LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/10444 09.12.2015 Datum des Originals: 09.12.2015/Ausgegeben: 14.12.2015 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4044 vom 10. November 2015 der Abgeordneten Susanne Schneider FDP Drucksache 16/10192 Hat die Landesregierung keine drängenderen Probleme, als jungen Mädchen Karrierechancen in einer vermeintlich männlich dominierten Musikbranche zu ermöglichen und sexistische Songtexte zu bekämpfen? Die Ministerin für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport hat die Kleine Anfrage 4044 mit Schreiben vom 9. Dezember 2015 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Gleichberechtigung und Gleichstellung ist ein beständiges Thema der Politik. In Nordrhein -Westfalen muss man allerdings oft den Eindruck gewinnen, dass vor allem das weibliche Geschlecht Ziel von entsprechenden staatlichen Förderungsmaßnahmen ist. Im Kinder- und Jugendförderplan des Landes stehen rund 100 Millionen Euro jährlich zur Verfügung. Aus diesen Mitteln werden viele verschiedene Projekte umgesetzt. Zwei dieser Projekte sind die „MädchenMusikAkademie“ und die Fachtage „Gender in der Popmusik“ des Mädchenzentrums Gelsenkirchen. Durch diese Projekte sollen Mädchen gefördert und ermutigt werden, in der von Männern dominierten Musikszene, jedenfalls wenn man den Eindrücken der Projekthomepage www.genderinderpopmusik.de Glauben schenken mag, Fuß zu fassen. In der Vergangenheit haben bereits mehrere Workshops („MädchenMusikAkadamie “) und Diskussionen („Fachtage“) stattgefunden, in deren Rahmen mit Experten aus dem gesamten Bundesgebiet besprochen wurde, wieso die Musik von der Genderproblematik betroffen sei und wie junge Mädchen diese Problematik aufbrechen könnten. Wie aus der Projekthomepage geschlussfolgert werden muss, scheint den Projektverantwortlichen explizit die Diskriminierung und Herabwürdigungen von Mädchen durch sexistischen Songtexte ein ernstes Anliegen zu sein. In einem entsprechenden Blogeintrag wird LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/10444 2 zum Beispiel folgender Fragestellung nachgegangen: „Warum sind sexistische Songtexte eigentlich so unlustig? – Singen über Sex vs. Sexistisch singen“ (vgl. http://genderinderpopmusik.de/?p=206). Auch scheint als Problem ausgemacht, dass es „[…] viel mehr Jungen- und Männerbands als Mädchen- und Frauenbands“ (vgl. http://genderinderpopmusik.de/?page_id=8) gibt – und daraus folgerichtig eine Benachteiligung des weiblichen Geschlechts entsteht. Über diese Thematik wurde beispielsweise hinlänglich im Rahmen des ersten Fachtages im Jahr 2011 nachgedacht. Zuletzt wurde die Akademie im Oktober 2015 erneut durchgeführt, deren Angebot sich an (lediglich?) 14- bis 20-jährige Mädchen richtete, die Popmusik mögen und zudem sich manchmal wundern, ob jedes Lied gleich klingen müsse oder ob es nötig sei, genauso auszusehen wie Beyoncé und Taylor Swift (vgl. http://genderinderpopmusik.de/?page_id=995). Ein tatsächliches Genderproblem in der Musikszene ist den Freien Demokraten nicht bekannt oder ersichtlich. Die damit einhergehende Relevanz und - vor allen Dingen - finanzielle Förderung dieses Themas ist daher nicht nachvollziehbar. Themen wie Sexismus müssen angesprochen werden und davon betroffenen Mädchen und Frauen müssen effektive Schutz- und Beratungsangebote offenstehen. Es darf bezweifelt werden, dass die hier angesprochenen Projekte allerdings der Zielerreichung dienlich sind. Vorbemerkung der Landesregierung Das zentrale Instrument der Jugendpolitik des Landes ist der Kinder- und Jugendförderplan. Die darin enthaltenen Schwerpunktsetzungen auf Bildung, Prävention, die Bekämpfung sozialer Benachteiligung sowie Integration und Inklusion sind ein wesentlicher Bestandteil der Jugendarbeit. Zur Förderung der Entwicklung und Bildung junger Menschen und zur Sicherung möglichst guter Teilhabe ist es in allen pädagogischen Bereichen erforderlich, die jeweils spezifischen Wünsche, Bedürfnisse und Förderbedarfe junger Menschen zu erkennen und zur Grundlage des pädagogischen Handelns zu machen. Dabei müssen Angebote der Kinder-und Jugendarbeit gemäß § 4 des Dritten Gesetzes zur Ausführung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes; Gesetz zur Förderung der Jugendarbeit, der Jugendsozialarbeit und des erzieherischen Kinder- und Jugendschutzes - Kinder- und Jugendförderungsgesetz - (3. AG-KJHG - KJFöG) weiterhin auf die unterschiedlichen