LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/10464 14.12.2015 Datum des Originals: 11.12.2015/Ausgegeben: 17.12.2015 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4042 vom 6. November 2015 des Abgeordneten André Kuper CDU Drucksache 16/10178 Beschlüsse der Koalition zum Asylpaket – Registrierungszentrum auch in Nordrhein- Westfalen? Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 4042 mit Schreiben vom 11. Dezember 2015 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Am Abend des 05. November haben sich die Koalitionen von CDU/CDU und SPD auf ein weiteres umfangreiches Maßnahmenpaket geeinigt, um die Herausforderungen der stark gestiegenen Flüchtlingszahlen zu bewältigen. Schutzsuchende aus „sicheren Herkunftsländern“ - vor allem aus Westbalkanstaaten - sollen in speziellen Aufnahmeeinrichtungen untergebracht werden, wo ihre Asylanträge im Schnellverfahren abgearbeitet werden. Gleiches gilt auch für Menschen, die schon erfolglos in Deutschland einen Asylantrag gestellt haben und nun mit einer Wiedereinreisesperre belegt sind oder einen Folgeantrag stellen. Ebenso sollen Personen „ohne Mitwirkungsbereitschaft“ am Asylverfahren in diesen neuen Einrichtungen landen. Wie viele Menschen das am Ende betrifft, ist unklar. Geplant sind drei bis fünf solcher Zentren, die ersten davon in Bamberg und Manching in Bayern, die bereits seit September als sog. Balkan-Einrichtungen geführt werden. Die Asylanträge sollen in den Registrierzentren im Eiltempo abgearbeitet werden: eine Woche für das Asylverfahren, zwei Wochen für das Rechtsschutzverfahren bei einem möglichen Einspruch. Wer keinen Erfolg mit seinem Asylantrag hat, wird direkt aus diesen Einrichtungen in seine Heimat zurückgeschickt. Während ihres Aufenthalts in den Einrichtungen soll für die Flüchtlinge eine strenge Residenzpflicht gelten: Das heißt, sie dürfen den jeweiligen Landkreis nicht verlassen. Tun sie das doch, werden Leistungen gestrichen - und das Asyl- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/10464 2 verfahren ruht. Bei einem weiteren Verstoß gegen die Residenzpflicht hat das Asylverfahren gleich ein Ende - und der Betroffene muss sofort zurück in die Heimat. Für eine bestimmte Flüchtlingsgruppe soll der Familiennachzug für einen Zeitraum von zwei Jahren ausgesetzt werden. Es geht um Menschen, die weder nach der Genfer Flüchtlingskonvention noch nach dem deutschen Asyl-Grundrecht eine Aufenthaltserlaubnis in der Bundesrepublik bekommen, aber trotzdem nicht heimgeschickt werden - etwa weil ihnen dort die Todesstrafe oder Folter drohen. Für Menschen mit diesem Status („subsidiärer Schutz“) wurde erst vor wenigen Monaten die rechtliche Möglichkeit geschaffen, Kinder oder Ehepartner ins Land nachzuholen. Dies wird nun wieder eingeschränkt. Asylbewerber sollen künftig einen einheitlichen Ausweis bekommen. Nur wer künftig ein solches Dokument vorlegen kann, soll auch einen Asylantrag stellen und Leistungen beziehen können. Dieser Ausweis und eine einheitliche Datenbank für Flüchtlinge sollen die bisherigen Registrierungen bündeln und dafür sorgen, dass die unterschiedlichen staatlichen Stellen einen besseren Überblick über die Flüchtlingslage bekommen. Der Bund will eine neue „Organisationseinheit“ gründen, die Kontakt mit den Herkunftsstaaten von Flüchtlingen