LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/10629 30.12.2015 Datum des Originals: 30.12.2015/Ausgegeben: 06.01.2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4090 vom 22. Oktober 2015 des Abgeordneten Christian Möbius CDU Drucksache 16/10322 War der Täter des Mordversuchs auf die Oberbürgermeisterin von Köln, Henriette Reker , V-Mann des Verfassungsschutzes? Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 4090 mit Schreiben vom 30. Dezember 2015 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Arbeit , Integration und Soziales beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Am 17. Oktober 2015, einen Tag vor der Oberbürgermeisterwahl in Köln, versuchte der 44- jährige Frank S., die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker mit einem großen Jagdmesser zu ermorden. Bei dem heimtückischen Angriff wurde Henriette Reker lebensgefährlich verletzt , weitere vier Personen erlitten teils schwere Verletzungen. Ersten Vernehmungen zufolge handelte der Langzeitarbeitslose Frank S. aus fremdenfeindlichen Gründen. Recherchen ergaben, dass er Kontakt zur rechtsradikalen Szene gehabt haben soll und der inzwischen verbotenen Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei (FAP) zumindest nahe gestanden haben soll. Auch soll er sich vor Jahren an rechten Demonstrationen und Aufmärschen beteiligt haben. Dabei soll er auch ins Visier des Verfassungsschutzes geraten sein. In den letzten Jahren soll sich S. nicht mehr aktiv in der rechten Szene aufgehalten haben . Gleichwohl soll er im Internet und in sozialen Medien dem Verfassungsschutz durch Hetz- Postings aufgefallen sein. Wenige Tage nach der Tat berichten Medien, dass es Ungereimtheiten im Lebenslauf bzw. bei den Lebensumständen des Langzeitarbeitslosen Frank S. geben soll. So soll Frank S. trotz jahrelangem Hartz-IV-Bezug nie bei dem Jobcenter vorgesprochen haben, obwohl ihm ständig Lebensunterhalt gewährt wurde. Seine Akte bei der Agentur für Arbeit sei als „geheim“ einge- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/10629 2 stuft worden und sei „gesperrt“ gewesen. Ferner berichten Medien, dass Frank S. eine Sonderbehandlung in der Kölner Justizvollzugsanstalt erhalten habe. So soll keine sonst vorgesehene Eingangsbefragung des Delinquenten stattgefunden haben und auch das sonst übliche Fotografieren soll unterblieben sein. In den Medien wird spekuliert, ob nicht eine „höhere Behörde“ in die Angelegenheit involviert ist oder gar ihre schützende Hand über Frank S. hält (vgl. Express v. 22.10.2015). 1. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung bzw. das Landesamt für Verfassungsschutz über die rechtsextremistische Vergangenheit von Frank S.? Dem Ministerium für Inneres und Kommunales liegen Erkenntnisse aus den 1990er Jahren sowie aus den Jahren 2002 und 2008 zu einer Person mit Namen Frank S. vor. Die Informationen stehen im Zusammenhang mit rechtsextremistisch motivierten Handlungen sowie Veranstaltungen im Bereich der rechtsextremistischen Szene. 2. Inwieweit kann die Landesregierung ausschließen, dass Frank S. mit Verfassungsschutzbehörden in der Vergangenheit oder aktuell als V-Mann oder Informant zusammengearbeitet hat? Eine Führung als Informant oder V-Person durch den Verfassungsschutz NRW wird aus Gründen des Geheimschutzes weder bestätigt noch verneint. I.Ü. liegen keine Informationen über Verbindungen der Behörden anderer Länder zu Frank S. vor. 3. Wie erklärt sich, dass die Akte von Frank S. bei der Agentur für Arbeit als „geheim“ eingestuft wurde und „gesperrt“ wurde? 4. Warum musste Frank S. trotz des jahrelangen Hilfebezugs nicht bei der Agentur für Arbeit bzw. dem Jobcenter vorsprechen? Falls der mutmaßliche Täter bei einer Agentur für Arbeit oder einem Jobcenter als arbeitslos gemeldet war und Leistungen bezogen hat, unterliegen alle Details dazu dem Sozialgeheimnis (§ 35 SGB I). In diesem Sinne sind alle Daten von Leistungsbeziehern der Agenturen für Arbeit und von Jobcentern als für die Öffentlichkeit „gesperrt“ zu begreifen. Gesetzliche Übermittlungstatbestände (§§ 68 ff SGB X), die es erlauben würden, der Landesregierung Auskunft über sozialdatenschutzrechtlich geschützte Einzelheiten zu erteilen, liegen nicht vor. 5. Warum widerfährt Frank S. in der Kölner Justizvollzugsanstalt die o.g. Sonderbehandlung ? Der Gefangene befindet sich seit dem 18.10.2015 aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts Köln vom selben Tage in der Justizvollzugsanstalt Köln. Er ist gemäß den Bestimmungen der Vollzugsgeschäftsordnung (AV d. JM vom 12. November 2008 (1464 - IV. 1) in der Fassung vom 16. September 2011), Nummern 14, 15 und 21 ordnungsgemäß aufgenommen und erkennungsdienstlich erfasst worden. Am 21.10.2015 ist er in das auf der Untersuchungshaftschiene gelegene Hafthaus 7 verlegt worden. Der Gefangene hat somit keine Sonderbehandlung erfahren, sondern ist wie jeder andere Gefangene auch aufgenommen und erkennungsdienstlich behandelt worden. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/10629 3 Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/10629