LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/10462 14.12.2015 Datum des Originals: 10.12.2015/Ausgegeben: 17.12.2015 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4049 vom 9. November 2015 des Abgeordneten Frank Herrmann PIRATEN Drucksache 16/10197 Geheime Amtsdateien von Szenekundigen Beamten (SKB) über Fußballfans - Nachfragen Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 4049 mit Schreiben vom 10. Dezember 2015 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Im September wurde bekannt, dass nordrhein-westfälische Behörden die Daten von 6.500 Bürgerinnen und Bürger in sogenannten SKB-Dateien abspeichern. Laut Angaben eines Behördensprechers gelten für Eintragungen in die Datensammlungen der Kreispolizeibehörden weichere Kriterien als bei der DGS1. Dies führt dazu, dass viel mehr Bürgerinnen und Bürger in den SKB-Dateien geführt werden, als in der Verbunddatei Datei Gewalttäter Sport. 1. Wieso gelten laut Behörden-Angaben „weichere Kriterien“ für die Speicherung in sogenannten SKB-Dateien als für Speicherungen in der DGS? 2. Wieso kommt es zu einer hohen Differenz von Speicherungen von Personen durch NRW-Behörden in der DGS und den SKB-Dateien? Die Ziel- und Zweckrichtungen der beiden Dateien sind nicht kongruent. Die sogenannte Datei „Gewalttäter Sport“ dient zur Verhinderung gewalttätiger Auseinandersetzungen und sonstiger Straftaten im Zusammenhang mit Sportveranstaltungen, insbesondere von Fußballspielen, durch recherchefähige Erfassung anlasstypischer Ereignisse, so- 1 http://www1.wdr.de/themen/aktuell/fussball-datei-100.html LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/10462 2 weit diese im Zusammenhang mit Sportveranstaltungen festgestellt wurden. Informationen in der sogenannten Datei „Gewalttäter Sport“ ermöglichen den Polizeibehörden der Länder und des Bundes das Gewinnen von Anhaltspunkten für das sach- und personengerechte Treffen von Eingriffsmaßnahmen durch sorgfältige Prüfung des Einzelfalls. Sie stehen allen Polizeibeamtinnen und -beamten mit einem Zugang zu INPOL rund um die Uhr zur Verfügung. Die Erkenntnisse der sogenannten SKB-Datei dienen demgegenüber insbesondere den für die jeweilige Szene zuständigen szenenkundigen Beamtinnen und Beamten als Arbeitsdatei und speziell zur Vorbereitung und Durchführung verwaltungsgerichtsfester präventiv polizeilicher Maßnahmen, zur Verhinderung anlassbezogener Sicherheitsstörungen sowie der konsequenten Strafverfolgung. Szenenkundige Beamtinnen und Beamte haben unter anderem die Aufgabe, vor allem im Hinblick auf gewaltbereite und gewaltgeneigte Personen und Gruppen einer Fanszene Erkenntnisse zu beschaffen, zu sammeln, zu strukturieren, auszuwerten und fortzuschreiben. Diese Erkenntnisse ermöglichen der Polizei, eine tatsachenbegründete und differenzierte Lagebewertung vorzunehmen sowie einzelfallbezogene Maßnahmen zur Verhinderung von gewalttätigen Sicherheitsstörungen zu ergreifen. Hierfür erforderliche Erkenntnisse werden aus Gründen der Verhältnismäßigkeit in der sogenannten SKB-Datei gespeichert, für die nur besonders geschulte Polizeibeamtinnen und -beamte gemäß einem sehr eingeschränkten Benutzerkonzept zugriffsberechtigt sind. Sie stehen somit einer erheblich geringeren Anzahl an Polizeibeamtinnen und -beamten zur Verfügung als die in der sogenannten Datei „Gewalttäter Sport“ gespeicherten Erkenntnisse. Die rechtlichen Voraussetzungen für Speicherungen personenbezogener Daten in beiden Dateien richten sich nach den §§ 22, 24 und 29 PolG NRW sowie § 483 StPO. In Bezug auf eine ggf. festzustellende Differenz bei der Speicherung in den beiden Dateien ist zudem auf unterschiedliche Speicherkriterien hinzuweisen. Speicherungen in der sogenannten Datei „Gewalttäter Sport“ werden nach dem Tatortprinzip vorgenommen. Die die Speicherung veranlassende „Tatortbehörde“ kann bei Vorliegen der rechtlichen Voraussetzungen sowohl heimische Störer als auch Störerpotenzial eines anderen (Gast)Vereines speichern. Demgegenüber erfolgen Speicherungen in der sogenannten SKB-Datei bei Vorliegen der rechtlichen Voraussetzungen und ausschließlich zu Erkenntnissen von Störern des der jeweiligen Polizeibehörde zuzurechnenden Bezugsvereins. 3. Welche Dienststellen bzw. Personen haben Zugriff auf die SKB-Dateien? In den Kreispolizeibehörden mit fußballbezogenem Störerpotential haben Polizeibeamtinnen und -beamte nach einem sehr eingeschränkten Benutzerkonzept Zugriff, deren Organisationseinheiten mit der regelmäßigen Bearbeitung von Fußballeinsätzen betraut sind. Hierzu zählen insbesondere die Organisationseinheiten der Szenenkundigen Beamtinnen und Beamten . 4. An welche Polizei-Dienststelle können sich Bürgerinnen und Bürger wenden, um über einen möglichen Eintrag in eine SKB-Datei Auskunft nach § 18 DSG NRW zu erhalten? Bürgerinnen und Bürger können sich mit einem Auskunftsersuchen nach § 18 Datenschutzgesetz NRW an die für den Ort ihres Bezugsvereins zuständige Kreispolizeibehörde wenden. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/10462 3 5. In welchen Dateien werden Fußballfans aus NRW noch abgespeichert? (Bitte jeweils Anzahl der darin gespeicherten Personen nennen) Die Polizei NRW speichert keine Daten von Personen auf Grund ihrer Eigenschaft als Fußballfan . Lediglich Erkenntnisse zu solchen Personen, die aus Anlass von Sportveranstaltungen als Störer oder Tatverdächtiger einer Straftat auffällig waren, werden im Rahmen der rechtlichen Vorgaben und je nach Ziel- und Zweckrichtung in den vom Fragesteller thematisierten Dateien gespeichert. Darüber hinaus nutzt die Polizei NRW zur Vorgangsbearbeitung das Integrationsverfahren Polizei (IGVP NRW), das polizeiliche Vorgänge systematisiert aufbereitet. Von der Polizei NRW im Zusammenhang mit Fußballspielen gefertigte (schriftliche) Vorgänge sind somit obligatorischer Bestandteil von IGVP NRW. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/10462