hält und nötige Papiere beschafft für Menschen, die das Land verlassen müssen. Abschiebungen scheitern bislang oft an fehlenden Ausweisdokumenten. Die Bundesregierung will außerdem strengere Vorgaben machen für Gesundheitsuntersuchungen vor Abschiebungen. Neuerdings bekommen Asylbewerber bereits im Asylverfahren Zugang zu Integrationskursen - allerdings nur, wenn sie gute Aussichten haben, dass sie in Deutschland bleiben dürfen. Der Bund will nun, dass sie einen Teil der Kosten dafür selbst tragen und dieser Eigenanteil auf die Asylbewerberleistungen angerechnet wird. Die Nordrhein-Westfälische Ministerpräsidentin erklärte, dass die jetzt vereinbarten besonderen Aufnahme-Einrichtungen ein Weg dafür sein könnten, zu beschleunigten Asylverfahren zu kommen. Ansatzweise gebe es das in NRW schon – in vier Erstaufnahme-Einrichtungen. Allerdings seien die in Berlin neu beschlossenen Zentren lediglich für Menschen aus sicheren Herkunftsländern gedacht, die nur knapp zwei Prozent aller Flüchtlinge ausmachten. Im Interview mit dem Radiosender WDR5 erläuterte die Ministerpräsidentin weiter, dass Standorte in Nordrhein-Westfalen für die neuen Registrierungszentren derzeit nicht geplant seien. Die aktuellen Asylbewerberzahlen für Nordrhein-Westfalen für Oktober 2015 zeigen, dass weiterhin Asylanträge aus den sechs Westbalkan-Staaten einen Großteil der Asylverfahren in Nordrhein-Westfalen einnehmen. Von den im Oktober 2015 insgesamt in Nordrhein- Westfalen gestellten 7.233 Asylanträgen wurden 2.370 von Asylbewerbern vom Westbalkan gestellt. Diese Gruppe machten rund ein Drittel (32,7 Prozent) der Asylantragstellungen im Oktober 2015 in Nordrhein-Westfalen aus. Die Anzahl der Folgeantragsteller lag im Oktober bei 683 und entsprach 9,4 Prozent aller gestellten Asylanträge in Nordrhein-Westfalen. Vorbemerkung der Landesregierung Maßgeblich für das Handeln der Landesregierung sind die geltenden bundesgesetzlichen Rahmenbedingungen im Bereich des Ausländerrechts. Soweit es auf Grundlage der Beschlüsse der Koalition von CDU/CSU und SPD künftig zu weitergehenden Gesetzesänderungen in diesem Bereich kommt, werden diese für den Gesetzesvollzug auch in Nordrhein-Westfalen maßgeblich sein. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/10464 3 1. Aus welchem Grund plant die Landesregierung keine sog. besonderen Aufnahme -Einrichtungen, mit den in den Koalitionsbeschlüssen verabredeten Maßnahmen , wie zum Beispiel der Einschränkung der Residenzpflicht und dem beschleunigten Verfahren analog des Flughafenverfahrens, umgesetzt werden? Hierzu wird auf die Vorbemerkung verwiesen. 2. Wie bewertet die Landesregierung die Notwendigkeit solcher besonderen Aufnahmeeinrichtungen auch in Nordrhein-Westfalen angesichts der Tatsache, dass allein die Gruppe der Balkan-Flüchtlinge und der Folgeantragsteller rund 42 Prozent der Asylanträge in Nordrhein-Westfalen ausmachen und in den besonderen Aufnahmeeinrichtungen auch Asylbewerber mit Wiedereinreisesperre und Asylbewerber ohne Mitwirkungsbereitschaft untergebracht und einem schnellen Verfahren inkl. Einschränkung der Residenzpflicht behandelt werden sollen? Hierzu wird zunächst auf die Vorbemerkung verwiesen. Die in der Kleinen Anfrage aufgeführten Zahlen geben die beim zuständigen Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) in Nordrhein-Westfalen gestellten Asylanträge im Zeitraum 01.10.