LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/10402 07.12.2015 Datum des Originals: 07.12.2015/Ausgegeben: 10.12.2015 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4024 vom 2. November 2015 der Abgeordneten Ralf Witzel, Dirk Wedel und Henning Höne FDP Drucksache 16/10141 Späte Einsicht des nordrhein-westfälischen Finanzministers beim Containerdorf zur Unterbringung von Studenten der Fachhochschule für Finanzen in Nordkirchen – Was ist der genaue ökonomische Hintergrund für seine plötzliche Kehrtwende? Der Finanzminister hat die Kleine Anfrage 4024 mit Schreiben vom 7. Dezember 2015 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Bereits vor zwei Jahren hat die FDP-Landtagsfraktion öffentlich ihr großes Erstaunen über die seinerzeitigen Planungen des Landes formuliert, angehende Diplom-Finanzwirte, die an der Fachhochschule für Finanzen in Nordkirchen studieren, mit einer bloß provisorischen Unterbringung während ihrer gesamten mehrjährigen Studienzeit im Schloß Nordkirchen ansprechen zu wollen. Aufgrund unterlassener Baumaßnahmen kam die Landesregierung damals auf die bemerkenswerte Idee, die zukünftigen Steuerinspektoren Nordrhein- Westfalens in einem Containerdorf unterzubringen, inklusive gemeinschaftlicher sanitärer Anlagen. Die FDP-Landtagsfraktion hat bereits im Jahr 2013 die Wirtschaftlichkeit dieses Vorhabens angezweifelt, insbesondere, da die Anwärterausbildung ausdrücklich dauerhaft am Standort Nordkirchen verbleiben soll und es sich daher nicht um eine provisorische Übergangslösung gehandelt hat. Die Freien Demokraten haben einen bereits lange geplanten Anbau weiterhin präferiert, nicht nur, weil er die angemessenere Unterbringung für den dringend benötigten Nachwuchs in der Finanzverwaltung darstellt, sondern insbesondere aufgrund der aus einer fachlichen Bewertung höheren Wirtschaftlichkeit im Betrieb. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/10402 2 Auch in der Fragestunde des Plenums wurde diese Problematik thematisiert. Der damalige Minister Guntram Schneider hat zum Vorhaben stellvertretend für die Landesregierung wie folgt wörtlich ausgeführt, nachlesbar in Plenarprotokoll 16/41: „Die Möglichkeit eines Erweiterungsbaus in Nordkirchen wurde geprüft. Die Überprüfung ergab, dass die Jahresmiete für einen Neubau fast doppelt so hoch wäre wie die Kosten für die Anmietung der in Rede stehenden Container. Darüber hinaus wäre eine mietvertragliche Bindung über zehn bis 15 Jahre zwingend. (…) Die Unterbringung von etwa 50 Studierenden in Containern ist aber nicht nur die wirtschaftlichste Lösung. Beim Fragesteller löst die Bezeichnung „Container“ offenbar eine Assoziation aus, die zu einer unzutreffenden Vorstellung über die Form der Unterbringung führt. Die etwa in den Niederlanden schon intensiver genutzten Container sind durchaus komfortable Wohneinheiten, die massiv gebauten Unterkünften in puncto Größe, Ausstattung und Wärmedämmung in nichts nachstehen. Für die schnelle und flexible Bereitstellung von studentischem Wohnraum sind sie sehr gut geeignet.“ Zwischenzeitlich sind die Container errichtet worden, und die ersten Studenten wurden dort untergebracht. Insbesondere vor dem Hintergrund der zitierten Ausführungen der Landesregierung und im Hinblick auf Wirtschaftlichkeit und Komfort der Unterbringung führt nun im Herbst 2015 der Titel 75700 „Erweiterungsbau 150 Unterkünfte – Fachhochschule für Finanzen“ im Entwurf des neuen Landeshaushalts für das Jahr 2016 wiederum zu einem Erstaunen. So wird dort zu diesem Etattitel erläutert: „Aufgrund steigender Anwärterzahlen im gehobenen Dienst der Steuerverwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen sollen im Zuge einer Erweiterungsbaumaßnahme weitere 150 Unterkünfte bei der Fachhochschule für Finanzen gebaut werden. Die veranschlagten Mittel von 2,0 Mio. Euro decken den Mittelbedarf für den ersten Bauabschnitt ab.