Erwartungen und Bedürfnisse von Mädchen und Jungen eingehen. Insgesamt kann die Landesregierung bilanzierend festhalten , dass in pädagogischen Strukturen und Konzepten der Kinder-und Jugendhilfe die Mädchenarbeit und Jungenarbeit gut verankert sind. 1. Über welche finanziellen Mittel verfügt das Mädchenzentrum Gelsenkirchen? (Bitte nach verschiedenen Finanzmittelgebern aufschlüsseln.) Das Mobile Mädchenzentrum Gelsenkirchen wird im Jahr 2015 aus der Pos. 5.2 des Kinderund Jugendförderplans mit einem Betrag in Höhe von 61.650 € gefördert. Laut Antrag belaufen sich die Gesamtkosten auf 80.500 €, die Landesförderung beträgt 61.650 €, die öffentliche Förderung ohne Landesmittel beträgt 8.000 € und die Eigenmittel werden in einer Höhe von 10.850 € erbracht. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/10444 3 2. Auf welche Art kann die Landesregierung eine angeblich so gravierende Benachteiligung von jungen Mädchen in der heutigen Musikszene nachweisen, dass es von Nöten ist, in Kooperation mit der Stadt Gelsenkirchen und dem Kulturraum „die flora“ in die beiden angeführten Projekte zu investieren, indem Mittel aus dem Kinder-und Jugendförderplan NRW in Anspruch genommen werden? Angebote der Jugendarbeit sollen an den Interessen junger Menschen anknüpfen und von ihnen mitbestimmt und mitgestaltet werden, sie zur Selbstbestimmung befähigen und zu gesellschaftlicher Mitverantwortung und zu sozialem Engagement anregen und hinführen. Eine geschlechtergerechte Förderung durch Angebote der Kinder- und Jugendhilfe ist eine wesentliche Voraussetzung für gleiche Zugangschancen zu den Bildungsressourcen und zur gesellschaftlichen Teilhabe. Bei dem Projekt „Mädchen in der Popmusik – (k)ein Genderthema “ handelt es sich in erster Linie um ein solches geschlechtsspezifisches Angebot und nicht vornehmlich um ein Angebot kultureller Jugendbildung. Es ermöglicht Mädchen den Zugang zu pädagogisch begleiteten Angeboten im Bereich Pop-Musik. Entscheidend für eine Bewilligung ist dabei nicht eine Einschätzung zum Beispiel zu spezifischen Benachteiligungslagen, sondern inwieweit das beantragte Projekt den Kriterien der jeweiligen Förderposition entspricht . Dies wird durch die Bewilligungsbehörden geprüft. 3. Mit welcher (Förder-)Summe fördert die Landesregierung konkret die „Mädchen MusikAkademie“ und die Fachtage „Gender in der Popmusik“ des Mädchenzentrums Gelsenkirchen? Die „MädchenMusikAkademie“ und die Fachtage „Gender in der Popmusik“ sind Bestandteil des Projektes „Mädchen in der Popmusik – (k)ein Genderthema“. Das Projekt „Mädchen in der Popmusik –(k)ein Genderthema“ wird in der Zeit vom 01.05.2014 bis 31.12.2015 mit insgesamt 37.953,30 € gefördert. Laut Antrag belaufen sich die Gesamtkosten auf 44.680 €, die Landesförderung beträgt 37.953,30 €, die öffentliche Förderung ohne Landesmittel beträgt 2.000€ und die Eigenmittel werden in einer Höhe von 4.726,50 € erbracht. 4. Wie ermittelt die Landesregierung die Erfolge der beiden oben genannten Projekte bzw. welche expliziten, nachhaltigen Erfolge kann sie verzeichnen? Das Projekt „Mädchen in der Popmusik – (k)ein Genderthema“ wird im Rahmen der Verwendungsnachweisprüfung durch die Vorlage eines Sachberichts durch die Bewilligungsbehörde hinsichtlich der im zugrunde liegenden Antrag beschriebenen Ziele bewertet. 5. Teilt die Landesregierung die Auffassung, dass für die musikalische Bildung und Förderung von Mädchen – und auch von Jungen – die etlichen Musikschulen in unseren NRW-Kommunen ausreichend sein müssten? Bei dem Projekt „Mädchen in der Popmusik – (k)ein Genderthema“ handelt es sich um ein geschlechtsspezifisches Projekt. Niederschwellige Angebote in Kooperationen mit Einrichtungen vor Ort für Mädchen und junge Frauen z.B. auch für Mädchen aus einkommensschwachen Familien zu schaffen, steht hier im Vordergrund. Das mobile Mädchenzentrum steht in enger Kooperation mit den Musikschulen. Insoweit geht die Landesregierung davon aus, dass das Vorhaben vor Ort als sinnvolle Ergänzung zu den Angeboten der Musikschulen angesehen wird. Insgesamt ist die Landesregierung der Auffassung, dass musikalische LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/10444 4 Bildung in Musikschulen von besonderem Wert ist. Darüber hinaus sind weitere Angebote, die u. a. auch der musikalischen Bildung dienen, eine sinnvolle Ergänzung der Angebote der Musikschulen. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/10444