-31.10.2015 wieder, unabhängig vom Zeitpunkt der Ankunft der Asylsuchenden in den Aufnahmeeinrichtungen des Landes. Es sind somit keine Zugangs-, sondern Antragszahlen und sie treffen damit keine Aussage über die Zahl der tatsächlich in den Landeseinrichtungen eingetroffenen Personen. Das EASY (IT-Anwendung des Bundes zur Erstverteilung der Asylbegehrenden auf die Bundesländer )-System des BAMF weist für den Zeitraum 01.10.-31.10.2015 dagegen insgesamt 1.745 Zugänge aus den sechs sicheren Herkunftsländern des Westbalkans nach Nordrhein- Westfalen aus. Dies entspricht rd. 5 % der Gesamtzugänge nach Nordrhein-Westfalen gem. EASY (38.300 (inklusive Folgeantragsteller und sog. ex-NRW-Fälle). In der 40. Kw wurde in vier Landesaufnahmeeinrichtungen zunächst bezo gen auf albanische Asylsuchende mit der Umsetzung eines Aktionsplans begonnen, der eine weitere Beschleunigung der Asylverfahren sowie eine weitere Verkürzung der Gesamtaufenthaltsdauer in Deutschland von Asylbewerbern aus Herkunftsländern mit einer relativ hohen Anzahl von Asylsuchenden bei zugleich besonders niedriger Schutzquote ermöglichen soll („Aktionsplan Westbalkan“). Hierzu verweise ich auf die Beantwortung der Kleinen Anfrage 3867 des Abgeordneten André Kuper, CDU, „Aktionsplan Westbalkan-Bayrisches Modell nun doch in Nordrhein-Westfalen?“, LT-Drs. 16/9729. In diesem Rahmen sind seit Ende September aus Nordrhein-Westfalen bereits 594 Menschen unmittelbar aus den beteiligten Landesaufnahmeeinrichtungen freiwillig nach Albanien zurückgekehrt. Weiterhin wurden bislang 48 Personen dorthin abgeschoben. Derzeit wird eine Erweiterung der Aktionsplanumsetzung in Nordrhein-Westfalen auf Asylsuchende aus den weiteren fünf sicheren Herkunftsländern des Westbalkans geprüft. Ob dies gelingt, hängt insbesondere von den entsprechenden Kapazitäten auf Seiten des BAMF sowie dessen Fähigkeit ab, kurze Bearbeitungszeiten in diesen beschleunigten Verfahren zu garantieren. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/10464 4 3. Wie hoch ist aktuell die Zahl der Asylbewerber in Nordrhein-Westfalen, die unter die Gruppe fällt, die künftig in den besonderen Aufnahme-Einrichtungen untergebracht werden können? Hierzu wird auf die Vorbemerkung sowie die Beantwortung der Frage 2 verwiesen. 4. Welche Konsequenzen haben die jetzigen Beschlüsse auf die Umsetzung des Aktionsplans Westbalkan in den vier NRW-Einrichtungen, in den 1.200 Albanern besonders untergebracht werden? Hierzu wird auf die Vorbemerkung sowie die Beantwortung der Frage 2 verwiesen. 5. Im Rahmen der Verständigung wurden auch Maßnahmen zur erleichterten Abschiebung ausreisepflichtiger Personen beschlossen. Dazu gehört eine neue Organisationseinheit , die die notwendigen Pass- und Passersatzpapiere beschafft. Voraussetzung dafür ist, dass die Länder jeweils eine zentrale Stelle für die Zusammenarbeit benennen und nach Bedarf Mitarbeiter an die Organisationseinheit entsenden. Welche Planungen hat die Landesregierung bezüglich dieses Beschlusses? Hierzu wird zunächst auf die Vorbemerkung verwiesen. Bezüglich der Einrichtung einer solchen Organisationseinheit laufen davon unabhängig Abstimmungsgespräche auf Bund- Länder-Ebene. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/10464