LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/10584 23.12.2015 Datum des Originals: 21.12.2015/Ausgegeben: 30.12.2015 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4109 vom 30. November 2015 des Abgeordneten Gregor Golland CDU Drucksache 16/10376 In wie vielen Städten in Nordrhein-Westfalen gibt es so genannte „No-Go-Areas“? Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 4109 mit Schreiben vom 21. Dezember 2015 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage In den vergangenen vier bis fünf Monaten häufen sich Berichterstattungen aus nordrheinwestfälischen Städten über Familienclans, vor allem aus dem Libanon, die ganze Stadtteile terrorisieren und als ihr Hoheitsgebiet betrachten. In Duisburg-Laar gehören laut einem internen Lagebericht der Polizei Straftaten zur Freizeitbeschäftigung, in Duisburg-Marxloh sind zwei libanesische Großfamilien tonangebend. Die Polizei wird teils aggressiv angegangen, und das, obwohl sie bereits durch eine Einsatzhundertschaft verstärkt wurde („Die Welt“ u.a., 18.11.2015). Das Problem beschränkt sich aber nicht auf Duisburg: Schon im Sommer 2015 schrieb die Gelsenkirchener Polizeipräsidentin in einem Brandbrief an NRW-Innenminister Ralf Jäger von einer sinkenden „Hemmschwelle zu Gewaltexzessen bei Zusammenrottungen von Angehörigen libanesischer Großfamilien“ und von weiteren Delikten. In fast allen Ruhrgebietsstädten breiten sich Großfamilien aus, die ganze Stadtteile für sich reklamieren, so sind auch Essen, Dortmund und Mülheim betroffen (RP Online, 29.7.2015). Köln wird in den Medien ebenso als „Problemstadt“ benannt („Westfalen-Blatt“, 3.8.2015) wie Stadtlohn, wo im August eine etwa dreißigköpfige Großfamilie auf der Intensivstation eines Krankenhauses randalierte, weil sie ein verstorbenes Familienmitglied sehen wollte (RP Online , 19.8.2015). Der Landeschef der GdP, Arno Plickert, spricht im Zusammenhang mit der Situation in städtischen Problemvierteln ausdrücklich von „No-Go-Areas“ und „Angstraum“ und fordert, Hundertschaften der Polizei auf großstädtische Brennpunkte zu konzentrieren („Die Welt“ u.a., 18.11.2015). LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/10584 2 Innenminister Ralf Jäger lehnt den Begriff „No-Go-Area“ jedoch bislang ab. Das MIK verfügt nicht einmal über ein landesweites Lagebild zu „kriminellen Familienclans“, heißt es in einem veröffentlichten Bericht an den Innenausschuss des Landtags, über den „Der Westen“ am 17.11.2015 berichtete. Der Innenminister äußert darin, „aus polizeilicher Sicht verbiete sich eine solche Kategorisierung“ der Familien. Es gebe allerdings Ermittlungen und Verfahren gegen einzelne Angehörige von libanesischen, polnischen und serbischen Familienclans wegen Betäubungsmittel-Handels, „Schock-Anrufen“ und Wohnungseinbrüchen. 1. Aus welchen nordrhein-westfälischen Städten sind der Landesregierung Schwierigkeiten mit Großfamilien bekannt? (Bitte Herkunft der Familien, angenommene Zahl sowie Alter der Clanmitglieder und Art der Schwierigkeiten angeben.) Wie bereits in der Beantwortung der Kleinen Anfrage 3652 (LT-Drs. 16/9468) ausgeführt, werden Daten zu verwandtschaftlichen Beziehungen von Tatverdächtigen oder zu Gruppenstrukturen in Rahmen von Ermittlungen immer dann erhoben, wenn dies zu Zwecken der Strafverfolgung oder zur sonstigen polizeilichen Aufgabenerfüllung erforderlich ist. Ziel hierbei ist es, Erkenntnisse möglichst umfassend für die Zwecke der Strafverfolgung und Gefahrenabwehr nutzen zu können. Darüber hinausgehende Datenerhebungen sind rechtlich nicht zulässig. 2. Wo wohnen die von IM Jäger in den Medien benannten Angehörigen von libanesischen , polnischen und serbischen Familienverbänden, gegen die Ermittlungen oder Verfahren laufen? Angehörige der genannten libanesischen, polnischen und serbischen Familienverbände wohnen in Dortmund, Leverkusen und Bochum. 3. Wie beurteilt die Landesregierung die in den Medien getätigten Aussagen des GdP-Chefs? (Bitte sowohl auf den Begriff „No-Go-Areas“ als auch auf die Forderung beziehen, Hundertschaften der Polizei auf großstädtische Brennpunkte zu konzentrieren.) In Nordrhein-Westfalen gibt es keine sogenannten rechtsfreien Räume; Straftätern wird nachhaltig verdeutlicht, dass das Gewaltmonopol ausschließlich beim Staat liegt. Die Polizeibehörden in Nordrhein-Westfalen werden auch weiterhin alle erforderlichen und rechtlich zulässigen Maßnahmen treffen, um gegen Straftäter konsequent vorzugehen und die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten. Im Rahmen von direktionsübergreifenden Präsenzkonzeptionen werden Beamtinnen und Beamte der Einsatzhundertschaften bereits u. a. zur Stärkung des Sicherheitsgefühls der Bürgerinnen und Bürger eingesetzt. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/10584 3 4. In welchen Problemvierteln nordrhein-westfälischer Städte wurde die Polizeipräsenz bereits verstärkt? (Bitte Ort sowie Art, Anzahl und Dauer der Verstärkung auflisten.) Präsenzkonzeptionen wurden für das Jahr 2015 für nachfolgende Kommunen beantragt und genehmigt: Aachen, Bielefeld, Bochum, Bonn, Bottrop, Dorsten, Dortmund, Duisburg, Düsseldorf, Essen, Euskirchen, Gelsenkirchen, Gladbeck, Hagen, Hamm, Heinsberg, Herne, Iserlohn, Kleve, Köln, Lippe, Lüdenscheid, Marl, Mettmann, Minden, Mönchengladbach, Münster, Neuss, Oberhausen, Recklinghausen, Remscheid, Rhein-Erft-Kreis, Rhein-Sieg-Kreis, Solingen, Unna, Witten und Wuppertal. Ich bitte um Verständnis, dass zur Anzahl der eingesetzten Beamtinnen und Beamten aus polizeitaktischen Gründen keine Angaben gemacht werden können. 5. In welchen Problemvierteln nordrhein-westfälischer Städte ist vorgesehen, die Polizeipräsenz zu verstärken? (Bitte Ort sowie Art, Anzahl und voraussichtliche Dauer der Verstärkung auflisten.) Soziale und kriminalitätsbelastete Brennpunkte werden weiterhin in den Fokus der polizeilichen Aufgabenwahrnehmung genommen. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/10584