LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/10393 03.12.2015 Datum des Originals: 03.12.2015/Ausgegeben: 08.12.2015 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4011 vom 27. Oktober 2015 des Abgeordneten Rainer Spiecker CDU Drucksache 16/10108 Studium zum Berufsschullehrer mit dem Meisterbrief Die Ministerin für Schule und Weiterbildung hat die Kleine Anfrage 4011 mit Schreiben vom 3. Dezember 2015 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Arbeit, Integration und Soziales und der Ministerin für Innovation, Wissenschaft und Forschung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Bei den Lehramtsstudierenden an den NRW-Hochschulen scheint die Tätigkeit des Berufsschullehrers nicht besonders attraktiv zu sein. Außerdem verfügen viele der Studierenden kaum oder gar nicht über betriebliche Praxiserfahrungen, die an berufsbildenden Schulen aber unerlässlich sind. Deshalb wird vermutlich in den kommenden Jahren und vielleicht auch Jahrzehnten der Lehrermangel in diesem zweiten Standbein des hochgelobten dualen Systems immer größer. Eine Möglichkeit, diesem Lehrermangel wirksam entgegen treten zu können, wäre, Handwerksmeistern zur Lehrbefähigung an Schulen zu verhelfen. 1. In welchem Umfang erteilen Werkstattdozenten mit Meisterprüfung derzeit in den einzelnen Fächern vertretungsweise den Unterricht anstelle von fehlenden Fachlehrern (absolute Stundenzahl und Anteil am Gesamtunterricht im jeweiligen Fach)? Die Tätigkeiten von Werkstattlehrkräften (hier als Werkstattdozenten bezeichnet) unterscheiden sich grundsätzlich von den Fachlehrkräften. So unterrichten die Fachlehrkräfte für das Lehramt an Berufskollegs den Fachunterricht, für den sie eine Lehrbefähigung erworben haben. Demgegenüber führen Werkstattlehrkräfte in kleineren Lerngruppen fachpraktische Wahlkurse durch. Eine Übertragung von Fachunterricht an Werkstattlehrkräfte ist nicht mög- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/10393 2 lich. Somit können keine Aussagen zu einer Quantifizierung von Vertretungsunterricht durch Werkstattlehrkräfte getroffen werden. 2. Welche rechtlichen oder tarifvertraglichen Hindernisse müssten beseitigt werden , um Werkstattdozenten mit Meisterprüfung und mehrjähriger pädagogischer Erfahrung eine reguläre Aufstiegsperspektive bis zur Besoldungsgruppe A 12 zu ermöglichen? 3. Welche rechtlichen oder tarifvertraglichen Hindernisse müssten beseitigt werden , um Werkstattdozenten mit Meisterprüfung und mehrjähriger pädagogischer Erfahrung den Zugang zu pädagogischen Masterstudiengängen zu ermöglichen, die die Qualifikation als Berufsschullehrer vermitteln? Aus Gründen des Sachzusammenhangs werden die Fragen 2 und 3 gemeinsam beantwortet . Speziell für Werkstattlehrkräfte eröffnet § 57 Abs. 4 der Laufbahnverordnung (LVO) die Möglichkeit , Technische Lehrkraft zu werden, wenn mindestens die Fachhochschulreife oder ein gleichwertiger Bildungsstand vorliegt, in der Laufbahn der Werkstattlehrkräfte eine fünfjährige Tätigkeit ausgeübt wurde und ein zweijähriger fachlicher und praktisch-pädagogischer Ausbildungsgang mit Abschlussprüfung bestanden wurde. Letzterer wird seit 1998 nicht mehr angeboten. Stattdessen haben Werkstattlehrkräfte mit bestandener Meisterprüfung gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 Berufsbildungshochschulzugangsverordnung vom 08.03.2010 (GV. NRW. S. 160) als in der beruflichen Bildung Qualifizierte Zugang zu allen Studiengängen, die zu einem ersten berufsqualifizierenden Abschluss führen. Das schließt den Zugang zu Bachelor -Studiengängen für das Lehramt an Berufskollegs (als ersten Studienabschnitt) mit ein. Der Zugang zu Master-Studiengängen entspricht der konsekutiven Studienstruktur. Beim Master handelt es sich um einen weiteren Studienabschluss, der der fachlichen und wissenschaftlichen Spezialisierung und dem Erwerb der Lehramtsbefähigung dient. Gemäß § 49 Absatz 6 Satz 1 und 2 Hochschulgesetz setzt der Masterabschluss einen ersten berufsqualifizierenden Hochschulabschluss, in der Regel einen Bachelorabschluss, voraus, auf den er fachlich aufbaut. Die tarifvertraglichen Einstufungsregelungen orientieren sich im Lehrkräftebereich an den besoldungs- und dienstrechtlichen Vorschriften für vergleichbare Lehrkräftegruppen. Alle dort vorgenommenen Veränderungen wirken sich automatisch auf Tarifbeschäftigte aus. 4. Inwieweit könnte die Landesregierung unterstützen, dass Kammern und Hochschulen duale Qualifikationsangebote entwickeln, die eine betriebliche Erstausbildung mit einem Studium für das Lehramt an Berufskollegs miteinander verknüpfen ? Die Einrichtung von Qualifizierungsangeboten, die ein Studium für das Lehramt an Berufskollegs mit einer betrieblichen Erstausbildung in einem Unternehmen mit abschließender Kammerprüfung kombinieren, ist möglich. Sie setzt in erster Linie die Bereitschaft der Unternehmen voraus, zur Ausbildung von Fachkräften für einen anderen Arbeitgeber durch einen betrieblichen Ausbildungsbeitrag beizutragen. Parallel dazu wird in einem dualen Studiengang ein fachbezogener Bachelor-Abschluss erworben. Ein solches Studienangebot besteht z.B. an der Universität Siegen. Die Landesregierung würde ein solches Qualifizierungsangebot für Fachkräfte grundsätzlich begrüßen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/10393 3 Seitens des Schulministeriums wird derzeit bereits für im Schuldienst befindliche Technische Lehrkräfte und Werkstattlehrkräfte mit FH-Abschluss und bei neu eingestellten Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteigern, die über einen fachlich einschlägigen Fachhochschulabschluss verfügen, ein berufsbegleitendes lehramtsbezogenes Masterstudium für das Lehramt an Berufskollegs angeboten. Dieses Programm berücksichtigt die fachlichen Anforderungen für das Lehramt an Berufskollegs und orientiert sich zudem an Mangelfächern. In diesem Rahmen werden Werkstattlehrkräfte mit entsprechenden Voraussetzungen (fachlich einschlägigem Fachhochschulabschluss) Entwicklungsmöglichkeiten in den definierten Mangel-Fachrichtungen Elektrotechnik, Kraftfahrzeugtechnik und Maschinenbautechnik angeboten , was bei Vorliegen der Voraussetzungen entsprechende Möglichkeiten eröffnen würde. Dieses Programm wird mit einem besonderen und akkreditierten Studiengang in Kooperation mit der Bergischen Universität Wuppertal durchgeführt. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/10393