LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/10613 29.12.2015 Datum des Originals: 21.12.2015/Ausgegeben: 05.01.2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4088 vom 23. November 2015 des Abgeordneten Henning Rehbaum CDU Drucksache 16/10320 Urban Gardening in Nordrhein-Westfalen Der Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 4088 mit Schreiben vom 21. Dezember 2015 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Finanzminister und dem Minister für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Immer häufiger berichten die Medien vom sogenannten „urban gardening“, also der kleinflächigen Nutzung von meist städtischen Flächen zum Anbau von Obst, Gemüse oder Früchten. Nicht zu verwechseln mit dem urban gardening ist das Kleingartenwesen, das in Nordrhein- Westfalen Verfassungsrang besitzt und Bürgern die Möglichkeit bietet, zu geringen Kosten einen wohnortnahen Garten zu bewirtschaften und einen Beitrag für Arten- und Naturschutz und ein gesundes Stadtklima zu leisten. Dächer oder kleine Brachen werden zu kleinen Gärten umfunktioniert. So positiv eine Begrünung unserer Innenstädte sich auch auf das Mikroklima und die Artenvielfalt auswirken auswirken mag und so positiv es ist, dass die Arbeit in der Natur auch im urbanen Bereich in gewissen Grenzen an Beliebtheit zunimmt, so gilt es jedoch auch zu bedenken, dass diese Bewirtschaftungsform keinen wesentlichen Beitrag zur Ernährungssicherung leisten kann. Gleichfalls zu bedenken sind mögliche Belastungen durch städtische Schadstoffeinträge, die so in Lebensmittel und damit auf die Teller der Menschen gelangen können. Die rot-grüne Landesregierung hat in diesem Haushaltsjahr (2015) das „urban gardening“ mit 100.000 Euro gefördert. Im Entwurf des Haushaltes finden sich von dieser Förderung nur ein kleiner Rest von 21.600 Euro, was einem Minus von fast 80% entspricht. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/10613 2 Vorbemerkung der Landesregierung Urbanes Gärtnern hat in Nordrhein-Westfalen Tradition, wie beispielsweise die etwa 1.600 Kleingartenanlagen zeigen. Neu sind vielfältige Projekte wie unter anderem Nachbarschaftsgärten , internationale Gärten oder Stadtimkereien. Viele dieser Initiativen betreiben urbanes Gärtnern in Nordrhein-Westfalen an neuen Orten und sorgen dort für Belebung und Nutzung von Brachen. Urbanes Gärtnern hatte historisch durchaus ernsthafte Beiträge zur Nahrungsmittelversorgung geleistet (z.B. Wohnheimstätten in der Weimarer Republik) und trägt heute bei den Beteiligten teilweise zur Ernährungssicherung bei. Es hat sicherlich noch unerschlossene Potenziale, die für das urbane Gärtnern derzeit zur Verfügung stehenden Flächen reichen aber für eine wesentliche Nahrungsmittelversorgung der gesamten Bevölkerung nicht aus. Die starke kommunikative Ausrichtung urbanen Gärtnerns sorgt aber bei den Akteuren und dem jeweiligen Umfeld zu einer stärkeren Auseinandersetzung mit den Fragen einer gesunden , regionalen sowie saisonalen und somit klimaschonenden Ernährung. Dieser Austausch stärkt auch den sozialen Zusammenhalt im Quartier und trägt zur Quartiersbelebung bei. Hierin liegen aus Sicht der Landesregierung die Stärken des urbanen Gärtnerns als alte und neue soziale Bewegung. 1. Was hat zu dieser ernormen Kürzung des Haushaltsansatzes für urban gardening geführt? Der Haushaltsansatz mit der Zielrichtung "Urban gardening" wurde für den Haushaltsplanentwurf 2016 nicht gekürzt. In der Ergänzungsvorlage zum Haushaltsplanentwurf 2016 ist der Vorjahresansatz fortgeschrieben. 2. Wofür sind die in diesem Jahr im Haushalt eingestellten Mittel für urban gardening verwandt worden? Die Haushaltsmittel der Jahre 2015 und 2016 werden verwandt zur Förderung von Pilotvorhaben , zur Vernetzung von Akteuren der urbanen Landwirtschaft und urbanen Gärtnerns durch die Natur- und Umweltschutzakademie NRW, zur Vorbereitung und Durchführung einer Urbanes -Gärtnern-Tagung im Jahr 2016 sowie zur Erstellung einer Broschüre zum urbanen Gärtnern . 3. Wird mit der nahezu vollständigen Streichung der Förderung das urban gardening in Nordrhein-Westfalen scheitern? Der geplante Mittelansatz bleibt auf dem Niveau des Haushaltsjahres 2015 (s. Antwort zu Frage 1). Das urbane Gärtnern lebt unabhängig davon vom bürgerschaftlichen Engagement und nicht von öffentlichen Fördermitteln. Öffentliches Handeln kann dieses bürgerschaftliche Engagement fördern, indem beispielsweise Kommunen geeignete Flächen zur Verfügung stellen oder das Land einen Wissenstransfer organisiert, der es allen Beteiligten erleichtert, dass Bürgerinnen und Bürger sich aktiv und gemeinschaftlich an der Gestaltung ihrer Heimat beteiligen . 4. Wird die Landesregierung nunmehr die Förderung des Kleingartenwesens intensivieren ? Der geplante Mittelansatz für „Urban Gardening“ bleibt auf dem Niveau des Haushaltsjahres 2015 (s. Antwort zu Frage 1). Darüber hinaus schreibt die Landesregierung die Förderung des LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/10613 3 Kleingartenwesens für die Bereiche Schulung und Beratung, investive Förderung und Modellprojekte nachfrageorientiert fort. 5. Inwieweit hat die Landesregierung Kenntnis von wissenschaftlichen Studien, die in Erzeugnissen aus dem urban gardening Schadstoffe nachgewiesen haben? Es sind zahlreiche Studien zu unterschiedlichen Belastungen von städtischen Ballungsräumen im Gegensatz zu ländlichen Gebieten bekannt. Ursachen für höhere Schadstoffbelastungen bei im innerstädtischen Raum erzeugten Produkten sind in der Regel entweder Böden mit großflächig siedlungsbedingt erhöhten Schadstoffgehalten oder Lufteintrag durch verkehrsoder industriebedingte Emissionen, die sowohl innerstädtische Kleingartenanlagen als auch andere Formen des Urban Gardening betreffen können. Die meisten bekannten Studien beziehen sich auf die Schwermetallbelastung in Kleingärten in Ballungsgebieten, in Berlin wurden in 2012 auch andere spezifische Formen des Urban Gardening hinsichtlich der Schadstoffbelastung untersucht. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/10613