LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/1041 04.10.2012 Datum des Originals: 04.10.2012/Ausgegeben: 09.10.2012 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 420 vom 7. September 2012 der Abgeordneten Henning Höne und Karlheinz Busen FDP Drucksache 16/843 „Bio“-Gütesiegel zwischen Anspruch und Wirklichkeit Der Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 420 mit Schreiben vom 4. Oktober 2012 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Verbraucherinnen und Verbraucher haben schon lange ein Bewusstsein dafür entwickelt, dass Tierschutz wichtig ist. Bioprodukte erfreuen sich unter anderem daher wachsender Beliebtheit. Während früher Produkte dieses Segments exklusiv hochpreisig im Direktvertrieb auf Bauernhöfen vertrieben wurden, entwickelten sich in den letzten Jahren zahlreiche Biosupermärkte. Derweil finden sich zahlreiche Biogütesiegelprodukte sogar in Discountsupermärkten. Damit einhergehend entsteht ein Preiswettbewerb, der oftmals zu Lasten der Tiere ausgetragen wird. Jüngste Medienveröffentlichungen zeigen, dass Anspruch und Wirklichkeit oft weit auseinander liegen. Tiere werden oft nicht artgerecht gehalten. Verbraucherinnen und Verbraucher werden verunsichert und zweifeln an, ob hinter „Bioprodukten“ auch die Leistung steckt, die sie erwarten, nämlich eine artgerechte Haltung und Fütterung der Tiere. Die zahlreichen diversifizierten Biosiegel suggerieren dem Verbraucher verantwortungsbewussten Konsum, der die Ressourcen schont und den Tierschutz achtet. Verbraucherinnen und Verbraucher brauchen verlässliche Informationen, was sie tatsächlich kaufen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/1041 2 Vorbemerkung der Landesregierung Die Landesregierung geht davon aus, dass sich die Fragen 1 bis 4 auf Kontrollen im Bereich Tierschutz beziehen. Ökologisch und konventionell bewirtschaftete Betriebe unterliegen in gleicher Weise den allgemeinen Bestimmungen des Tierschutzes, u.a. der Richtlinie 98/85/EG des Rates über den Schutz landwirtschaftlicher Tiere, der bundesdeutschen Verordnung zum Schutz landwirtschaftlicher Nutztiere sowie der dazugehörenden Kontrollvorschriften in der Entscheidung der Kommission (2006/778/EG). Ökologisch bewirtschaftete Betriebe müssen darüber hinaus die Bestimmungen in der „Verordnung (EG) Nr. 834/2007 über die ökologische Produktion und die Kennzeichnung von ökologischen Erzeugnissen“ (EU-Öko-Verordnung) sowie im EU-Folgerecht einhalten. 1. Wie viele Kontrollen wurden jeweils in Biobetrieben und in der konventionellen Landwirtschaft in den Jahren 2010, 2011 und 2012 in Nordrhein-Westfalen unangemeldet durchgeführt? Kontrollen nach allgemeinem Tierschutzrecht wurden in Biobetrieben und in der konventionellen Landwirtschaft in 2010 in 5028 Betrieben durchgeführt; in 2011 in 4598 Betrieben (Zahlen zu 2012 liegen noch nicht vor; zwischen Kontrollen in Biobetrieben und in konventionellen Betrieben wird hierbei nicht unterschieden). Kontrollen nach EU-Öko-Verordnung wurden in 2010 in 937 Bio-Unternehmen unangemeldet durchgeführt und in 2011 in 1018 Unternehmen (Zahlen zu 2012 liegen noch nicht vor). 2. Bei wie vielen dieser Untersuchungen wurden Unregelmäßigkeiten im Bereich der Biobetriebe und der konventionellen Betriebe festgestellt? Bei den Kontrollen nach allgemeinem Tierschutzrecht wurden in Biobetrieben und in der konventionellen Landwirtschaft in 2010 988 Verstöße und in 2011 712 Verstöße festgestellt. 3. Welche Unregelmäßigkeiten wurden im Bereich der Biobetriebe und welche wurden im Bereich der konventionellen Betriebe festgestellt? Bei den Kontrollen nach allgemeinem Tierschutzrecht wurden zum Beispiel Verstöße gegen Vorschriften zur Gewährleistung ausreichender Bewegungsfreiheit, wegen zu hoher Besatzdichte, wegen der Gestaltung der Gebäude und unzureichender Beleuchtung festgestellt. Bei den Kontrollen nach EU-Öko-Verordnung wurden zum Beispiel Verstöße gegen die Vorschriften zu Mindeststall- und -freiflächen und gegen die höchstzulässige Anzahl von Tieren festgestellt. 4. Wie wurden die jeweiligen Unregelmäßigkeiten geahndet? Bei den Verstößen nach allgemeinem Tierschutzrecht wurden Verwarnungen ausgesprochen und notwendigenfalls Bußgelder verhängt. Bei den Verstößen und Unregelmäßigkeiten nach EU-Öko-Verordnung ahnden die Kontrollstellen nach einem Sanktions- und Maßnahmenkatalog, der je nach Schwere des LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/1041 3 Verstoßes oder der Unregelmäßigkeit vom bloßen Hinweis über die Erteilung einer Abmahnung bis hin zur Aberkennung des Bio-Status von Erzeugnissen führt. 5. Wie viele unterschiedliche „Gütesiegel“ für Lebensmittel werden nach Kenntnis der Landesregierung im Einzelhandel verwendet, die nicht staatlichen Qualitätskriterien unterliegen (z.B. EG-Öko-Verordnung) und deren Qualitätsanforderungen von der Privatwirtschaft vorgegeben werden? „Gütesiegel“ mit nicht staatlichen Qualitätskriterien werden von der Landesregierung nicht erfasst.