LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/10631 04.01.2016 Datum des Originals: 30.12.2015/Ausgegeben: 07.01.2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4096 vom 25. November 2015 der Abgeordneten Dietmar Brockes und Henning Höne FDP Drucksache 16/10336 Energiewirtschaftliche Risikogeschäfte kommunaler Stadtwerke vor dem Hintergrund des von Bundesumweltministerin Hendricks in Aussicht gestellten Kohleausstiegs – Was sagt die Landesregierung? Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 4096 mit Schreiben vom 30. Dezember 2015 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerpräsidentin , dem Minister für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk und dem Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Durch die vermeintliche Revitalisierung des Gemeindewirtschaftsrechts im Jahr 2010 wollte die rot-grüne Landesregierung den örtlichen Stadtwerken mehr Handlungsmöglichkeiten auf dem liberalisierten Energiemarkt geben. Tatsächlich haben SPD und Grüne damit die Büchse der Pandora geöffnet und NRW-Kommunen zu brisanten Risikogeschäften animiert. Einschlägigstes Beispiel für diesen fundamentalen rot-grünen Irrtum war der Kauf des internationalen Energie- und Atomkonzerns STEAG durch sechs hochverschuldete Revierstädte (Dortmund, Bochum, Essen, Duisburg, Dinslaken und Oberhausen). Sehenden Auges wurde zugelassen, dass unter dem Deckmantel der örtlichen Daseinsvorsorge der fünftgrößte Stromerzeuger Deutschlands in kommunalen Besitz wechselte. Die Kommunalaufsicht hatte im Ergebnis davon abgesehen, hinsichtlich der Gesellschaftsverträge kommunalaufsichtliche Bedenken zu erheben. In den vergangenen Jahren wurde immer wieder darüber berichtet, dass die Ausschüttungen, die der STEAG von ihren neuen Eigentümern abverlangt werden, nicht mit der Leistungsfähigkeit des Unternehmens in Einklang stehen und dauerhaft zu Substanzverzehr führen könnten . Dies gilt umso mehr, als die Energiewendepolitik der Großen Koalition mittlerweile die LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/10631 2 gesamte Energiebranche auf eine Talfahrt nie dagewesenen Ausmaßes gebracht hat. Alles in allem ist bei den aktuellen Gegebenheiten und Rahmenbedingungen nicht sicher, ob die STEAG ihre angedachte Rolle als Cash-Cow der Stadtwerke dauerhaft erfüllen können wird. In einem Artikel der Rheinischen Post vom 14.11.2015 wurde hierzu Folgendes skizziert: „Klar ist, dass die Steag wie die ganze Branche weiter unter Druck gerät. So hat das Essener Unternehmen seine Eigentümer auf einen Einbruch von Gewinn und Dividende vorbereitet: Der Gewinn dürfte […] ab 2016 durchschnittlich 40 Prozent niedriger ausfallen. Die Ausschüttung der Steag an das Stadtwerke-Konsortium (KSBG) für 2015 wird zwar noch bei 80 Millionen Euro liegen. „Für 2016 wird die Ausschüttung der Steag vermutlich deutlich niedriger ausfallen “ erklärte der Sprecher der Stadtwerke Dortmund. Und von der Ausschüttung muss auch noch der Schuldendienst geleistet werden, nur der Rest geht als Dividende an die Stadtwerke. Der Schuldendienst liegt laut KSBG im „mittleren zweistelligen Millionen-Bereich“. Die Stadtwerke haben die Steag einst für 1,2 Milliarden Euro gekauft und das zum Teil auf Pump“ (RP, 14.11.2015). Weiteren Zeitungsberichten (vgl. z.B. WAZ 20.11.2015, RP, 14.11.2015, WAZ 11.11.2015) zufolge, gibt es im Kreise der STEAG-Eigner ernsthafte Überlegungen, nun auch noch das ostdeutsche Braunkohlegeschäft des