“ Die Altersabgangszahlen und der altersstrukturelle Aufbau der Finanzverwaltung sind lange Jahre vor den Dienstaustritten hinlänglich bekannt und werden regelmäßig prognostiziert. Der dauerhaft anhaltende Ausbildungsbedarf in den nächsten Jahren kann also niemanden ernsthaft verwundern. Selbst wenn sich langfristig die Anfängerzahlen der Fachhochschule wieder etwas reduzieren sollten, besteht für die Gebäudenutzung weiterhin ein sinnvoller Bedarf, da derzeit bereits eine stattliche Anzahl der Studenten zur Unterbringung in von der Liegenschaft entfernte Privatunterkünfte ausweichen müssen. Deren Anzahl könnte also auch perspektivisch reduziert werden. Vor diesem Hintergrund und der offensichtlich späten Kehrtwende des Finanzministers in der Frage der Unterbringung von Studenten der Fachhochschule für Finanzen in Nordkirchen bedarf es einer umfassenden Information des Parlamentes und ebenso einer transparenten Darlegung aller Kostenkalkulationen für die Unterbringungsvarianten. 1. Auf welcher genauen Entscheidungsgrundlage beruht die offen-sichtliche Kehrtwende des Finanzministers von der Präferenz der studentischen Unterbringung in Containern nun doch zu einem Erweiterungsbau am Standort Nordkirchen ? Es gibt in der Frage der Unterbringung der Studierenden der Fachhoch-schule für Finanzen (FHF) keine Kehrtwende. Mit den mobilen Wohneinheiten wurde bisher auf eine günstige LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/10402 3 und flexible Möglichkeit zurückgegriffen, um kurzfristig Wohnraum für die Anwärter zur Verfügung zu stellen. Die mobilen Wohneinheiten waren nie als alleinige Dauerlösung, sondern immer nur als Ergänzung gedacht, um einen kurzfristig höheren Bedarf zu decken. Da aufgrund aktueller Bedarfsberechnungen mit dauerhaft höheren Einstellungszahlen gerechnet wird, sollen 150 Studentenwohnungen gebaut werden. Darüber hinausgehende Bedarfe werden weiterhin über temporäre Unterbringungsmöglichkeiten abgedeckt. 2. In welcher genauen Höhe sind jeweils jährlich Kosten seit der Ent-scheidung über die Errichtung eines Containerdorfes zur Unter-bringung von Studenten in Nordkirchen bis heute entstanden? (bitte differenzierte Darstellung aller einzelnen Posten inklusive Planungskosten unter Angabe der dort untergebrachten Personen-zahl) Die Entscheidung für mobile Wohneinheiten am Standort Nordkirchen ist im Jahr 2013 gefallen . Seitdem sind für zusätzliche Unterkünfte folgende Kosten entstanden: Mobile Wohneinheiten Personen Miete/pro Jahr (ohne Nebenkosten) 2013 ab 01.09.2014 2014 51 62.308 € 2015* 51 186.927 € * Hochrechnung Darüber hinaus sind für die Errichtung der mobilen Wohneinheiten Infra-strukturkosten in Höhe von rd. 152.000 € entstanden. 3. Welche Gesamtkosten sind für den nun geplanten Erweiterungs-bau mit 150 Unterkünften differenziert nach den einzelnen Entstehungsjahren der Kosten insgesamt zu erwarten? Die Gesamtkosten für den Neubau von 150 Wohneinheiten belaufen sich nach derzeitigem Stand auf rund 9 Mio. Euro und verteilen sich wie folgt auf die Haushaltsjahre: 2016: 2.000.000 Euro 2017: 4.000.000 Euro 2018: 3.041.000 Euro 4. Was haben die alternativen Berechnungen der Folgekosten in der Abwägung zwischen Containern und einem Erweiterungsbau im Detail ergeben? Aktuell sind 51 mobile Wohneinheiten eingerichtet. Die Errichtung eines dementsprechenden Erweiterungsbaus durch den BLB NRW hätte auf der Basis der v.g. Baukosten zu einer Jahresnettomiete in Höhe von etwa 256.000 € geführt. Die Ist-Mietkosten für die mobilen Wohneinheiten betragen jährlich 186.927 €. Trotz der hier gegenüber den ersten Markterkundungen eingetretenen Kostensteigerung bedeutet das immer noch eine jährliche Einsparung in Höhe von rd. 69.000 €. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/10402 4 Die mobilen Wohneinheiten sind trotz der Kostenersparnis in den letzten drei Jahren für die dauerhafte Unterbringung keine Option. Die Bezirksregierung würde für die zukünftig dauerhaft notwendigen 150 Wohneinheiten voraussichtlich auch keine Baugenehmigung für mobile Wohneinheiten erteilen. 5. Wie stellt sich das Gesamtkonzept der Landesregierung über die Unterbringung der Studenten der Fachhochschule Nordkirchen inklusive Anzahl der Fremdanmietungen für die kommenden zehn Jahre prognostisch im Einzelnen dar? Es ist geplant, den unter Berücksichtigung der demographischen Entwicklung berechneten Bedarf an Unterkünften neben den im Schloss und im Sundernbereich vorhandenen Zimmern durch den Erweiterungsbau mit 150 Unterbringungen zu decken. Um Einstellungsspitzen über die Jahre abzudecken, wird auch zukünftig auf mobile Wohneinheiten und Fremdanmietungen zurückgegriffen. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/10402