwiefern würde eine kommunale Entsorgung nach dem Muster der klassischen kommunalen Wertstoff- und Abfallsammlung die Gebührenzahler tatsächlich entlasten ? Da nach dem Kompromissmodell die Finanzierung der sog. „Standardkosten“ nicht über kommunale Abfallgebühren, sondern über Entgelte der Inverkehrbringer erfolgen soll, wäre im Regelfall mit einer Entlastung der Gebührenzahlerinnen und Gebührenzahler zu rechnen, weil sich das verbleibende gebührenpflichtige Restmüllaufkommen um die bislang mit dem Restmüll erfassten wertstoffhaltigen Abfälle aus stoffgleichen Nichtverpackungen verringern würde. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/10391 3 3. Inwiefern erwägt die Landesregierung – vor dem Hintergrund, dass die „Einbeziehung der gewerblichen Abfälle aus den sonstigen Anfallstellen“ geprüft wird – auch insoweit die Erfassung mit einer entsprechenden Überlassungspflicht kommunal auszugestalten? Soweit im Sinne des Kompromissmodells eine Finanzierung der Erfassung über Entgelte der Inverkehrbringer erfolgt, wäre eine gesetzliche Überlassungspflicht nicht erforderlich. 4. Welche Auswirkungen hätte die Übertragung der Erfassungszuständigkeit für Verpackungsabfälle auf die Beschäftigten beziehungsweise die Arbeitsplätze in den Betrieben der privaten Recyclingwirtschaft? Derzeit nutzen für die Erfassung von Hausmüll (einschließlich der darin enthaltenen wertstoffhaltigen Abfälle, die nach geltendem Recht in kommunaler Verantwortung liegt) viele Kommunen die Möglichkeit einer sogenannten Drittbeauftragung von Unternehmen der privaten Entsorgungswirtschaft. Auf der anderen Seite sind auch bei der derzeitigen (privat organisierten ) Erfassung von Verpackungsabfällen kommunale Entsorger (nach gewonnener Ausschreibung) mit im Geschäft. Selbst bei einer künftigen „Inhouse-Fähigkeit“ der kommunalen Wertstofferfassung wäre daher kaum mit signifikanten Veränderungen zulasten der Arbeitsplätze in den Betrieben der privaten Entsorgungswirtschaft zu rechnen. Das schließt nicht aus, dass es in Einzelfällen zu Verlagerungen in die eine aber auch in die andere Richtung kommen kann. Eine grundsätzliche Systemveränderung ist mit dem Kompromissmodell insoweit jedoch nicht verbunden. 5. Wie schätzt die Landesregierung ein, ob nach dem befürworteten Modell gewerbliche Sammlungen von werthaltigen Wertstoffen im bisherigen Umfang weiterhin stattfinden können? Das Kompromissmodell sieht ausdrücklich die Beibehaltung des Status Quo im Verhältnis zu gewerblichen Sammlungen vor. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/10391