Mitbewerbers Vattenfall zu übernehmen, der sich dieser Tätigkeit aus politischen Erwägungen entledigen will. Die Braunkohleverstromung ist ein Bereich der Energiewirtschaft, dessen Zukunft infolge der chaotischen Energiewende- und Klimapolitik auf allen Ebenen besonderen Unwägbarkeiten ausgesetzt ist. Obwohl es sich bei der Braunkohleverstromung um die einzige heimische subventionsfreie Energieerzeugungsart handelt, die Versorgungssicherheit gewährleistet, sind Investitionen in diesem Feld aufgrund politisch verursachter Unsicherheiten gegenwärtig risikobehaftet. Die Bürgerinnen und Bürger aus den STEAG-Kommunen würden einem weiteren Glücksspiel ausgesetzt. Dies gilt umso mehr, als es auf dem deutschen Strommarkt infolge des Preisverfalls für konventionell erzeugte Energie ohnehin einen starken Trend zur Konsolidierung gibt. Darüber hinaus widerspricht ein Engagement der öffentlichen Hand im Bereich der fossilen Energieerzeugung den Zielsetzungen der Klimapolitik des Landes Nordrhein-Westfalen und den Aktivitäten der Bundesregierung. Wie der Kölner Stadtanzeiger vom 26.11.15 berichtet fordert SPD-Bundesumweltministerin Barbara Hendricks noch in dieser Legislaturperiode den auf 20 – 25 Jahre angelegten Ausstieg aus der Kohleverstromung verbindlich zu organisieren. Eine Refinanzierung des Erwerbs der Braunkohlesparte von Vattenfall wäre dann nicht mehr möglich. 1. Inwiefern ist die Landesregierung mit der Prognose vertraut, dass das Stadtwerke- Konsortium KSBG infolge sinkender STEAG-Ausschüttungen Probleme bekommen wird, ihren Schuldendienst zu leisten? Der Landesregierung ist die entsprechende Presseberichterstattung bekannt. 2. Vor dem Hintergrund, dass die Landesregierung davon abgesehen hat, hinsichtlich des STEAG-Kaufs durch sechs hochverschuldete Ruhrgebietskommunen kommunalaufsichtliche Bedenken zu erheben: Welche Konsequenzen ergeben LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/10631 3 sich für die an der STEAG beteiligten Kommunen, wenn die Ausschüttung der STEAG an das Stadtwerke-Konsortium KSBG nicht mehr ausreicht, um den erforderlichen Schuldendienst in Höhe eines mittleren zweistelligen Millionen-Betrages pro Jahr zu leisten? Die Landesregierung nimmt nicht zu hypothetischen Fragen Stellung. Es obliegt der Beurteilung der kommunalen Gesellschafter, zu gegebener Zeit Konsequenzen aus (möglichen) Veränderungen bei den Ausschüttungen zu ziehen. 3. Beabsichtigt die Landesregierung, den hinter dem Stadtwerke-Konsortium KSBG stehenden Kommunen mit Bürgschaften oder ähnlichem zu helfen, falls diese infolge verringerter Ausschüttungen der STEAG an die KSBG in finanzielle Problemlagen geraten sollten? Die Landesregierung nimmt nicht zu hypothetischen Fragen Stellung. 4. Wie bewertet die Landesregierung die mögliche Übernahme des Braunkohlengeschäfts von Vattenfall durch STEAG vor dem Hintergrund der jüngsten Äußerungen von Bundesumweltministerin Hendricks über einen verbindlichen Kohleausstieg ? Die Landesregierung nimmt nicht zu hypothetischen Fragen Stellung. 5. Welche energie- und volkswirtschaftlichen Auswirkungen hätte der von Bundesumweltministerin Hendricks geplante Kohleausstieg für das Land Nordrhein- Westfalen? Da Frau Bundesumweltministerin Hendricks ihre Vorschläge zu einem Ausstieg aus der Kohleverstromung nicht näher ausgeführt hat, wird die Landesregierung nicht zu hypothetischen Fragen Stellung nehmen. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/10631